„Arzt mit Patientin"
Wunderlich-Ausstellungen in Kiel und Duisburg
Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen FEUILLETON
„Arzt mit Patientin" heißt die hier als Schwarzweißabbildung vorge- stellte Farblithographie von Paul Wunderlich, mit vielen anderen Wunderlich-Lithographien der letz- ten vier Jahre bis zum 8. Dezember ausgestellt in der Kunsthalle zu Kiel, vom 12. Januar bis zum 9.
März 1975 in Wilhelm-Lehmbruck- Museum der Stadt Duisburg. Diese Ausstellungen sind nicht nur für die beiden Städte ein Ereignis von Rang; sie bieten allen, die einen Besuch in diesen Kunststätten er- möglichen können, einen außerge- wöhnlichen Überblick über bislang nicht zu überschauende Werkgrup- pen dieses Künstlers, der zu den wenigen zeitgenössischen deut- schen Malern und Graphikern zählt, die international anerkannt sind.
Die Ausstellungen zeigen lückenlos die graphischen Zyklen, die Radie- rungen 1948 bis 1974, die Lithogra-
phien von März 1971 bis Oktober 1974, das plastische Werk 1968 bis 1974. Der Leiter der Kunsthalle zu Kiel, Dr. Jens Christian Jensen, führt in dem (die Ausstellungen be- gleitenden) reichbebilderten Kata- log das Oeuvre-Verzeichnis der Li- thographien Wunderlichs weiter,
für das bis Anfang 1971 Dieter Brusberg (Hannover) verantwortlich zeichnete. Der Kieler Katalog ist al- so eine ansehnliche Fortsetzung der früheren von Dieter Brusberg teils im Eigenverlag, teils im Propyläen- Verlag herausgegebenen Oeuvre- Verzeichnisse Wunderlichs.
(Jens Christian Jensen: „Paul Wun- derlich — Die graphischen Zyklen
— Die Radierungen 1948-1974 — Die Lithographien von März 1971 bis Oktober 1974 — Das plastische Werk 1968-1974", Kunsthalle zu Kiel, Düsternbrooker Weg 1-7,
ktn. 16 DM.) hr
gunder Menhiren hat uns in eine bisher wenig bekannte Welt einge- führt, in die Welt der europäischen Megalithkultur, in die erste Kultur- epoche Europas. Schriftliche Über- lieferung fehlt völlig. Das erste Do- kument in rätischer Schrift, auf ei- nem Tierknochen eingeritzt, datiert viele Jahrhunderte später. Es ist als weiteres Prunkstück im Mera- ner Museum neben den Menhiren ausgestellt. Und trotz Fehlens schriftlicher Überlieferung war un- sere Zwiesprache mit den Menhi- ren so ergiebig, daß die Lücken in unserer Kenntnis der Prähistorie fast ganz verdeckt wurden. Wir hörten von Monumentalbauten, von phantastischen Ingenieurleistun- gen, von handwerklichem Können von Kupfergeräten und Kupfer- schmuck und von astrologischen Berechnungen; wir staunten über feierliche Prozessionen und über den öffentlichen Vollzug von Ritua- len in Kultstätten, in denen geheim- nisvoll der Menhir „herrscht"; wir lernten die Existenz von Vorstellun- gen kennen, für die bereits Be- zeichnungen wie „Weltanschau- ung" und „Religion" zutreffen könnten. Wir erfuhren, daß es sich um eine autochthon-europäische Kulturepoche handelt, korrigierten unsere Anschauung, der Mensch dieser prähistorischen Epoche sei ein um die nackte Existenz kämp- fendes Lebewesen und fanden staunend Hinweise auf staatliche und gesellschaftliche Ordnung.
Als Ärzte interessierte uns vor al- lem die vorbeugende Symbolik die- ser Monumente. Der Meraner Men- hir 2 könnte auch als der große Heilgott, als der präventiv tätige Arzt gleichsam, gedeutet werden, der Dolche und Beile, Symbole für Infektion und Krankheiten, mit sei- nem breiten Körper abfängt, um seine Gemeinde zu schützen. Wir laden Sie ein, die Zwiesprache mit den vier Algunder Menhiren im Me- raner Museum selbst zu führen und so den Dialog mit ihnen fortzuset- zen.
Anschrift des Verfassers:
Prof. Dr. med. A. Schretzenmayr 89 Augsburg, Frohsinnstraße 2