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Verwendung von Fachsprache im Kontext eines Schülerlabors Mathematik

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In F. Caluori, H. Linneweber-Lammerskitten & C. Streit (Hrsg.), Beiträge zum Mathematikunterricht 2015. Münster: WTM-Verlag

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Rolf OECHSLER, Landau

Verwendung von Fachsprache im Kontext eines Schülerlabors Mathematik

Eine Standardsprache wie das Deutsche wird aus soziolinguistischer Sicht als ein System verschiedener sprachlicher Varianten aufgefasst. Diese Sprachvarianten resultieren aus regionalen Differenzierungen, sozial ge- prägtem Sprachverhalten, funktional-situativen Faktoren und weiteren au- ßersprachlichen Be-

dingungen (Abb. 1).

Bei den funktionalen Varianten steht die Funktion der Sprache bzw. des Sprechens im Vordergrund. Zu ihnen zählen die Fachsprachen, die durch ihre funktionale und situative Ausrich- tung gekennzeichnet sind: Sie dienen der

genauen und schnellen Informationsübermittlung und sichern die Verständ- lichkeit und die Verständigung innerhalb der Gruppe der Fachleute. Fach- sprachen zielen auf Deutlichkeit und Präzision ab und sind in hohem Maße standardisiert und formalisiert (Bußmann 1983; Maier 2004; Schmidt- Thieme 2010).

Diese Eigenschaften treffen selbstverständlich nicht auf alle Fachsprachen in gleichem Maße zu. Ebenso gilt, dass sie auf die einzelnen fachsprachli- chen Bestandteile einer Variante mehr oder weniger ausgeprägt zutreffen.

Fachsprache Mathematik

Die Fachsprache der Mathematik manifestiert sich sehr deutlich auf drei Ebenen (Maier 2004): 1. auf der symbolischen Ebene durch die Verwen- dung fachspezifischer Symbole und Symbolreihen; 2. auf der lexikalischen Ebene durch den Gebrauch von Fachbegriffen und fachsprachlichen Wen- dungen; 3. auf der syntaktischen Ebene durch die Verwendung charakteris- tischer Satz- und Textkonstruktionen (vgl. Abb. 2). Wie im Folgenden be- schrieben weist dabei das mathematische Fachvokabular einige besonders hervorzuhebende Eigenschaften auf.

Abb. 1: Fachsprachen als Varianten einer Standardsprache

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Im lexikalischen Be- reich ist eine Katego- risierung unterschied- licher Fachtermini sinnvoll und möglich, wie sie von Maier &

Schweiger 1999 aus- führlich vorgenom- men wurde. Demnach umfasst das mathema- tische Fachvokabular Wörter, die in der Umgangssprache gar nicht vorkommen, und solche, die zwar auch in der Umgangssprache ver- wendet werden, deren fachliche Bedeutung jedoch von der umgangssprach- lichen mehr oder weniger stark abweicht: Sie kann enger oder weiter ge- fasst, völlig losgelöst von der umgangssprachlichen sein oder einer ganz anderen Systematik folgen (Maier & Schweiger 1999; Maier 2004; Huß- mann 2010). Interferenzen zwischen fach- und umgangssprachlichen Be- deutungen, aber auch Polysemie (Mehrdeutigkeit) und Synonymie begüns- tigen begriffliche und/oder inhaltliche Fehlvorstellungen und können dabei das Erlernen und Anwenden der Fachsprache erheblich erschweren.

Fachsprache im Mathematikunterricht

Die Fachsprache stellt eine sprachliche Herausforderung im Mathematikun- terricht dar, und zwar für alle am Lehr-Lern-Prozess beteiligten Akteure:

Sie ist einerseits ein (nicht zuletzt curricular eingeforderter) Lerngegen- stand, der sukzessive eingeführt bzw. erworben werden muss, gleichzeitig aber auch ein Lernmedium, durch das Lernprozesse initiiert werden und das zur Darbietung und Vermittlung von Wissen und Informationen dient. Je nach Art des unterrichtlichen Einsatzes kann Fachsprache eine Lernvoraus- setzung oder ein Lernhindernis für Lernende darstellen (Maier & Schwei- ger 1999; Niederdrenk-Felgner 2000; Meyer & Prediger 2012).

Da die Träger bzw. Benutzer von Fachsprache im Mathematikunterricht die Lehrkräfte, die Schüler/innen und die Unterrichtsmedien sind, kann der Gebrauch von Fachsprache sowohl in mündlichen Interaktions- als auch in schriftlichen Produktions- und Rezeptionsprozessen im Unterricht lokali- siert werden. Mündliche Kommunikations- und Argumentationsprozesse von Schüler/innen untereinander finden häufig in Gruppenarbeitsphasen statt und können zur Feststellung des Grads an Fachsprachlichkeit herange- zogen werden.

Abb. 2: Verschiedene Ebenen der Fachsprache Mathematik

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Fachsprache im Schülerlabor Mathematik

Die Verwendung mathematischer Fachsprache im Kontext eines außer- schulischen Lernstandortes ist von der Art der Einrichtung abhängig. Das hier vorgestellte Mathematik-Labor „Mathe ist mehr“ der Universität Kob- lenz-Landau am Campus Landau ist sowohl ein klassisches Schülerlabor als auch ein Lehr-Lern-Labor. Die Angebotspalette umfasst Lernumgebun- gen für ganze Schulklassen der Sekundarstufen. Die Schüler/innen arbeiten selbstständig in Kleingruppen an lehrplanbezogenen mathematischen Fra- gestellungen. Eine inhaltliche Betreuung durch Laborpersonal erfolgt nicht.

Die zu einer Lernumgebung gehörenden Arbeitshefte beinhalten die schriftlichen Arbeitsaufträge, sie dienen außerdem den Lernenden als La- borprotokoll.  In den Arbeitsheften wird das Prinzip der kontextbezogenen, sorgfältigen Entwicklung und Einführung von Fachbegriffen beachtet. Es gelten dabei die Gebote der Anzahl- und Umfangsbeschränkung. Um Häu- fungen von Symbolen in den Texten zu vermeiden, wird ein Teil durch Er- läuterungen bzw. Versprachlichung ersetzt. Auch in anderen Bestandteilen der Lernumgebungen, etwa den Computersimulationen, sind fachsprachli- che Elemente integriert. Diese auch auf den fachsprachlichen Kompetenz- erwerb ausgerichteten Lernumgebungen sind in hohem Maße vom voraus- gegangenen Fachunterricht abhängig und auf den darauffolgenden ange- wiesen.

Forschungsvorhaben und Datenerhebung

Die im Rahmen der Erprobung und Bearbeitung der Labor-Lernumgebung

„Figurierte Zahlen“ erhobenen Daten bilden die Grundlage für die Untersu- chung der Verwendung von Fachsprache in einem Schülerlabor. Die Lern- umgebung ist für die Jahrgangsstufen 7/8 konzipiert und umfasst, ausge- hend von Untersuchungen an figurierten Zahlen, Problemstellungen zum Themenbereich „Aufstellen und Umformen von Termen mit einer Variab- len“.

Die Datenerhebung fand von März 2013 bis Dezember 2014 im Mathema- tik-Labor statt. Von jeder teilnehmenden Schulklasse wurde die Gruppen- arbeit je einer Kleingruppe videographiert, sodass als Datenmaterial die schriftlichen Schülerdokumente sowie die Video- und Audioaufnahmen zur Verfügung stehen. Das schriftliche Material wird quantitativ ausgewertet, die Video- und Audioaufzeichnungen werden transkribiert und einer quali- tativen Analyse unterzogen.    

In den Schülerbearbeitungen lassen sich bereits einige Tendenzen beim Gebrauch von Fachsprache feststellen, etwa zur Verwendung des sog. „di-

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daktischen Vokabulars“ oder solcher Fachbegriffe, die auch in der Um- gangssprache vorkommen.

Forschungsperspektiven

Ziel der vorgestellten Untersuchung ist die differenzierte Beschreibung der beobachtbaren Verwendung mathematischer Fachsprache durch Schü- ler/innen bei der Bearbeitung lehrpanbezogener Inhalte im Rahmen einer Labor-Lernumgebung eines Schülerlabors Mathematik. Mögliche For- schungsfragen dabei sind:

− Wie verwenden Schüler/-innen beim selbstständigen Bearbeiten von mathematischen Aufgabenstellungen in einem Schülerlabor mathemati- sche Fachsprache?

− Inwiefern lassen sich bestimmte Bearbeitungsphasen (Hilfsmittel, Ko- operationsformen) einer Labor-Lernumgebung als förderlich oder hem- mend im Hinblick auf den Erwerb/Gebrauch von Fachsprache charakte- risieren?

Weitere mögliche Forschungsperspektiven betreffen die Frage nach einem Zusammenhang zwischen dem Grad fachsprachlichen Gebrauchs und er- folgreicher Problembewältigung sowie die Beziehung zwischen fach- sprachlicher und inhaltlicher Begriffsentwicklung.

Literatur

Bußmann, Hadumod (1983): Lexikon der Sprachwissenschaft. Stuttgart: Alfred Kröner Verlag.

Hußmann, Stephan (2003): Umgangssprache – Fachsprache. In: Leuders, Timo (Hrsg.):

Mathematik-Didaktik. Praxishandbuch für die Sekundarstufe I und II (S. 60 – 106).

Berlin: Cornelsen Scriptor.

Maier, Hermann (2004): Zu fachsprachlicher Hyper- und Hypotrophie im Fach Mathe- matik oder Wie viel Fachsprache brauchen Schüler im Mathematik-unterricht? In:

JMD 25 (2), S. 153–166.

Maier, Hermann; Schweiger, Fritz (1999): Mathematik und Sprache. Zum Verstehen und Verwenden von Fachsprache im Mathematikunterricht. Wien: ÖBV & HPT.

Meyer, Michael; Prediger, Susanne (2012): Sprachenvielfalt im Mathematik- unterricht: Herausforderungen, Chancen und Förderansätze. In: PM 54 (45), S. 2–9.

Niederdrenk-Felgner, Cornelia (2000): Algebra oder Abrakadabra? Das Thema "Ma- thematik und Sprache" aus didaktischer Sicht. In: Mathematik lehren 99, S. 4–9.

Schmidt-Thieme, Barbara (2010): Fachsprache oder: Form und Funktion fachlicher Va- rietäten im Mathematikunterricht. In: Kadunz, Gert (Hrsg.): Sprache und Zeichen.

Zur Verwendung von Linguistik und Semiotik in der Mathematikdidaktik (S. 271 – 304). Hildesheim: Franzbecker.

Abbildung

Abb. 1: Fachsprachen als Varianten einer Standardsprache
Abb. 2: Verschiedene Ebenen der Fachsprache Mathematik

Referenzen

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