Prof. Dr. Guido Sweers SoSe 2021 Henrik Schlieÿauf, M.Sc.
Partielle Dierentialgleichungen
Übungsblatt 2
Die Lösungen zu den bepunkteten Aufgaben müssen als gut lesbares eingescanntes/abfotograertes Dokument im PDF-Format bei Ilias hochgeladen werden. Abgabeschluss ist am Montag, 26.04.2021, um 14 Uhr. Bitte beachten Sie, dass auch nur Ihre Bearbeitung der pepunkteten Aufgaben kor- rigiert wird.
Aufgabe 1: Im Skript ndet manv(x1, x2) = 1−x21−x22
(x1−1)2+x22 . Zeigen Sie, dass u(x1, x2) := (x1∂x2 −x2∂x1)v(x1, x2)
auch eine Lösung von dem folgenden Randwertproblem ist:
(−∆u(x) = 0 für x∈B1(0),
u(x) = 0 für x∈∂B1(0)\ {(1,0)}. (1) Lösung 1: Man kann nachrechnen, dass v eine Lösung des Problems (1) ist. (Das ist Aufgabe 1.2 aus dem Skript.) Damit erhält man für(x1, x2)∈B1(0):
∆u(x1, x2) = ∂x21x1 +∂x22x2
(x1∂x2 −x2∂x1)v(x1, x2)
=
∂x1 ∂x2 +x1∂x21x2 −x2∂x21x1
+∂x2 x1∂x22x2 −∂x1 −x2∂x21x2
v(x1, x2)
= 2∂x2
1x2 +x1∂x3
1x1x2 −x2∂x3
1x1x1 +x1∂x3
2x2x2 −2∂x2
1x2 −x2∂x3
1x2x2
v(x1, x2)
= (x1∂x2 −x2∂x1) ∂x2
1x1 +∂x2
2x2
v(x1, x2)
= (x1∂x2 −x2∂x1) ∆v(x1, x2) = 0 Für die Randbedingung rechnet man nach:
u(x1, x2) = −2x2(1−x21−x22) ((x1−1)2+x22)2 Damit erfüllt uauch die Randbedingung.
Alternativ kann man die Randbedingung via Polarkoordinaten leichter nachrechnen: Für
˜
v(r, ϕ) =v(rcosϕ, rsinϕ) = 1−r2
(1−rcosϕ)2+ (rsinϕ)2 gilt:
∂ϕv˜(r, ϕ) = (−rsinϕ ∂x1 +rcosϕ ∂x2)v(rcosϕ, rsinϕ) =u(rcosϕ, rsinϕ) Setzt man nun r= 1 in
∂ϕv˜(r, ϕ) = (1−r2)∂ϕ
1
(1−rcosϕ)2+ (rsinϕ)2
= (1−r2) −2rsinϕ
(1−rcosϕ)2+ (rsinϕ)22 ein, so folgt die Randbedingung.
Aufgabe 2: Für welche α∈[0,1]sind die folgenden Funktionen in C0,α([0,1])? (a) f1(x) = xβ mit β ∈[0,∞)
(b) f2(x) =
(−xln(x) für x∈(0,1], 0 für x= 0.
Lösung 2: (a) Für α > β ist
|f1(x)−f1(0)|
|x−0|α =xβ−α
für x ↓ 0 unbeschränkt. Daher dürfen wir α ≤ β annehmnen. Ohne Einschränkung sei nun 0< y < x <1. Dann gilt
|f1(x)−f1(y)|
|x−y|α =
xβ−yβ
|x−y|α =xβ−α
1− xyβ 1− yx
α
Nun ist0< yx <1und damit0<1−yx <1. Also ist 1−xy
α ≥1−yx. Auÿerdem gilt für 0≤ β ≤ 1, dass yxβ
≥ xy
und damit 1− yxβ
≤ 1− yx ist. Zusammen ergibt sich für 0≤1≤β:
|f1(x)−f1(y)|
|x−y|α =
xβ −yβ
|x−y|α ≤ 1−xy 1−xy = 1 Also ist die Funktion Hölderstetig für alle α≤β ≤1.
Ist β >1 so ist f1 Lipschitz-stetig mit Lipschitz-Konstante β, da f10(x) =βxβ−1 und es nach dem Mittelwertsatz ein ξ∈(y, x) gibt, sodass
xβ−yβ
=|f10(ξ)| |x−y| ≤β|x−y| . Damit gilt dann
|f1(x)−f1(y)|
|x−y|α ≤β |x−y|
|x−y|α ≤β . Also ist f1 auch für β >1 und α∈[0,1]Hölder-stetig.
(b) Mit
|f2(x)−f2(0)|
|x−0|α =x1−α(−ln(x))
sieht man direkt, dass dies für α = 1 unbeschränkt ist, für α < 1 aber beschränkt.
Betrachte also α <1und sei ohne Einschränkung 0< y ≤x≤1. Dann gilt
|f2(x)−f2(y)|=
Z x
y
f20(t)dt
≤ Z x
y
1|f20(t)| dt≤ Z x
y
|f20(t)|1−α1 dt
1−αZ x
y
1α1 dt α
, wobei im letzten Schritt die Hölder-Ungleichung verwendet wurde. Um deren Anwendung zu rechtfertigen müssen wir nachweisen, dass |f20| ∈L1−α1 ([0,1]). Es gilt aber gerade
Z 1
|f20(t)|1−α1 dt= Z 1
|−ln(t)−1|1−α1 dt= Z ∞
|w−1|1−α1 e−wdw=:C < ∞.
Aufgabe 3: Berechnen Sie:
(a) Z
0<x<y<1
x
y d(x, y) (b) Z
x2+y2≤1
(2x2+y2)d(x, y)
Lösung 3: (a) Wenn man zuerst nach x integriert, dann bewegt sichx in den Grenzen von 0bisy. Nun darfyjeden Wert von 0bis1annehmen, da die Bedingung anxdafür sorgt, dass dann 0< x < y <1. Also erhält man
Z
0<x<y<1
x
ydxdy= Z 1
0
Z y
0
x y dx
dy=
Z 1
0
1 2x21
y y
0
dy= Z 1
0
1
2y dy= 1 4
(b) Es ist hilfreich hier Polarkoordinaten zu verwenden:(x, y) = (rcos(ϕ), rsin(ϕ)) =f(r, ϕ). Da
∇f =
cos(ϕ) −rsin(ϕ) sin(ϕ) rcos(ϕ)
und {(x, y) ∈R2 ; x2+y2 ≤ 1} ={(rcos(ϕ), rsin(ϕ)) ; r ∈ [0,1], ϕ ∈ [0,2π]} folgt mit der Transformationsformel
Z
x2+y2≤1
(2x2+y2) d(x, y) = Z 2π
0
Z 1
0
2r2cos(ϕ)2+r2sin(ϕ)2
r drdϕ
= Z 2π
0
Z 1
0
r3cos(ϕ)2+r3 drdϕ
= 1 4
Z 2π
0
cos(ϕ)2 dϕ+ 2π
Es gibt mehrere Möglichkeiten das Integral über cos(ϕ)2 auszurechnen. Mithilfe der Ad- ditionstheoremecos(2ϕ) = cos(ϕ)2−sin(ϕ)2 = 2 cos(ϕ)2−1folgtcos(ϕ)2 = 1+cos(2ϕ)2 und damit gilt
Z
x2+y2≤1
(2x2+y2) d(x, y) = 1 4
1 2ϕ+1
4sin(2ϕ) 2π
0
+ 2π
!
= 3 4π.
Aufgabe 4: Sei X ={(x, y)∈(0,1)2 :x+y <1}. Berechnen Sie Z
X
ex+yy d(x, y).
Hinweis: (u, v) =
x+y,x+yy
Lösung 4: Wir betrachten die Funktion f : X → R2, f(x, y) = (x+y,x+yy ). Oensichtlich gilt f(X) ⊂ (0,1)2. Wir zeigen nun, dass f auf dieser Menge sogar invertierbar ist. Sei dazu (u, v) ∈ (0,1)2 gegeben und setze f(x, y) = (u, v). Dann folgt aus u = x+y und v = yu die Umkehrfunktion y = uv und x = u(1−v). Da sowohl f als auch die Umkehrfunktion dierenzierbar sind ist f :X →(0,1)2 also ein Dieomorphismus. Daher gilt
Z
X
ex+yy d(x, y) = Z 1
0
Z 1
0
ev
det
1−v −u
v u
dudv= Z 1
0
Z 1
0
ev|u−uv +uv|dudv = e−1 2 .
Aufgabe 5 (5+5 Punkte): Gegeben sei Z
x2+y2<1
∇ ·
xcos(1−x2−y2) 1 +x2
d(x, y).
(a) Berechnen Sie das Integral direkt.
(b) Berechnen Sie das Integral mit dem Satz von Gauÿ.
Lösung 5: (a) Es gilt
{(x, y)∈R2 :x2 +y2 <1}=n
(x, y) :y∈(−1,1),−p
1−y2 < x <p
1−y2o .
Somit folgt Z
x2+y2<1
∇ ·
xcos(1−x2−y2) 1 +x2
d(x, y)
= Z 1
−1
Z
√
1−y2
−√
1−y2
∂x(xcos(1−x2−y2))dxdy
= Z 1
−1
p1−y2cos(1−(1−y2)−y2)−(−p
1−y2) cos(1−(1−y2)−y2)dy
= 2 Z 1
−1
p1−y2cos(0)dy
= 2 Z π2
−π2
p1−sin(z)2cos(z)dz
= 2 Z π2
−π2
cos(z)2dz =π.
Nach der Substitution y= sin(z)wurde verwendet, dass cos(z)≥0auf [−π2,π2] gilt.
(b) Der Rand der Menge ist der Einheitskreis{(x, y) :x2+y2 = 1}, dessen Normale in einem Punkt(x, y) durch ~n =
x y
gegeben ist. Demnach folgt mit dem Satz von Gauÿ
Z
x2+y2<1
∇ ·
xcos(1−x2−y2) 1 +x2
d(x, y) = Z
x2+y2=1
xcos(1−1) 1 +x2
·~ndσ
= Z
x2+y2=1
x 1 +x2
· x
y
dσ
= Z
x2+y2=1
(x2+ (1 +x2)y)dσ
= Z 2π
0
cos(ϕ)2+ sin(ϕ)(1 + cos(ϕ)2)
dϕ=π.
Aufgabe 6 (5+5 Punkte): Eine Übung zu Polarkoordinaten:
(a) Zeigen Sie, dass für x=rcos(ϕ)und y =rsin(ϕ) gilt:
∂2
∂x2 + ∂2
∂y2 = 1 r
∂
∂rr ∂
∂r + 1 r2
∂2
∂ϕ2.
(b) Zeigen Sie, dass für Funktionen f :Rn → R, die nur von kxk abhängen, für die also ein f˜mit f(x) = ˜f(kxk)existiert, folgendes gilt:
∆f(x) = 1 rn−1
∂
∂rrn−1 ∂
∂r
f˜(r) fürr =kxk.
Lösung 6: (a) Hier muss man einen Zusammenhang zwischen den beiden Koordinatensys- temen schaen, der die Abhängigkeit voneinander illustriert. Sei u(x, y) eine Funkti- on in kartesischen Koordinaten und v die Darstellung in Polarkoordinaten. Das heiÿt u(rcos(ϕ), rsin(ϕ)) =v(r, ϕ). Die Darstellung in der anderen Richtung ist komplizierter, denn dann braucht man Fallunterscheidungen, wir wollen also hiermit arbeiten. Es gilt nun
1 r
∂
∂rr ∂
∂r + 1 r2
∂2
∂ϕ2
v(r, ϕ)
= 1
r
∂
∂rr ∂
∂r + 1 r2
∂2
∂ϕ2
u(rcos(ϕ), rsin(ϕ))
= 1 r
∂
∂rr
uxcos(ϕ) +uysin(ϕ) + 1
r2
∂
∂ϕ
ux(−rsin(ϕ)) +uyrcos(ϕ)
= 1
r uxcos(ϕ) +uysin(ϕ) +r(uxxcos(ϕ)2+uxycos(ϕ) sin(ϕ)) +r(uxycos(ϕ) sin(ϕ) +uyysin(ϕ)2) + 1
r2
ux(−rcos(ϕ)) +uy(−rsin(ϕ)) +uxx(−rsin(ϕ))2+uxy(−rsin(ϕ))(rcos(ϕ)) +uxy(−rsin(ϕ))(rcos(ϕ)) +uyy(rcos(ϕ))2
=uxx+uyy
und damit ist dies gezeigt.
(b) Mit ∂x∂ikxk= kxkxi ergibt sich:
∆f(x) =
n
X
i=1
∂
∂xi
∂
∂xif(x) =
n
X
i=1
∂
∂xi
∂
∂xi
f˜(kxk) =
n
X
i=1
∂
∂xi xi
kxkf˜0(kxk)
=
n
X
i=1
kxk −xikxkxi kxk2
f˜0(kxk) + x2i kxk2
f˜00(kxk)
= 1 kxk
n
X
i=1
1− x2i kxk2
f˜0(kxk) + 1 kxk2
n
X
i=1
x2i
| {z }
=kxk2
f˜00(kxk)
= n−1f˜0(kxk) + ˜f00(kxk)
Aufgabe 7: (a) Zu welcher Dierentialgleichung wird uxx−uyy =f,
wenn die Substitution s=x−y, t=x+y durchgeführt wird?
(b) Zeigen Sie, dass jedes Paar von Funktionen g, h∈C2(R) durch
u(x, y) = g(x−y) +h(x+y) (2)
eine Lösung liefert zu
uxx−uyy = 0. (3)
(c) Zeigen Sie, dass sich jede zweimal stetig dierenzierbare Lösung von (3) wie in (2) schrei- ben lässt.
Lösung 7: (a) Man sieht, dass s =x−y und t= x+y äquivalent zu x= t+s2 und y = t−s2 ist. Wir denieren
eu(s, t) :=u
t+s 2 ,t−s
2
,
also gilt auch u(x, y) =u(xe −y, x+y). Damit erhalten wir ∂
∂x 2
u(x, y)− ∂
∂y 2
u(x, y) = ∂
∂x 2
eu(x−y, x+y)− ∂
∂y 2
eu(x−y, x+y)
= ∂
∂x(ues(x−y, x+y) +uet(x−y, x+y))
− ∂
∂y (−ues(x−y, x+y) +eut(x−y, x+y))
=euss(x−y, x+y) +uest(x−y, x+y) +euts(x−y, x+y) +uett(x−y, x+y)−(uess(x−y, x+y)
−eust(x−y, x+y)−uets(x−y, x+y) +uett(x−y, x+y))
= 4uest(x−y, x+y).
Wir nden also
∂
∂s
∂
∂teu(s, t) = 1 4f
s+t 2 ,t−s
2
=:fe(s, t). (4)
(b) Dann hat obigesu˜die Gestaltu(s, t) =˜ g(s) +h(t). Man sieht durch Ableiten sofort, dass die Funktion die Gleichung ∂s∂tu(s, t) = 0˜ löst. Wenn man f ≡0 in (4) setzt, so ist nach Teil (a) u also eine Lösung von uxx−uyy = 0.
(c) Um zu zeigen, dass jede Lösung diese Form hat, kann man wie folgt vorgehen.
Sei u eine Lösung von (3), dann löst u˜ die Gleichung ∂s∂tu(s, t) = 0˜ . Daraus folgt nach Integration, dass ∂tu(s, t) = ˜˜ h(t) und daraus folgt, dass
˜
u(s, t) = Z t
˜h(˜t)dt˜+g(s) =h(t) +g(s).
Man erhält also, dass u(x, y) = u
t+s 2 ,t−s
2
= ˜u(s, t) =h(t) +g(s) = g(x−y) +h(x+y).