Stochastische Prozesse I
Fundamentale Definitionen.
Stochastischer Prozess: Zeitabh¨angiger zuf¨alliger Prozess, zuf¨allige Bewegung.
Beispiele:
1. Brownsche Bewegung
2. Fluktuation der Aktienpreise auf der B¨orse
3. Zeitliche Entwicklung der Gr¨osse einer Population 4. Fluktuation unseres Verm¨ogens beim Roulette 5. Intensit¨at des Verkehrs auf der A2
6. Stromverbrauch in Graz
Viele andere Prozesse in Physik, Chemie, Biologie, Wirtschaft, usw.
Mathematische Definition:
(Ω,F, P) Wahrscheinlichkeitsraum I =R, R+, Z, Z+, und ihre Teilmengen (stetige oder diskrete Zeit)
S = Zustandsraum (ein ”sch¨oner” Raum) Stochastischer Prozess:
∀t∈I Xt : Ω−→S Zufallsvariable (d.h. meßbar) Genauer:
X :I×Ω−→S
∀t∈I X(t,·) : Ω−→S meßbar Bezeichnung: Xt =X(t,·)
F¨ur stetige Zeit werden wir sp¨ater mehr Meßbarkeit verlangen.
Interpretationen:
1. F¨ur fixes t∈I X(t,·) : Ω−→S eine Zufallsvariable 2. F¨ur fixes ω ∈Ω X(·, ω) I −→S die Trajektorie
3. X : Ω−→SI ist eine zuf¨allige Funktion (Zufallsvariable mit Werten in SI)
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Meßbarkeit:
2 Alternativen:
(1) X(t,·) : Ω−→S ist meßbar f¨ur ∀t∈I
(2) X :I×Ω−→S ist meßbar
Wenn I diskret ist, dann gilt (1) =⇒(2). Wenn I stetig ist (I =R, I =R+, . . .), dann ist (1) =⇒(2) nicht automatisch.
Meßbarer stochastischer Prozess:
X :I×Ω−→S meßbar
Endlichdimensionale Verteilungen.
t1, t2, . . . , tn ∈I, A ⊂Sn meßbar (A ∈ Bn)
Pt1,t2,...tn(A) =P{ω ∈Ω : (Xt1(ω), . . . Xtn(ω))∈A}
Wahrscheinlichkeitsmaß auf (Sn,Bn) Eigenschaften:
1. Konsistenz:
F¨ur t1, . . . , tn, tn+1, . . . tn+m∈I, A⊂SN
Pt1,t2,...tn(A) =Pt1,t2,...tn,tn+1,...tn+m(A×S×. . .×S) 2. Permutation-Kovarianz:
P(t1,...tn)π(A) =Pt1,...tn(Aπ)
Ein stochastischer Prozess ist von seinen endlichdimensionalen Verteilungen charakter- isiert.
Frage. Es sei gegeben I, S und eine Menge von endlichdimensionalen Verteilungen, die die Bedingungen 1+2 erf¨ullt. Gibt es einen Wahrscheinlichkeitsraum (Ω,F, P) und einen stochastischen Prozeß X :I×Ω−→S, der diese endlichdimensionalen Verteilungen hat?
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Fundamentalsatz von Kolmogorov:
Wenn S =Rd,Rd+,Zd,Zd+, dann ist die Antwort JA.
Weitere Definitionen.
Station¨arer Prozeß:
Ph+t1,... ,h+tn(A) =Pt1,... ,tn(A) ∀t1, . . . , tn, h Beispiele: Verkehrsintensit¨at, Stromverbrauch
Xt =Acos(ηt+ϕ)
wobei A, η, ϕsind ZV, ϕist unabh¨angig von ((A, η), und hat Verteilung U(0,2π).
Prozesse mit station¨aren Zuw¨achsen.
F¨ur ∀t1, . . . , tn, h h¨angt die Verteilung von
(Xh+t2 −Xh+t1, Xh+t3 −Xh+t2, . . . , Xh+tn −Xh+tn−1) nich von h ab.
Beispiele: Brownsche Bewegung, Telefonanrufe, log (Aktienpreise).
Brownsche Bewegung in Rd. Pt1,... ,tn(A) =
=R . . .R
A 1
(2πt1)d/2e−
x2
2t11 1
(2π(t2−t1))d/2e−(x2−x1)
2 2(t2−t1) ×. . .
×(2π(t 1
n−tn−1))d/2e−
(xn−xn−1)2
2(tn−tn−1)dx1. . . dxn
Pt1,... ,tn(dx1. . . dxn) = Qn
k=1 1
(2π(tk−tk−1)d/2e−
(xk−xk−1)2
2(tk−tk−1 dx1. . . dxn
Geschichte: Robert Brown, Albert Einstein, Norbert Wiener, Paul L´evy.
Poisson Prozeß.
t∈R+, S =N ∪ {0}
Xt= Anzahl der Telefonanrufe in [0, t]
Pt1,... ,tn(r1, . . . , rn)) =P(Xt1 =r1, . . . , Xtn =rn) = 3
=Qn
k=1e−λ(tk−tk−1) (λ(tk−t(rkk−1−rk−1))rk)!−rk−1
In diesen Beispielen sind die Zuw¨achse nicht nur station¨ar, aber auch unabh¨angig.
Prozesse mit unabh¨angigen Zuw¨achsen.
Wenn s1 ≤t1 < s2 ≤t2 < . . . sn≤tn, dann sind
Xt1 −Xs1, . . . , Xtn −Xsn
unabh¨angige ZV.
Filtration von stochastischen Prozessen.
(Ω,F, P) Wahrscheinlichkeitsraum,I =Z+,Z,R+,R F=t =σ(Xt)
F≤t =σ({Xs:s ≤t}) F≥t =σ({Xs:s ≥t}) {F≤t, t ↑} Filtration vorw¨arts
{F≥t, t ↓} Filtration r¨uckw¨arts
Markovketten und Markovprozesse.
Xt ist eine Markovkette, wenn
P(B|Xt =at, Xt−1 =at−1, . . .) =P(B|Xt =at) f¨ur t ∈I, B ∈ F≥t, at, at−1, . . .∈S.
Equivalent:
P(B|F≥t) =P(B|F=t) B ∈ F≥t
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