ALP aktuell
Schotteverwertung durch das Schwein
Merkblatt für die Praxis
Nr. 38 | 2011
Autor Peter Stoll Forschungsanstalt
Agroscope Liebefeld-Posieux ALP Tioleyre 4, Postfach 64
CH-1725 Posieux peter.stoll@alp.admin.ch
Die Verfütterung von Schotte (oder Molke) an Schweine hat eine lange Tradition und ist sehr verbreitet. Nicht nur weil es ein kostengünstiges Produkt ist und es von den Tieren gut gefressen wird, sondern auch weil Schotte fettarm ist und dadurch die Fettqualität der Schlachtkörper günstig beeinfl usst.
Milchnebenprodukte sind wertvolle Fut- termittel, die jedoch auch ihre Tücken haben. Sowohl der hohe Laktose- und Natriumgehalt als auch die grosse Variabi- lität der Nährstoffgehalte zwischen den verschiedenen Milchnebenprodukten oder die Anfälligkeit für mikrobiellen Verderb
erfordern einen gezielten Einsatz beim Schwein. Um diesbezüglich Hilfestellung zu geben, behandelt dieses Merkblatt fol- gende Punkte:
• Vermarktete Schottemenge
• Verschiedenartigkeit von Milchneben- produkten
• Schotte und Mikrobiologie
• Grundsätze der Schottestabilisierung
• Fütterungsgrundsätze beim Schotte- einsatz
• Kosten der Schotte
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Agroscope Liebefeld-Posieux ALP www.agroscope.ch
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ISSN 1660-7619
2 ALP aktuell Nr. 38 | 2011 Schotteverwertung durch das Schwein
1. Wieviel Schotte wird jährlich vermarktet?
Jährlich fl iessen rund 1’352’000 t Milchnebenprodukte wie Schotte und Buttermilch in Futtertröge (Durchschnitt 2006-2009). Ein Grossteil wird an Schweine verfüttert. Je nach der Herstellungsart resultieren Nebenprodukte (Tab.
1) mit sehr unterschiedlichen Nährstoffgehalten. Die Zusammensetzung der Trockensubstanz (TS) der Schotte ähnelt derjenigen von Getreide. Sie ist energiereich und hat einen mittleren Proteingehalt. Die Art der Käsefabri- kation (Weichkäse oder Hartkäse) hat keinen wesentlichen
Die Futtersuppe sollte nicht mehr als 25 % Schotte enthalten, damit die Schweine nicht durch Verdauungsstörungen geplagt werden
Einfl uss auf die Nährstoffzusammensetzung der TS. Nur der TS-Gehalt ist unterschiedlich (Hartkäsemolke 6 %, Weichkäsemolke 5.3 %). Wird jedoch Ziger hergestellt, erhält man ein Nebenprodukt mit deutlich geringerem Proteingehalt (Tab. 2). Normalerweise ist Schotte zentrifu- giert und enthält dadurch nur wenig Fett. Ist sie jedoch nicht oder nur teilzentrifugiert, so ist der Fettgehalt wesentlich höher. Damit diese Nebenprodukte korrekt eingesetzt werden können, muss der TS-Gehalt und die Art der Produktion bekannt sein.
Prozess Nebenprodukt Bemerkung
Käsefabrikation Schotte Hart- und Weichkäseschotte haben
unterschiedlichen TS-Gehalt. Die TS weist gleiche Zusammensetzung auf
Zigerfabrikation Zigerschotte Proteinarm
Ultrafi ltration Molkenpermeat, Schottepermeat Proteinarm, hat ähnliche Zusammen- setzung wie Zigerschotte
Umkehrosmose Schottekonzentrat Nur TS-Gehalt ist erhöht. Die Zusam-
mensetzung der TS ist wie Schotte Nanofi ltration Entmineralisierte Schotte Gezieltes Entfernen einzelner oder
mehrerer Mineralstoffe
Tabelle 1: Nachverarbeitung von Schotte
Tabelle 2: Gehaltswerte verschiedener Milchnebenprodukte in der TS
Hartkäse- molke nicht zentrifu- giert
Molke zentrifu- giert
Zigermolke, Permeat
RA g/kg 79.7 86.3 88.5
RP g/kg 119.1 128.9 68.1
RL g/kg 83.0 7.2 2.9
RF g/kg 0.0 0.0 0.0
NfE g/kg 718.2 777.6 840.5
VES MJ/kg 16.05 14.62 14.16
Lys g/kg 9.18 9.94 3.42
Met+Cys g/kg 4.72 5.11 1.70
Thr g/kg 7.07 7.65 4.07
Trp g/kg 1.67 1.81 0.49
Ile g/kg 6.17 6.68 3.07
Arg g/kg 3.24 3.51 0.74
Ca g/kg 6.28 6.80 6.70
P g/kg 6.74 7.30 8.00
VDP g/kg 5.50 5.96 6.55
Na g/kg 6.66 7.21 6.85
SFA g/kg 52.54 4.63 1.53
MUFA g/kg 20.49 2.26 1.24
PUFA g/kg 3.10 0.00 0.00
PMI g/kg 29.73 2.94 1.61
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Schotteverwertung durch das Schwein
3. Grundsätze der Stabilisierung der Schotte
Wenn Schotte nicht direkt, also süss, verfüttert werden kann, so sollte sie stabilisiert werden. Dies kann auf unter- schiedliche Weisen erreicht werden. Grundsätzlich gibt es drei verschiedene Arten:
• das Überstellen: Dabei wird ein Rest saurer Schotte mit meist warmer, süsser Schotte ergänzt. In den nachfol- genden Stunden vermehren sich die vorhandenen Milchsäurebakterien und senken durch die Umwand- lung von Laktose in Milchsäure den pH der Schotte ab.
• das Beimpfen: Die Schotte wird dabei gezielt mit erwünschten Keimen beimpft. Auch hier muss eine gewisse Zeit zugewartet werden, bis der pH der Schotte abgesunken ist. Um den pH-Abfall zu beschleunigen, enthalten die meisten Bakterienpräparate ebenfalls Säuren.
• das direkte Ansäuern: Bei dieser Methode wird der Schotte eine gewisse Säuremenge zudosiert, um den pH direkt in den erwünschten Bereich abzusenken.
Wichtig ist:
• dass die Stabilisierung der Schotte kein Ersatz für man- gelnde Hygiene sein kann.
• Die verwendeten Produkte sind häufi g risikoreich (kor- rosiv, ätzend, usw.) Die Dosierungs- und Sicherheitshin- weise der Produkte müssen unbedingt beachtet werden.
E. coli und Hefen werden durch ein Absenken des pH unter 4.5 im Wachstum gehemmt. Deshalb zielen die meisten Stabilisierungsmethoden auf ein Absenken des pH hin.
Dies geschieht direkt durch eine Beigabe einer Säure oder
2. Schotte ist für Mikroben ein ideales Nährmedium
Frische Schotte enthält viel Flüssigkeit, leicht verfügbare Energie in Form von Laktose, hochverdauliche Proteine und Mineralstoffe. Sie ist dadurch ein ausgezeichneter Nährboden für vielerlei Keime. Deshalb ist der Hygiene der Fütterungsanlage und der mikrobiologischen Qualität der Schotte besondere Beachtung zu schenken. Dabei spielen die Escherichia coli (E. coli), das sind Fäkalbakterien und Indikatoren für eine ungenügende Hygiene, eine beson- dere Rolle. Der Gehalt der Schotte an Hefen ist immer im Zusammenhang mit E. coli und den Enterobakterien zu sehen. Ein hoher Gehalt an Hefen in der Schotte wirkt sich in Gegenwart von höheren Anzahl E. coli (mehr als 100 KBE/ml) ganz anders auf die Tiere aus, als wenn keine E.
coli vorhanden sind. Der Orientierungswert für E. coli, Enterobakterien und Hefen liegt bei 40 [Orientierungs- wert = log(E. coli) x log(Enterobakterien) x log(Hefen); alle Analysenwerte in KBE/ml]. Beim Überschreiten des Orien- tierungswertes ist mit einem erhöhten Risiko für Tierver- luste zu rechnen.
Schotte und Futtersuppen sind ideale Substrate für Mikroorganismen (Hefen unter dem Mikroskop)
eines Säuregemisches oder aber indirekt über die Zulage von säurebildenden Bakterien. Bei der Stabilisierung sind einige Grundsätze zu beachten:
• Es gibt erwünschte Keime (zum Beispiel Milchsäure- bakterien) und unerwünschte Keime (zum Beispiel E.
coli und Hefen).
• Erwünschte Keime wie Laktobazillen sind Konkur- renten der Unerwünschten und hemmen deren Ent- wicklung.
• Mit einer Stabilisierung sollten die erwünschten Keime möglichst gefördert und die unerwünschten Keime gehemmt werden.
• Möglichst früh in der Produktionskette stabilisieren (möglichst schon in der Käserei).
• Bei einer pH-Absenkung liegt der Ziel-pH im Bereich 4 – 4.5. Der pH kann mit Hilfe eines Indikatorpapiers einfach kontrolliert werden.
• Der pH sollte nicht unter 4 abgesenkt werden, da sonst die Futteraufnahme der Schweine beeinträch- tigt wird.
• Durch das Absenken des pH unter 4.6 sind die Prote- ine in der Schotte nicht mehr gelöst. Sie fällen aus und sammeln sich als „fl ockiges“ Depot am Boden des Lagerbehälters ---> durchmischen vor dem Anmischen.
• Regelmässige Kontrolle der Keimfl ora in der Schotte durch die Analyse der E. coli, der Enterobakterien, der Hefen und der Schimmelpilze (vorgängig Labor kontaktieren bezüglich Termin und Probenahme).
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5. Wieviel darf die Schotte kosten?
Der Paritätspreis ist ein Hilfsmittel, um die Preiswürdigkeit von Einzelfuttermitteln grob zu schätzen. Es werden dazu zwei Vergleichskomponenten verwendet. Häufi g sind das Gerste und Soja. Bei Preisen von CHF 40.-/dt für Gerste und 55.-/dt für Soja beträgt der Paritätspreis für eine Hartkäse- schotte mit 6 % TS 2.79 Rp./l. Von diesem Preis müssen noch die Zusatzkosten (Transport, Lagerung, Reinigung, Risiko) in Abzug gebracht werden. Deshalb dürfte die Schotte in vielen Fällen nicht mehr als 1 – 1.5 Rp./l kosten.
Schotteverwertung durch das Schwein
Fazit
Jährlich fallen grosse Mengen an Schotte an. Schotte ist ein wertvolles
Nebenprodukt mit einer günstigen Aminosäurenzusammensetzung. Sie lässt sich gut in Schweinerationen integrieren. Dabei muss beachtet werden, dass:
• sie frei von E. coli ist (< 100 KBE/ml)
• sie den Verhältnissen entsprechend stabilisiert wird
• die Obergrenze in der Ration 25 % beträgt (bezüglich TS)
• sie reich an Natrium ist und deshalb das Ergänzungsfutter nicht zusätzlich Salz enthält
• die Tiere neben der Schotte noch Wasser zur freien Verfügung haben müssen
• bei veränderten Getreidepreisen auch die Preiswürdigkeit von Schotte ändert
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Ab 100 Expl. pro Nummer kosten 50 Stück CHF 20.–
Frühere Nummern siehe www.agroscope.ch –>
Publikationen –> Zeitschriften
4. Fütterungsgrundsätze beim Schotteeinsatz
• Eine alte Faustregel besagt, dass Schotte immer süss oder aber immer sauer verfüttert werden sollte. Häufi - ger Wechsel von süsser bzw. saurer Schotte verursacht beim Schwein vermehrt unerwünschte Verdauungsstö- rungen.
• Die Ration sollte maximal 2.5 – 3 % Rohfaser enthalten (umgerechnet auf Ration mit 88 % TS)
• Die Obergrenze für den Anteil Schotte in der Ration liegt bei 25 % (bezüglich TS). Bei höheren Schottega- ben gelangt vermehrt Laktose unverdaut in den Dick- darm und stellt ein erhöhtes Risiko für Blähungen dar.
• Laktose ist der erstlimitierende Faktor. Deshalb liegt die Obergrenze bei konzentrierter Schotte ebenfalls bei 25 %.
• Die Laktose ist ein zweifach-Zucker und besteht aus Glukose und Galaktose. Galaktose ist der zweitlimitie- rende Faktor. Das Schwein scheidet vermehrt aufge- nommene Galaktose grösstenteils über den Harn wie- der aus (kann bis 10 % der aufgenommenen VES
ausmachen). Der Einsatz von enzymatisch vorbehan- delter Schotte kann deshalb nicht empfohlen werden.
• Das Ergänzungsfutter darf kein zusätzliches Viehsalz enthalten.
• Die Schweine benötigen trotz Schotte noch frisches Wasser zur freien Verfügung, um überschüssiges Nat- rium auszuscheiden.
Jährlich werden grosse Mengen an Schotte produziert, die dann grössten- teils in Schweinetrögen landen
Die einwandfreie Lagerung der Schotte ist eine Grundvoraussetzung für eine risikoarme Verfütterung
ALPALP
Nachdruck 2011