Parameterabhängigkeiten bei
Topologieoptimierungsalgorithmen und die Auswirkung auf den
Konstruktionsprozess
Stefan Hautsch, M.Sc.
15. Bayreuther 3D-Konstrukteurstag
18. September 2013
Überblick
Gliederung
2
• Theoretischer und mathematischer Hintergrund der Optimierung
• Einführung in die Topologieoptimierungsalgorithmen von TOSCA Structure
• Analyse der Parameterabhängigkeiten
• FE-Netzfeinheit
• FE-Elementtyp
• Interpolationsmethode / Penalty-Faktoren / Filter-Radius
• Fertigungsrandbedingungen
• Iterationsanzahl / Abbruchkriterium
• Glättungsalgorithmus
• Zusammenfassung und Ausblick
Theoretische Grundlagen
Der simulationsgestützte Optimierungsprozess
3
• Simulationsmodell = Finite-Elemente-Analyse berechnet Systemantworten
• Startentwurf / Modell = Bauraum mit Lasten/Randbedingungen
• Parameter = Restriktionen und spezifische Einstellungen des Optimierungsalgorithmus
• Designvariablen = normierte E-Moduli bzw. Elementdichten
• Modifikation der Designvariablen, d.h. Änderung der Geometrie des Bauteils durch Beeinflussung der Elementdichte bzw. des E-Moduls
• Iterative Berechnung der jeweils aktualisierten Geometrie, bis das Optimum oder Abbruchkriterium erreicht ist
Eingabedatei
Bauraum/Modell Parameter/Randbed.
Ausgabedatei
Systemantworten
Modifikation der Designvariablen
„Optimierung“
Simulationsmodell
FE-Analyse
Mathematische Grundlagen
Optimierungsalgorithmen
4
• Optimalitätskriterienverfahren (OC – Optimality Criteria): intuitive bzw. auf Erfahrungen basierende Verfahren
• Kein „mathematisches“ Verfahren, sondern aus Naturbeobachtungen entstanden
• z.B. Fully Stressed Design (FSD) = voll beanspruchtes Tragwerk
• Oder auf Basis der adaptiven biologischen Wachstumsregel (Bionik): das SKO-Verfahren (Soft Kill Option), welches Material an Stellen mit geringer Spannung eliminiert
• MMA-Verfahren: Methode der bewegten Asymptoten (Method of Moving Asymptotes)
• Lösung über die Lagrange-Formulierung des Optimierungsproblems, z.B. mit der dualen Methode; hierzu ist eine Approximation nötig!
• Approximation der Ziel-/Restriktionsfunktion über das allgemein formulierte MMA- Verfahren (dies erlaubt alle Zwischenstufen zwischen linearer und reziproker Approx.)
Mathematische Grundlagen
E-Modul-Dichte-Beziehung in der Topologieoptimierung (1)
5 p
i i i
i
ρ ρ E
E
=
00
−
⋅ +
=
0 0
0
1 1
i i i
i
i i
ρ p ρ
ρ ρ E
E
• Für Topologieoptimierung: Zusammenhang zwischen Dichte und E-Modul gesucht nur Dichte 0 und 1 sind relevant (Loch/Vollmaterial)!
• SIMP-Ansatz (Solid Isotropic Material with Penalization)
→ Penalty-Faktor bestraft mittlere Dichten, in der Praxis: 2 ≤ p ≤ 4
• RAMP-Ansatz (Rational Approximation of Material Properties)
→ Verlauf entspricht dem Hashin-Shtrikman- Materialverhalten (bei passender Wahl von p)
Mathematische Grundlagen
E-Modul-Dichte-Beziehung in der Topologieoptimierung (2)
6
0,0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 0,7 0,8 0,9 1,0
0,0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 0,7 0,8 0,9 1,0 E / E0
xi
theor. Verlauf von SIMP und RAMP - Penalty-Faktor 3,0 0,0
0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 0,7 0,8 0,9 1,0
0,0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 0,7 0,8 0,9 1,0 E / E0
xi
theor. Verlauf von SIMP und RAMP - Penalty-Faktor 1,0
0,0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 0,7 0,8 0,9 1,0
0,0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 0,7 0,8 0,9 1,0 E / E0
xi
theor. Verlauf von SIMP und RAMP - Penalty-Faktor 2,0
0,0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 0,7 0,8 0,9 1,0
0,0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 0,7 0,8 0,9 1,0 E / E0
xi
theor. Verlauf von SIMP und RAMP - Penalty-Faktor 4,0
RAMP SIMP
Die Algorithmen von TOSCA Structure
TOPO_CONTROLLER
7
• Der Controller-Algorithmus verfährt wahrscheinlich nach dem Prinzip der Optimalitätskriterien, z.B. dem SKO-Verfahren
• Zielfunktion: minimale Nachgiebigkeit
• Benötigt Knotenspannungen und Dehnungsenergie aus der FEA (keine Sensitivitäten nötig!)
• Beginnt mit Vollmaterial, d.h. relative Dichte 1,0
• Feste Anzahl Iterationen (Standard 15)
• Schnelle Konvergenz, 0-1-Struktur als Ergebnis
Die Algorithmen von TOSCA Structure
TOPO_SENSITIVITY
8
• Der Sensitivity-Algorithmus ist ein gradientenbasierter Algorithmus, welcher die Methode der bewegten Asymptoten (MMA) nutzt und das Material mit SIMP oder RAMP interpoliert
• Zielfunktion: minimale Nachgiebigkeit oder maximale Eigenfrequenz
• Benötigt neben Knotenspannungen und Dehnungsenergie zusätzlich Gradienten/Sensitivitäten (1. Ableitung)
• Startwert der relativen Dichte ist die vor- eingestellte Volumenrestriktion (z.B. 30%)
• Variable Iterationsanzahl
• Elemente mittlerer Dichten im Ergebnis (keine 0-1-Struktur)
Vorbereitung der Analysen
Wahl der Algorithmen, Bauteile und Randbedingungen
9
• Analyse der Algorithmen aus TOSCA Structure V.7.1.1 (FE-Design)
• Externer FE-Solver: Abaqus/CAE v.6.11-2
• Preprocessing in ABAQUS Export als INP-Datei (solver deck)
• Bauteil: Kragbalken (2000 x 200 x 200 mm³) mit 3 Lastfällen (vgl. Abbildungen), Kräfte je 1000 N, Drucklast 1000 MPa auf 200 x 200 mm2
• Linear statische Rechnung; Stahl mit E = 206.000 N/mm2 und ν = 0,3
• Zielfunktion: minimale Nachgiebigkeit; Volumenrestriktion 30%
Lastfall 1 Lastfall 2 Lastfall 3
Analyse der Parameterabhängigkeiten
Finite-Elemente-Netz-Feinheit
10 Bilder jeweils
Hex8, Lastfall 1
Knotenabstand zw.
4 mm und 100 mm
Analyse der Parameterabhängigkeiten
Elementtyp
11
Controller Sensitivity
Es empfehlen sich für die beiden Algorithmen lineare Hexaeder bzw. lineare Tetraeder Quadratische Ansätze haben nur bei Drucklasten Vorteile, rechnen dafür länger
Jeweils Hex8 (Spalte 1 und 3) und Hex20 (Spalte 2 und 4), unterschiedliche Netzfeinheiten
Controller Sensitivity
Bei gleichen Anzahl an Freiheitsgraden rechnen Tet4-Elemente (Controller) bzw. Hex8-Elemente (Sensitivity) am Besten und sind somit für diese Algorithmen vorzuziehen
Analyse der Parameterabhängigkeiten
Elementtyp bei gleicher Anzahl an Freiheitsgraden
12
0%
20%
40%
60%
80%
100%
Hex 8 Hex 20 Tet 4
Steigerung der Nachgiebigkeit in %
Elementtyp
Sensitivity-Algorithmus, fein vernetzt
Lastfall 1 Lastfall 2 Lastfall 3
0%
20%
40%
60%
80%
100%
Hex 8 Hex 20 Tet 4
Steigerung der Nachgiebigkeit in %
Elementtyp
Controller-Algorithmus, fein vernetzt
Lastfall 1 Lastfall 2 Lastfall 3
Bilder: jeweils Lastfall 01, fein vernetzt
Analyse der Parameterabhängigkeiten
Sensitivity-spezifische Parameter – Interpolation (1)
13
SIMP mit Penalty-Faktoren zwischen 2,0 und 5,0
RAMP mit Penalty-Faktoren zwischen 2,0 und 5,0
Analyse der Parameterabhängigkeiten
Sensitivity-spezifische Parameter – Interpolation (2)
14
Vergleich von SIMP und RAMP mit Penalty-Faktoren zwischen 2,0 und 5,0 jeweils für lineare Hexaeder und lineare Tetraeder
0%
25%
50%
75%
100%
125%
150%
175%
0 5 10 15 20 25 30
Steigerung der Nachgiebigkeit in %
Knotenabstand
Hex8-Elemente, alle Penalty-Faktoren
0 5 10 15 20 25 30
Knotenabstand
Tet4-Elemente, alle Penalty-Faktoren
SIMP RAMP SIMP-Trend RAMP-Trend
Analyse der Parameterabhängigkeiten
Sensitivity-spezifische Parameter – Filter-Radius/Density-Update
15
Filter-Radius Probleme:
Hex8, Lastfall 1 mit Filter-Radius 2,0
0%
40%
80%
120%
160%
200%
0,0 10,0 20,0 30,0 40,0 50,0 60,0
Steigerung der Nachgiebigkeit in %
Filter-Radius Filter-Radius, Hex8-Elemente
LF01 LF05
0%
40%
80%
120%
160%
200%
0,0 10,0 20,0 30,0 40,0 50,0 60,0
Steigerung der Nachgiebigkeit in %
Filter-Radius Filter-Radius, Tet10-Elemente
LF01 LF05
Auto 13,0 Auto 30,8
Density-Update
aggressive e
normal / conservative
0,00%
20,00%
40,00%
60,00%
80,00%
100,00%
120,00%
140,00%
160,00%
LF01 LF02 LF03
Steigerung der Nachgiebigkeitin %
Lastfälle
Controller-Algorithmus, Hex8-Elemente
10 Iterationen 15 Iterationen 30 Iterationen
0,00%
20,00%
40,00%
60,00%
80,00%
100,00%
120,00%
140,00%
160,00%
LF01 LF02 LF03
Steigerung der Nachgiebigkeitin %
Lastfälle
Controller-Algorithmus, Tet10-Elemente
10 Iterationen 15 Iterationen 30 Iterationen
Analyse der Parameterabhängigkeiten
Controller-spezifische Parameter – Iterationszahl
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• Variation der Iterationsanzahl von 10 bis 30 Iterationen (Standard 15)
• Einstellung der Geschwindigkeit (VERY_SLOW, SLOW, MODERATE, MEDIUM, FAST) legt Iterationszahl jeweils automatisch fest, verschlechtert aber Rechenzeit bzw.
Nachgiebigkeit
15 Iterationen erzielen optimales Nachgiebigkeits-/Rechenzeitverhältnis
Analyse der Parameterabhängigkeiten
Fertigungsrandbedingungen
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Controller Sensitivity
Fertigungsrestriktionen nicht zielführend, da keine fertigungsgerechten Geometrien erzeugt werden (Entformungsschrägen, etc.)
Analyse der Parameterabhängigkeiten
Smooth / Glättung
18
Controller Sensitivity
Ausleitung in CAD-Systeme weder einfach möglich noch sinnvoll, da die erzeugten Strukturen nicht fertigungsgerecht sind und stellenweise frei schwebende Elemente beinhalten
Bilder: Jeweils Tet10, Lastfall 01
Fazit und Ausblick
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→ Viele verschiedene Parameter haben Einfluss auf das Optimierungsergebnis
→ Wissen über die optimalen Einstellungen minimiert Fehlversuche und führt schnell zum optimalen Bauteil
→ Direkte Integration der Optimierung in den Konstruktionsprozess ist schwierig, da die Ergebnisdaten nicht im CAD-System verwendbar sind Ergebnis nur als Designvorschlag für Konstruktionsänderung/Neukonstruktion
→ Fertigungsrandbedingungen sind ebenso wenig hilfreich und liefern keinen verwertbaren Designvorschlag
→ Prozessrandbedingungen werden bisher nicht berücksichtigt
Die Präsentation ist beendet
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