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A3398 Deutsches ÄrzteblattJg. 100Heft 51–5222. Dezember 2003
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ie Therapie des meta- stasierten Mammakarzi- noms, das trotz adjuvan- ter Therapie 30 bis 50 Pro- zent aller Patientinnen im Verlauf der Erkrankung er- wartet, sollte vor allem le- bensqualitätsorientiert sein.Auch wenn mit Erreichen ei- ner chemotherapeutisch in- duzierten Vollremission im fortgeschrittenen Stadium nur etwa 20 Prozent der Patien- tinnen fünf und mehr Jahre überleben, kann eine Heilung des metastasierten Mamma- karzinoms nicht erreicht wer- den. Das gelte auch für den Einsatz von Capecitabin (Xe- loda®) als orales 5-FU-Deri- vat und einer Kombination von Capecitabin mit Doceta- xel oder dem Vinca-Alkaloid Vinorelbin, betonte Dr. Gun- ter von Minckwitz (Frank- furt/Main).
Thymidinphosphorylase ist exzessiv hoch reguliert Capecitabin ist ein Fluoro- pyrimidin-Carbamat, das in Tablettenform verabreicht wird und das in den Zellen durch das Enzym Thymidinphos- phorylase zu 5-Fluorouracil umgewandelt wird. Wie Prof.
Gerhard Schaller (Bochum) in München erklärte, ist die Thymidinphosphorylase in den Tumorzellen exzessiv hoch reguliert, sodass durch die höhere Konzentration Cape- citabin bevorzugt in den Tu- morzellen zum aktiven 5-FU umgewandelt wird; das er- klärt auch die gute Verträg- lichkeit der Substanz.
In mehreren Phase-II-Stu- dien wurde Xeloda in Mono- therapie eingesetzt. Bei den mit Taxanen vorbehandelten Patientinnen zeigte sich ei- ne partielle oder vollständige Ansprechrate von 57 bis 72 Prozent und eine Stabilisie- rung der Erkrankung. In allen Stadien konnte die Progressi- on der Erkrankung um durch- schnittlich drei bis 4,6 Monate verzögert werden, und die me- diane Gesamtüberlebenszeit wurde auf zehn bis 15 Monate verlängert.
Signifikant verlängert wur- de die Überlebenszeit auch
durch die kombinierte An- wendung von Capecitabin und Taxotere, wenn auch die Rate der unerwünschten Nebenef- fekte wie Stomatitis und Di- arrhö höher gewesen sei, be- richtete von Minckwitz. Zur- zeit werden in einer Studie Vinorelbin (25 mg/m³) plus Capecitabin getestet. Die Ga- ben werden alle drei Wochen wiederholt. Die klinische An- sprechrate ist offenbar hoch.
28 Prozent der Patien- tinnen zeigen eine histologi- sche Progression. Die Zahl der Therapieabbrüche ist über- raschend niedrig. Häufigste Nebeneffekte sind Leukope- nie, Neutropenie und in gerin- gerem Ausmaß eine febrile Neutropenie. Vinorelbin (Na- velbine®) wird deshalb be- sonders interessant als Kom- binationspartner für Capeci- tabin, weil es in naher Zu- kunft auch in oraler Form verfügbar sein wird.
Bisher hält sich die Mei- nung hartnäckig, dass eine Kombination des Antikörpers Trastuzumab (Herceptin®), der gegen den Wachstumsfak- tor-Rezeptor HER-2/neu auf der Oberfläche von Tumorzel- len gerichtet ist, und 5-FU ant- agonistisch wirkt und daher keinen Antitumoreffekt ent- falten kann. Für Zellkultu- ren stimmt diese Beobach- tung auch, nicht aber für den Gesamtorganismus.
An Brustkrebspatientinnen kann diese Kombination so- gar eine Remission bewirken.
Wie Schaller berichtete, wur- den 16 „austherapierte“ Pati- entinnen mit dieser Kombi- nation behandelt; es wurde eine Ansprechrate von mehr als 50 Prozent erzielt. Die Re- missionen hielten bis acht Monate an.
Wie Schaller betonte, zeig- te die Kombination von Ca- pecitabin und Trastuzumab eine auffällig gute Wirkung
beim Patienten durch syner- gistische Effekte. Als Wir- kungsmechanismus im Orga- nismus wird ein Zusammen- spiel von Chemotherapie und Antiangiogenese postuliert.
Trastuzumab reduziert über die Schädigung von Endo- thelzellen die den Tumor ver- sorgenden Gefäße und ver- hindert die Neoangiogenese.
Der Einsatz von Herceptin hat außerdem den Vorteil, dass es keinen Haarausfall auslöst, keine Hämatotoxizi- tät entfaltet und über eine Kurzinfusion appliziert wer- den kann. Es wirkt auch bei Patientinnen, die mit Anthra- zyklinen und Taxanen vorbe- handelt sind, und bei „austhe- rapierten“ Patientinnen. Eine weitere Phase-II-Studie mit 23 solcher Patientinnen ist ge-
startet worden. Prof. Charles Vogel (Plantation/USA) stell- te Navelbine®in den Mittel- punkt seiner Ausführungen.
Die Substanz sei deutlich we- niger neurotoxisch als die frü- her verwendeten Vinca-Alka- loide, und sie wirke syner- gistisch mit vielen der ge- bräuchlichen Zytostatika. Die Kombination von Vinorelbin plus Trastuzumab sei vielver- sprechend. Sie sei potenziell gut verträglich und hoch ak- tiv. Als dominierende uner- wünschte Nebeneffekte wer- den Nausea, Schwindel und Stomatitis angegegeben. Ei- nen Fortschritt sieht Vogel auch in der Kombination von Capecitabin und Vinorel- bin, wenn Letzteres in oraler Formulierung verfügbar sein wird. Siegfried Hoc
Satellitensymposium „Metastasiertes Mammakarzinom: Wirksame Kombina- tionen ohne Kompromisse bei der Ver- träglichkeit – nur Wunschdenken in der Palliation?“ im Rahmen der 23. Jahresta- gung der Deutschen Gesellschaft für Se- nologie in München, Veranstalter: Hoff- mann-La Roche AG und Pierre Fabre
Mammakarzinom
Orale Formulierungen werden Realität
Unternehmen
Neue Namen – Aufgrund ei- nes einheitlichen europäi- schen Zulassungsverfahrens werden die Namen der Hu- maninsuline von Novo Nor-
disk in Zukunft einfacher.
Die Namensumstellung be- trifft neun Präparate und fin- det fließend bis März 2004 statt:
aus wird
Insulin Actrapid®HM . . . Actrapid® . . . Insulin Actraphane®HM 50/50 . . . Actraphane®50 . . . Insulin Actraphane®HM 40/60 . . . Actraphane®40 . . . Insulin Actraphane®HM 30/70 . . . Actraphane®30 . . . Insulin Actraphane®HM 20/80 . . . Actraphane®20 . . . Insulin Actraphane®HM 10/90 . . . Actraphane®10 . . . Insulin Protaphan®HM . . . Protaphane® . . . Insulin Monotard®HM . . . Monotard® . . . Insulin Utratard®HM . . . Ultratard® . . . Patientenratgeber zu KHK –
Einen Taschenratgeber zum Thema koronare Herzkrank- heit bietet das Unternehmen Pohl-Boskamp an. Der Ratge- ber „Unser Herz“ beantwortet auf leicht verständliche Weise viele Fragen rund um das The- ma KHK. Ursachen, Diagno- stik, Risikofaktoren und Thera- pie werden erläutert. Enthalten
sind ebenfalls viele praktische Tipps zu einer gesunden Le- bensführung. Abgerundet wird der Taschenratgeber durch nützliche Adressen verschiede- ner Gesellschaften und Stiftun- gen. Die Broschüre ist kosten- los erhältlich bei G. Pohl-Bos- kamp GmbH & Co., Kieler Straße 11, 25551 Hohenlock- stedt, Fax: 0 48 26/5 94 99.
Kurz informiert
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luthochdruck ist ein unab- hängiger Risikofaktor für eine erektile Dysfunktion.Diese Situation kann in einigen Fällen durch die Behandlung sogar verschlechtert werden.
So waren in der MRC-Studie (Medical Research Council Working Party on Mild to Mod- erate Hypertension) – einer der letzten großen Interventi- onsstudien mit einer Kontroll- gruppe – 9 048 männliche Stu- dienteilnehmer auch nach Im- potenz gefragt worden.
Die Inzidenz sei unter der Therapie mit einem Diureti- kum um den Faktor 20 und mit einem Betablocker um den Faktor 5 höher gewesen als in der Placebogruppe, zi- tierte Prof. Rainer Düsing (Bonn) die bereits 1981 publi- zierten Daten. Ein deutlich geringerer Einfluss auf die Sexualfunktionen sei dagegen bei Einsatz von Calcium-Ant-
agonisten oder ACE-Hem- mern zu erwarten.
Nicht nur keinen negativen, sondern möglicherweise sogar einen positiven Einfluss auf die sexuelle Aktivität scheinen die AT1-Rezeptorantagonisten zu haben. Viel versprechende Daten liegen vor allem für Valsartan (Diovan®) vor. Vor- reiter war eine italienische Ar- beitsgruppe, die Valsartan ran- domisiert doppelblind mit den Betablockern Carvedilol (im Cross-over-Design) und Ate- nolol (im Parallelgruppen-De- sign) verglichen hat. Teilneh- mer waren zuvor unbehan- delte hypertensive Männer im Alter zwischen 40 und 50
Jahren. In beiden Studien er- gab sich ein statistisch signifi- kanter Vorteil für Valsartan;
die Koitusfrequenz nahm un- ter den Betablockern ab und unter dem AT1-Rezeptorant- agonisten zu.
Noch differenzierter ging man in der von Düsing wissen- schaftlich begleiteten VALED- Studie (Valsartan und Erek- tile Dysfunktion) vor. 3 502 männliche Hypertoniepatien- ten im Alter zwischen 18 und 90 Jahren wurden nach Neueinstellung oder Umstel- lung einer zuvor nicht aus- reichend wirksamen/verträg- lichen Therapie auf Valsartan über sechs Monate nachbeob-
achtet.Wie Düsing erläuterte, fokussiere der 15-teilige vali- dierte Fragebogen nicht al- lein auf die körperliche Po- tenz, sondern auch auf andere Aspekte wie Libido, Orgas- musfähigkeit und sexuelle Zufriedenheit insgesamt.
Die Verbesserung durch Valsartan habe alle Dimen- sionen der Sexualität umfasst – unabhängig davon, ob die Patienten zuvor unbehandelt gewesen oder von einem anderen Antihypertensivum umgestellt worden seien oder ob es sich um eine Mono- oder Kombinationstherapie mit dem AT1-Rezeptorantago- nisten gehandelt habe. bl-ki
Satellitensymposium „Kardiovaskuläre Risikofaktoren – Ursache und therapeuti- sche Interventionsmöglichkeiten“ beim 109. Kongress der Deutschen Gesell- schaft für Innere Medizin in Wiesbaden.
Veranstalter: Novartis GmbH V A R I A
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