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Archiv "Körperbilder: Arnold Böcklin (1827–1901) – Der Gesang der Sirenen" (10.05.2013)

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[56] Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 110

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Heft 19

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10. Mai 2013

S C H L U S S P U N K T

KÖRPERBILDER: ARNOLD BÖCKLIN (1827–1901)

Der Gesang der Sirenen

Z

wei Jahrzehnte, bevor Sigmund Freud die Psy- choanalyse begründete, malte der Symbolist Arnold Böcklin ein kleines mystisches Gemälde, in dem er mit hintergründigem Humor in die Tiefen des Unbewussten eintauchte. Seine „Sirenen“ handeln von Sexualität und Verführung, Laster und Tod, Schönheit und Fratze, den tiefenpsychologischen Aspekten in der Beziehung von Mann und Frau, von triebhafter Körperlichkeit und listiger Weisheit. Entsprechend groß war die Irritation der ersten Betrachter, die das un- gewöhnliche Bild 1875 in Basel zu sehen bekamen.

Seit 1902 befindet es sich im Besitz der Staatlichen Museen zu Berlin und ist derzeit in einer großartigen Übersichtsschau zum deutschen Symbolismus in Biele- feld ausgestellt.

Der vielbelesene Böcklin folgte bei seiner Dar - stellung der Sirenen-Episode in Homers Odyssee. Die beiden auf einer Insel lebenden Zwitterwesen, die oberhalb des Nabels aufreizend-weibliche Formen und darunter einen Vogelunterleib mit scharfen Krallen auf- wiesen, waren demnach äußerst gefährlich: Sie bezau- berten mit ihrem lieblichen Gesang und der Verheißung übermenschlichen Wissens jeden Vorbeifahrenden, um ihn dann zu töten. Allerdings zog Böcklin das Thema

ins Groteske, Karikaturhafte: In seinem Bild gibt es viel Kurioses zu entdecken wie den fülligen, faltigen Leib der älteren Harpyie, die orangenen Federflusen und abstrus überdimensionierten Vogelfüße ihrer jün- geren Genossin sowie die Totenschädel, die wie Eier in einem Vogelnest angeordnet sind. Böcklin wollte mit seiner mystifizierenden, poetischen Malerei Zeichen setzen gegen die Rationalität seiner Zeit, was ihm im 20. Jahrhundert große Bewunderung seitens der Surrea- listen eintrug, die wichtige Impulse von ihm bezogen.

Die Kernaussage des Sirenenabenteuers geht durch Böcklins amüsante Satire nicht verloren: das verführe - rische, Verderb bringende Wesen der Femme fatale und die männliche Angst vor Dominanzverlust. Odysseus immerhin vermochte dem drohenden Tod zu entrinnen, indem er sich von seinen Gefährten an den Schiffsmast fesseln ließ. Ansonsten wäre auch er – wie so viele Mannsbilder vor und nach ihm – dem betörenden Ge- sang der Sirenen erlegen. Sabine Schuchart

Arnold Böcklin: „Sirenen“, 1875, Tempera auf Leinwand, 46 × 31 cm:

Zwei bizarre weibliche Geschöpfe, halb Frau, halb Vogel, locken auf einem Felsen am Meeresufer mit Gesang und Flötenspiel Seefahrer an. Die Männer ahnen nicht, dass es sich bei den Verführerinnen mit den entblößten Brüsten um Sirenen handelt, die ihnen nach dem Leben trachten. Ihre gefie- derten Tierleiber und die Vogelbeine mit den mächtigen Krallen haben die Zwitterwesen geschickt hinter dem Felsen verborgen.

Zu ihren Füßen zeugen Totenschädel und Knochen von ihren Morden. Der antike Sirenenmythos inspirierte Böcklin zu seiner satirischen Darstellung.

Foto: Andres Kilger Staatliche Museen zu Berlin, Nationalgalerie/bpk

LITERATUR

„Schönheit und Geheimnis. Der deutsche Symbolismus“, Katalog zur Ausstellung, 300 Seiten, Kerber 2013; 39,95 Euro

(während der Ausstellungslaufzeit an der Museumskasse: 24,95 Euro).

AUSSTELLUNG

„Schönheit und Geheimnis.

Der deutsche Symbolismus“

Kunsthalle Bielefeld, Artur-Ladebeck-Str. 5, Bielefeld

www.kunsthalle- bielefeld.de Di.–So. 11–18, Mi. 11–21, Sa. 10–18 Uhr;

bis 7. Juli.

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