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Archiv "Nosokomialinfektionen mit multiresistenten Bakterien: Acinetobacter auf dem Vormarsch" (30.01.2015)

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A 184 Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 112

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Heft 5

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30. Januar 2015

NOSOKOMIALINFEKTIONEN MIT MULTIRESISTENTEN BAKTERIEN

Acinetobacter auf dem Vormarsch

Seit drei Monaten gibt es einen größeren nosokomialen Ausbruch mit multiresistenten A. baumannii an einem norddeutschen Universitätsklinikum. Die Häufung solcher Infektionen löst große Besorgnis aus – in Deutschland, aber auch weltweit.

A

m Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH) Campus Kiel gibt es einen größeren nosokomialen Ausbruch mit einem multiresistenten Stamm des gram- negativen Bakteriums Acinetob- acter baumannii. Bis Redaktions- schluss (26. Januar) war der Erreger bei 27 Patienten auf zwei Intensiv- stationen nachgewiesen worden, wie ein Sprecher des UKSH dem Deutschen Ärzteblatt erläuterte. Elf mit A. baumannii besiedelte Patien- ten seien verstorben, inklusive des 74-jährigen Indexpatienten, der am 11. Dezember mit einer schweren Erkrankung aus einer türkischen Klinik ans UKSH verlegt worden war und den Keim mitgebracht hat- te. Er war zwar auf A. baumannii gescreent worden, dennoch kam es zum Ausbruch. Bei zwei Patienten lasse sich ein Zusammenhang zwi- schen ihrem Tod und einer Infekti- on mit dem Ausbruchsstamm nicht ausschließen, so der Klinikums- sprecher. Die Staatsanwaltschaft er- mittelt inzwischen.

Der in Kiel nachgewiesene Erre- ger gehört zu den gefürchtetsten Hospitalkeimen weltweit. Auf der Liste der US-amerikanischen Ge- sellschaft für Infektionskrankheiten hat Acinetobacter baumannii die höchste Priorität, auch das Europäi-

sche Centre for Disease Prevention and Control beschreibt nach einer Befragung in 38 Ländern Europas eine rasche Verbreitung von Carba- penemase-Bildnern wie A. bauman- nii und bezeichnet dies als „sehr ernste Bedrohung“ (EuSCAPE 2013). 81 Prozent der A.baumannii- Isolate aus Ländern mit Surveillan- cesystemen wiesen Carbapenem- Resistenzgene auf, im Vergleich zu 9,3 Prozent bei Enterobacteriaceen.

Hygienischer Notfall

Auch der in Kiel isolierte Stamm gehört als sogenannter 4MRGN-Er- reger (multiresistente gramnegative Bakterien mit Resistenz gegen al- le 4 relevanten Antibiotikagruppen) zu den hochgefährlichen Hospital- keimen: Er besitzt Resistenzgene gegen Penicilline, Cephalosporine der dritten und vierten Generation, Carbapeneme und Fluorochinolone.

„Das Auftreten von Erregern, die Carbapenemasen bilden, muss ge- nerell als hygienischer Notfall be- wertet werden“, sagt Prof. Dr. med.

Winfried Kern von der Universi- tätsklinik Freiburg, Mitglied der Arzneimittelkommission der deut- schen Ärzteschaft.

Die Kolonisierung des Patienten sei keine Krankheit und nicht be- handlungsbedürftig, nur bei einer

erhöhten Gefährdung durch Vorer- krankung oder Immunsuppression des Kranken oder der Mitpatienten sollte dekolonisiert werden. Auf den Schleimhäuten von Mundhöh- le, Trachea und Darm sei dies aber nicht möglich. Bei einer echten In- fektion bestehe Behandlungsbedarf, zum Beispiel mit dem Reserveanti- biotikum Colistin. Infektionen mit multiresistenten Stämmen von A.

baumannii sind mit einer erhöhten Mortalität der Patienten assoziiert, vor allem als Folge von Wundinfek- tionen und Pneumonien.

Die ersten Patienten, bei denen Infektionen durch multiresistente A. baumanii-Stämme bekannt ge- worden sind, waren US-Soldaten, die im Irakkrieg verwundet und von März 2003 bis Mai 2004 in einem Militärkrankenhaus behandelt wor- den waren. Die Soldaten hatten sich vermutlich in Feldlazaretten im Irak angesteckt. A. baumannii ist kein Bakterium, das ubiquitär im Erd- reich, im Wasser oder als natürli- cher Kommensale des Menschen vorkommt, sondern ein typischer Hospitalkeim. 2012 gab es 13 Aus- brüche in Deutschland mit 86 Fäl- len und neun Toten, 2013 waren es 14 Ausbrüche (67 Fälle, 4 Tote).

Die hohe Umweltresistenz von A. baumannii erschwert es, die Ver- breitung zu verhindern: A. bauman- nii überlebt auf nicht biologischen Oberflächen sieben Tage bis fünf Monate, für E. coli – zum Vergleich – beträgt die Überlebenszeit nur ei- ne bis acht Stunden. Der Erreger kann auf Liegeflächen, den Pfle- geutensilien, Monitoren, PC-Tasta- turen, dem Arbeitstisch des Perso- nals, dem Personal selbst oder der Oberfläche des Beatmungsgeräts persistieren. Oft dauert es viele Mo- nate, bis die Stationen frei von den

Erregern sind.

Dr. rer. nat. Nicola Siegmund-Schultze GRAFIK

Zahlen aus deutschen Kliniken:

Acinetobacter bauman- nii wird immer häufiger unter den gram - negativen Bakterien mit

Resistenzgenen gegen alle vier relevanten

Antibiotikaklassen (4MRGN)

Entwicklung des Anteils an 4MRGN bei verschiedenen gramnegativen Erregern, ermittelt durch die Antibiotika-Resistenz-Surveillance (ARS)

16,00 8,00 4,00 2,00 1,00

% 2008 2009 2010 2011

Acinetobacter baumannii Pseudomonas aeruginosa

Quelle: Robert Koch Institut, Berlin

M E D I Z I N R E P O R T

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