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TIA: Wie hoch ist dasSchlaganfallrisiko?

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S T U D I E É T U D E

LA N C E T

Anhand eines einfachen Scores lässt sich das Risiko von TIA-Patienten einschät- zen, in der Akutphase einen Schlaganfall zu erleiden.

Das zeigt eine im «Lancet»

publizierte britische Studie.

Schlaganfällen gehen nicht selten transi- torisch ischämische Attacken (TIA) als Vor- boten voraus. Epidemiologische und klini- sche Studien haben gezeigt, dass etwa jeder zehnte TIA-Patient in den folgenden sieben Tagen einen Schlaganfalls erleiden wird. Zwar existieren bis heute keine ein- heitlichen Regeln oder Richtlinien, wie diese TIA-Patienten behandelt werden sollen, aber zumindest herrscht Einigkeit darüber, dass die Betroffenen gut über- wacht werden sollten. In der Praxis geschieht dies allerdings oft nicht in aus- reichendem Masse, beklagen die «Lancet»- Autoren. Allerdings ist auch oft schwer zu entscheiden, welche Patienten nach einer transitorisch ischämischen Attacke sofort in die Klinik überwiesen werden sollten und welche besser zuhause beobachtet werden. Mehr noch: Problematisch ist oft schon die richtige Diagnose einer TIA.

Untersuchungen haben ergeben, dass nur jede zweite mutmassliche transitorische ischämische Attacke vom Spezialisten dann auch als solche bestätigt wird. Dieser Umstand der Überdiagnose vermag zu

erklären, warum 95 Prozent der über- wiesenen Patienten letztlich keinen Schlag- anfall in den nächsten Tagen erleiden wer- den.

Risikostratifizierung in der Akutphase

Es gibt nun bereits gut validierte Modelle für das Langzeitrisiko eines Schlaganfalls im Anschluss an eine TIA, aber für die Ge- fährdung in der akuten Phase fehlen sol- che Anhaltspunkte weit gehend.

Britische Autoren haben sich nun ans Werk gemacht, genau dies nachzuholen, vor allem mit dem Ziel, Risikopatienten herauszufiltern. Sie machten sich dabei die Daten zweier grosser populationsba- sierter Kohortenstudien zu Nutze: das Oxfordshire Community Stroke Projekt (OCSP) und die Oxford Vascular Study (Oxvasc). In Letzterer wurde ein Risiko- Score, basierend auf Alter, Blutduck, klini- schen Merkmalen und Symptomdauer, auf seine Validität überprüft (Tabelle).Die Ko- horte umfasste rund 90 000 Patienten, die bei 63 Hausärzten registriert waren. 377 Patienten wurden wegen TIA-Verdachts in die Klinik überwiesen. 101 Patienten hat- ten einen Score von über 5 Punkten. 19 von 20 dieser Patienten erlitten einen Schlaganfall innerhalb von sieben Tagen.

Die Auswertungen ergaben, dass das Risiko nur 0,4 Prozent bei einem Score unter 5 betrug, hingegen 2 Prozent bei 5 Punkten und sogar 31 Prozent bei mindestens 6 Punkten. Die Autoren ge- ben aber zu bedenken, dass auch bei einem Score unter 4 nicht automatisch von einem fehlenden Schlaganfallrisiko ausgegangen werden könne.

Interessant sind auch die Beurteilungen der einzelnen Risikofaktoren. Wenig über- raschend war dabei der prognostische

Wert von Blutdruck und Alter. Nahezu 90 Prozent der Schlaganfälle treten bei über 60-Jährigen auf, und auch der Zusammen- hang zwischen Bluthochdruck und Schlaganfall ist bestens bekannt. Wichtig für den Übergang von einer TIA in einen akuten Schlaganfall ist dabei der derzeitig gemessene Blutdruck. Wie lange das Hochdruckleiden bereits besteht, fällt demgegenüber kaum ins Gewicht. Wie die Auswertungen zeigten, traten alle Schlaganfälle in den ersten sieben Tagen bei Patienten auf, die auch Sprachstörun- gen oder fokale Schwäche aufwiesen. Die Autoren machen aber darauf aufmerk- sam, dass die TIA eine subjektive Dia- gnose ist, die ohne objektive Parameter auskommen muss. «Obwohl wir in unse- rer Studie die Standard-Diagnosekriterien strikt beachteten, ist es möglich, dass fokale Schwäche und Sprachstörungen

TIA: Wie hoch ist das Schlaganfallrisiko?

Eine einfache 7-Punkte-Skala hilft, das Risiko einzuschätzen

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s ä t z e s ä t z e

●Das Risiko, innerhalb weniger Tage nach einer transitorisch ischämischen Attacke einen Schlaganfall zu erleiden, lässt sich gut anhand eines einfachen Risiko-Scores vorhersagen.

●Der Risiko-Score beruht auf den Parametern Alter, Blutdruck, fo- kale Schwäche, Sprachstörungen und Symptomdauer. Je nach Punktzahl ist eine Notfalleinwei- sung erforderlich oder eine Überwachung zuhause angera- ten.

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einfach diejenigen Patienten identifizie- ren, bei denen die Diagnose am wahr- scheinlichsten ist.» Unklar ist, warum fo- kale Schwäche ein grösserer Risikofaktor zu sein scheint als Sprachschwierigkeiten.

Nachvollziehbar ist die Bedeutung der Symptomdauer: Wahrscheinlich sind län- ger dauernde TIA-Phasen Ausdruck um- fassender pathologischer Veränderungen oder erhöhter zerebraler Anfälligkeit wegen unzureichender Kollateralbildung.

6 Punkte bedeuten sofortige Spitaleinweisung

Insgesamt, so das Fazit der Autoren, bie- tet der Risiko-Score ein gut anwendbares Instrument bei der Einschätzung einer

TIA, auch wenn genauere Untersuchun- gen an grösseren Datenmengen folgen sollten.

Sie erhoffen sich, dass die vorliegenden Ergebnisse nun auch in der Öffentlichkeit breiter bekannt (gemacht) werden. Denn, das hat beispielsweise eine Telefonum- frage in den USA ergeben: Nur 8 Prozent der Bevölkerung kennen irgendein Sym- ptom einer transitorisch ischämischen At- tacke. Dass unter diesen Voraussetzungen oft kein Arzt gerufen wird, ist einsichtig.

Der Risiko-Score soll vor allem aber den Primärversorgern wichtige Entscheidungs- hilfen geben, um eine angemessene Triage vornehmen zu können. Patienten mit einem Score von 6 Punkten müssen demnach dringend ins Spital eingewiesen

werden. Immerhin gibt es ja Therapien, etwa die Gabe von Aspirin, eventuell in Kombination mit Clopidogrel, oder die Antikoagulation bei Patienten mit Vor- hofflimmern; eventuell sind auch Statine hilfreich. Aber selbst wenn die akute Prävention erfolglos bleibt, könne, so die Autoren, ein frühzeitig einsetzender Schlaganfall in der Klinik ohne Verzug mit einer Thrombolyse behandelt werden.

Pathologische Veränderungen an den Ka- rotiden sind übrigens die häufigste zu- grunde liegende Ursache für TIA und Schlaganfall, und viele betroffene Patien- ten können von der Endarteriektomie als einer sicheren operativen Methode pro- fitieren, wenn der Eingriff ein bis zwei Wochen nach dem Ereignis vorgenom- men wird. Inwieweit die Blutdrucksen- kung nach der TIA einem frühzeitigen Schlaganfall vorbeugen kann und ob neuroprotektive Substanzen den Verlauf günstig beeinflussen, ist noch nicht klar. ●

P.M. Rothwell et al.: A simple score (ABCD) to identify individuals at high early risk of stroke after transient ischaemic attack. Lancet 2005; 366: 29–36.

Uwe Beise

Interessenkonflikte: keine Tabelle: R i s i k o s t r a t i f i z i e r u n g n a c h T I A

Patienten mit 6 und mehr Punkten sollten notfallmässig in die Klinik eingewiesen werden

Alter > 60 Jahre 1 Punkt

Blutdruck >140 mmHg systolisch und/oder 90 mmHg diastolisch 1 Punkt Einseitige Schwäche (Arme, Beine, Gesicht) 2 Punkte

Sprachstörungen ohne Schwäche 1 Punkt

Dauer der Symptome:

> 60 Minuten 2 Punkte

< 60 Minuten 1 Punkt

TIA: Wie hoch ist das Schlaganfallrisiko?

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