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THEMA: Notfälle

12 Hebammenzeitung 05/2014

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ie Qualität der Behandlung von Notfallpatienten und -patien- tinnen ist von der Leistungs- fähigkeit des Teams abhängig. Es ver- steht sich von selbst, dass die erforder- lichen Therapieschritte nur dann um- gesetzt werden können, wenn diese dem Team auch bekannt sind. Man ging daher lange Zeit davon aus, dass nur dann Probleme zu erwarten sind, wenn fachliche Unzulänglichkeiten vorhanden sind. Ist ein klinisch versier- ter Oberarzt, eine erfahrene Hebamme oder gar ein Chefarzt im Team, dann ging man davon aus, dass dann ei- gentlich keine Fehler mehr passieren können, da ja eine optimale fachliche

Expertise zur Verfügung steht. Ein Großteil der Fehler, die in der Betreu- ung von Notfallsituationen gemacht werden, entsteht jedoch nicht auf- grund von fachlichen Unzulänglichkei- ten, sondern die Hauptursache liegt in einer unzureichenden Zusammenar- beit des betreuenden Teams. Diese so- genannten “non-technical skills“, wie Unklarheiten in der Rollen- und Aufga- benverteilung, fehlende oder mangel- hafte Kommunikation und unzureich- ende Priorisierung bei der Ausführung von klinischen Tätigkeiten spielen eine entscheidende Rolle in der Fehlerent- stehung. Erfahrungen aus der Luftfahrt weisen schon sehr lange darauf hin,

dass es auch bei optimaler Technik und sehr erfahrenen Piloten aus menschli- chen Fehlern zum Absturz von Flug- zeugen kommt. Da Fehler in der Luft- fahrt meist zu dramatischen Konse- quenzen führen, wurde in der Luftfahrt schon seit vielen Jahren eine effiziente Fehlervermeidung mit Hilfe von Simu- lationen durchgeführt. In der Medizin wurde die Methode der Simulation erst- mals von der Intensiv- und Notfallme- dizin eingesetzt. In der Geburtshilfe hat die Simulation im deutschsprachigen Raum erst in den letzten 10 Jahren einen zunehmenden Stellenwert erhalten.

Das Erlernen der richtigen Kommuni- kation zwischen Gynäkologen, Heb- ammen, Pädiatern, Anästhesisten und dem Pflegepersonal ist eine entschei- dende Grundvoraussetzung, um Not- fallsituationen zu meistern. Diese suf- fiziente Zusammenarbeit kann trainiert werden, und es gibt ausreichend Daten, die belegen, dass dieses Training abso- lut sinnvoll ist.

Die Ziele eines Simulationstrainings in der Geburtshilfe sind im Wesentlichen durch drei Punkte gekennzeichnet:

1. Schaffung von fachlicher Kompetenz 2. Training von Notfallsituationen 3. Effiziente Fehleranalyse

Schaffung von

fachlicher Kompetenz

Wesentlich für eine effiziente Risiko- stratifizierung ist das Vorhandensein von hausinternen Leitlinien (SOPs, Stan- dard Operating Procedures). In jedem

Simulationstraining

von geburtshilflichen Notfällen

Die Hauptursache für Behandlungsfehler bei Notfällen liegt in einer unzureichenden Zusammenarbeit des betreuenden Teams.

Simulationstrainings verbessern die fachliche Kompetenz und die interdisziplinäre

Kommunikation, weiß Prof. Dr. Franz Kainer aus langjähriger Erfahrung.

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Hebammenzeitung 05/2014 Kreißsaal muss ein Leitlinienordner an

einer gut sichtbaren Stelle vorhanden sein. Er soll die Behandlungskonzepte der wichtigsten Risikosituationen bein- halten. Die Anleitungen sind so konkret zu halten, dass auch ein fachlich noch nicht so versierter Mitarbeiter bzw. Mit- arbeiterin das optimale Therapiekon- zept einleiten kann.

Neben der medikamentösen Therapie sind organisatorische und interdiszipli-

näre Abläufe mit den entsprechenden Telefonnummern in den SOPs hinter- legt. Ein regelmäßiges praktisches Trai- ning von speziellen Operationsschrit- ten wie Sectio, Beckenendlagenentwi- ckung, Vakuumextraktion, manuelle Plazentalösung an einfachen Phanto- men sowie das erforderliche theoreti- sche Wissen sind die Grundvoraus- setzungen für ein optimales Manage- ment von Notfallsituationen.

Simulationstraining von Notfallsituationen

Das Training erfolgt entweder in einem dafür eingerichteten Simulationskreiß- saal oder im Kreißsaal vor Ort. Für eine realitätsnahe Darstellung des Geburts- verlaufs stehen lebensgroße Simula- tionsmodelle zur Verfügung, bei denen die üblichen Vitalparameter (Blutdruck, Puls, Atmung, Sauerstoffsättigung) be- urteilt werden können. Ebenso ist eine Verabreichung von intravenöser Medi- kation möglich, und mit einigen Pup- pen kann auch eine verbal kommuni- ziert werden.

Die Simulation der Geburt erfolgt ent- weder über einen Motor, oder die Puppe wird manuell von einer Hilfsper- son durch das Becken geschoben. Die Steuerung der Simulationspuppe er- folgt kabellos von einem Regieraum mit online-Monitoring des CTG-Ver- laufes. Zusätzlich steht ein Neugebore- nenreanimationsplatz mit einem Neu- geborenenmodell zur Verfügung, bei welchem die Apgarwerte entspre- chend „eingestellt“ werden können (Geburtsmodelle: „575 Noelle“, Firma Gaumard; „PROMPT, MamaNatalie, SimMom, SimBaby, New bornHAl, MamaNatalie®Birth Simulator“, Firma Laerdal, Stavanger). (Abb. 1)

Anstelle von computergesteuerten Si- mulationspuppen kann das Training auch sehr effektiv durch Schauspieler- innen (idealerweise durch Hebammen) umgesetzt werden. (Abb. 2)

Das Geburtsszenario wird für eine spä- tere Auswertung sinnvollerweise durch Videokameras dokumentiert.

Typische Notfallsituationen, die für ein geburtshilfliches Simulationstraining gut geeignet sind, beinhalten fetale Bradykardien, peripartale Blutungen, Schulterdystokien, kindliche Erstversor- gung, Präeklampsien sowie Eklampsie, Fruchtwasserembolien, Nabelschnur- vorfälle, Uterusrupturen sowie Notsec- tiones. Aber auch Abläufe im Geburts- haus oder in der Hausgeburtshilfe kön- nen problemlos simuliert werden.

Eine detailliertes Szenarienskript steht nur den Instruktoren (meist Hebamme, Geburtshelfer, Anästhesist, bei Bedarf Techniker) zur Verfügung, die auch den Szenarienablauf steuern.

Abb. 1: PC-gesteuerte Simulationspuppe („575 Noelle“, Gaumard)

Abb. 2: Schauspielsimulation durch eine Hebamme bei Szenario mit fetaler Bradykardie

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THEMA: Notfälle

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Der Geburtsablauf ist der aktiven Trai- ningsgruppe nicht bekannt und dauert ca. 15 Minuten.

Typischer Ablauf einer Simulation bei Schulterdystokie:

A) Lernziele:

Die Lernziele sollen im Vorfeld klar de- finiert sein. Ein wichtiger Punkt ist die Zeit zwischen dem Auftreten der Pa- thologie und der Diagnose durch das Team. Die Kommunikation der Notfall- situation mit der Patientin und zwi- schen den Teammitgliedern hat natür- lich einen hohen Stellenwert. Dabei ist darauf zu achten, ob die vorhandene Information an alle zuverlässig weiter- geleitet wurde. Weiß jeder „worum es geht“? Es sollte natürlich eine stan- dardmäßige medizinische Betreuung erfolgen (z.B. Abschalten von Oxyto- cin, Tokolyse, Durchführung der Ma- növer). Ein weiterer wichtiger Punkt ist, auf die Rollenverteilung zu achten, und ob immer klar ist, wer als Koordinator bzw. Koordinatorin fungiert (Leader- ship).

B) Vorbereitung des Raumes:

Ein perfekt eingerichteter Simulations- kreißsaal ist natürlich hervorragend, dabei ist jedoch eine ausführliche Ein- weisung der Anwesenden sehr wichtig.

Wesentlich für einen problemlosen Ab- lauf ist ein ausführliches Kennenlernen des Kreißsaales vor Beginn des Szena- rios. Es werden die Funktionen der Si- mulationspuppe sowie deren Möglich- keiten und Grenzen vorgeführt. Es wird gezeigt, wo die erforderlichen Medika- mente und Instrumente gelagert sind, wo die OP-Lampe angeschaltet wer- den kann und wo die Telefonlisten an- gebracht sind. Der hauseigene Kreiß- saal eignet sich natürlich sehr gut, da er den Teilnehmenden bereits gut be- kannt ist. Ein Seminarraum kann auch relativ einfach als Kreißsaal eingerich- tet werden. Es sollte jedoch ein CTG- Monitoring, das erforderliche Not- sectioequipment, ein Anästhesieturm sowie eine Neonatologie-Erstversor- gungseinheit vorhanden sein

C) Rollenverteilung:

Die TeilnehmerInnen werden entspre- chend ihrer fachlichen Qualifikation den verschiedenen Rollen zugeteilt.

Dabei ist es sinnvoll, dass jede/r in der Rolle bleibt, die sie/er auch im klini- schen Alltag einnimmt. Es ist aber na- türlich auch möglich, als Geburtshelfer einmal die Rolle der Hebamme oder des Anästhesisten zu übernehmen.

Man bekommt dabei meist gute Ein- blicke in die Abläufe der benachbarten Berufsgruppe. Neben einer Hebamme (evtl. zusätzlich Hebammenschülerin/

-studentin oder weitere Hebamme) wird ein geburtsthilfliches Ärzteteam (Assistenten, Oberarztdienst, ggf.

Chefarzt) sowie Anästhesie und Neo- natologieteam eingeplant. Bei Bedarf wird ein OP-Team bereitstehen. Meist sind 5 - 7 Personen in das aktive Ge- schehen involviert.

D) Szenarienskript:

Die Fallbeschreibung sollte sehr detail- liert erfolgen. Eine entsprechende Kran- kenakte mit Partogramm sowie Mut- ter-Kind-Pass (in Deutschland „Mutter- pass“) sollte vorbereitet sein.

Typischer Fallbericht:Eine 38-jährige Viertgebärende kommt mit 40+2 SSW mit regelmäßigen Wehen zur Auf- nahme. In der Anamnese bisher pro- blemlose Spontangeburten (Kinder 18, 16, 14 Jahre alt).

E) Szenariostart:

Mit dem Start des Szenarios erhält die Kreißsaalhebamme oder der aufneh- mende Arzt/die Ärztin von einem In- struktor eine ausführliche Übergabe mit Aushändigung der Krankenunterla- gen, Ultraschallbilder sowie Informa- tionen aus dem Mutter-Kind-Pass.

Anschließend wird der Ablauf von den TeilnehmerInnen unter Mithilfe der In- struktoren selbst gestaltet.

Untersuchungsbefund: Der Mutter- mund ist vollständig geöffnet, es be- stehen schmerzhafte Wehen, eine Oxy- tocininfusion läuft seit 2 Stunden. Bei bislang unauffälligem CTG-Muster kommt es zur fetalen Bradykardie.

Information der Hebamme an den ge- burtshilflichen Dienst:

Assistent/Assistentin: Info des Ober- arztdienstes

Oberarzt/-ärztin Indikation zur Vaku- umextraktion und Durchführung der VE Schulterdystokie:

Beginn mit Manövern, bei erfolglosen Manövern Information der Anästhesie.

Oberarzt/-ärztin: Information des ge- samten Teams (Neonatologie, Anäs- thesie, Op.Schwester) zur Vollnarkose Anästhesie: Intubation

Entwicklung des Kindes in Vollnarkose Pädiater/in: asphyktisches Kind Abb. 3:

Ausführliche Nachbesprechung im gesamten Team unter Moderation der Instruktoren

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THEMA: Notfälle

F) Nachbesprechung (Debriefing):

Das Szenario wird nach 10 – 15 Minu- ten beendet. Nach einer kurzen Erho- lungspause erfolgt eine ausführliche Nachbesprechung. Die Nachbespre- chung mit Reflexion des Ablaufes durch die Teilnehmer ist der zentrale Bestandteil jedes Simulationstrainings.

Die Nachbesprechung unterscheidet sich nicht von den herkömmlichen De- briefingverfahren aus anderen Fachdis- ziplinen. Diese Nachbesprechung erfordert die Mitwirkung eines kompe- tenten und erfahrenen Trainerteams.

Für 10 Minuten Simulation sollte min- destens eine halbe Stunde strukturier- ter Nachbesprechungszeit zur Ver- fügung stehen. Zunächst bewerten die Teilnehmer aus ihrer Sicht den Simula- tionsablauf und beurteilen den Ablauf aus ihrer persönlichen Sicht. Anschlie- ßend werden die sog. “non technical skills“ (wie Entscheidungsfindung, Kommunikation, Teamarbeit) ausführ- lich und mit Einspielungen aus der Vi- deoaufzeichnung diskutiert. Es wird jedoch auch das klinisch-praktische Vorgehen eingehend besprochen. Es wird analysiert, warum es zu Fehlhand- lungen gekommen ist und wie dies zu- künftig vermieden werden kann. Die umfassende Analyse von gemachten Fehlern stellt so die Basis für eine opti- mierte praktische Tätigkeit im klini- schen Alltag dar. So wird auch erleb- bar, dass Fehler fast nie individuell ver- ursacht werden und daher die gängige Praxis der individuellen Fehlerattribu- tierung (“Shame and Blame“) nicht zielführend ist. (Abb. 3)

Zusammenfassung

Eine unzureichende Kommunikation und eine nicht klar geregelte Aufga- benverteilung zwischen Hebammen, GeburtshelferInnen, NeonatologInnen sowie AnästhesistInnen ist eine der Hauptursachen für ein suboptimales Management von geburtshilflichen Notfallsituationen.

Neben den tragischen, meist vermeid- baren gesundheitlichen Konsequenzen für Mutter und Kind aus geburtshilfli- chen Fehlentscheidungen ist auch auf- grund der extrem hohen finanziellen Schadenssummen ein Training dieser

Notfallsituation angezeigt. Neben der Reduzierung von fachlichen Fehlern führt die Simulation zu einer Verbesse- rung der Kommunikation und der Teamarbeit, da sie den TeilnehmerIn- nen einen guten Einblick in die Denk- und Vorgehensweise der Nachbardis- ziplinen (Hebammenbetreuung, Anäs- thesie, Intensivmedizin, Neonatologie) ermöglicht.

Literatur

• Draycott T et al. Improving neonatal outcome through practical shoulder dystocia training. Obstet Gynaecol 2008;112:14-20.

• Jude DC, Gilbert GG, Magrane D. Simulation train- ing in the obstetrics and gynecology clerkship. Am J Obstet Gynecol 2006;195:1489-92.

• Kainer F et al. Simulation in der Geburtshilfe. In: Si- mulation in der Medizin, St. Pierre, Breuer (Hrsg.) Springer Verlag Berlin Heidelberg 2013; S.279-287

Prof Dr. Franz Kainer

absolvierte die Facharztausbil- dung an der Univ.-Frauenklinik Graz. Er ist Chef- arzt der Abt. für Geburtshilfe und Pränatalmedizin, Klinikum Haller-

wiese, Diakonie Neuendettelsau Nürnberg und bietet dort u.a. Basis- kurse für Simulationstrainings ge- burtshilflicher Notfälle an (http://www.profkainer.de)

Referenzen

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