• Keine Ergebnisse gefunden

Geschichte und Neue Medien in Forschung, Archiven, Bibliotheken und Museen Tagungsband .hist 2003

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Geschichte und Neue Medien in Forschung, Archiven, Bibliotheken und Museen Tagungsband .hist 2003"

Copied!
133
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

Historisches Forum

7 • 2005 • Teilband II ISSN: 1612-5940

Annähernd 300 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus dem In- und Ausland trafen sich im April 2003 an der Humboldt-Universität zu Berlin und der Berlin-Bran- denburgischen Akademie der Wissenschaften zur vom Projektverbund Clio-online organisierten Tagung

„.hist 2003: Geschichte und neue Medien“. Die zahl- reichen Sektionen und Workshops an drei Veranstal- tungstagen verdeutlichten, wie umfassend der Einsatz neuer Medien, insbesondere des Internets, den Lehr-, Forschungs- und Arbeitsalltag von Historikerinnen und Historikern in vielfältiger Weise verändert hat.

Die Tagung richtete sich an Entwickler, Anwender und Entscheidungsträger aus den Geschichts- und Geisteswissenschaften, aus Bibliotheken, Archiven und Museen. Die erfreuliche Teilnehmerresonanz

den Informations- und Erfahrungsaustausch sowie nach einer Diskussion von Standards als Vorausset- zung für Kooperationen und den Austausch von Know-how zwischen den verschiedenen Akteuren.

Der vorliegende Doppelband versammelt unter den Kapitelüberschriften „Geschichte und Neue Medien:

Überblicke“, „Internet und Recht“, „Fachkommunika- tion“, „Publikationen und Editionen“ im ersten Teil- band, „Lehre und Wissensvermittlung“, „Portale und Verzeichnisse“ sowie „Historische Datenbanken“ im zweiten Teilband, eine Auswahl aus den auf der Ta- gung präsentierten Beiträgen.

ISBN: 3-86004-199-1

Tagungsband .hist 2003

Herausgegeben für Clio-online von

Daniel Burckhardt, Rüdiger Hohls und Vera Ziegeldorf

http://edoc.hu-berlin.de/e_histfor/7_II Veröffentlichungen von Clio-online, Nr. 2

Geschichte und Neue Medien .hist 2003

in Forschung, Archiven, Bibliotheken und Museen

in Forschung, Archiven, Bibliotheken und Museen

(2)

Historisches Forumist eine Reihe von Themenheften des von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten historischen Fachportals Clio-online (http://www.clio-online.de) und seiner Kooperationspartner. Die Reihe bün- delt ausgesuchte Beiträge geschichtswissenschaftlicher Online-Foren und her- ausragende Artikel, Debattenbeiträge, Kontroversen und Berichte zu ausge- wählten historischen Fragestellungen. Sie erscheint in Kooperation mit den Verbundpartnern von Clio-online und der Humboldt-Universität zu Berlin.

Jedes Heft wird von einem oder mehreren Herausgebern redaktionell betreut und enthält außer einer Einführung in das Thema auch ergänzende Verwei- se auf die Forschungsliteratur und andere Informationsquellen. Die Veröf- fentlichung erfolgt über den Dokumenten- und Publikationsserver der HUB:

http://edoc.hu-berlin.de/e_histfor/.

[Historisches Forum]

Historisches Forum. - Berlin: Clio-online und Humboldt-Universität zu Ber- lin

Gesamttitel: Veröffentlichungen von Clio-online, Nr. 2 ISSN: 1612-5940

Erscheinungsweise: ca. 3 Hefte pro Jahr.

Bd. 7, Teilband II:Geschichte und Neue Medien in Forschung, Archiven, Bibliotheken und Museen. Tagungsband .hist 2003/ hrsg. für Clio-online von Daniel Burckhardt, Rüdiger Hohls und Vera Ziegeldorf / (Historisches Forum: Bd. 7, II) - Berlin: Clio-online und Humboldt-Universität zu Berlin, 2005

ISBN: 3-86004-199-1

Dieses Werk einschließlich aller Abbildungen ist urheberrechtlich geschützt.

Es unterliegt den Nutzungsbedingungen des Dokumenten- und Publikati- onsservers der Humboldt-Universität Berlin (http://edoc.hu-berlin.de). Es darf und soll zu wissenschaftlichen Zwecken und zum Eigengebrauch ko- piert und ausgedruckt werden. Die weiteren Rechte an den einzelnen Tex- ten verbleiben bei den Autoren. Jede kommerzielle Nutzung der Dokumente, auch von Teilen und Auszügen, ist ohne vorherige Zustimmung und Abspra- che mit den Serverbetreibern und den redaktionell verantwortlichen Heraus- gebern ausdrücklich verboten.

Redaktionsschluss und letzte Überprüfung der Internet-Adressen: 07.11.2005

Geschäftsführende Herausgeber:

Rüdiger Hohls – Wilfried Nippel

in Verbindung mit Clio-online, H-Soz-u-Kult (Karsten Borgmann – Vera Zie- geldorf) und Zeitgeschichte-online (Jürgen Danyel – Jan-Holger Kirsch).

Technische Leitung:

Daniel Burckhardt

Verantwortliche Redakteure und Herausgeber für dieses Heft:

Vera Ziegeldorf

H-Soz-u-Kult Redaktion Humboldt-Universität zu Berlin

Philosophische Fakultät I, Institut für Geschichtswissenschaften Unter den Linden 6

D-10099 Berlin

Telefon: ++49-(0)30/2093-2541

E-Mail: ziegeldorfv@geschichte.hu-berlin.de Umschlaggestaltung:

Kai Pätzke

© 2005 Clio-online

(3)

Historisches Forum

Veröffentlichungen von Clio-online, Nr. 2 ISSN: 1612-5940

c

c

http://edoc.hu-berlin.de/e_histfor/

Historisches Forum 7, II·2005

Geschichte und Neue Medien in Forschung, Archiven, Bibliotheken und Museen

Tagungsband .hist 2003

Teilband II

Herausgegeben für Clio-online von Daniel Burckhardt, Rüdiger Hohls

und Vera Ziegeldorf

ISBN: 3-86004-199-1

(4)

Lehre und Wissensvermittlung 407 Stefanie Samida

Wissensvermittlung im Zeitalter der Neuen Medien. Von

’virtuellen Museen’ und ’virtuellen Rekonstruktionen’

am Beispiel der Ur- und Frühgeschichtlichen Archäo- logie . . . 407 Bernd Körte-Braun

Geschichte als multimediale Erzählung. Das Rafael Roth Learning Center im Jüdischen Museum Berlin . . . 425 Jakob Krameritsch

Geschichte, Hypertext und interdisziplinäre Zusammen- arbeit . . . 437 Franz Eder

Webbasiertes historisches Lehren und Lernen. Das Bei- spiel Geschichte Online (GO) . . . 455 Stefan Kwasnitza

Erfahrungen mit dem Internet-Lernangebot „Ad fontes“ 471 Ignatz Heinz, Ursula Suter-Seuling

Lerngenerationen im virtuellen Raum. Von den Anfän- gen des E-Learning bis zum heutigen Stand der virtu- ellen Lern- und Erlebniswelten . . . 477

Portale und Verzeichnisse 487

Karsten Uhde

Archivbenutzung international. Anforderungen an Ar- chivportale auf nationaler und internationaler Ebene . 487 Mechthild Black-Veldtrup

... Und jetzt die Findbücher. Der Ausbau des Portals www.archive.net . . . 499 Gerald Maier

Gemeinsames Internetportal für Bibliotheken, Archive und Museen. Das BAM Portal . . . 513

Gisela Minn, Sarah Neumann, Yvonne Rommelfanger

RM.net. Ein Themenportal für die europäische Regio- nalgeschichte . . . 533 Daniel Schlögl

Das Kooperationsprojekt „Bayerische Landesbibliothek Online“. Ein zentrales Portal zu heterogenen Ressourcen 555 Wilfried Enderle, Anke Winsmann

Das „Netzwerk Subject Gateways Geschichte“. Geschichts- wissenschaft, Fachbibliografien und Bibliotheken im Ver- bund . . . 565 Maren Brodersen, Anke Winsmann

Ressourcenerschließung und Aufbau von Themenpor- talen . . . 591 Thomas Meyer, Sara Müller

Fachwissenschaftliche Suchmaschine. Konzept und Stra- tegie . . . 603

Historische Datenbanken 617

Rainer Metz, Jürgen Sensch

HISTAT. Eine Online-Datenbank zur Historischen Sta- tistik im ZHSF . . . 617 Dietrich Ebeling, Stefan Gorißen

Ein Datenserver für die historischen Wissenschaften?

Datenbanken in der deutschen Geschichtswissenschaft und das ARASS-Projekt . . . 637 Hrovje Graˇcanin, Mladen Tomorad

An Institutional Internet-Laboratory. The Croatian Da- tabase on Antiquity . . . 657

Register 663

Autorinnen und Autoren dieses Teilbandes . . . 663

(5)

Lehre und Wissensvermittlung

Wissensvermittlung im Zeitalter der Neuen Medien Von ’virtuellen Museen’ und ’virtuellen Rekonstruktionen’ am

Beispiel der Ur- und Frühgeschichtlichen Archäologie von Stefanie Samida

Seit etwa zehn Jahren verändern die neuen Informations- und Kom- munikationstechnologien unsere Gesellschaft in allen Bereichen und sind mittlerweile nicht mehr wegzudenken.0Allerdings werden, und darauf wird hier ausdrücklich hingewiesen, mancherorts die so ge- nannten Neuen Medien vorschnell mythologisiert, und das auch auf wissenschaftlichem Gebiet; es entsteht gar der Eindruck, dass be- sonders die geisteswissenschaftlichen Fächer, die vermeintlich – und mitunter verächtlich – als ‚lebensfremd‘ oder ‚esoterisch’ bezeichnet werden,1die Neuen Medien geradezu überschwänglich in ihren Me- thodenkanon aufnehmen und sich dank der veränderten technischen Möglichkeiten nun neue wissenschaftliche Erkenntnisse erhoffen.

Als ein Beispiel möchte ich an dieser Stelle die archäologischen Fächer herausgreifen, und hier speziell die Problematik des Rekon- struierens archäologischer Funde und Befunde. Seit ein paar Jah- ren hat sich nämlich aufgrund des technischen und medialen Fort- schrittes die Art der Visualisierung verändert. Die Entwicklung lässt sich auf eine kurze Formel bringen: von der Strichzeichnung zur 3D-Animation. Vor allem im musealen Bereich ist die Zunahme von Computersimulationen zu beobachten. Immer häufiger begegnen den NutzerInnen so genannte ‚virtuelle Rekonstruktionen‘ von Ob- jekten, Gebäuden, ja ganzer Städte, die einen Einblick in die Welt ver-

0Ich danke Th. Knopf und H. Wendling (beide Tübingen) für ihre kritische Lektüre und hilfreichen Kommentare.

1Die Geisteswissenschaften würden darüber hinaus immer auch als überflüssig, sekundär, selbstreferentiell und tautologisch bezeichnet, so Matejovski, Dirk, Von der Sinnstiftung zum Informationsdesign? Die Kulturwissenschaften in den neuen Medienwelten. In: Ders.; Kittler, Friedrich (Hgg.), Literatur im Informationszeitalter.

Schriftenreihe des Wissenschaftszentrums Nordrhein-Westfalen 2, Frankfurt am Main 1996, S. 252-271, hier: S. 253.

Wissensvermittlung im Zeitalter der Neuen Medien

gangener Zeiten zu bieten versuchen. Mit der Schaffung so genannter

‚virtueller Museen‘ wird die Entwicklung der computergenerierten Rekonstruktionen zwangsläufig weiter ansteigen. Es stellt sich jedoch die Frage nach der Zweckmäßigkeit solcher Rekonstruktionen, vor al- lem im Zusammenhang eines musealen und damit öffentlichen Um- feldes. Verschiedentlich wird nämlich Kritik an dieser Art der Dar- stellung geübt, die weniger auf Fakten als auf Fiktion beruhe.

Inwieweit sich diese Art der Visualisierung wissenschaftlicher Er- kenntnisse tatsächlich zur Vermittlung eignet und welche Gefahren sie bei allzu euphorischer Anwendung birgt, soll im Folgenden ge- klärt werden. In einem ersten Schritt wird in aller Kürze auf den Ter- minus ‚virtuelles Museum‘ einzugehen sein. Anhand von drei Bei- spielen soll deutlich gemacht werden, was meines Erachtens unter diesem Begriff zu verstehen ist. Anschließend möchte ich die mit den ‚virtuellen Rekonstruktionen‘2 verbundene Problematik erläu- tern. Ziel meines Vorhabens ist es, Möglichkeiten einer sowohl aus fachlicher Perspektive ‚richtigen‘ als auch aus Sicht der virtuellen BesucherInnen ansprechenden Wissensvermittlung im Zeitalter der Neuen Medien aufzuzeigen.

Wissensvermittlung heute – das ‚virtuelle Museum‘

Dienten noch bis vor wenigen Jahren vor allem das Buch und das Museum nahezu uneingeschränkt als Mittel zur öffentlichen Vermitt- lung von Wissen, so kann dies heute nicht mehr generell behauptet werden. Immer mehr verlagert sich die Wissensvermittlung auf die Neuen Medien. Zeitgleich mit dieser Entwicklung geht ein Wandel in der Art der Wissensvermittlung einher,3 vor allem im Museums-

2Unter dieses Wortpaar werden im Folgenden alle mittels eines Computers pro- duzierten Rekonstruktionen, also Virtual Reality-Simulationen genauso wie statische Virtual Reality-Bilder, subsumiert; im weiteren Verlauf erfolgt die Ansprache ohne An- führungszeichen.

3Mit den Neuen Medien, so wird konstatiert, sei auch eine neue Art von Wissen fest- zustellen. Siehe dazu beispielsweise Degele, Nina, Informiertes Wissen. Eine Wissens- soziologie der computerisierten Gesellschaft, Frankfurt am Main 2000; Kuhlen, Rainer, Was bedeutet informationelle Autonomie? in: Metzing, Andreas (Hg.), Digitale Archi-

(6)

Stefanie Samida

sektor. Hier werden Computerstationen immer beliebter und seit ei- niger Zeit gewinnt außerdem das ‚virtuelle Museum‘4 immer mehr an Bedeutung. Allerdings, das kann jetzt schon vorweg genommen werden, steckt die Diskussion um diesen Museumstyp noch in den Kinderschuhen. Es muss daher nicht verwundern, dass sich die For- schung bisher vor allem mit dem technischen Potential des virtuellen Museums und weniger mit dessen gesellschaftlichem Auftrag ausein- andergesetzt hat. So werden dem virtuellen Museum in Abgrenzung vom realen Museum folgende Eigenschaften zugeschrieben, die ge- wöhnlich ganz allgemein dem World Wide Web zugesprochen wer- den: Multimedialität, Interaktivität, Orts- und Zeitunabhängigkeit so- wie die globale Vernetzungsmöglichkeit bedingt durch den Ort des virtuellen Museums, nämlich dem World Wide Web; demzufolge sind die Ausstellungsstücke des virtuellen Museums zwangsläufig digita- lisierte Abbilder realer Objekte, weshalb – wie beispielsweise Kevin Donovan fordert – mehr Wert auf den Kontext als auf das Objekt zu legen sei (Abb. 1).5

Herrscht über diese Kriterien weitgehend Einigkeit, so sind die Ansichten über die Aufgaben des virtuellen Museums äußerst hetero- gen. Bei genauerer Betrachtung der Forschungsliteratur wird schnell

ve – Ein neues Paradigma? Beiträge des 4. Archivwissenschaftlichen Kolloquiums der Archivschule Marburg. Veröffentlichungen der Archivschule Marburg, Institut für Ar- chivwissenschaft 31, Marburg 2000, S. 111-138 mit weiterführender Literatur.

4Aus formalen Gründen nun ohne Anführungszeichen.

5Donovan, Kevin, The best of intentions: public access, the web & the evolution of museum automation. In: Bearman, David; Trant, Jennifer (Hgg.), Museums and the web 1997. Selected Papers, Pittsburgh/Pennsylvania 1997, S. 127-133, hier: S. 130. Be- dingt durch die Digitalisierung bzw. Reproduzierung verliert aber das Objekt seine

‚Aura‘, was schon Walter Benjamin so treffend festgestellt hat: Benjamin, Walter, Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit, in: Ders., Das Kunst- werk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit. Drei Studien zur Kunstso- ziologie. Frankfurt am Main 2003, S. 8-63 (Erstveröffentlichung: 1936). Zu den nega- tiven Aspekten einer Onlinepräsentation siehe auch Samida, Stefanie, Überlegungen zu Begriff und Funktion des ‚virtuellen Museums‘: Das archäologische Museum im Internet. Museologie-Online 4 (2002), S. 1-58,<http://www.vl-museen.de/m-online /02/01.pdf>(pdf-Datei) [Stand: April 2003], hier: S. 17ff. oder Schuler, Thomas, Mu- seen und Museumsinformation, in: Jenks, Stuart; Marra, Stephanie (Hgg.), Internet- Handbuch Geschichte, Köln 2001, S. 213-228, hier: S. 220f.

Wissensvermittlung im Zeitalter der Neuen Medien

Abbildung 1: Kennzeichen des virtuellen Museums

deutlich, dass sowohl eine Informationsseite eines realen Museums als auch eine ausschließlich im Internet präsente Neuschöpfung eines Museums mit diesem Ausdruck belegt wird.6Um den zunehmenden

6Hier seien nur einige Beispiele angeführt: Donovan (wie Anm. 5), S. 127-133;

Hünnekens, Annette, Expanded Museum. Kulturelle Erinnerung und virtuelle Rea- litäten, Bielefeld 2002; Laforet, Andrea, Museum, „Virtual“ Museum and Internet, in: TenDenZen 99, Jahrbuch 8, Übersee-Museum Bremen 1999, S. 133-143; McKen- zie, Jamie, Building a virtual museum community, in: Bearman, David; Trant, Jennifer (Hgg.), Museums and the web 1997. Selected Papers, Pittsburgh/Pennsylvania 1997, S. 77-86; Schweibenz, Werner, Das virtuelle Museum. Überlegungen zu Begriff und Wesen des Museums im Internet,<http://www.phil.uni-sb.de/fr/infowiss/projekte /museum/mai_virtuelles_museum.pdf>[Stand: April 2003]; Wohlfromm, Anja, Mu- seum als Medium – Neue Medien in Museen. Überlegungen zu Strategien kultureller Repräsentation und ihre Beeinflussung durch digitale Medien. Forum Neue Medien 2,

(7)

Stefanie Samida

Wildwuchs der zahlreichen unterschiedlichen Ansätze in geordnete Bahnen zu lenken, scheint mir für die Zukunft eine Differenzierung nötig. So sollte der Begriff ‚virtuelles Museum‘ oder ‚virtuelle Aus- stellung‘ nur dann Verwendung finden, wenn – ähnlich wie beim realen Museum – die Bildungsfunktion die zentrale Rolle spielt. Ver- schiedene Museumsdefinitionen zeigen, dass das Museum als eine Institution betrachtet wird, die Objekte kultur- oder naturhistorischer Provenienz sammelt, bewahrt, erforscht und für die Öffentlichkeit ausstellt, wobei der Sammlung – und das ist der elementare Bestand- teil – eine Bildungsfunktion zukommt.7Dies sollte gleichfalls für vir- tuelle Museen gelten. Dient eine Website beispielsweise lediglich der Vermehrung der realen Museumsbesucher, in dem sie die klassischen Mittel des Marketings anwendet, ist der Ausdruck ‚Museumswebsi- te‘ vorzuziehen.8Ich möchte diesen Vorschlag an drei Beispielen ver- anschaulichen: der Website des Federseemuseums Bad Buchau, dem Projekt LeMO (Lebendiges Virtuelles Museum Online) des Deutschen Historischen Museums Berlin und der Präsentation einer Ausstellung des Powerhouse Museum (Australien) im Internet.

Das Federseemuseum Bad Buchau präsentiert Funde aus über 16.000 Jahren Menschheitsgeschichte. Neben altsteinzeitlichen Jagd- lagern sind es besonders die bronzezeitlichen Moorsiedlungen, die das Museum samt archäologischem Freigelände zur Attraktion ma- chen. Die Website des Federseemuseums9 (Abb. 2) bietet den Be- sucherInnen Informationen zu folgenden Themen: Das Museum – Highlights – Jahresprogramm – Kurse und Seminare – Ferienkurse für Kinder – Museumspädagogik – Vorträge. Schon diese Auflistung

Köln 2002.

7Ich verweise stellvertretend auf die Definition der ICOM (International Council of Museums) von 1990: „A museum is a non-profit making, permanent institution in the service of society and of its development, and open to the public, which acqui- res, conserves, researches, communicates and exhibits, for purposes of study, educati- on and enjoyment, material evidence of people and their environment.“ International Council of Museums (ICOM), Definition of a museum. Vgl.<http://www.icom.org /definition.html>[Stand: April 2003].

8Samida (wie Anm. 5), S. 24.

9Vgl.<http://www.federseemuseum.de>.

Wissensvermittlung im Zeitalter der Neuen Medien

zeigt, dass die Internetpräsentation vorwiegend Auskünfte bereithält, die kaum über die mittlerweile obligatorischen Angaben zu Öff- nungszeiten, Anfahrtsweg, Sonderveranstaltungen, Führungen, Vor- träge, Angebote der Museumspädagogik und ähnlichem hinausge- hen, und die auch in einer Werbebroschüre des Museums verzeich- net sein könnten. Die meisten inhaltlichen Informationen liefert noch der Menüpunkt ‚Das Museum‘. Wer allerdings einen ausführlichen Überblick erhofft, wird enttäuscht. Hier wird in aller Kürze auf die Struktur des Museums eingegangen und ein ebenfalls knapp gehal- tener Rückblick auf die archäologische Forschung des Federseege- bietes, sowie eine stark komprimierte Zusammenfassung der Besied- lungsgeschichte des Federseebeckens gegeben. Alles in allem macht diese kurze Vorstellung der Website deutlich, dass hier der Begriff

‚virtuelles Museum‘ nicht angemessen ist. Vielmehr handelt es sich nach meiner eben vorgeschlagenen Unterscheidung eindeutig um ei- ne Museumswebsite, deren oberstes Ziel nicht die Vermittlung von Wissen, sondern die Steigerung der Museumsbesucherzahlen ist.

Ganz anders verhält es sich mit dem zweiten Beispiel. Das Pro- jekt LeMO wurde anlässlich des 50jährigen Bestehens der BRD am 21.

Januar 1999 ins Leben gerufen. Ziel ist es, eine Ausstellung über die deutsche Geschichte des 20. Jahrhunderts zu erstellen. Das Besondere an diesem Museum ist, dass das Internet der einzige Ausstellungsort ist, und dass sich das Museum stets fortentwickelt. Daher der Name des Projektes: Lebendiges Museum.10

Das Museum bietet den BenutzerInnen zwei Wege, in die Aus- stellung einzusteigen: über eine dreidimensionale Version (VRML) oder eine mehr textbasierte HTML-Version (Abb. 3). Der Einstieg mit VRML-Variante kann über neun Zeitabschnitte erfolgen (Wilhelmini- sches Zeitalter, Erster Weltkrieg, Weimarer Republik, NS-Zeit, Nach- kriegsjahre, Kalter Krieg, Wiedervereinigung und Gegenwart). Die verschiedenen Räume sind dabei unterschiedlich gestaltet und sol- len die Grundstimmung der damaligen Zeit vermitteln. Der Aus-

10Vgl.<http://www.dhm.de/lemo>.

(8)

Stefanie Samida

Abbildung 2: Screenshot der Homepage der Website des Federsee- museums (April 2003)

stellungsteil der Weimarer Republik ist beispielsweise unübersicht- lich und chaotisch dargestellt, der Raum über das NS-Regime erin- nert an die kalte Monumentalarchitektur dieser Zeit und der Bereich über den II. Weltkrieg ist in blutroter Farbe gehalten. Die Navigati- on in den virtuellen Räumen erinnert an Computerspiele, bei denen man sich mit der Maus durch Raumfluchten bewegen muss.11 Inte- ressiert man sich als BesucherIn für ein bestimmtes Detail im Raum, so kann man über einen Mausklick ein neues Browserfenster öffnen und die geforderte Information abrufen. Hierbei wird man automa- tisch auf die HTML-Seiten des Museums weitergeleitet: sie sind es, die das eigentliche ‚Museum‘ bilden. Zu bemängeln ist hier jedoch die

11Es darf wohl angenommen werden, dass die virtuellen Räume die Neugier des Besucher wecken sollen:edutainment/museotainmentsteht im Vordergrund.

Wissensvermittlung im Zeitalter der Neuen Medien

sehr textlastige Vermittlung: es entsteht mehr der Eindruck eines Ge- schichtsbuches denn eines Museums. Gelungen ist dagegen das Ein- binden zeitgenössischen Audio- und Videomaterials. Gerade diese Ton- und Bildzeugnisse machen die Geschichte lebendig. Wann kann man schon den Originalkommentar zum 100m-Lauf der Männer bei den Olympischen Spielen 1936 hören – und dann noch so ungestört wie am heimischen Rechner? Während derartig viele Audio- und Videoinstallationen im realen Museum aus akustischen und Raum- gründen unvorstellbar sind, vermitteln sie im Internet Authentizi- tät und Nähe. Die Digitalisierung der historischen Quellen setzt das

‚Lebendinge Museum Online‘ also nutzbringend für die Vermittlung historischer Sachverhalte ein. Aus diesem Grund wird dieses Projekt durchaus dem Anspruch eines virtuellen Museums gerecht.

Abbildung 3: Screenshot der LeMO-Website (April 2003) Das australische Powerhouse Museum entwickelte zur Olympia-

(9)

Stefanie Samida

de 2000 in Sydney neben einer realen Ausstellung ergänzend auch ei- ne Internetpräsentation zum Zeusheiligtum von Olympia.12Mit dem Ausstellungsort im Internet ist ein Besuch zu jeder Zeit und von je- dem Ort aus möglich ist. Damit zwangsläufig verbunden ist die Tatsa- che, dass es sich bei allen ‚ausgestellten Exponaten‘ um digitalisierte Abbilder realer Objekte handelt. Über die Einbindung von virtuellen Rekonstruktionen werden die multimedialen und interaktiven Mög- lichkeiten dieses Mediums voll ausgeschöpft. Die formalen Kriterien eines virtuellen Museums sind damit erfüllt. Das Ziel dieser Ausstel- lung liegt aber im Unterschied zum Federseemuseum nicht im Mar- ketingbereich, sondern ähnlich wie beim Projekt LeMO in dem Ver- such, Wissen zu vermitteln; die Bildungsfunktion steht deutlich im Vordergrund.13Da die Ausstellung im Internet präsentiert wird und aus Gründen der Quellenüberlieferung im Gegensatz zum Projekt Le- MO auf keine Ton- oder Filmzeugnisse zurückgreifen kann, ist die Vermittlung der wissenschaftlichen Erkenntnisse mit anderen Mitteln zu bewerkstelligen: neben den angesprochenen digitalisierten Expo- naten14werden überwiegend virtuelle Rekonstruktionen von Gebäu- den eingesetzt. So ist es beispielsweise möglich, das antike Stadion oder die Palästra zu ‚begehen‘ (Abb. 4), wobei die BesucherInnen ver- schiedene Perspektiven einnehmen können; die BenutzerInnen wer- den also über diese interaktiven Mittel in die Ausstellung integriert.

Ob sich diese Visualisierungsart tatsächlich zur Vermittlung eignet und welche möglichen Gefahren von ihr ausgehen, ist im Folgenden zu klären.

12Titel der Ausstellung war ‚1000 years of the Olympic Games: treasures of ancient Greece‘. Vgl.<http://www.powerhousemuseum.com/sydney2000games/>. (Die ur- sprüngliche Ausstellung ist nicht mehr online.)

13Das zeigen sowohl die Aufnahme von Unterrichtsmaterialien für LehrerInnen und andere diverse zusätzlich verfügbar gemachte Informationen zum Download; darüber hinaus werden die ‚BesucherInnen‘ von einem Sprecher durch die Ausstellung geführt.

14In diesem Fall alle als statische Bilder im Jpg-Format.

Wissensvermittlung im Zeitalter der Neuen Medien

Abbildung 4: Screenshot der Ebene 2 der virtuellen Ausstellung „Vir- tual Olympia“ des Powerhouse Museum (Australien) (April 2003)

Virtuelle Rekonstruktionen – zwischen Fakten und Fiktion

Bevor nun näher auf Vorteile und Nachteile virtueller, also computer- generierter, Rekonstruktionen eingegangen wird, muss kurz die Me- thodik des Rekonstruierens archäologischer Befunde diskutiert wer- den. Der sog. ‚Neue Kampf um Troia‘ zwischen dem Prähistoriker und Ausgräber des antiken Troia Manfred Korfmann und dem Alt- historiker Frank Kolb (beide Universität Tübingen) hat vor nicht allzu langer Zeit gezeigt, dass eine Auseinandersetzung mit dieser Thema- tik nicht vernachlässigt werden darf; ganz besonders, wenn Rekon- struktionen im musealen Umfeld eingesetzt werden. Während der großen Troia-Schau in Stuttgart 2001 wurde ein Holzmodell des bron- zezeitlichen Troia ausgestellt, das die Burg von Troia VI mitsamt einer dicht bebauten Unterstadtsiedlung zeigte.15Allerdings ist bisher nur

15Dass die Kontroverse ausgerechnet an einem Rekonstruktionsmodell aus Holz ent- brannte, muss auf den ersten Blick erstaunen. Man hätte eher erwartet, dass die am Computer generierten virtuellen Rekonstruktionen Ablehnung hervorrufen; in der ge-

(10)

Stefanie Samida

ein geringer Teil an Hausgrundrissen ausgegraben worden und die geomagnetischen Prospektionen großer Teile der Grabungsfläche ver- mögen zwar zahlreiche archäologische, aber nicht datierbare Struk- turen anzuzeigen; den Laien wurde damit – bewusst oder unbewusst – ein falsches Bild vermittelt. Erst kürzlich haben Justus Cobet und Hans-Joachim Gehrke16im Zusammenhang mit der Troia-Diskussion sehr anschaulich das Dilemma noch einmal dargestellt und zusam- mengefasst: „In ihrer buchstäblich handgreiflichen Konkretheit schei- nen archäologische Überreste einen unmittelbaren Zugang zur histo- rischen Realität zu erlauben, so dass man leicht dazu neigt, sie für die Wirklichkeit selbst zu halten. Dies gilt erst recht, wenn Methoden der Naturwissenschaft [ergänzend: und der Technologie, Anm. d. Verf.]

ins Spiel kommen, denen viele Geisteswissenschaftler, aber auch die breite Öffentlichkeit gerne die besondere Dignität der Exaktheit zu- schreiben und mit entsprechender Hochachtung begegnen – zumal in der aktuellen, deutlich szientifisch-technisch geprägten ‚Wissens- gesellschaft‘.“17Archäologische Überreste, so kann gefolgert werden, verlocken also in mancher Hinsicht zu vorschnellen Deutungen und damit Rekonstruktionen. Der Grund hierfür mag in der in weiten Teilen der Archäologie verbreiteten Annahme der ‚Objektivität‘ ar- chäologischer Quellen bzw. Tatsachen liegen. Man könnte demzufol- ge vermuten, dass die Basis jeder Rekonstruktion auf diesen ‚objekti- ven‘ archäologischen Tatsachen beruht.

samten Diskussion war dies jedoch kein Thema. Zur gesamten Troia-Diskussion siehe u.a. Cobet, Justus; Gehrke, Hans-Joachim, Warum um Troia immer wieder streiten? In:

Geschichte in Wissenschaft und Unterricht 53, 5/6 (2002), S. 290-325; Kolb, Frank, Ein neuer Troia-Mythos? Traum und Wirklichkeit auf dem Grabungshügel von Hisarlik, Sonderdruck in: Behr, Hans-Joachim; Biegel, Gerd; Castritius, Helmut (Hgg.), Troia – Traum und Wirklichkeit. Ein Mythos in Geschichte und Rezeption, Braunschweig 2002;

Schweizer, Beat; Kienlin, Tobias L., Das Troia-Symposium in Tübingen. Eine Diskussi- on um Geschichte und Archäologie, in: Hephaistos 19/20 (2001/2002), S. 7-38.

16Cobet; Gehrke (wie Anm. 15), S. 319.

17Ähnlich auch Hundsbichler, Helmut, Fremdes Deuten, in: Veit, Ulrich; Kienlin, To- bias L.; Kümmel, Christoph; Schmidt, Sascha (Hgg.), Spuren und Botschaften: Interpre- tationen materieller Kultur. Tübinger Archäologische Taschenbücher 4, Münster 2003, S. 515-529, bes. S. 517, der die Crux der Archäologie darin sieht, „dass man in der Ma- terialität von Dingen schon ‚die‘ objektive Wirklichkeit greifen würde.“

Wissensvermittlung im Zeitalter der Neuen Medien

Für die Geschichtswissenschaft hat der britische Historiker Ri- chard J. Evans18einleuchtend dargelegt, dass historische Fakten voll- kommen unabhängig von HistorikerInnen existieren19, und Theorie und Interpretation erst dann eine Rolle spielen, wenn Fakten zu Be- legen werden. Doch die Faktizität im Sinne Evans’ ist – im Gegen- satz zu schriftlichen oder materiellen Zeugnissen – insbesondere bei archäologischen Befunden sehr viel schwieriger zu etablieren. Chris- topher Tilley20 und erst kürzlich Manfred K. H. Eggert21 haben dar- auf hingewiesen, dass Befunde kaum theorie- oder interpretations- unabhängig gedeutet werden könnten. Denn die Ansprache eines – und das ist zu betonen – archäologischen Befundes als Befund durch die AusgräberInnen ist stets schon Interpretation. Der Prähistoriker Eggert22 fordert daher, endlich von der weit verbreiteten Vorstellung einer ‚Objektivität‘ archäologischer Quellen bzw. Fakten Abstand zu nehmen.

Für unsere Frage sind diese Ausführungen von großer Bedeu- tung. Denn nicht erst bei der Auswertung der Grabungsergebnisse, sondern bereits während der Grabung wird das Fundament für spä- tere Rekonstruktionen gelegt. Gerade für die museale Präsentation scheint es daher dringend notwendig, eindringlicher darauf hinzu- weisen, dass keine Rekonstruktion ‚gesicherte Realität‘ oder ‚wissen- schaftliche Wahrheit‘ darstellt. Rekonstruktionen sind Denkmodel-

18Evans, Richard J., Fakten und Fiktionen. Über die Grundlagen historischer Er- kenntnis, Frankfurt am Main 1999, S. 79.

19„Historische Fakten sind Dinge, die in der Geschichte geschehen sind und die als solche anhand der überlieferten Spuren überprüft werden können. Ob Historiker bis- her den Akt der Überprüfung unternommen haben oder nicht, ist für die Faktizität selbst ohne Belang.“ Evans (wie Anm. 18), S. 79.

20Tilley, Christopher, Excavation as theatre, in: Antiquity 63 (1989), S. 275-280, bes. S.

277.

21Eggert, Manfred K. H., Between facts and fiction: reflections on the archaeologist’s craft, in: Biehl, Peter F; Gramsch, Alexander; Marciniak, Arkadiusz (Hgg.), Archäolo- gien Europas. Geschichte, Methoden und Theorien. Tübinger Archäologische Taschen- bücher 3, Münster 2002, S. 119-131; Ders., Über Feldarchäologie, in: Aslan, Rüstem;

Blum, Stephan; Kastl, Gabriele; Schweizer, Frank; Thumm, Diane (Hgg.), Mauerschau.

Festschrift für Manfred Korfmann 1, Remshalden 2002, S. 13-34.

22Eggert, Über Feldarchäologie (wie Anm. 21), S. 27.

(11)

Stefanie Samida

le und Vorstellungshilfen; dies muss besonders den BesucherInnen deutlich gemacht werden – selbst wenn das bedeutet, auf unser be- schränktes Wissen und die Lücken der Forschung hinzuweisen.23Im Augenblick gewinnt man allerdings eher den Eindruck, dass diese Forderung – auch bedingt durch die neuen technischen Möglichkei- ten – ungehört verhallt.

Bevor nun die Probleme und Gefahren virtueller Rekonstruktio- nen eingehender erörtert werden, sollen an dieser Stelle die gängigen von den BefürworterInnen vorgetragenen Argumente dieser Metho- de angesprochen werden.24

Als Vorteil der neuen Methode gilt, dass erstmals alle bisherigen Darstellungsmethoden miteinander gekoppelt werden können; Mo- dell und Zeichnung lassen sich in einem virtuellen Raum zusammen- fügen, der von den BenutzerInnen ‚begangen‘ werden kann. Der Fik- tion – und diese Feststellung möchte ich vorerst völlig wertfrei ver- standen wissen – wird unbegrenzter Freiraum geboten, da es erstmals möglich ist, den BenutzerInnen das Gefühl zu geben, eigenständig in die Vergangenheit ‚einzutauchen’, sich ihren Standort oder Blick- winkel selbst auszusuchen.25 Endlich könnten sie selbst bestimmen, wohin sie gehen wollen und was sie machen wollen, „anstatt wie in den konventionellen Medien“ – so Steffen Kirchner26– „ein unverän- derliches, für alle gleiches Produkt (eine ‚Konserve‘) konsumieren zu müssen.“ Die virtuelle Rekonstruktion eröffnet darüber hinaus den

23Siehe dazu Schmidt, Hartwig, Archäologische Denkmäler in Deutschland – rekon- struiert und wieder aufgebaut, Stuttgart 2000, S. 144.

24Ausführlich zu virtuellen Rekonstruktionen Samida, Stefanie, ‚Virtuelle Archäolo- gie‘ – Zwischen Fakten und Fiktion, in: Bär, Katja; Berkes, Kai; Eichler, Stefanie; Hart- mann, Aida; Klaeger, Sabine; Stoltz, Oliver (Hgg.), Text und Wahrheit. Ergebnisse der internationalen Tagung ’Fakten und Fiktionen’ der Philosophischen Fakultät der Uni- versität Mannheim, 28.-30. November 2002, Frankfurt am Main 2004, S. 195-207.

25Immersion – also Eintauchen, Versenkung, Versunkenheit, Identifizierung – sei der leitende Gedanke, so Gemmeke, Claudia, Real und digital. Multimedia im Museum, in:

Dies.; John, Hartmut; Krämer, Harald (Hgg.), euphorie digital? Aspekte der Wissens- vermittlung in Kunst, Kultur und Technologie, Bielefeld 2001, S. 183-189, hier: S. 185.

26Kirchner, Steffen, Virtuelle Archäologie. VR-basiertes Wissensmanagement und –marketing in der Archäologie, in: Statustagung des BMBF, VR-AR 2002, Virtuelle und erweiterte Realität, 5.-6. November 2002 Leipzig, Bonn 2002, S. 125-131, hier: S. 127.

Wissensvermittlung im Zeitalter der Neuen Medien

Weg zu Alternativen und kann problemlos und kostengünstig verän- dert werden. Damit hat sie die Möglichkeit, das Medium Computer zu vergleichenden Darstellungen zu nutzen.27

Doch die modernere und scheinbar wirklichkeitsgetreuere Com- puterrekonstruktion hat ihre Tücken. Hervorzuheben ist hier vor allem der praktizierte Fotorealismus. Dieses Mittel wirkt auf die BetrachterInnen besonders suggestiv und vermittelt geradezu den Eindruck einer originalgetreuen Nachbildung auf der Basis wissen- schaftlich abgesicherter Erkenntnisse.28 Es werden feste Vorstellun- gen zementiert, „aus welchen sich Mythen bilden können“.29 Ver- stärkt wird dies noch dadurch, dass der dahinter stehenden Technik große Glaubwürdigkeit seitens der BetrachterInnen geschenkt wird.

Martin Emele30 hat dies sehr anschaulich auf den Punkt gebracht:

„Ich bin gerechnet, nicht anders zu erzeugen als im Computer, bin al- so modern und teuer – Zuschauer, sei beeindruckt.“ Und an anderer Stelle sagt er31, selbst die WissenschaftlerInnen verfielen „paradoxer- weise immer noch der Magie nahezu perfekt visualisierter Vergan- genheitsbilder“ und damit „dem Glauben an den scheinbar objekti-

27Rieche, Anita, Archäologie virtuell – ein Ausblick, in: Dies.; Schneider, Beate (Hgg.), Archäologie virtuell. Projekte, Entwicklungen, Tendenzen seit 1995. Schriften zur Bodendenkmalpflege in Nordrhein-Westfalen 6, Bonn 2002, S. 126-127, bes. S. 127;

Schalles, Hans J., Verliert das Original seinen Wert in einer virtuellen Welt? In: Rieche, Anita; Schneider, Beate (Hgg.), Archäologie virtuell. Projekte, Entwicklungen, Tenden- zen seit 1995. Schriften zur Bodendenkmalpflege in Nordrhein-Westfalen 6, Bonn 2002, S. 104-106, bes. S. 105.

28Siehe dazu auch Strothotte, Thomas; Puhle, Matthias; Masuch, Maic; Freudenberg, Bert; Kreiker, Sebastian; Ludowici, Babette, Visualizing uncertainty in virtual recon- structions, in: EVA ’99 Berlin. Conference Proceedings, Electronic Imaging & the Visual Arts, 9.-12. November 1999, Präsentation 16, Berlin 1999.

29Hedinger, Bettina; Ettlin, Didier; Grando, Daniel, Archäologie: Vermittlung im Wandel, in: Zeitschrift für Schweizerische Archäologie und Kunstgeschichte 58 (2001), S. 97-110, bes. S. 108.

30Emele, Martin, „Der Computer rekonstruiert uns die Zitadelle des Königs Pria- mos“. Archäologische Simulation zwischen linearen Medien und virtuellem Museum, in: Cinarchea. 3. Internationales Archäologie Film-Festival Kiel: Symposium „Archäo- logie und Neue Medien“ 22.-23. April 1998, Präsentation 7, Kiel 1998, S. 2.

31Emele (wie Anm. 30), S. 3.

(12)

Stefanie Samida

ven Rechner“.32 Daten- statt theoriezentriertes Problemlösen scheint sich durchzusetzen.33

Ein weiteres Problem der virtuellen Rekonstruktionen ist der na- hezu zwanghafte Drang, alle Bereiche des Bildschirmes ausfüllen zu müssen. Ganze Städte erwachen in allen Details zum Leben, auch dann, wenn der archäologische Befund ein vollkommen anderes Bild liefert. Anstelle von Fakten wird dem Publikum Fiktion geboten. Zu bemängeln ist an dieser Stelle neben dem ‚Was‘ der Rekonstruktion insbesondere das ‚Wie‘. Der Kulturwissenschaftler Gottfried Korff34 hat für die Rekonstruktions- und Ausstellungspraxis von Freilicht- museen vor drei Jahren folgendes festgestellt: Das Freilichtmuseum

„simuliert historische Wirklichkeit, ohne deutlich zu machen, dass es sich dabei um eine konstruierte, bestenfalls rekonstruierte Zeige- und Merkwelt handelt. Das Freilichtmuseum simuliert Ganzheitlichkeit, ohne die fragmentarische Qualität des kulturellen Überlieferungspro- zesses zu reflektieren und dem Publikum vor Augen zu führen.“ Was hier für das Freilichtmuseum proklamiert wird, gilt ganz besonders für unseren Fall. Zum einen kann Vergangenheit nichtrekonstruiert – meint Rekonstruktion doch eigentlich Wiederaufbau bzw. Wieder- herstellen von Bekanntem –, sondern lediglichkonstruiert, also neu geschaffen werden.35 Zum anderen wird das ‚Re-Konstruierte‘ dem Publikum – sei es nun beabsichtigt oder unbeabsichtigt – als die ein- zig richtige Vergangenheit ‚verkauft‘ - und das, obwohl es sich realiter

32Entsprechend Stoll, Clifford, Warum Computer nichts im Klassenzimmer zu su- chen haben, 2. Aufl. Frankfurt am Main 2001, S. 45, wenn er Simulationen als „macht- volle Werkzeuge“ bezeichnet.

33Degele (wie Anm. 3), S. 139.

34Korff, Gottfried, Die Kunst des Weihrauchs – und sonst nichts? Zur Situation der Freilichtmuseen in der Wissenschafts- und Freizeitkultur (2000), in: Eberspächer, Mar- tina; König, Gudrun M.; Tschofen, Bernhard (Hgg.), Museumsdinge: Deponieren – Ex- portieren, Köln 2002, S. 96-109, bes. S. 100.

35Siehe dazu Eggert, Manfred K. H., Die konstruierte Wirklichkeit. Bemerkungen zum Problem der archäologischen Interpretation am Beispiel der späten Hallstattzeit, in: Hephaistos 10 (1991), S. 5-20, bes. S. 11f; ähnlich auch Hundsbichler (wie Anm. 17), S. 521f. Trotz der genannten Einwände wird weiterhin von ‚Rekonstruktion‘ gespro- chen, da dieser Begriff allgemein üblich ist.

Wissensvermittlung im Zeitalter der Neuen Medien

um eine äußerst fragmentierte Vergangenheit handelt.

Wissensvermittlung im Zeitalter der Neuen Medien – ein Vorschlag Es ist die Aufgabe von ArchäologInnen und HistorikerInnen, dem Publikum nicht nur geschönte und scheinbar reale Vorstellungen der Vergangenheit zu bieten, sondern ebenso BesucherInnen von Muse- en und Ausstellungen über den jeweiligen Forschungsstand zu un- terrichten. Dazu gehört einerseits eine sachgerechte Darstellung der Forschungsergebnisse, andererseits eine Erläuterung der je konkreten Arbeitsweise.

Das bedeutet, dass wir die Verpflichtung haben, den BesucherIn- nen die Methodik des Rekonstruierens darzulegen. Denn erst, wenn den BetrachterInnen der Computersimulation klar wird, auf welcher zum Teil schwachen Basis eine Rekonstruktion steht, ist es möglich, bei ihnen einen Erkenntnisprozess auszulösen, der über die bloße und unreflektierte Übernahme des Dargestellten hinausgeht. Darüber hinaus sollten auch die ArchäologInnen einen sachgerechten Um- gang mit der Thematik ‚Rekonstruktion‘ üben. Es ist deshalb wich- tig, sich vermehrt mit der Lückenhaftigkeit des Befundes und der Begrenztheit der Möglichkeiten einer ‚richtigen‘ Darstellung ausein- anderzusetzen:36 mehr Reflexion als Fiktion. Denn es sollte in ei- nem späteren Rückblick nicht heißen, dass aus den allzu ‚lebens- fremden‘ WissenschaftlerInnen ‚technikbesessene‘ RekonstrukteurIn- nen geworden sind, die mehr Wert auf Fiktion als auf Fakten legen.

Für die museale Präsentation, besonders für das computerabhän- gige virtuelle Museum, sollte in Zukunft die Chance der vergleichen- den Darstellung, die der Computer auf einfachste Weise ermöglicht, genutzt werden. Mit geringem technischen Aufwand können diverse Rekonstruktionsmöglichkeiten erstellt und den BetrachterInnen Al- ternativen zur Verfügung gestellt werden. Den BesucherInnen wird damit Wissen um das ‚Nicht-Wissen‘ vermittelt. Sie können erken- nen, dass es eine große Zahl von alternativen Lösungen gibt und kei-

36Rieche (wie Anm. 27), S. 127.

(13)

Stefanie Samida

ne für sich den Anspruch auf ‚Wahrheit‘ besitzt; sie werden erkennen und verstehen, dass es nicht nur die Geschichte, sondern viele Ge- schichten gibt, die alle auf denselben Fakten beruhen.37 Hierin liegt das Potential des virtuellen Museums im Zeitalter der Neuen Medi- en.

Stefanie Samida ist Doktorandin im Fachbereich Medienwissenschaft – Medienpraxis der Eberhard Karls Universität Tübingen.

37Aus Information wird Wissen, denn: „Informationen dienen als Mittel der Wissens- erweiterung, aber erst die Inhalte und deren Verarbeitung, ihre Einbettung in Kommu- nikation, machen Information zu Wissen und ermöglichen die Konstruktion zusam- menhängender Wissensnetze.“ Degele (wie Anm. 3), S. 98.

(14)

Geschichte als multimediale Erzählung

Das Rafael Roth Learning Center im Jüdischen Museum Berlin von Bernd Körte-Braun

Das Museum als Ort materieller Kultur und die immaterielle Welt des Digitalen sind etwas gänzlich Verschiedenes.1 Das Spannungsver- hältnis von virtuellen und materiellen Ausstellungstechniken steht seit einigen Jahren im Mittelpunkt der Auseinandersetzungen um Ausstellungspraxis und Funktion des Museums in der Informations- gesellschaft. Inzwischen scheinen die Polarisierungen in der Diskus- sion nachzulassen.2Ann Mintz ist in ihrer Feststellung zuzustimmen:

»One of the central challenges facing museums is to utilize informa- tion technology without giving up our core identity: to embrace the virtual without abandoning the real.«3

Das Museum ist ein Medium, das sich über den Bezug zur Vergan- genheit definiert. Dabei ist seine Beziehung zum Vergangenen einer- seits eine bewahrende und andererseits eine interpretierende.4 Der Einsatz neuer Medien in Museen beeinflusst beide Aufgaben. Die Be- griffe Multimedia, neue Medien und digitale Medien werden in einer heterogenen Art gedeutet. Für die Zwecke dieses Aufsatzes greift der Verfasser auf folgende, pragmatische Definition zurück: »Multimedia ist digital, integrativ, interaktiv. Multimedia ist die digitale Integrati- on von verschiedenen Medien wie Text, Bild, Film, Ton oder Grafik, wobei der Nutzer auf die einzelnen Medien wahlfrei zugreifen kann

1Wohlfromm, Anja, Museum als Medium. Neue Medien in Museen. Überlegungen zu Strategien kultureller Repräsentation und ihre Beeinflussung durch digitale Medien, Köln 2002, S. 78.

2Siehe hierzu die jüngeren Studien von Wohlfromm (wie Anm. 1), sowie Hünne- kens, Annette, Expanded Museum. Kulturelle Erinnerungen und virtuelle Realitäten, Bielefeld 2002.

3Mintz, Ann, Media and Museums. A Museum Perspective, in: Selma, Thomas;

Mintz, Ann (Hgg.), The Virtual and the Real: Media in the Museum, Washington 1998, S. 20.

4Korff, Gottfried, Die Eigenart der Museumsdinge, in: Fast, Kirsten (Hg.), Hand- buch der museumspädagogischen Ansätze, Opladen 1995, S. 17-28, bes. S. 21.

Geschichte als multimediale Erzählung

und diese auf Nutzereingaben reagieren.«5Aus dieser Definition wä- ren zwei Funktionen herauszuheben: erstens die von Paul Klimsa be- tonte Medienverknüpfung – Es müssen mehrere Prozesse gleichzei- tig ablaufen und Medien parallel präsentiert werden können – und zweitens, die Interaktivität. Voraussetzung von Multitasking, Paral- lelität und Interaktivität ist, natürlich, ein Computer.6 Im Museums- feld umfasst das Spektrum des Einsatzes von Hypermedien Virtuel- le Museen im Netz und auf CD-ROM sowie museumsinterne Instal- lationen. Letztere können wiederum eingeteilt werden in: Informati- onssysteme zur Orientierung im Haus; Informationen zu Ausstellun- gen, Objekten oder Themen; Installationen mit Objektcharakter und schließlich Internetstationen mit in der Regel kontrolliertem Zugang zum World Wide Web.7

Das Jüdische Museum Berlin

Das Jüdische Museum Berlin ist ein kulturhistorisches Museum mit dem Anliegen, die Geschichte und Kultur der Juden in Deutsch- land bzw. dem deutschsprachigen Raum vom Mittelalter bis heute darzustellen. Das Museum gewährt vielfältige Perspektiven auf die deutsch-jüdische Geschichte und will damit den Blickwinkel auf die Geschichte und Kultur der Juden erweitern. Es ist keine Holocaustge- denkstätte, auch wenn das Gebäude von Daniel Libeskind als begeh- bare Skulptur, oder wie wiederholt in der Diskussion um das »Denk- mal für die ermordeten Juden Europas« als Denk- und Mahnmal ge- sehen und bezeichnet wurde.

Das Jüdische Museum Berlin verfolgt einen narrativen Ansatz. Es ist weniger das originale Objekt, das die Anordnung der Daueraus- stellung bestimmt, als vielmehr die Geschichte, die erzählt werden soll. Der narrative Ansatz in Museen ist im deutschsprachigen Raum

5Graf, Joachim; Templin, Daniel, Multimedia. Handbuch für interaktive Medien, Augsburg 1998, S. 3.

6Klimsa, Paul, Multimedia. Anwendungen, Tools und Techniken, Reinbek 1997, S.

18.

7Wohlfromm (wie Anm. 1), S. 78-94.

(15)

Bernd Körte-Braun

weniger verbreitet als im angelsächsischen – neben dem Jüdischen Museum Berlin ist das Haus der Geschichte in Bonn das vielleicht be- kannteste Museum mit einem ähnlichen Ansatz.8 Zielpublikum des Jüdischen Museums Berlin sind Menschen jeden Alters und aller Bil- dungsstufen. Das Museum entwickelt seine Programme für ein vor- wiegend nichtjüdisches Publikum. Eine einladende Atmosphäre, un- mittelbare und verständliche Kommunikation sollen den Museums- besuch zu einer Erfahrung werden lassen.

Das Rafael Roth Learning Center

Diesem Zielpublikum gilt auch das Interesse des Rafael Roth Lear- ning Centers (RRLC). Das RRLC ist ein eigenständiger Ort multime- dialer Präsentation im Jüdischen Museum Berlin.9 Es bietet im Un- tergeschoss des Museums auf etwa 500 qm den BesucherInnen die Möglichkeit, an 20 Computerstationen interaktiv mehr zur deutsch- jüdischen Geschichte und jüdischen Kultur zu erfahren. Insofern steht das RRLC quer zu den traditionellen Einsätzen der neuen Medi- en im Museumsbereich: Es ist nicht im Netz, und die multimedialen Inhalte sind derzeit ausschließlich im Learning Center verfügbar.10 Es ist mehr als ein Informationssystem zu Ausstellungen, Objekten oder Themen. Sein multimediales Angebot steht nicht im unmittelba- ren Kontext zu den Originalen in den Ausstellungen und der Samm- lung des Hauses. Es ist somit keine Installation mit Objektcharakter.

8Zum narrativen Konzept in Museen siehe: Weinberg, Jeshajahu; Elieli, Rina, The Holocaust Museum in Washington, New York 1998, S. 49ff. Zu einem der ersten Muse- en mit einem narrativen Zugang siehe Abramowicz, Leon, Das komplexe Gedächtnis eines auseinandergerissenen Volkes. Das Museum der jüdischen Diaspora in Tel-Aviv, in: Korff, Gottfried; Roth, Mafred (Hgg.), Das historische Museum. Labor, Schaubühne, Identitätsfabrik, Frankfurt 1990, S. 215-230.

9Die Einrichtung des Learning Center wurde durch eine finanzielle Zuwendung des Berliner Unternehmers Rafael Roth ermöglicht.

10Multimediale Erzähleinheiten fürs World Wide Web müssten anders gestaltet sein, nicht nur hinsichtlich des Umfangs der Datenmenge. Die jetzigen Geschichten sind al- lein wegen ihres Umfangs und ihrer Qualität nicht ins Netz zu transferieren. Das Jüdi- sche Museum Berlin besitzt das Copyright lediglich für eine Ausspielung im Learning Center.

Geschichte als multimediale Erzählung

Es befindet sich allerdings im Museum und steht somit in dessen Bewertungs- und Bedeutungskontext.

Das Learning Center wurde im September 2001 zusammen mit der Dauerausstellung des Jüdischen Museums eröffnet. Es ermög- licht den BesucherInnen zum einen, die Themen, die in den Dauer- und Wechselausstellungen im Jüdischen Museum behandelt werden, vertiefend zu erkunden. In dieser Funktion ist es eine Ergänzung zu den Ausstellungen im Haus. Andererseits bietet das Learning Cen- ter zunehmend Themen, die in den Ausstellungen nur am Rand oder gar nicht behandelt werden. Es entwickelt sich also zu einer Abtei- lung, die unabhängig von den Dauer- und Wechselausstellungen be- sucht werden kann. Die Sammlung von Geschichten und Informatio- nen wächst ständig. Das Learning Center hat außerdem das Potential, ein virtuelles Gedächtnis oder digitales Archiv aller Abteilungen des Museums zu werden.

Das Learning Center befindet sich im Untergeschoss des Libeskind-Gebäudes. Es ist von der »Achse der Kontinuität« aus zu erreichen, noch bevor diese von der »Achse des Exils« und der »Ach- se des Holocaust« gekreuzt wird. Die Räume der multimedialen Prä- sentation stehen somit nicht im Kontext von Verfolgung und Vernich- tung der Juden in der NS-Zeit. Das Learning Center kann vor dem Be- such der Dauerausstellung, die im zweiten Stockwerk des Libeskind- Gebäudes beginnt, aber auch im Anschluss daran aufgesucht werden.

Im Eingangsbereich des Learning Centers stehen sich museale Dinge materieller Kultur und die immaterielle Welt des Digitalen noch gegenüber. Auf der einen Seite können die BesucherInnen sich an einem Infoscreen über den Inhalt des Learning Centers informie- ren, oder sich auf Wunsch die wichtigsten Elemente der Benutzerfüh- rung von einem Host demonstrieren lassen. Gegenüber erstreckt sich eine Vitrine in den Raum des Learning Centers, in der mit kleinen wechselnden Ausstellungen Originale aus der Sammlung des Jüdi- schen Museums präsentiert werden: Hier wird die Doppelexistenz musealer Dinge als Deposita und Exposita (Korff) augenscheinlich.

(16)

Bernd Körte-Braun

In den beiden Haupträumen des Learning Centers erfolgt die Ver- mittlung kulturhistorischer Information allein mittels multimedialer Anwendung. Im ersten Bereich befinden sich neun Stationen mit 18 Zoll Flachbildschirmen für EinzelbesucherInnen oder Paare. Die Au- dios erhalten die BesucherInnen hier über Kopfhörer. In einem weite- ren Raum befinden sich sieben Gruppen- oder Familienstationen mit 37 Zoll Flachbildschirmen. Hier sind keine Kopfhörer nötig, die Kom- munikation ist nicht auf Mensch/Maschine beschränkt. Die Inhalte sind an den Einzel- und Gruppenstationen identisch. An zwei separa- ten Singlestationen haben die BesucherInnen weiterhin Zugriffsmög- lichkeiten auf die CD-ROM Enzyclopädia Judaica und auf eine CD- ROM der Shoa Foundation.

An den Einzel- und Gruppenstationen sind die drei Inhaltsebe- nen über den Floatingsscreen,11 aber auch über die Menüleiste am unteren Rand des Bildschirms von jedem übrigen Screen aus gleich- berechtigt zu erreichen. Hier finden die NutzerInnen außerdem einen Button für den Sprachwechsel; wie das gesamte Museum ist auch das Learning Center bilingual (Deutsch und Englisch). Über den Suchbut- ton erreichen die NutzerInnen die Indexsuche und die Freitextsuche.

Die Hauptaufgabe des Learning Centers ist informelles Lernen durch Partizipation und Interaktion. Seine Inhalte sind bewusst nicht selbstablaufend: Die NutzerInnen bestimmen, welche der drei In- haltsebenen sie ansteuern, wie oft sie zwischen diesen Ebenen hin- und herspringen. Eine Entscheidung für die »Geschichten« erfordert die Auswahl einer der angebotenen multimedialen Erzähleinheiten.

Die NutzerInnen entscheiden, welche Kapitel der Geschichten, in welcher Reihenfolge und in welcher Intensität sie diese betrachten und/oder hören und/oder lesen. Jede/r einzelne navigiert auf an- deren Wegen und »erfährt« die Geschichte anders. Die assoziative, selektive Rezeption führt zu einer neuen Konstruktion der bereitge- stellten Information.

11Wird eine Computerstation eine bestimmte Zeit nicht genutzt, schaltet sich der Floatingscreen automatisch ein.

Geschichte als multimediale Erzählung

Die einzelnen inhaltlichen Module des Learning Centers sind:

• Ein digitaler Katalog; er enthält Informationen zu derzeit etwa 80 Objekten aus der Dauerausstellung. Die Auswahl erfolgte hauptsächlich nach dem Kriterium, ob sich für die BesucherIn- nen interessante Objektgeschichten erzählen lassen.12Der Kata- log kann in Zukunft ausgebaut werden, bis er nach und nach alle Objekte und Dokumente der Sammlung und des Archivs beinhalten wird.

• Ein digitales Lexikon, das die Möglichkeit bietet, Erklärungen von für die Geschichte und Kultur der Juden einschlägigen Be- griffen bzw. jüdischen Persönlichkeiten, aber auch zum Jüdi- schen Museum Berlin selbst zu finden. Auch hier wird versucht, mit klar und möglichst einfach formulierten Texten die Neu- gierde vieler BesucherInnen zu wecken und zu befriedigen. Das Lexikon wird in naher Zukunft mit den beiden anderen Inhalts- ebenen »Katalog« und »Geschichten« verlinkt werden.

• Die zentrale Informationsebene des Learning Centers, die aus einzelnen multimedialen Erzähleinheiten (den »Geschichten«) besteht. Derzeit sind 14 »Geschichten« aufgespielt, denen eine Überblicksseite vorgeschaltet ist. Hier können sich die Nutzer- Innen einen Überblick über die angebotenen »Geschichten« ver- schaffen, sich kurz über den Inhalt der einzelnen Erzähleinhei- ten informieren. Bei den »Geschichten« handelt es sich um in sich abgeschlossene multimediale Erzähleinheiten zur deutsch- jüdischen Geschichte und Kultur.

Die »Geschichten«

Der Umfang der »Geschichten« unterscheidet sich erheblich: Für die kürzeren Erzähleinheiten benötigen die NutzerInnen etwa 30, für die längeren bis zu 90 Minuten – vorausgesetzt sie rufen sämtliche

12Der Zugriff auf den digitalen Katalog kann auch in der Dauerausstellung an den so genannten Medienstationen per Touchscreen erfolgen. Dies ist jedoch die einzige Zugriffsmöglichkeit auf eine LC-Inhaltsebene, die außerhalb des Learning Center ge- geben ist.

(17)

Bernd Körte-Braun

Screens auf, hören sich alle Audios an, spielen jedes Video ab und le- sen den gesamten Text. Dies kommt äußerst selten vor und wird zum

»Verständnis« der Geschichten auch nicht vorausgesetzt. Die Mög- lichkeit der Interaktion, die assoziative und selektive Rezeption der NutzerInnen haben wichtige Folgen für die Konzeption der Erzäh- leinheiten. Die Inhalte sind segmentiert, sie müssen möglichst wenig linear erzählt sein; die Informationen sollten auf jedem Screen für sich verständlich sein und kaum Voraussetzungen für eine anderen Screen bieten. In den multimedialen Erzähleinheiten werden die In- formationen auf unterschiedlichen Ebenen angeboten. Die Geschich- ten können oberflächlich erfahren werden, bieten jedoch auch um- fangreiche weiter-, tiefergehende Informationen. Die BesucherInnen entscheiden, wie lange sie verweilen, wie tief sie in die Geschichten einsteigen möchten.

Die Geschichten sind eingeteilt in Kapitel und Unterkapitel. Die jeweilige Anzahl der Screens ist unterschiedlich. Zu Beginn eines je- den Kapitels öffnet sich ein Screen, auf dem die Themen der Unterka- pitel zusammenfassend behandelt werden; so haben die NutzerInnen die Möglichkeit, sich rasch einen Überblick über den Inhalt einzelner Kapitel, aber auch über die ganze Geschichte zu verschaffen. Inner- halb der Texte sind sämtliche für den Inhalt unbedingt nötige, aber nicht allgemeinverständlichen Begriffe glossiert. Innerhalb der Un- terkapitel blättern die NutzerInnen von Screen zu Screen. Auf so ge- nannten Aspekte-Seiten werden spezielle Gesichtspunkte des jeweili- gen Themas behandelt. Und die Informationsebene »Listed Informa- tion« beinhaltet vor allem Text. Hier werden zum Beispiel Chrono- logien, Biografien, Transkriptionen von Dokumenten, Auszüge aus Schriften oder aus einem Briefwechsel, Biblio- oder Discografien an- geboten.

Derzeitige multimediale Geschichten im Learning Center:

• Befreiung: Im April 1945 befreite die britische Armee zehn- tausende Häftlinge im KZ Bergen-Belsen. Unter den jüdischen Überlebenden waren Celia Landau und die Schwestern Ani-

Geschichte als multimediale Erzählung

ta und Renate Lasker. Bevor sie Deutschland verlassen konn- ten, mussten sie in einem in Belsen eingerichteten »Displaced- Person-Camp« leben.

• Bertha Pappenheim: Bertha Pappenheim (1859–1936) war Gründerin des Jüdischen Frauenbundes. Sie setzte sich ihr Le- ben lang erfolgreich für die Rechte und Bildung von jüdischen Mädchen und Frauen ein und kämpfte gegen Prostitution und Mädchenhandel.

• Christliche Judenbilder: Diese Geschichte beschäftigt sich mit antijüdischen Stereotypen in der christlichen Gesellschaft. Die christliche Haltung gegenüber den Juden ist seit dem Mittelal- ter häufig von falschen Vorstellungen, Vorurteilen und Ableh- nung geprägt. Viele dieser »Judenbilder« haben sich bis in die Neuzeit erhalten.

• Daniel Libeskind: Daniel Libeskind (geb. 1946) ist einer der her- ausragenden Architekten unserer Zeit. Mit seinem ungewöhn- lichen Bau für das Jüdische Museum Berlin setzte er neue Maß- stäbe für eine ausdrucksstarke Architektur.

• Exil in Shanghai: Nach dem Novemberpogrom 1938 wurde Shanghai zu einem der wichtigsten Zufluchtsorte für jüdische Emigranten. Bis 1941 flohen knapp 20.000 vorwiegend deutsch- jüdische Flüchtlinge in die berüchtigte Stadt am Ostchinesi- schen Meer.

• Der falsche Messias: Schabbtai Zwi (1626-1676) rief sich im 17. Jahrhundert im Osmanischen Reich als Messias aus. In der ganzen jüdischen Welt führte diese Nachricht zu einem noch nie da gewesenen Begeisterungstaumel. Trotz seines erzwunge- nen Übertritts zum Islam dauerten sabbatianische Bewegungen über seinen Tod hinaus an.

• Gespräche beim Tee: Im Berlin des 18. Jahrhunderts wurden zahlreiche Salons gegründet, in denen Menschen unterschied- lichster Herkunft zu Gesprächen zusammen kommen konnten.

Kluge, belesene jüdische Frauen wie Henriette Herz und Rahel

(18)

Bernd Körte-Braun

Varnhagen waren die Gastgeberinnen.

• Juden in Breisach: Louis Dreyfuss (1900–1993) war im badi- schen Breisach eine Lokalgröße: Turner, Schauspieler und Kar- nevalist. Er emigrierte 1933 als erster Jude seiner Heimatstadt und überlebte den Krieg im Versteck in Frankreich. 1963 kehrte er nach Breisach zurück.

• Ländliche jüdische Küche: Die Rezepte der ländlichen jüdi- schen Küche werden durch die religiösen Speisevorschriften ge- prägt, aber ebenso von den Speisen der christlichen Nachbarn beeinflusst. In dieser Geschichte werden neben der Entwick- lung des Landjudentums und dem Alltag der Wanderhändler auch zahlreiche Rezepte aus dem süddeutschen und Schweizer Raum vorgestellt.

• Nesthäkchen: Die Berliner Jugendbuchautorin Else Ury (1877–1943) wurde durch ihre zehn »Nesthäkchen«-Bände (1903–1925) berühmt. Sie fühlte sich dem deutschen Bürgertum zugehörig und in der jüdischen Tradition zu Hause. Im NS- Staat wurde Else Ury entrechtet, verfolgt und nach Auschwitz deportiert.

• Die Revolution 1848: Mit der Revolution 1848 betraten Juden die politische Bühne in Europa. Sieg und Niederlage der Revo- lution entschieden auch über den Fortgang ihrer Gleichberech- tigung. Doch bevor Juden in den Genuss der Errungenschaften der Revolution gelangten, waren sie in zahlreichen Orten von antijüdischen Ausschreitungen betroffen.

• Sehnsucht nach Zion: Die Hoffnung, in das Land Israel zurück- zukehren, ist so alt wie das jüdische Exil. Diese Hoffnung findet ihren Ausdruck in Festen, Gebeten und Traditionen des Juden- tums. Manche Juden verwirklichten ihren Traum: Sie reisten ins

»Heilige Land« und hielten ihre Eindrücke in Reisebeschreibun- gen und Bildern fest.

• Transit nach Amerika (1881–1914): Osteuropäische Juden reis- ten zu Hunderttausenden auf vorgeschriebenen Wegen durch

Geschichte als multimediale Erzählung

Deutschland. Auf ihrer Flucht vor Armut und Pogromen waren die Häfen in Hamburg und Bremen wichtige Stationen: Hier be- stiegen sie die Überseedampfer, die sie in das »Goldene Land«, in die Vereinigten Staaten, brachten.

• Überleben mit Musik: Der Berliner Jazzgitarrist Coco Schu- mann (geb. 1924) war im Berlin der 1930er und 1940er Jahre zahlreichen Repressionen ausgesetzt, bis er 1943 nach Theresi- enstadt und 1944 nach Auschwitz deportiert wurde. Die Musik rettete ihm in beiden Lagern das Leben. 1950 wanderte er nach Australien aus und kehrte vier Jahre später nach Berlin zurück.

Bis heute ist er ein erfolgreicher Jazzmusiker.

In Vorbereitung sind derzeit multimediale Erzähleinheiten zu den Themen Heinrich Heine, Nivea und die Geschichte des Unterneh- mens Beiersdorf, Ostjuden im Ruhrgebiet sowie zu jüdischen Räu- bern und Banden im 18. Jahrhundert. Für Kinder im Alter von sieben bis zwölf Jahren ist eine Geschichte zum Judentum in Produktion. Mit animierten Illustrationen, zahlreichen Spielen und einer kindgerech- ten Benutzerführung soll das Learning Center bald auch für Kinder im Grundschulalter etwas anbieten können.

Neben den Einzelbesuchern wird das Learning Center von Schul- klassen im Rahmen von Workshops und den so genannten Kombi- nationsführungen besucht. Dieses Angebot setzt auf einen Medien- wechsel und kombiniert einen geführten Besuch durch einen Bereich der Dauerausstellung mit einem Besuch des Learning Centers. Hier erarbeiten die SchülerInnen anhand einer Aufgabenstellung an den Gruppenstationen Inhalte einer der thematisch mit dem gewählten Ausstellungsbereich verknüpften multimedialen Geschichten.13

13Zu mit zwei Schulklassen durchgeführten Workshops zur Evaluation des Lear- ning Center Angebots siehe: Birkert, Christiane M., Stärken, Schwächen und Potentiale des Rafael Roth Learning Center-Geschichten aus der Sicht jugendlicher Gruppenbesu- cher, in: Noschka-Roos, Annette (Hg.), Besucherforschung in Museen. Instrumentarien zur Verbesserung der Ausstellungskommunikation. Deutsches Museum, Schriftenrei- he Public Understanding of Sience: Theorie und Praxis, Bd. 4, München 2003, S. 158- 173.

(19)

Bernd Körte-Braun

Fragen und Beobachtungen

Geschichte und Narration: »Ein bedeutendes Ereignis wird man in derselben Stadt Abends anders als des Morgens erzählen hören«, so Goethe in einem Schreiben an Ludwig I. von Bayern im Jahr 1829. Die Verbindung von »Geschichte« und »Erzählung« berührt die Frage je- der historischen Darstellung, die meist vereinfachend in der Gegen- überstellung von Faktizität und Fiktion charakterisiert wird.14Histo- rikerInnen, so Reinhart Koselleck, sind »grundsätzlich gehalten, sich der sprachlichen Mittel einer Fiktion zu bedienen, um einer Wirklich- keit habhaft zu werden, deren Tatsächlichkeit entschwunden ist.«15 Kosellek bezieht sich hier auf eine rein textliche Darstellung, auf das Medium Sprache. Ist in einer multimedialen Erzählung ein »Realitäts- versprechen« größer? Die Frage richtet sich hier insbesondere auf die Bedeutung des Sehens bei der Konstruktion von Wirklichkeit.

Geschichte und Geschichte(n):16 Die für die Möglichkeit der In- teraktion nötige Segmentierung der Information führt zu einigen Schwierigkeiten bei der historischen Erzählung: Der »Kollektivsingu- lar« Geschichte (Koselleck) zergliedert sich in Geschichten, und auch diese Geschichten teilen sich in weitere Geschichten. Die Segmentie- rung der Erzählung erschwert die Behandlung komplexer Sachver- halte. Segmentierung und Interaktion berühren das Problem der Kon- gruenz – jede Geschichte hat einen Anfang und ein Ende.

Die Sinne: Die haptische Beteiligung ist auf das Halten und Kli- cken der Maus reduziert. Visualisierung und Multitasking beanspru- chen insbesondere den Augensinn. Nur das Auge ist in der Lage, gleichzeitig ablaufende »Ereignisse« auch gleichzeitig wahrzuneh- men. Emotionen werden stärker über das Ohr als über die Augen geweckt. Viele BesucherInnen ziehen es vor, Texte zu hören anstatt

14Siehe Oexle, Otto Gerhard, Was kann die Geschichtswissenschaft vom Wissen wis- sen?, in: Landwehr, Achim (Hg.), Geschichte(n) der Wirklichkeit. Beiträge zur Sozial- und Kulturgeschichte des Wissens, Augsburg 2002, S. 31-60.

15Koselleck, Reinhart, Vergangene Zukunft, Frankfurt am Main 1979, S. 283.

16Siehe Fulda, Daniel, Die Texte der Geschichte. Zur Poetik modernen historischen Denkens, in: Poetica 31 (1999), S. 27-60.

Geschichte als multimediale Erzählung

sie zu lesen. Gründe hierfür liegen vielleicht in einer nachlassenden Leselust, aber sicherlich darin begründet, dass der Screen kein opti- males Lesemedium bietet.

Popularisierung: Die multimediale Vermittlung von Geschichte ist der Popularisierung von wissenschaftlicher Erkenntnis zuzure- chen, wobei diese in einem positiven Sinn verstanden wird. Walter Benjamin sprach von Ausstellungen als den »vorgeschobensten Pos- ten auf dem Terrain der Veranschaulichungsmethoden«.17 Der »An- schauungskanon unserer Tage« dürfte zu einem beträchtlichen Anteil von den zahlreichen Bildmedien in unserem Alltag geprägt sein.

Multimediale Anwendungen haben die Aufgabe, die Populari- sierung historischer Erkenntnis auf möglichst hohem Niveau zu be- werkstelligen, ein Empfinden für multimediale Qualität mitzuentwi- ckeln und damit vielleicht den Anschauungskanon unserer Tage mit zu beeinflussen.

Bernd Körte-Braun war bis Ende 2003 Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Raphael Roth Learning Center im Jüdischen Museum Berlin.

17Benjamin, Walter, Jahrmarkt des Essens. Epilog zur Berliner Ernährungsausstel- lung, in: Ders., Gesammelte Schriften, Bd. IV.1, Frankfurt am Main 1991, S. 527-533, 527.

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Elf Monate nach der Dresdner Tagung vom Ende Juni vergangenen Jahres liegt nun der gleichnamige Aufsatzband vor: &#34;Verwandlungen durch Licht.. Fotografieren in Bibliotheken

Ziel der Tagung &#34;.hist 2003: Geschichte und neue Medien&#34; ist es, Experten/innen, Anwender/innen und Projektmitarbeiter/innen aus der Geschichtswissenschaft, aus

Ziel der Tagung &#34;.hist 2003: Geschichte und neue Medien&#34; ist es daher, Experten/innen, Anwender/innen und Projektmitarbeiter/innen aus der Geschichtswissenschaft,

Heute hilft er Unternehmen, ihre Stärken in die neuen digitalen Märkte zu übertragen, und lehrt als Professor für Kommunikation im digi- talen Wandel an der SRH Hochschule

Förderung als Beitrag des Landes zur Erhaltung des historischen schriftlichen Kulturgutes (Im Original) in rheinland-pfälzischen Archiven, Bibliotheken und Museen.. Mit

Kaffeeflecken am Buchrand ©KBE Schwemmränder im Papier ©KBE Verschmutzungen und Verfärbungen auf Buchvorsatz ©KBE.. 2.2 Welche Schadensbilder können entstehen?..

Ihr dürft mit niemandem außerhalb der Sicherheitszone über diese Nachricht reden. Noch seid ihr sicher. Aber in genau 11 Minuten wird in eurer Sicherheitszone etwas Schreckliches

Es ist wichtig, Bewusstsein dafür zu schaffen, dass man im Internet nie wissen kann, wer sich tatsächlich hinter einem Profil in einem sozialen Netzwerk oder einem Nickname im Chat