6 Lebesgue- und Riemann-Integral. Transformationss¨ atze
a) Lebesgue- und Riemann-Integral
In diesem Abschnitt : Ω = [a, b], A = [a, b]∩ B1, μ=λ1|[a,b]∩B1, f : [a, b]→R (reelle Funktion) .
Wir betrachten die folgenden
”Integrale von f uber [a, b]“ (falls definiert) :¨ Riemann-Integral : IR(f) :=
b
a
f(x)dx ,
Lebesgue-Integral : IL(f) :=
[a,b]
f dλ1 .
Satz 6.1. Sei f Borel-messbar (d.h. [a, b]∩ B1-messbar). Dann gilt: f Riemann-integrierbar =⇒
f Lebesgue-integrierbar und IR(f) = IL(f).
Bemerkung 6.1.
a) f Riemann-integrierbar = ⇒ f Borel-messbar , aber :
b) Sei f : [a, b]→R beschr¨ankt . Dann gilt :
f Riemann-integrierbar =⇒ f ist λ1-f.¨u. stetig auf [a, b].
Beispiel 6.1. Seien Ω = [0,1], A= [0,1]∩ B1, μ=λ1
[0,1]∩B1 und f(x) = 0 (x rational) , = 1 (x irrational)
=⇒
f dμ = 0·λ1(Q∩[0,1]) + 1·λ1(Qc∩[0,1]) = 1, aber : f ist nicht Riemann-integrierbar .
Bemerkung 6.2. Die Aussage von Satz 6.1 ¨ubertr¨agt sich w¨ortlich auf k-dimensionale Lebesgue- und Riemann-Integrale.
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Bemerkung 6.3. F¨ur uneigentliche Riemann-Integrale (¨uber R) gilt :
Sei f : R→R Borel-messbar und Riemann-integrierbar ¨uber jedem kompakten Intervall [a, b] ⊂ R. Dann ist f Lebesgue-integrierbar genau dann , wenn |f| uneigentlich Riemann-integrierbar ist , d.h. , wenn
a→−∞lim
b→+∞
a
b |f(x)| dx =: IR(|f|) < ∞. In diesem Fall : IR(f) = IL(f) :=
R
f dλ1.
Beispiel 6.2. F¨ur f(x) = (sinx)/x (x >0), = 1 (x= 0), = 0 (x <0) gilt : f ist uneigentlich Riemann-integrierbar mit
IR(f) = lim
a→−∞b→+∞
b
a
f(x)dx = lim
b→∞
b
0
sinx
x dx = π
2 < ∞, aber : f ist nicht Lebesgue-integrierbar ¨uber R.
b) Transformationss¨atze
Zun¨achst beweisen wir eine allgemeine Aussage ¨uber die Integration bez¨uglich eines Bild- maßes . Seien dazu
(Ω,A, μ) ein Maßraum , (Ω,A) ein Messraum , T : Ω→Ω (A-A-) messbar , μ =T(μ), d.h.
μ(A) = μ
T−1(A)
∀ A ∈ A.
Satz 6.2. (Transformationssatz f¨ur Integrale)
a) f : Ω →[0,∞] sei eine (A-) messbare, nicht-negative Funktion
=⇒
f dT(μ) =
(f◦T)dμ;
b) f : Ω →R sei (A-) messbar . Dann gilt:
f T(μ)-integrierbar ⇐⇒ f◦T μ-integrierbar . Bei Integrierbarkeit:
f dT(μ) =
(f ◦T)dμ .
Beispiel 6.3. Seien T : Rk → Rk, x → Cx+a, C ∈ Rk×k regul¨ar, a ∈ Rk (fest), f : Rk →R Borel-messbar, ≥0 oder λk-integrierbar . Dann gilt :
f(Cx+a)λk(dx) =
f(y) 1
| detC| λk(dy). 38
In der Wahrscheinlichkeitstheorie ist die Transformation von Dichte-Maßen von Bedeu- tung :
Satz 6.3. (Transformationssatz f¨ur Dichten) Seien (Ω,A, μ) ein Maßraum , T : Ω → Ω bijektiv , T und T−1 (A-) messbar , ν = f μ (mit f ∈ E∗) ein Dichtemaß =⇒
T(ν) = T(f μ) = (f◦T−1)T(μ).
Beispiel 6.4. Seien f(x) = (2π)1k/2 exp
−12xtx
, die Dichte der N(0, Ik)-Verteilung , μ=λk, T(x) = Cx+a, C ∈Rk×k regul¨ar , a∈Rk (fest) und ν =f λk
=⇒ T(ν) = gλk mit g(y) = (2π)k/2|1
det Σ|1/2e−12(y−a)tΣ−1(y−a), wobei Σ = CCt (symmetrisch, positiv definit) .
Die Schwierigkeit in der Anwendung der S¨atze 6.2 und 6.3 besteht i.A. in der Bestimmung des Bildmaßes T(μ). N¨utzlich ist der folgende
Satz 6.4. Seien T : U → V := T(U) bijektiv , U, V ⊂ Rk offen , T ein Diffeomorphismus (d.h. T und T−1 stetig differenzierbar). Dann gilt:
T(λkU) = 1
| detJ ◦T−1| λkV ,
wobei J =JT die Jacobi-Matrix von T bezeichnet , d.h.
JT(x) =
⎛
⎜⎜
⎝
∂T1
∂x1 . . . ∂T∂x1 .. k
. ...
∂Tk
∂x1 . . . ∂T∂xk
k
⎞
⎟⎟
⎠, x= (x1, . . . , xk)t∈U .
Korollar 6.1. Seien T : U →V wie im Satz6.4 und νU =f λkU ein Dichtemaß auf U ∩ Bk. Dann gilt:
T(νU) = g λkV mit
g(y) = f(T−1(y)) 1
| detJT (T−1(y))| , y∈V .
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