• Keine Ergebnisse gefunden

Würmer als Urlaubsmitbringsel

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Würmer als Urlaubsmitbringsel"

Copied!
2
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

70 DIE PTA IN DER APOTHEKE | September 2018 | www.diepta.de

PRAXIS

D

ass tropische Mü- cken Krankheiten wie Malaria, Gelb- oder West-Nil-Fie- ber übertragen können, ist den meisten bewusst. Im Zuge der Olympischen Spiele in Rio 2016 wurde eine weitere durch Mü- cken weitergegebene Infektion bekannt: das besonders für Un- geborene gefährliche Zika-Fie- ber. Doch es gibt noch viel mehr unangenehme Parasiten-Reise- souvenirs.

Blind durch Fadenwürmer Besonders in den tropischen und subtropischen Gebieten Af- rikas, Asiens sowie Mittel- und

Südamerikas können Mücken auch die Larven von Fadenwür- mern (Filarien) übertragen. Be- kannt sind über 20 000 Arten, die verschiedene, teils gravie- rende Krankheiten auslösen können. So dringen die Larven von Onchocerca volvulus nach einem Stich ins Unterhautbin- degewebe ein, wo sie sich zum ausgewachsenen Wurm entwi- ckeln und bis zu 15 Jahre alt werden. Nach der Befruchtung durch ein Männchen produzie- ren weibliche Würmer täglich bis zu 1500 Larven (Mikro- filarien), die über Blut- und Lymphgefäße in die Haut wan- dern, und dort chronische, ju-

ckende Entzündungen und Beulen auslösen. Die Haut wird zudem dünn, sodass die Chan- cen steigen, dass Mücken die Larven beim nächsten Stich wieder aufsaugen. Diese On- chozerkose genannte Krankheit kann auch auf die Hornhaut der Augen übergreifen und zur Er- blindung führen (Flussblind- heit).

Beim Augenwurm (Loa loa) lösen hingegen nicht die Lar- ven, sondern die erwachsenen Tiere eine Loiasis genannte Er- krankung aus. Die drei bis sie- ben Zentimeter (cm) langen Fa- denwürmer können unter der Haut bis ins Auge wandern. Loi-

asis führt jedoch meist nicht zur Erblindung und der Wurm kann im Auge relativ leicht ope- rativ entfernt werden.

Ein weiteres Krankheitsbild, die Elephantiasis (lymphatische Fi- lariose), ist meist auf einen Be- fall mit Fadenwürmern der Gattung Wuchereria bancrofti zurückzuführen. Die Larven, die über einen Mückenstich in den menschlichen Organismus gelangen, entwickeln sich im Lymphsystem zu adulten Tie- ren. Dort produzieren sie Tau- sende von Larven, die einen Lymphstau verursachen, der die Extremitäten stark anschwellen lässt. In schweren Fällen gehen

PARASITEN

Sie klingen harmlos bis niedlich: Hautmaulwurf, Pärchenegel, Guinea-Wurm.

Doch diese Parasiten, die man sich in fernen Ländern einfangen kann, können schwerwiegende, zum Teil sogar tödliche Erkrankungen auslösen.

Würmer als

Urlaubsmitbringsel

© littlehenrabi / iStock / Getty Images

(2)

71

DIE PTA IN DER APOTHEKE | September 2018 | www.diepta.de

die Schwellungen nicht mehr zurück, sodass nur noch mehr- mals wöchentlich durchge- führte Lymphdrainagen sowie das Tragen von Kompressions- strümpfen helfen.

Wenn der Wurm durch die Haut bricht Eine weitere Fila- rienart, der Guineawurm, kam früher in den Feuchtgebieten von Afrika und Asien recht häufig vor. Kampagnen der WHO haben jedoch bewirkt, dass man ihn heute nur noch in Äthiopien und im Tschad fin- det. Seine Larven befallen win- zige Ruderfußkrebse, die von den Endwirten über das Trink- wasser aufgenommen werden.

Im Menschen brechen die Lar- ven durch den Dünndarm in

die Bauchhöhle durch, wo sie sich zu erwachsenen Würmern entwickeln. Nach der Paarung mit einem Männchen wandern die bis zu einem Meter langen Weibchen durch den Körper.

Meist setzen sie sich schließlich im Unterhautbindegewebe der Extremitäten fest, was starke Schmerzen verursacht. An ihrem Kopfende entsteht ein großes Hautgeschwür, das bei Kontakt mit Wasser aufbricht.

Gleichzeitig öffnet sich der Wurmuterus und Tausende von Larven werden ins Wasser ge- spült, wo sie wieder von Kreb- sen gefressen werden.

In den Gebieten, die von die- sem Parasiten betroffen sind, hat man sich zur Therapie seit jeher mit der Stäbchenmethode beholfen: Sobald der Wurm die Haut durchbrochen hat,

wird er ganz langsam um ein Stäbchen gewickelt – nie mehr als 10 cm pro Tag, damit er nicht durchreißt. So kann es bis zu zwei Wochen dauern, bis der Wurm komplett entfernt ist.

Eine chirurgische Entfernung des Wurms ist heute natürlich auch möglich.

Diagnose oft schwierig Fa- denwürmer sind durch spezielle Wurmmittel meist gut zu be- kämpfen. Ivermectin und Sura- min sind dabei Mittel der Wahl.

Allerdings sind Filarien häufig mit Wolbachia-Bakterien besie- delt. Tötet das Wurmmittel eine große Anzahl von Filarien auf einmal, werden Toxine der Wol- bachien freigesetzt, die für den Organismus gefährlich werden

können. Um dies zu verhin- dern, wird bei Filariosen zu- nächst die Zahl der Bakterien mit Doxycyclin reduziert. Die Therapie ist allerdings nicht die größte Herausforderung, vielmehr ist es schwierig, über- haupt die richtige Diagnose zu finden: Da Filarien bis zu ei- nem Jahr brauchen, um sich im Wirtskörper zu entwickeln, sehen die meisten Betroffenen bei den typischen Symptomen nicht unbedingt den Bezug zu ihrer Tropenreise.

Vorsicht in Wassernähe! Die Bilharziose ist eine Krankheit, die nicht mehr nur als Tropen- krankheit gewertet werden kann, sondern längst in Europa Einzug gehalten hat: Seit 2011 gibt es gesicherte Fälle von Bil- harziose auf Korsika, nahe des

Flusses Cavo im Süden der Insel. Bilharziose, auch Schisto- somiasis genannt, wird durch eine bestimmte Gattung von Würmern, die Pärchenegel (Schistosoma) verursacht. Ihre Larven, die Zerkarien, entwi- ckeln sich in Süßwasserschne- cken aus Eiern, die aus dem Kot eines Wirtes stammen. Von den Schnecken ausgeschiedene Zer- karien schwimmen frei in Seen oder Flüssen und bohren sich durch die Haut von Menschen, die sich in solchen Gewässern aufhalten. Sie wandern in die Leber, wo sie sich zu adulten Würmern entwickeln, die sich als Pärchen in der Harnblase oder dem Darm festsetzen. Die Würmer lösen chronische Ent- zündungen aus, die zu Krebs,

lebensgefährlichem Bluthoch- druck und Untergang von Organgewebe führen können.

Bilharziose kann jederzeit Kom- plikationen bereiten und le- bensgefährlich werden. Wird sie früh genug erkannt, lässt sie sich aber gut behandeln. Dann reicht die Gabe des Wurmmit- tels Praziquantel aus, um alle Parasiten abzutöten.

Häufigste Dermatose Die häufigste aus dem Tropenurlaub mitgebrachte Hauterkrankung ist die Larva migrans, auch Hautmaulwurf genannt. Auslö- ser sind Hakenwürmer, die durch Tierkot übertragen wer- den. Sie kommen in allen war- men Ländern vor, in sehr war- men Sommern auch in Europa.

Der Mensch nimmt die Wurm- larven auf, wenn er zum Bei-

spiel barfuß über mit Tierkot kontaminierte Wiesen oder Strände läuft. Die Larven boh- ren sich durch die Haut und wandern unter ihr weiter, wobei man die Schlängelbewegung mit bloßem Auge erkennen kann. Gleichzeitig reagiert der menschliche Organismus aller- gisch auf Stoffwechselprodukte der Larven, sodass sich die Wandergänge stark röten sind und jucken. Da der Mensch für den Hakenwurm ein Fehlwirt ist, stirbt die Larve spätestens nach drei Monaten ab, zersetzt sich und wird vom Organismus ausgeschieden. Ivermectin oder Albendazol können gegen Juck- reiz und Infektionen helfen, die aufgrund der Hautläsion auftre- ten können.

Vorbeugung im Urlaub Um sich auf Reisen gegen gefährli- che Parasiten zu schützen, sollte man Trinkwasser immer abko- chen. Baden in stehenden Ge- wässern wird nicht empfohlen, ebenso wie das Barfußlaufen in Gegenden, die durch Tierkot verschmutzt sein könnten.

Gegen von Mücken übertragene Vektorenkrankheiten helfen Mückenschutz und Moskito- netze. Und sollte es nach ei- nem Tropenurlaub, auch Mo- nate später noch, zu auffälli gen Hautsymptomen kommen, sollte der Arzt bei der Anam- nese über die Reise informiert werden.  n

Dr. Holger Stumpf, Medizinjournalist

Mangelhafte Hygiene und fehlende Vorsicht

können bei Reisen in tropische Länder zu einer

Wurmerkrankung führen.

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

7 Gemäss den dort erarbei- teten ILO-Richtlinien sind Arbeitslose Perso- nen, die in einem nicht näher spezifizierten Zeitraum ohne Arbeit sind, in einem – eben- falls nicht

Vorbemerkung. Sepsis ist eine komplexe systemische inflammatorische Wirtsre- aktion auf eine Infektion. Es gibt derzeit keinen Parameter, der allein zur Diagno- se der Sepsis

Ihre Fettsäurefamilien unter- scheiden sich chemisch durch die Position ihrer Doppelbin- dung in der Fettsäurekette (am dritt- oder sechstletzten Koh- lenstoffglied) mit Folgen für

Sind die Krankheitserreger jedoch erst in der Luft, beispielsweise von einer Person, die keine Maske trägt, dann verdunstet die Flüssigkeit in den Tröpfchen rasch und

Nur dann können sie sicherstellen, dass es ein geteiltes Verständnis und eine gemeinsame Vision des Projekts gibt, wozu auch die geplante Nutzung der durch RCTs generierten Evidenz

Der derzeit verhandelte Global Com- pact on Migration – aus dem die USA freilich ausge- stiegen sind – strebt eine (nicht-verbindliche) Kon- vention an, die im Sinne

„Zukunftsschocks“ erleiden, die Ankunft einer hypermoder- nen Technologie oder Praxis nicht plötzlich ist: Die Zukunft hat uns jahrelang ins Gesicht gestarrt?. Zum

Das Irak-Abenteuer wirft eine Frage auf, welche die zahlreichen Anhänger des „Multikulturalismus“ auf der ganzen Welt verstören wird – jener Idee, dass alle Kulturen