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Gesundheit von Amts wegen

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Academic year: 2022

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Bayerisches Ärzteblatt 2/2003 95

Ärzte und ihre Realitäten

Unterhalb der Burg ruht es auf rötlichen, behäbi- gen Sandsteinmauern: das Nürnberger Gesund- heitsamt. Drinnen, im hellen, modern ausgestat- teten Büro der ärztlichen Leiterin, warten bereits Kaffee und Spekulatius. Dr. Gisela Löhberg ver- mittelt den Eindruck einer vitalen, tatkräftigen Frau. Seit fünf Jahren führt sie, zusammen mit dem Verwaltungsleiter, die Dienststelle.

Die Funktion des Gesundheitsamts hat sich im Lauf der Zeit verändert: Während im Gründungsjahr 1920 und den darauf folgen- den Jahren die gesundheitliche Kontrolle und Überwachung im Vordergrund standen, sind heute Vorsorge und Beratung erklärtes Ziel.

Zu diesem Zweck wurde Anfang der siebzi- ger Jahre das bayernweit erste Gesundheits- studio in Nürnberg eingerichtet, in dem sich Bürgerinnen und Bürger bei Vorträgen zu unterschiedlichen Themen, wie beispielsweise Gesundheit im Alter oder Anti-Aging, infor- mieren können. Die ärztliche Leiterin betont, dass der Eintritt dabei für alle kostenlos ist und weist zugleich stolz auf die moderne Ausstattung des Studios hin. Dass ihr ein zeitgemäßes Auftreten des Gesundheitsamtes am Herzen liegt, wird bei der Führung deut- lich, in der sie auf helle, freundliche Büro- und Beratungsräume hinweist. Diese sollen ebenso zur Bürgernähe beitragen, wie die Streetworkerin, die im Prostituiertenmilieu Rat und Hilfe anbietet, oder die türkische Mitarbeiterin, die im Rahmen der Schwan- gerschaftsberatung türkische Frauen betreut.

Frischer Wind in den Amtsstuben

Den Qualitätsstandard, den das Gesundheits- amt unter ihrer medizinischen Leitung erzielt hat, führt Gisela Löhberg immer auf entspre- chende Teamarbeit zurück. Ihre trotzdem nicht einfachen Anfänge als Leiterin kom- mentiert die gebürtige Düsseldorferin dabei nachdrücklich: „Bei Modernisierungen und Umstrukturierungen gibt es immer Gewinner und Verlierer, es braucht viel Kraft, das durchzusetzen.“ Wenn man zugleich eine möglichst reibungslose, harmonische Zu- sammenarbeit innerhalb des Amtes anstrebt, wie Gisela Löhberg dies tut, dann gehört da- zu eine gehörige Portion an Diplomatie, Ein- fühlungsvermögen und auch die Geduld,

„Veränderungen schrittweise durchzusetzen“.

Diese Eigenschaften kommen der ausgebilde- ten Amtsärztin in ihrem Berufsalltag immer wieder zu Gute: Sei es bei regelmäßigen Be- sprechungen mit Bereichsleitern, Koordinato- ren und dem Verwaltungsleiter innerhalb des Amts oder bei den halbjährlichen Tagungen des Nürnberger Stadtrats, in denen sie als Dienststellenleiterin den Mitgliedern des Ge- sundheitsausschusses mitunter auch Schwach- stellen der kommunalen Gesundheitspolitik aufzeigt. In der Kooperation mit Männern habe sie bisher fast durchweg sehr gute Er- fahrungen gemacht, so der Rückblick. Viel- leicht trägt dazu auch das Gespür der partei- losen, mit drei Brüdern aufgewachsenen Amtsleiterin bei, nicht zwischen gegnerische Fronten zu geraten.

Konfliktlösung als Arbeitsalltag

Löhberg ist auch Anlaufstelle für Mitarbei- terinnen und Mitarbeiter, wenn mit diesen Fragen oder Probleme innerhalb des Gesund- heitsamtes zu klären sind. Dabei verfährt sie nach dem Prinzip des „offenen Sekretariats“, das heißt, jeder kann nach Terminvereinba- rung zu ihr kommen. Konfliktlösung ist auch angesagt, wenn Bürger mit Entscheidungen des Amts nicht einverstanden sind. Zum Ar- beitsalltag der Ärztin, die in ihrer Freizeit schon mal Goethes Erlkönig aus medizini- scher Perspektive interpretiert, gehört auch das Gegenlesen von Texten, die von den ein- zelnen Amtsbereichen herausgegeben wer- den. Außerdem übernimmt sie die Heilprak- tikerüberprüfungen beschränkt auf das Gebiet der Psychotherapie.

Kritische Öffentlichkeit

Einen weiteren, wesentlichen Bestandteil Löhbergs Tätigkeit, neben Besprechungen, stellt die Vertretung des Gesundheitsamts in der Öffentlichkeit dar. Dazu gehört die me- dienwirksame Präsentation von Aktionstagen, beispielsweise zum Thema Tuberkulose, ebenso, wie Tätigkeitsberichte aus den einzel- nen Abteilungen des Gesundheitsamts oder die Durchführung von Pressekonferenzen.

Sehr wichtig für die energische Amtsleiterin ist dabei die Aufnahme und Pflege von per- sönlichen Kontakten, da sie gerne weiß, mit wem sie es zu tun hat. Erfahrungen mit der Öffentlichkeit und den Medien, insbesondere bei konfliktgeladenen Themen, wie in den letzten Jahren Mobilfunk, umschreibt sie nüchtern: „Der Gegenüber hat oft ein anderes Wissen und will das Thema auch anders se- hen. Dabei kann man schon mal ‚abge- watscht‘ werden.“ Das ist gleichzeitig das Stichwort für den Punkt „Handlungsspiel- raum eines Gesundheitsamts“: Die ärztliche Leiterin betont, dass die den Gesundheitsäm- tern häufig unterstellte große Macht auf- grund der vielen Gesetze und Vorschriften so groß gar nicht sei. Hinzu kamen in den letz- ten Jahren finanzielle Kürzungen für das Amt und damit auch personelle Einsparungen.

Löhberg, die sich ehrenamtlich im Nürnber- ger Hospizteam engagiert, sieht jetzt die Grenze des Machbaren erreicht. Weitere ge- sundheitspolitische Sparmaßnahmen der Stadt würden sich auf das derzeitige Angebot im Beratungs- und Fürsorgebereich sehr ne- gativ auswirken.

Bedeutung der Gesundheit

„Aus der Realität immer das Beste machen!“

– diese Einstellung trägt wohl zum Elan der Amtsleiterin bei, trotz dieser Einschränkun- gen, neue Projekte nicht von vornherein für unmöglich zu erklären. Ihre Begeisterung für das Gesundheitswesen hat sich offenbar auf zwei ihrer Kinder übertragen, die beide der- zeit ihren Arzt im Praktikum absolvieren. Be- fragt nach der Bedeutung von Gesundheit für sie persönlich, braucht sie indessen nicht lan- ge zu überlegen: Ganz klar, dass neben der körperlichen auch die seelische Gesundheit eine große Rolle fürs Wohlbefinden spielt.

Aus diesem Grund stehen für sie mit zuneh- mendem Alter Zufriedenheit und ein „bis- chen mehr Bescheidenheit“ immer mehr im Vordergrund. Und diese Einstellung gibt es nicht von Amts wegen.

Margit Staudinger (BLÄK)

Gesundheit von Amts wegen

Frauen-Power im Amt: Dr. Gisela Löhberg (li.) und Mitarbeiterinnen. Etwa drei Viertel der Ange- stellten sind weiblich.

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