Gewalt gegen Frauen und Mädchen in Südtirol
Grundsätzliches - Besonderheiten unter Covid-19 – frauenpolitische Forderungen
Dr. Monika Hauser, Vorstandsvorsitzende und
Foto: Cornelia Suhan
Dr. Monika Hauser, Vorstandsvorsitzende und Gründerin von medica mondiale e. V., Köln www.medicamondiale.org
Sitzung des Landesbeirats für
Chancengleichheit in der Autonomen Provinz Bozen - Südtirol
am 07. Oktober 2020
Bekämpfung patriarchaler Strukturen (nicht nur)
in Südtirol
FRAUENPOLITISCHE FAKTEN FRAUENPOLITISCHE FAKTEN
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• EU-weit hat jede dritte Frau seit ihrem 15. Lebensjahr körperliche und/oder sexualisierte Übergriffe erlebt.
Repräsentative Studie:
„Gewalt gegen Frauen – eine EU-weite Erhebung“
(2014, European Union Agency for fundamental Rights)
sexualisierte Übergriffe erlebt.
Das betraf zum Zeitpunkt der Befragung* rund 62 Mio Frauen!
• Jede zehnte Frau hat seit ihrem 15. Lebensjahr irgendeine Form der sexualisierten Gewalt erfahren und jede zwanzigste Frau ist, seit sie 15 war, vergewaltigt worden. Das betraf zum Zeitpunkt der Befragung*
mehr als 18,5 Mio bzw. 9,3 Mio Frauen!
* Zum 01.01.2013 lebten in der EU 186 590 848 Frauen zwischen 18 und 74 Jahren.
• Im Durchschnitt 88 Frauen sind in Italien täglich Opfer von Gewalt – eine ca.
alle 15 Minuten!
• In 82% der Fälle ist der Täter der eigene Partner oder Ex-Partner.
„Questo non é amore“ (2019, Polizia di Stato, Italia)
• In 82% der Fälle ist der Täter der eigene Partner oder Ex-Partner.
• 2018 gab es italienweit 142 Femizide – davon in Südtirol 5 Frauenmorde.
• In Südtirol ist die reale Gefahr, als Frau ermordet zu werden, somit 4x höher als im Rest Italiens.
(1 Fall auf 100.000 EinwohnerInnen im Vergleich zu 0,25 auf 100.000 EW)
FOLGEN DER GEWALT:
GESUNDHEITLICH, SOZIAL, GESUNDHEITLICH, SOZIAL,
POLITISCH
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PSYCHISCHE FOLGEN DER GEWALT
• 50-65% der Betroffenen von schwerer sexualisierter Gewalt entwickeln eine posttraumatische Belastungsstörung (PTBS).
• Schwere, anhaltende und wiederholte Traumatisierungen, wie wir sie aus Kriegskontexten kennen, führen zu einer wie wir sie aus Kriegskontexten kennen, führen zu einer komplexen PTBS – so auch oft bei häuslicher Gewalt;
mittlerweile von der WHO anerkannt (ICD-11).
• medica mondiale sieht Symptome der kPTBS nicht als Krankheit, sondern als Reaktion auf schwere
Menschenrechts-Verletzungen.
DER PREIS IST HOCH UND WIR ALLE BEZAHLEN!
DER PREIS IST HOCH UND WIR ALLE BEZAHLEN!
Folgekosten der Gewalt für:
• Unterstützung betroffener Frauen
• Polizei- und Gerichtskosten
• Gesundheitsversorgung
• Ausgefallene Löhne und Steuern / Arbeitsausfälle
Geschätzter Pro-Kopf-Durchschnittswert = 40 € / Jahr
(EU-Handbuch für ParlamentarierInnen 2006)
Europa: 17.908.000.000 € (446 Mio Einw.)
Deutschland: 3.320.000.000 € (83 Mio Einw.)
Südtirol: 21.000.000 € (530.000 Einw.)
Die Folgen von COVID-19 für Frauen und Mädchen
• Verschärfung der bestehenden Defizite und Benachteiligungen
• Erhöhte Gewalt um 25% – 35%
• Mehrfachdiskriminierung von Frauen mit erhöhtem
• Mehrfachdiskriminierung von Frauen mit erhöhtem Gesundheitsrisiko
• Vermehrte Doppelbelastung:
Finanzieller Stress / Existenzsicherung
PLUS Familienfürsorge und Kinderbetreuung
Strategische Advocacy-Arbeit Politisches Instrument gegen Politisches Instrument gegen geschlechtsspezifische Gewalt:
DIE ISTANBUL-KONVENTION
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Die völkerrechtlich verbindliche Istanbul-Konvention:
„Übereinkommen des Europarats zur
Verhütung und Bekämpfung von Gewalt Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt“
Von Italien ratifiziert am 28. Mai 2013
In Kraft seit 01. August 2014
• Prävention von Gewalt
• Schutz vor Gewalt
• Strafverfolgung
• Koordinierte Politik zur Umsetzung der
vorgenannten Handlungsfelder
Empfehlungen an die Landesregierung Empfehlungen an die Landesregierung
Zur Umsetzung der
Zur Umsetzung der IstanbulkonventionIstanbulkonvention::
• Landes-Aktionsplan zur Umsetzung der Istanbul-Konvention
• Landeskoordinierung-Stelle zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen mit zivilgesellschaftlicher Begleitung und eigenem Budget
• Finanzielle Absicherung für Beratungseinrichtungen und Frauenhäuser
• Sicherstellung der Qualifizierung von Fach-Personal zur Dynamik von geschlechtsspezifischer Gewalt und ihren Folgen
Weitere frauenpolitische Erfordernisse:
Weitere frauenpolitische Erfordernisse:
• Berücksichtigung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf und der
Betreuung von Angehörigen in den Maßnahmenpaketen zur Wirtschaft
• Mehr Frauen in den Landtag! Dazu mehr Werbung, mehr Ansprache von Kandidatinnen, mehr POLITISCHER WILLE! Und endlich angemessene Repräsentanz von Frauenbelangen (z.B. trotz massiver Lockdown-Folgen)
DIE ARBEIT VON MEDICA MONDIALE MEDICA MONDIALE
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Notwendigkeit von kontinuierlicher Supervision und Fortbildung der Aktivistinnen / Fachfrauen
Optimierung der Kooperation und Koordination zwischen Ehrenamtlichen und Fachfrauen zur transparenten und schnellen Überweisung der
Ratsuchenden an die Fachstellen. Wichtig zur Vermeidung von
Finanzielle und ideelle Unterstützung Finanzielle und ideelle Unterstützung von Aktivistinnen und Fachfrauen
von Aktivistinnen und Fachfrauen
Ratsuchenden an die Fachstellen. Wichtig zur Vermeidung von Retraumatisierungen!