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Raumplanerische Aktivitäten für eine qualitätsvolle Innenentwicklung im Spannungsfeld von Nachhaltigkeitsinteressen seitens der Gemeindepolitik sowie dem Wunsch nach Wohn(umfeld)qualität seitens der Bürger*innen der

Gemeinde Frastanz

MASTERARBEIT

eingereicht im Rahmen des Studiums: Lehramt Sekundarstufe (Allgemeinbildung) im Unterrichtsfach Geographie und Wirtschaftskunde

an der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck

Gina Amann

Matrikelnummer: 01517948

Betreut von Dr. Karl Michael Höferl

Innsbruck, am 20.09.2021

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2 Eidesstattliche Erklärung

Ich erkläre hiermit an Eides statt durch meine eigenhändige Unterschrift, dass ich die vorliegende Ar- beit selbständig verfasst und keine anderen als die angegebenen Quellen und Hilfsmittel verwendet habe. Alle Stellen, die wörtlich oder inhaltlich den angegebenen Quellen entnommen wurden, sind als solche kenntlich gemacht.

Die vorliegende Arbeit wurde bisher in gleicher oder ähnlicher Form noch nicht als Magister-/Master- /Diplomarbeit/Dissertation eingereicht.

20.09.2021

Datum Unterschrift

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Abstract

Spatial planning as a cross-sectional subject deals with the further development of spatial structures and ensures a future-oriented approach regarding the living space.

Throughout Austria, the rate of land consumption is strikingly high at about 12.9 hectares per day, which is mainly caused by the significant rise in private households as well as the trend of an increasing per capita living space. The reasons for this lie in the elevated standard of living and changes in lifestyle as well as demographic upheavals.

Austria's municipalities dispose of an array of instruments to steer settlement development in a sus- tainable direction. These include, for example, applying restrictive criteria to the designation of new building land, limiting the time until a plot of land has to be built on, requiring private individuals to contribute to the development costs for infrastructure, and optimizing building utilization. In order to promote the development of the local centers, it is necessary that town centers are used in a mixed manner, and accessibility to technical and social services should be ensured for all citizens in a comfort- table and barrier-free manner.

Within the framework of a survey with two groups, it was established that an increase in the system knowledge of the people questioned did not lead to a significantly different response behavior than with those who only had their everyday knowledge at their disposal. In all questions, the respondents attributed greater importance to their individual interests than to those of the municipality with the only exception being the attributed importance of the criterion of environmental protection in the process of choosing one’s place of residence. Otherwise, the subjects' wishes and ideas about their own settlement behavior seem to be firmly established in their minds, to the extend that they could not be influenced profoundly by the stimulus. This may be due to reasons rooted in tradition, the re- ward structure of individual-focused criteria, or the importance of the individual’s untouched scope of action.

Therefore, it is indispensable that the future provision of information on the subject not only empha- sizes current problems, but also highlights the benefits resulting from the instruments used to stimu- late qualitative settlement development for the individual.

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4

Abstract

Die Raumplanung als Querschnittsmaterie widmet sich der Weiterentwicklung räumlicher Strukturen und sorgt im Rahmen einer Kompetenzverteilung auf mehreren Ebenen für eine zukunftsorientierte Gestaltung des Lebensraums.

Die österreichweit eklatant hohe Flächeninanspruchnahme von rund 12,9 Hektar pro Tag ist vorder- gründig auf die deutliche Zunahme an privaten Haushalten sowie den Trend zu einer steigenden pro- Kopf-Wohnfläche zurückzuführen. Die Gründe hierfür liegen primär im gestiegenen Lebensstandard, Veränderungen des Lebensstils sowie demographischen Umbrüchen.

Um die Siedlungsentwicklung in eine möglichst nachhaltige Richtung zu lenken sowie ökologische und ökonomische Problemfelder auf ein Minimum zu reduzieren, verfügen Österreichs Gemeinden über ein Repertoire an Instrumenten. Dazu gehören beispielsweise restriktive Kriterien bei der Ausweisung von neuem Bauland, die Anberaumung zeitlicher Fristen für die Bebauung von Grundstücken, die Ver- pflichtung von Privatpersonen zur Beteiligung an den infrastrukturellen Erschließungskosten sowie die Optimierung der baulichen Ausnutzung. Um die Entwicklung der Zentren zu fördern, ist es weiters un- abdingbar, eine gemischte Nutzung der Ortskerne sicherzustellen und die Zugänglichkeit zu techni- schen und sozialen Dienstleistungen für alle Bürgerinnen und Bürger umfassend und barrierefrei zu gewährleisten.

Im Rahmen einer Befragung mit zwei Gruppen wurde festgestellt, dass ein gesteigertes Systemwissen bei den Proband*innen nicht zu einer signifikant abweichenden Resonanz hinsichtlich einer stärkeren Verdichtung führte als es bei jenen, die nur ihr Alltagswissen zur Verfügung hatten, der Fall war. Bei allen Fragen schrieben die Befragten ihren individuellen Interessen im Vergleich zu den an der Kom- mune orientierten Aspekten eine größere Bedeutung zu. Die einzige Ausnahme stellte die Bedeutung des Kriteriums der Vermeidung negativer Auswirkungen auf die Umwelt bei der Wohnortwahl dar.

Ansonsten scheinen die Wünsche und Vorstellungen der Probanden über ihr eigenes Siedlungsverhal- ten so stark in den Köpfen gefestigt zu sein, dass sie durch den Stimulus nicht tiefgreifend beeinflusst werden konnten. Die Gründe hierfür liegen wohl in der langjährigen Tradition der Wohnformen, der Belohnungsstruktur einzelner Wohnstandortkriterien oder der Bedeutsamkeit des uneingeschränkten eigenen Handlungsspielraums.

Daher ist es unabdingbar, bei der zukünftigen Informationsvermittlung nicht lediglich die aktuellen Problemfelder zu thematisieren, sondern gezielt auch den Nutzen, der aus dem Einsatz dieser Instru- mente zur Förderung der qualitativen Siedlungsinnenentwicklung für den/die Einzelne*n resultiert, in den Fokus zu rücken.

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Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung ... 9

1.1. Forschungsfragen ... 13

1.2. Aufbau der Arbeit ... 13

2. Theoretischer Teil ... 15

2.1. Raumplanung in Österreich ... 15

2.1.1. Planungshierarchie und Planungsebenen ... 15

2.1.2. Raumplanerische Instrumente auf der örtlichen Ebene ... 19

2.1.2.1. Örtliches Entwicklungskonzept ... 19

2.1.2.2. Flächenwidmungsplan ... 20

2.1.2.3. Bebauungsplan ... 26

2.2. Qualitätsvolle Innenentwicklung: Begriffserklärung und Relevanz ... 28

2.3. Innenentwicklung auf der quantitativen Ebene ... 31

2.3.1. Aktuelle Problemfelder der Flächeninanspruchnahme ... 31

2.3.1.1. Extensiver Flächenverbrauch ... 31

2.3.1.2. Hohe Erschließungs- und Erhaltungskosten ... 39

2.3.1.3. Fehlende Nutzung des Baulandüberhangs und Gebäudeleerstand ... 42

2.3.2. Grundsätze ... 45

2.3.3. Raumplanerische Maßnahmen auf der örtlichen Ebene ... 46

2.3.3.1. Restriktive Kriterien im Umgang mit Neuwidmungen und kompakte Baulandwidmungen ... 47

2.3.3.2. Baulandmobilisierung ... 49

2.3.3.2.1. Vertragsraumordnung ... 50

2.3.3.2.2. Befristete Widmungen ... 52

2.3.3.2.3. Baulandumlegung ... 54

2.3.3.2.4. Einhebung von Infrastrukturabgaben ... 56

2.3.3.2.5. Forcierte Nutzung des Baulandüberhangs und Gebäudeleerstand ... 57

2.3.3.3. Optimierung der baulichen Ausnutzung ... 61

2.3.3.4. Verdichtungszonen ... 65

2.4. Innenentwicklung auf der qualitativen Ebene ... 69

2.4.1. Grundsätze ... 75

2.4.2. Strategien ... 76

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6 3. Empirischer Teil: Wahrnehmung einer stärkeren Verdichtung unter den Bewohner*innen der

Gemeinde Frastanz ... 78

3.1. Statistiken zur Bevölkerungs- und Haushaltsentwicklung sowie zum Flächenverbrauch in Vorarlberg und in der Gemeinde Frastanz ... 78

3.2. Forschungsdesign... 87

3.3. Präsentation der Forschungsergebnisse ... 93

3.3.1. Einstellungen der Proband*innen hinsichtlich einer hohen Wohn(umfeld)qualität und Maßnahmen zur stärkeren Verdichtung ... 94

3.3.2. Beeinflussbarkeit der Einstellungen der Proband*innen ... 101

3.3.2.1. Abweichungen bei den Kriterien für die Wohnstandortwahl ... 101

3.3.2.2. Unterschiede bei der Einschätzung des Grades der Zersiedelung ... 107

3.3.2.3. Geteilte Resonanz hinsichtlich einer stärkeren Verdichtung ... 108

3.3.2.4. Divergierende Einschätzung der Notwendigkeit der Maßnahmen ... 109

3.4. Interpretation der Forschungsergebnisse- warum Maßnahmen zur Verdichtung wenig Anklang finden ... 113

3.4.1. Die nach wie vor hohe Bedeutsamkeit des Einfamilienhauses ... 113

3.4.2. Der geringe Zuspruch für kommunale Interessen ... 115

3.4.3. Die gemischten Assoziationen mit dem Dichtebegriff und divergierende Einschätzungen der Notwendigkeit raumplanerischer Maßnahmen ... 117

3.4.4. Aversion statt Affinität: Erklärungsansätze für das Antwortverhalten und weiterer Forschungsbedarf ... 119

4. Konklusion ... 123

5. Bibliographie ... 128

6. Anhang ... 134

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Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1 Planungsebenen der funktionalen Raumordnung ... 16

Abbildung 2 Planungsinstrumente auf verschiedenen Planungsebenen ... 18

Abbildung 3 Baulandtreppe ... 25

Abbildung 4 Qualitative und quantitative Verdichtung ... 29

Abbildung 5 Flächenbedarf unterschiedlicher Siedlungstypen ... 32

Abbildung 6 Veränderung Zahl der Wohngebäude (2001-2011) ... 32

Abbildung 7 Fertiggestellte Wohnungen und fertiggestellte Gebäude nach Bundesland (2018) ... 33

Abbildung 8 Privathaushalte nach Haushaltstypen (1985-2020) ... 34

Abbildung 9 Durchschnittliche Haushaltsgröße und Anteil der Einpersonenhaushalte ... 35

Abbildung 10 Durchschnittliche Wohnfläche der Hauptwohnsitzwohnungen (1994-2018) ... 35

Abbildung 11 Durchschnittliche Wohnfläche pro Wohnung und pro Person ... 36

Abbildung 12 Jährlicher Bodenverbrauch in Österreich [km²] ... 37

Abbildung 13 Erschließungskosten unterschiedlicher Siedlungstypen ... 40

Abbildung 14 Errichtungs- und Erhaltungskosten nach Siedlungstyp ... 40

Abbildung 15 Distanzabhängige Kosten für mobile soziale Dienste ... 41

Abbildung 16 Gewidmetes Bauland (bebaut/ nicht bebaut) (2016) ... 42

Abbildung 17 Unterbelegung Europa (2019) ... 44

Abbildung 18 Baulandtreppe in absteigender Richtung ... 46

Abbildung 19 Baulandumlegung Beispiel ... 54

Abbildung 20 Formen der Verdichtung ... 63

Abbildung 21 Bereiche der technischen Infrastruktur ... 69

Abbildung 22 Gewichtung der Wohnstandortkriterien nach Haushaltsform ... 72

Abbildung 23 Bevölkerung Vorarlberg (2011-2021) ... 78

Abbildung 24 Geburtenrate in Österreich nach Bundesländern (2020) ... 79

Abbildung 25 Sterberate in Österreich nach Bundesländern (2020) ... 79

Abbildung 26 Bevölkerungsveränderung nach Komponenten (2019) [‰ ] ... 80

Abbildung 27 Bevölkerungsdichte in Österreich nach Bundesländern (Jahresbeginn 2021) ... 81

Abbildung 28 Durchschnittliche Anzahl der Personen je Haushalt nach Bundesländern (2020) ... 81

Abbildung 29 Gebäude nach überbauter Grundfläche (2020) [%] ... 82

Abbildung 30 Durchschnittliche monatliche Miete (inkl. Betriebskosten) nach Bundesland (2019) ... 83

Abbildung 31 Gewidmetes, nicht bebautes Bauland in Vorarlberg [%] ... 84

Abbildung 32 Grundpfeiler der Siedlungsentwicklung Regio im Walgau ... 85

Abbildung 33 Geschlechterverteilung der Proband*innen ... 93

Abbildung 34 Altersverteilung der Proband*innen ... 93

Abbildung 35 Ranking der Wohnsituation (beide Gruppen) ... 94

Abbildung 36 Tabelle Gründe für die Attraktivität weniger verdichteter Wohnformen ... 96

Abbildung 37 Tabelle Gründe für Attraktivität stärker verdichteter Wohnformen ... 96

Abbildung 38 Kriterien der Wohnstandortwahl (alle Proband*innen) ... 97

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Abbildung 39 Geschlechterverteilung (Gruppe 1) ... 98

Abbildung 40 Geschlechterverteilung (Gruppe 2) ... 98

Abbildung 41 Ranking der Wohnsituation (Gruppe 1) ... 99

Abbildung 42 Ranking der Wohnsituation (Gruppe 2) ... 99

Abbildung 43 Kriterien der Wohnstandortwahl (Gruppe 1 und 2) ... 100

Abbildung 44 Kriterien der Wohnstandortwahl (Gruppe 1 vor und nach dem Inputvideo) ... 102

Abbildung 45 Kriterium Kosten für die Gemeinde: Angaben zu Proband*innen ... 103

Abbildung 46 Kriterium intergenerationelle Gerechtigkeit: Angaben zu Proband*innen ... 103

Abbildung 47 Kriterium Umweltschäden: Angaben zu Proband*innen ... 104

Abbildung 48 Antworten der an der Kommune orientierten Kriterien nach Geschlecht ... 105

Abbildung 49 Antworten der an der Kommune orientierten Kriterien der über 51 Jährigen ... 105

Abbildung 50 Antworten der an der Kommune orientierten Kriterien der 31-50 Jährigen ... 105

Abbildung 51 Antworten der an der Kommune orientierten Kriterien der unter 30 Jährigen ... 106

Abbildung 52 Kriterien der Wohnstandortwahl (Gruppe 1 nach dem Inputvideo und Gruppe 2) ... 107

Abbildung 53 Einschätzung der Zersiedelung der Gemeinde (Gruppe 1 und 2) ... 107

Abbildung 54 Einstellung gegenüber stärkerer Verdichtung (Gruppe 1 und 2) ... 108

Abbildung 55 Einschätzung der Maßnahmen (Gruppe 1 und Gruppe 2) ... 110

Abbildung 56 Einschätzung der Maßnahmen (Gruppe 1 und Gruppe 2) nach Geschlecht ... 111

Abbildung 57 Einschätzung der Maßnahmen (Gruppe 1) nach Alter ... 112

Abbildung 58 Einschätzung der Maßnahmen (Gruppe 2) nach Alter ... 112

Abbildung 59 Belief Systems nach P. Sabatier ... 121

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1. Einleitung

Die Disziplin der Raumplanung befasst sich grundsätzlich mit der weiteren Entwicklung von räumlichen Strukturen, wobei insbesondere physische und/oder sozioökonomische Aspekte sowie funktionelle Beziehungen im Raum im Fokus stehen (Schindegger, 2009).

Ihre Kernaufgabe ist es, für eine „vorausschauende, planmäßige Gestaltung des Lebensraumes“ zu sor- gen (Seidl und Roßbacher, 2017, S.5). Wesentliche Aspekte sind hierbei die haushälterische und eig- nungsgerechte Nutzung des Bodens, der Erhalt des Naturraums, die Ermöglichung einer wirtschaftli- chen und verkehrlichen Entwicklung sowie das Bewahren des Siedlungs- und Wirtschaftsraums vor Naturgefahren (Seidl und Roßbacher, 2017).

Folglich kann die Raumplanung als jenen permanenten Prozess beschrieben werden, der „die Grund- lagen dafür schafft, dass die öffentliche Hand – entsprechend gesetzlich geregelten Zielsetzungen und Verfahrensvorschriften – auf die Entwicklung der räumlichen Verhältnisse Einfluss nehmen kann“

(Schindegger, 2009, S.162). Dieser Einfluss erfolgt auf verschiedenen Ebenen, was zum einen einer exakten bundesweiten Kompetenzverteilung, zum anderen allerdings primär den lebensweltlichen Verflochtenheiten der lokalen, regionalen, nationalen, europäischen sowie globalen Zusammenhänge geschuldet ist (Schindegger, 2009). Im Rahmen dieser Ebenen werden Thematiken hinsichtlich des be- grenzten Guts Boden, des nachhaltigen Flächenmanagements sowie der aktiven Bodenpolitik in das Zentrum der Debatten gerückt (Kanonier und Schindelegger, 2018b).

Jedes Jahr berechnet das Umweltbundesamt die Flächeninanspruchnahme auf Basis der digitalen Ka- tastermappe, welche Nutzungsänderungen von Grundstücken ausweist. Den Berechnungen zufolge lag die tägliche Flächeninanspruchnahme im Durchschnitt der Jahre 2015-2017 bei 12,9 Hektar pro Tag. Im Jahr 2002 hat es sich Österreich im Zuge der „Österreichischen Strategie zur Nachhaltigen Ent- wicklung“ zum Ziel gesetzt, nicht mehr als 2,5 Hektar täglich zu verbrauchen. Ein Ziel, welches von den aktuellen Werten deutlich überschritten wird (Dallhammer et al., 2018, S.29). Zudem wurden in Öster- reich bis zum Jahr 2019 5.729 km² Boden in Anspruch genommen, was rund 7% der Landesfläche und 18% des Dauersiedlungsraumes entspricht (Umweltbundesamt, 2021). Obwohl die in Anspruch ge- nommene Fläche in den letzten 20 Jahren leicht zurückging, ist sie dennoch auf einem alarmierend hohen Niveau geblieben (Getzner und Kadi, 2020).

Die durch die gesteigerte und ineffiziente Flächeninanspruchnahme resultierende Degradation, Frag- mentierung sowie nicht nachhaltige Landnutzung schädigen die Umwelt in einem tiefgreifenden Aus- maß. So wird die biologische Vielfalt und Ökosystemdienstleistungen gefährdet, die Anfälligkeit gegen- über Naturkatastrophen und Folgen des Klimawandels gesteigert, Bodendegradation und Wüsten-

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10 bildung verstärkt, die Wasserqualität beeinträchtigt sowie der Boden kontaminiert (Europäisches Par- lament und Rat der EU, 2013), um nur einige der zahlreichen schwerwiegenden Folgen hervorzuheben.

Doch auch abseits dieser ökologischen Konsequenzen führt der Rückgang der verfügbaren und gut erreichbaren Flächen zu zahlreichen Herausforderungen, wodurch eine geordnete Siedlungsentwick- lung dringlicher denn je wird. Zusätzlich zur Problematik, dass österreichweit bereits eine sehr große Fläche in Anspruch genommen wurde, welche für zukünftige Generationen nicht mehr zur Verfügung steht, wird das von den Gemeinden kontinuierlich ausgewiesene Bauland oftmals nicht widmungskon- form verwendet. Stattdessen fungiert es für die Eigentümer*innen oftmals als Sparbuchersatz, indem es zu Spekulationszwecken gehortet wird. Als Konsequenz müssen die Gemeinden, paradoxerweise, um den Bedarf zu decken, immer wieder neues Bauland ausweisen („Baulandparadoxon“) (Kleewein, 2014). In diesem Zusammenhang ist insbesondere das Einfamilienhaus, welches sich nach wie vor einer sehr großen Beliebtheit innerhalb der österreichischen Bevölkerung erfreut, kritisch zu betrachten (Heindl, 2017). Denn die Art der Siedlungsentwicklung beeinflusst nicht nur die Flächeninanspruch- nahme, sondern nimmt auch tiefgreifenden Einfluss auf die Infrastrukturausgaben der öffentlichen Hand, indem große Summen öffentlicher Mittel über einen längerfristigen Zeitraum gebunden wer- den. Siedlungssplitter in der Landschaft, Streusiedlungen und großflächige unbebaute Parzellen, wel- che für Einfamilienhaussiedlungen genutzt werden, sind für die öffentliche Hand deutlich kosteninten- siver als kompakte Siedlungen. So entstehen nicht nur deutlich höhere Erschließungs- und Wartungs- kosten, sondern es fallen auch die Transportkosten für soziale Dienste über Jahrzehnte hinweg deutlich höher aus (Schindegger, 2009).

Eine weitere Problematik liegt darin, dass in der Praxis vielfach Umwidmungen zu Baugebiet seitens der Gemeinde genehmigt werden, obwohl in unmittelbarer Nachbarschaft, oftmals direkt in den Zen- tren, Gebäudeleerstand oder eine minderwertige Nutzung von Objekten herrscht (Heindl, 2017).

Angesichts dieser zahlreichen Problematiken, wird nun sowohl auf Gemeinde- und Länderebene als auch im Kontext internationaler Institutionen vermehrt ein Augenmerk auf die nachhaltige Gestaltung der Flächeninanspruchnahme gelegt. So finden raumplanungsrelevante Themen auch Einzug in die Sustainable Development Goals, zu welchen sich Österreich im Zuge der Agenda 2030 verpflichtet. Ziel 11 zielt hierbei darauf ab, die Städte und Siedlungen inklusiv, sicher, widerstandsfähig sowie nachhaltig zu gestalten. Darüber hinaus wird im Zuge des Ziels 15 die Beendigung der Bodendegradation gefor- dert (Bundeskanzleramt, 2019).

Zudem setzt es sich die Europäische Union im Zuge ihres Umweltaktionsprogramms zum Ziel, bis 2050 netto keine zusätzlichen Flächen mehr zu verbrauchen (Europäisches Parlament und Rat der EU, 2013).

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11 Österreichweit wird weiters forciert nach dem Grundsatz „Innenentwicklung vor Außenentwicklung“

gehandelt, einem Leitbild, das eines aktiven, strategischen Flächenmanagements bedarf (Reiß- Schmidt, 2018).

So liegt es nun an der überörtlichen Raumplanung und der kommunale Ebene, langfristige Planungs- strategien für das Flächenmanagement zu entwickeln und diese konsequent unter der Bezugnahme auf die ihnen zugeteilten Planungsinstrumente umzusetzen. Die herkömmlichen raumplanerischen In- strumente ermächtigen die Gemeinden, eine den Raumordnungsplänen widersprechende Bebauung nicht zu genehmigen (Negativplanung). Widmungskonforme Nutzungen zu erzwingen (Positivplanung) ist allerdings nicht vorgesehen. Daher werden die traditionellen Instrumente durch baulandmobilisie- rende Maßnahmen und privatrechtliche Verträge komplettiert (Kleewein, 2014).

Diesbezüglich nehmen Einschränkungen bzw. am nachweisbaren Bedarf orientierte Neuausweisungen von Bauland, fristgerechte Bebauungen, die Reduktion des erschlossenen Baulandüberhangs durch baulandmobilisierende Maßnahmen sowie die Nachverdichtung in Siedlungsgebieten eine zentrale Stellung ein (ÖROK, 2017). Zudem gilt es, die Nutzungsreserven nicht nur in der Fläche zu erheben, sondern forciert den Fokus auf den dreidimensionalen Raum zu verlagern. So soll in Zukunft beispiels- weise auf die vermehrte Inwertsetzung minder und nicht genutzter Objekte sowie die Optimierung der baulichen Ausnutzung abgezielt werden (Grams und Nebel, 2013).

Insbesondere durch die langen Verzugszeiten der Raumplanung ist es unabdingbar, frühzeitig und aktiv Prozesse, welche auf sachlichen Grundlagen basieren, in Gang zu setzen. In Fachkreisen ist die Bedeut- samkeit der raumplanerischen Maßnahmen zur qualitätsvollen Siedlungsinnenentwicklung heute un- umstritten, dennoch herrscht Konsens darüber, dass diese ausschließlich unter der Mithilfe und Ak- zeptanz der Bürger*innen umgesetzt werden können. Diese müssen identifiziert, sensibilisiert und mo- tiviert werden sowie ebenfalls aktive Rollen im Entwicklungsprozess einnehmen dürfen. Folglich benö- tigt es einen offenen Diskurs zwischen allen Stakeholdern, um Gesamtbetrachtungen zu realisieren und frühzeitig proaktive Handlungen für eine nachhaltige Entwicklung bewirken zu können (Grams und Nebel, 2013).

Gerade in Gemeinden mit kleinteiliger Eigentümerstruktur und einem hohen Grad an Identifikation ist die Initiierung von Veränderungen besonders herausfordernd und es ist entscheidend, die Bürger*- innen von Beginn an mit einzubeziehen (Simon-Philipp, 2017). Um die Mehrheiten auf dem Meinungs- markt zu gewinnen, geht es daher nicht primär um die Verkündung von Anordnungen, sondern viel- mehr um die Information der Bürger*innen, damit diese von der Sinnhaftigkeit der Maßnahmen über- zeugt werden. Diese sollen demnach nicht als Handlungsanleitungen präsentiert werden, sondern es sollte vielmehr das Hauptaugenmerk auf die Herausforderungen, Chancen und Perspektiven der Ent- wicklung gelegt werden (Schindegger, 2009). Hierfür ist es zweifelsohne angezeigt, konkret auf die

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12 Bedürfnisse aller Bevölkerungsgruppen, vordergründig auf die des wachsenden Anteils der älteren Be- völkerung, aber auch die der jungen Familien, einzugehen (Simon-Philipp, 2017).

Insbesondere aufgrund der Tatsache, dass der steigende Flächenverbrauch nicht lediglich auf die Zu- nahme von großen, flächenbeanspruchenden Projekten zurückzuführen ist, sondern stark auf den Wohnwünschen einzelner Bürger*innen und der resultierenden Summe an Einzelentscheidungen in- nerhalb der Gemeinden basiert, ist es essenziell, ein Umdenken in den Köpfen der Gemeindepoliti- ker*innen aber auch vordergründig der Bürger*innen zu stimulieren. Ihre Vorstellungen von attrakti- ven Wohnformen sowie unabdingbaren Faktoren für ihre Wohn(umfeld)qualität bestimmen die zu- künftige Siedlungsentwicklung hochgradig mit.

Als Konsequenz entsteht ein Spannungsfeld zwischen den Nachhaltigkeitsinteressen seitens der Ge- meindepolitik sowie dem Wunsch der Bürger*innen nach Wohn(umfeld)qualität. Diese Parameter las- sen sich oft vermeintlich nicht miteinander vereinbaren. Daher beschäftigt sich diese Arbeit nicht nur mit den entstehenden Problematiken der Flächeninanspruchnahme und den raumplanerischen Inter- ventionen, welche auf der Gemeindeebene initiiert werden können, sondern auch mit den Vorstellun- gen, Wünschen und Assoziationen der Bürger*innen hinsichtlich der zukünftigen Entwicklung ihrer Siedlung und den dafür notwendigen Maßnahmen. Dies geschieht vor dem Hintergrund, dass die raumplanerischen Instrumente auf einzelne Bürger*innen einschränkend wirken können, aber den- noch das Potenzial bergen, eine Verbesserung der Lebensqualität herbeizuführen. Wichtige Faktoren für die Wohn(umfeld)qualität sollen daher identifiziert, der Grad der Zersiedelung und die stärkere Verdichtung bewertet sowie die aufgezeigten Maßnahmen hinsichtlich ihrer Bedeutsamkeit einge- schätzt werden. Zudem gilt es herauszufinden, ob ein gesteigertes Systemwissen der Proband*innen zu divergierenden Einschätzungen im Vergleich zur jener Personengruppe, welche ihre Entscheidung basierend auf ihrem Alltagswissen trifft, führt.

Dieser Aspekt wird in der gängigen Fachliteratur kaum thematisiert, weshalb es sich diese Arbeit zum Ziel setzt, durch die Randomisierung zweier Proband*innengruppen, im Rahmen welcher lediglich eine der beiden Gruppen dem Stimulus eines Inputvideos unterworfen wird, dahingehend neue Resultate zu generieren.

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1.1. Forschungsfragen

Auf Basis der elaborierten Probleme, Herausforderungen und Chancen im aktuellen Kontext der Sied- lungsentwicklung, wurden für die vorliegende Arbeit die folgenden Forschungsfragen formuliert:

1. Welche raumplanerischen Maßnahmen können auf der örtlichen Ebene gesetzt werden, um eine qualitätsvolle Innenentwicklung zu realisieren?

2. Kann ein gesteigertes Systemwissen der Bürger*innen zu einer positiveren Resonanz hinsicht- lich der Maßnahmen führen?

1.2. Aufbau der Arbeit

Um die Forschungsfragen möglichst umfassend zu beantworten, wird die vorliegende Arbeit in einen theoretischen und einen praktischen Teil untergliedert. Im Ersteren geht es zunächst kurz um die Raumplanung in Österreich, die Zuständigkeiten der Gebietskörperschaften sowie konkret um die Pla- nungsinstrumente auf der örtlichen Ebene. Im Anschluss wird der Begriff der qualitätsvollen Innen- entwicklung eingeführt und eine Untergliederung in eine quantitative und eine qualitative Ebene vor- genommen. Bei der quantitativen Ebene geht es um die Problemfelder der Flächeninanspruchnahme (extensiver Flächenverbrauch, Erschließungskosten, Baulandüberhang etc.), um die angestrebten Grundsätze sowie um die Maßnahmen, die auf der örtlichen Ebene gesetzt werden können (kompakte Baulandwidmungen, Baulandmobilisierung etc.). Im Zuge dessen wird auch auf die neu auszuweisen- den Verdichtungszonen in Vorarlberg eingegangen. Bei der qualitativen Ebene geht es anschließend primär um jene Aspekte, welche den Bewohner*innen der Gemeinde Frastanz eine hohe Wohn(um- feld)qualität durch Zugänglichkeiten zu technischer und sozialer Infrastruktur ermöglichen. Diesbezüg- lich werden erneut Grundsätze und mögliche Strategien beleuchtet.

Im Zuge des analytischen Teils werden zunächst die Rahmenbedingungen der Bevölkerungs-, Sied- lungs-, Haushalts- und Wohnungsentwicklung der Gemeinde Frastanz beleuchtet. Die Fallstudie ver- sucht dann zu ergründen, welche Wohnsituationen (Einfamilienhaus, Reihen- oder Doppelhaus, Mehr- familienhaus, Wohnblock) den befragten Bürger*innen als wie attraktiv erscheinen und welche Motive für ein entsprechendes Ranking vorliegen. Anschließend soll herausgefunden werden, welche Kriterien für die Bürger*innen bei der Wahl eines für sie reizvollen Wohnstandortes elementar sind, wie sie den Grad der Zersiedelung ihrer Gemeinde einschätzen, ob sie einer stärkeren Verdichtung positiv oder negativ gegenüberstehen sowie als wie notwendig sie einzelne Maßnahmen zur Siedlungsverdichtung, welche auf der örtlichen Ebene initiiert werden können, einstufen.

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14 Um zu erheben, ob ein gesteigertes Systemwissen zu einer divergierenden Ansicht hinsichtlich der Zer- siedelung und stärker verdichtenden Maßnahmen sowie zu einer verstärkten Akzeptanz der Maßnah- men führt, werden die Proband*innen per Randomisierungscode und verdeckt in zwei Gruppen ein- geteilt. Dabei sieht eine der beiden Gruppen zu Beginn ein kurzes Inputvideo, welches die Proband*in- nen über die Thematik mit den bestehenden Problemen aber auch Chancen in Kenntnis setzt. Die Er- gebnisse werden in Folge diskutiert und versucht, im Rahmen der Schlussfolgerungen Handlungsemp- fehlungen abzuleiten.

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2. Theoretischer Teil

Die folgenden theoretischen Erläuterungen bestehen aus vier Teilen. Zunächst geht es um die Raum- planung in Österreich, wo sowohl die aktuelle Planungshierarchie- als auch die Planungsebenen sowie die Planungsinstrumente, auf welche die örtliche Ebene zurückgreifen kann, präsentiert werden. An- schließend wird der für diese Arbeit elementare Begriff der qualitätsvollen Innenentwicklung einge- führt und erklärt. Auf dessen Basis erfolgt eine Einteilung in eine qualitative und eine quantitative Ebene, welcher ebenfalls je ein Kapitel gewidmet ist. In deren Unterkapiteln werden aktuelle Problem- felder vorgestellt, Grundsätze erläutert sowie jene Maßnahmen, durch welche den Problematiken ent- gegengewirkt werden kann, aufgezeigt.

2.1. Raumplanung in Österreich

Die Raumplanung in Österreich wird in mehrere Planungsebenen untergliedert, welche einer hierar- chischen Struktur unterworfen sind. Jegliche Gesetze, Verordnungen und Beschlüsse wirken auf die nachfolgenden Ebenen ein und wirken bindend auf deren Akteure. Zudem werden den unterschiedli- chen Ebenen divergierende Instrumente zuteil. Diese Zusammenhänge werden in den folgenden bei- den Kapiteln erläutert.

2.1.1. Planungshierarchie und Planungsebenen

Allgemein gesprochen umfassen die Termini Raumordnung oder Raumplanung alle „Maßnahmen und Aktivitäten öffentlicher Gebietskörperschaften, die die Gestaltung des Territoriums, basierend auf po- litischen Zielvorstellungen, zum Gegenstand haben“ (Kanonier und Schindelegger, 2018a, S.56). Die raumplanerischen Aufgaben werden im Rahmen diverser räumlicher sowie inhaltlicher Aufgabenbe- reiche unterschiedlichen Planungsträgern übertragen. Dabei steht die Raumplanung zahlreichen ge- sellschaftspolitischen Ansprüchen und Erwartungen entgegen und zielt auf ein ausgewogenes Errei- chen öffentlicher Ziele ab (Kanonier und Schindelegger, 2018a).

In Österreich werden die raumplanerischen Kompetenzen per Bundesverfassungsgesetz zwischen Bund, Ländern und Gemeinden aufgeteilt, wodurch sich drei elementare Planungsebenen ergeben. Die Art. 10-15 B-VG, in welchen die Kompetenzverteilung normiert ist, verweisen jedoch nicht explizit auf die Raumordnung. Im Rahmen der Erlassung der ersten Raumordnungsgesetze legte der Verfassungs- gerichtshof allerdings fest, dass die Raumordnung als „planmäßige und vorausschauende Gestaltung

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16 eines bestimmten Gebietes in Bezug auf seine Verbauung insbesondere für Wohn- und Industriezwe- cke einerseits und für die Erhaltung von im Wesentlichen unbebauten Flächen andererseits („Landes- planung“– „Raumordnung“),… nach Art. 15 Abs. 1 B-VG.... in Gesetzgebung und Vollziehung“ (VfSlg 2674/1954) Landessache ist“ (Kanonier und Schindelegger, 2018c, S.63). Die Raumplanung kann als Querschnittsmaterie erachtet werden, da sie per Gesetz ein Bündel an Planungsbefugnissen mit Teil- kompetenzen der Fachplanungen auf der Bundesebene sowie eine generelle Raumordnungszustän- digkeit auf der Länderebene umfasst (Kanonier und Schindelegger, 2018c). Die Fachplanungen gehö- ren der sogenannten „funktionellen“ Raumplanung an und inkludieren Rechtsnormen, die Raumfak- toren wie Boden, Luft, Wasser sowie deren rechtliche Regelung und Nutzung betreffen (Kanonier und Schindelegger, 2018a). Diejenigen gesetzlichen Instrumente, Maßnahmen sowie Verfahren auf Län- derebene, welche explizit in den Raumordnungsgesetzen verankert sind und folglich die überörtliche und örtliche Raumordnung der Länder regeln, sind hingegen dem nominellen Raumordnungsrecht zu- gehörig (Kanonier und Schindelegger, 2018a). Die allgemeine Raumplanung obliegt folglich den Län- dern, dem Bund kommen lediglich Planungsbefugnisse, welche sich aus den Materiengesetzen (Art. 10 bis 12 B-VG) ergeben, zu. Daraus resultierend gibt es in Österreich kein Bundesraumordnungsgesetz, sondern neun divergierende landesgesetzliche Regelungen (Kanonier und Schindelegger, 2018c).

Die erläuterten Planungsebenen werden in der folgenden Grafik dargestellt:

Abbildung 1 Planungsebenen der funktionalen Raumordnung (Kanonier und Schindelegger, 2018c, S.64)

Darüber hinaus gilt es, zwischen Entwicklungsprogrammen und Konzepten zu unterscheiden. Während sich die Programme durch eine Rechtsverbindlichkeit auszeichnen, fungieren die Konzepte, wie bei- spielsweise das österreichische Raumentwicklungskonzept (ÖREK), als gemeinsames Leitbild für raum- relevante Planungen der Gebietskörperschaften Bund, Länder und Gemeinden (Kleewein, 2014).

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17 Die Bundesländer sind für weitere Fachplanungen, abseits denen des Bundes, sowie für die überörtli- che Raumplanung zuständig. Diese überörtliche Ebene wird teilweise noch in eine regionale Ebene untergliedert, in deren Rahmen Planungen für einzelne Landesteile elaboriert werden. Den Gemein- den sind alle Belange der örtlichen Raumplanung zugeteilt. Diese Planungsebenen stehen in einem hierarchischen Verhältnis zueinander. So sind die überörtlichen Raumpläne bindend für die Landesre- gierung selbst und wirken in Folge rechts- und bindungswirkend auf die örtlichen Raumplanungen der Gemeinden ein. Demzufolge sind die Gemeinden beispielsweise verpflichtet, Planungen des Bundes und der Länder im Flächenwidmungsplan ersichtlich zu machen, und sollten die örtlichen Entwick- lungskonzepte oder Flächenwidmungspläne den überörtlichen Raumordnungsprogrammen wider- sprechen, gelten diese als gesetzwidrig (Kanonier und Schindelegger, 2018c).

Hinsichtlich der Raumordnungsgesetze der Länder gilt es anzumerken, dass diese allgemeine Planungs- grundsätze und Planungsziele festlegen, welche meist durch ergänzende Planungsmaßnahmen auf der überörtlichen oder örtlichen Ebene präzisiert werden (Kanonier und Schindelegger, 2018a). Die Raum- planungsgrundsätze unterliegen keinerlei Abwägung und müssen bei Planungsentscheidungen stets inkludiert werden. Das raumplanerische Handeln basiert auf mehreren Grundsätzen, für die vorlie- gende Arbeit sind allerdings insbesondere die Aspekte „Siedlungsentwicklung und Siedlungsgrenzen an vorhandener Infrastruktur orientieren“, „Siedlungsentwicklung nach Innen“ sowie „nachhaltige und haushälterische Nutzung von Grund und Boden“ (Kanonier und Schindelegger, 2018a, S. 58) von Inte- resse. Die inhaltlich umfassenderen Ziele weisen meist inhärente Zielkonflikte, welche nicht alle zeit- gleich und bis zum selben Grad erfüllt werden können, auf. So liegt es an den Planungsträger*innen, unter der Berücksichtigung aller Zielsetzungen, die dringlichsten Prioritäten auszuweisen. Dies ge- schieht auf Basis der Grundlagenerhebung und unter der Beachtung der Interessenlage der involvier- ten Planungsträger*innen (Kanonier und Schindelegger, 2018a). Diese raumordnungsrechtlichen Ziel- kataloge akzentuieren die dringlichsten Anliegen der Raumordnung und stellen konkrete Bezüge zu Bestrebungen in den Domänen Wirtschaft, Land- und Forstwirtschaft, Kultur, Soziales etc. her. Hin- sichtlich der Siedlungsentwicklung, welcher im Rahmen dieser Arbeit eine zentrale Bedeutung zu- kommt, werden folgende Ziele hervorgehoben:

▪ Abstimmung der Siedlungsstruktur für gute Standortplanung (Vermeidung von Zersiedelung)

▪ ökologisch und wirtschaftlich tragfähige Siedlungsentwicklung nach innen

▪ sparsame Grundinanspruchnahme und energieeffiziente Bebauung

▪ Sicherung der Baulandverfügbarkeit und Bereitstellung des leistbaren Wohnens (Kanonier und Schindelegger, 2018a, S. 59).

Um ihren Planungsaufgaben nachzukommen, besitzen Bund, Länder sowie Gemeinden ein Repertoire an Planungsinstrumenten, wobei es hervorzuheben gilt, dass der Terminus „Planungsinstrument“

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18 weder klar definiert noch einheitlich verwendet wird. Primär werden darunter allerdings jene Maß- nahmen verstanden, welche für die Erreichung gesellschaftlicher Ziele mit Bezug zum Raum förderlich sind (Kanonier und Schindelegger, 2018a). Dabei kommt den formellen, hoheitlichen Instrumenten mit rechtsverbindlichen Inhalten eine sehr hohe Bedeutsamkeit zu, doch auch informelle Instrumente wie Konzepte, Strategien, Leitbilder, Beteiligungsverfahren oder Bürger*innenräte erfahren einen wesent- lichen Einflusszuwachs (Kanonier und Schindelegger, 2018d).

Das aktuelle informelle und konzeptive Planungsinstrument Vorarlbergs ist das „Raumbild Vorarlberg 2030“, welches einen strategischen Handlungsrahmen darstellt und vorgibt, wie die weitere Entwick- lung des Landes verlaufen soll. Durch das Raumbild soll sichergestellt werden, dass räumliche Entwick- lungen koordiniert und aufeinander abgestimmt ablaufen können (Raumbild Vorarlberg 2030, 2019).

Die verschiedenen Planungsebenen sowie deren zu erarbeitenden Planungen werden in der folgenden Grafik dargestellt:

Abbildung 2 Planungsinstrumente auf verschiedenen Planungsebenen (Kanonier und Schindelegger, 2018d, S.77)

Ein weiterer zentraler Akteur in der österreichischen Raumplanung ist die Österreichische Raumord- nungskonferenz (ÖROK), welche 1971 als permanentes Organ von Bund, Ländern und Gemeinden ins Leben gerufen wurde und seither als koordinatives Gremium zwischen den angeführten Gebietskör- perschaften fungiert. Zu deren primären Tätigkeitsfeldern gehören die Erarbeitung, Weiterführung und Konkretisierung des österreichischen Raumentwicklungskonzeptes (ÖREK), Koordination der raumrelevanten Planungen und Maßnahmen zwischen den Gebietskörperschaften sowie Beteiligun- gen an der Raumforschung. Aufgrund der fehlenden formalen nationalen Planungszuständigkeit in der

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19 allgemeinen Raumordnung beläuft sich die Rolle der ÖROK auf eine primär koordinative und sie fun- giert weiters als Kommunikationsplattform für die Akteure der Politik und Verwaltung (Kanonier und Schindelegger, 2018c).

2.1.2. Raumplanerische Instrumente auf der örtlichen Ebene

Die raumplanerischen Kompetenzen der Gemeinden belaufen sich lediglich auf Verwaltungskompe- tenzen, da sie keine Befugnis zur Gesetzgebung besitzen. Im Zuge des B-VG-Novelle von 1962 wurde festgelegt, dass die Gemeinden innerhalb ihres Wirkungsbereichs frei und eigenverantwortlich agieren dürfen. Außerdem ist ihnen die Zuständigkeit zur örtlichen Raumplanung per Verfassungsrecht zuge- sichert. Sie stehen allerdings unter der Aufsicht des Landes und müssen sich an die vom Bund vorge- gebenen Verordnungen halten. Hinsichtlich der Zuständigkeiten der Gemeinden gilt das Prinzip der abstrakten Einheitsgemeinde, welches besagt, dass alle Gemeinden (ungeachtet der Größe, Einwoh- ner*innenzahl, Ressourcenausstattung etc.) dieselben hoheitlichen Aufgaben zu erfüllen haben (Kano- nier und Schindelegger, 2018c, S.64). Gemeinden sind zudem selbstständige Wirtschaftskörper und besitzen demnach das Recht, Vermögen zu besitzen, zu erwerben und darüber zu verfügen. So steht es den Gemeinden zu, wirtschaftliche Unternehmungen zu betreiben und ihren Haushalt eigenständig zu führen (Kanonier und Schindelegger, 2018c). Für die örtliche Planung kommt der Gemeinde ein um- fassendes Planungsbefugnis zu, welches darauf abzielt, Festlegungen auf parzellenscharfer Ebene zu treffen. Dafür besitzt jede Gemeinde ein dreistufiges Instrumentarium, bestehend aus dem örtlichen Entwicklungskonzept, dem Flächenwidmungsplan sowie dem Bebauungsplan, welche wiederum einer hierarchischen Struktur unterworfen sind (Kanonier und Schindelegger, 2018d).

2.1.2.1. Örtliches Entwicklungskonzept

Das örtliche Entwicklungskonzept fungiert als längerfristiger Orientierungs- und Handlungsrahmen, welcher auf Basis von Bestandsaufnahmen und Problemanalysen konkrete Entwicklungsziele sowie die dafür notwendigen Maßnahmen festlegt. Rechtlich bindend wirkt es primär auf die Gemeinde selbst, hat allerdings für weitere Planungen Verordnungscharakter. So stellt das örtliche Entwicklungskonzept die Grundlage für die Erlassung weiterer Raumpläne dar und entfaltet erst durch die ihm nachgeord- neten Flächenwidmungs- sowie Bebauungspläne seine Rechtwirkung. Österreichweit haben die örtli- chen Entwicklungskonzepte nicht in allen Bundesländern Verordnungscharakter. In diesem Falle kommt ihnen keine unmittelbare Rechtswirkung, sondern lediglich eine behördeninterne Selbstbin- dung zu. Auch was die Verpflichtung zur Erstellung der Entwicklungskonzepte betrifft, divergieren die

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20 Regelungen in den einzelnen Bundesländern. So gibt es bundesweit keine generelle Verpflichtung und es wird in manchen Bundesländern als optionales Instrument geführt (Kanonier und Schindelegger, 2018d). Örtliche Entwicklungskonzepte umfassen zumeist einen Textteil sowie planerische Festlegun- gen, welche auf einen Planungszeitraum von rund 15 bis zu 25 Jahren ausgerichtet sind. Sie inkludieren sowohl grundsätzliche Ziele sowie Maßnahmen, welche für die zukünftige Gemeindeentwicklung we- sentlich sind, als auch einen Erläuterungsbericht. Hinsichtlich der Erstellung spezieller Pläne im Zusam- menhang mit örtlichen Entwicklungskonzepten (wie beispielsweise Verkehrskonzepte, Siedlungs- schwerpunkte etc.) sowie der Verpflichtung zur Abstimmung mit Nachbargemeinden, divergieren die Regelungen zwischen den Bundesländern (Kanonier und Schindelegger, 2018d). Auch bei den Inhalten der örtlichen Entwicklungskonzepte gibt es beachtliche Diskrepanzen, wobei der Gesetzgeber in eini- gen Fällen bestimmte Mindestinhalte festlegt. Wie stark die Inhalte einer Konkretisierung unterzogen werden und wie wirksam die örtlichen Entwicklungskonzepte tatsächlich sind, liegt schlussendlich maßgeblich am Problembewusstsein sowie am Steuerungswillen der Planungsträger*innen und hängt von deren elaborierten Zielen sowie Maßnahmen ab (Kanonier und Schindelegger, 2018d).

Im Zuge der neuen Vorarlberger Raumplanungsgesetzesnovelle, werden die Gemeinden dazu ver- pflichtet, spätestens bis zum 31. Dezember 2022 anstelle eines fakultativen räumlichen Entwicklungs- konzepts einen räumlichen Entwicklungsplan (REP) zu erlassen, welcher die Grundlage für die Flächen- widmungs- und Bebauungspläne darstellt (§ 11 Abs 1 VBRPG).

2.1.2.2. Flächenwidmungsplan

Die Raumordnungsgesetze, welche in den 1970er Jahren eingeführt wurden, legen den Flächenwid- mungsplan (FWP) als elementares Instrument der örtlichen Bodennutzungsplanung fest. Als traditio- nelles Instrument der hoheitlichen Raumplanung kommt dem FWP bundesweit eine besondere Be- deutung zu, da österreichweit alle Gemeinden einen solchen für einen mehrjährigen Zeitraum erlassen und im Zuge dessen Widmungs- und Nutzungsverteilungen konkret ausweisen. Diese Widmungsfest- legungen bringen weitreichende Rechtswirkungen innerhalb der kommunalen Planung mit sich und sollen sicherstellen, dass die vereinbarten Planungsgrundsätze- und Ziele tatsächlich realisiert werden (Kanonier und Schindelegger, 2018d). Verabschiedet und gegebenenfalls überarbeitet wird der FWP vom Gemeinderat beziehungsweise vom Gemeindevorstand. Elementar hierbei ist, dass die Wid- mungsverteilung stets in Form einer Verordnung erlassen wird und folglich als verbindlicher Rahmen für individuelle Bauvorhaben fungiert. Sowohl für Baubehörden als auch für Grundeigentümer*innen sind die jeweiligen Widmungsfestlegungen elementar für etwaige Bauvorhaben, da die baurechtlichen Bewilligungen nur dann erteilt werden können, wenn sie mit den Inhalten des FWP konform sind

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21 (Kanonier und Schindelegger, 2018d). Hinsichtlich des Inhalts konstituiert sich ein FWP durch einen Planteil sowie eine textliche Beschreibung. Zusätzlich zu den Widmungsarten müssen im FWP auch überörtliche Planungsmaßnahmen einsehbar sein. Zu diesen Kenntlich- und Ersichtlichmachungen ge- hören verpflichtende Bodennutzungen wie beispielsweise Flächen, die Nutzungsbeschränkungen un- terliegen, Gefahrenzonen, Hochwasserabflussgebiete etc. (Kanonier und Schindelegger, 2018d).

Aufgabe des FWP ist es, eine Untergliederung des Gemeindegebiets nach räumlich-funktionalen Erfor- dernissen vorzunehmen und diese mit verbindlichen Widmungs- und Nutzungsarten zu versehen. So soll eine geordnete Siedlungsstrukturierung sichergestellt werden. Seine Wirkung ist primär normativ und auf die Zukunft gerichtet, denn die erlassene Nutzungsordnung interveniert nicht in bestehende Rechte, sondern lässt eine Veränderung der bestehenden Nutzung im Rahmen der im Plan vorgesehe- nen Funktion zu (Kanonier und Schindelegger, 2018d). Dabei gilt es hervorzuheben, dass die Widmung nicht zwangsläufig die tatsächliche Realisierung impliziert, denn sie zeigt lediglich die zulässige Boden- nutzung für etwaige Bauvorhaben auf. Direkte Realisierungspflichten sowie den Zeitpunkt der wid- mungskonformen Nutzung legt der FWP nicht klar fest und es liegt maßgeblich an den Grundeigentü- mer*innen, die Widmungsvorhaben zu realisieren. Im Zuge rezenter Debatten über die gesteigerte Flächeninanspruchnahme und der Erkenntnis über die Notwendigkeit der Baulandmobilisierung, wur- den in den vergangenen Jahren forciert Bebauungsfristen und Baugebote eingeführt, da auf diesem Wege raschere widmungskonforme Nutzungen erzielt werden können. Zudem wurden nun Möglich- keiten für privatrechtliche Vereinbarungen zwischen Gemeinden und Grundeigentümer*innen, wie beispielsweise die Vertragsraumordnung, in die Gesetzestexte aufgenommen (Kanonier und Schin- delegger, 2018d).

Als Planungsgrundlage fungiert weiters die Katastralmappe, auf Basis derer der FWP zumeist im Maß- stab 1:5.000 erstellt wird. So ist es möglich, über parzellenscharfe Widmungsfestlegungen eine räum- liche Trennung der Daseins- und Nutzungsfunktionen zu vollziehen sowie Nutzungs- und Interessens- konflikte zu verringern. Hierfür werden seitens der Gemeinde die drei elementaren Widmungskatego- rien Bauland, Verkehrsflächen sowie Grünland herangezogen (Kanonier und Schindelegger, 2018d).

Bauland

Das ausgewiesene Bauland wird abhängig von den örtlichen Gegebenheiten sowie Erfordernissen in mehrere Bauland-Widmungsarten segmentiert, welche wesentliche Aussagen über die räumliche Ver- ortung sowie die zugelassenen Nutzungsformen präzisieren. Diese Untergliederung erfolgt unter Be- zugnahme auf funktionelle Kriterien, welche determinieren, welche Grundstücke für die Funktion des Wohnens (primär Bauland-Wohngebiet) oder Arbeitens (vordergründig Bauland-Betriebsgebiet)

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22 zulässig sind. Darüber hinaus sind auch Mischnutzungen möglich, wie es beispielsweise die Kategorie Bauland-Mischgebiet vorsieht, da dort mehrere Nutzungen sowie Bauführungen gestattet sind. Über die Funktionstrennung hinaus werden Faktoren der Umweltbeeinträchtigung herangezogen und eine Differenzierung vorgenommen, da unterschiedlichen Nutzungen divergierende Belastungen zuge- schrieben werden. Das Raumordnungsgesetz präzisiert die spezifischen Inhalte der Widmungsarten, denn es sind stets nur jene Bauprojekte zu bewilligen, die mit den im Gesetz festgeschriebenen Wid- mungskriterien konform gehen (Kanonier und Schindelegger, 2018d).

Die Widmung Bauland- Wohngebiet lässt prinzipiell Gebäude mit Wohnnutzungen zu, abhängig des Bedarfs und Umfeldes können allerdings auch weitere Nutzungen erlaubt sein. Zumeist werden in die- ser Kategorie keine Einschränkungen hinsichtlich der Wohnbauart ausgesprochen und prinzipiell kön- nen alle möglichen Wohngebäude sowie Wohnformen umgesetzt werden (Kanonier und Schindeleg- ger, 2018d). Sonstige Gebäude und Anlagen sind dann zulässig, wenn sie keinen wesentlichen negati- ven Einfluss auf das Wohnen sowie den Charakter des Wohngebiets mit sich bringen (§ 14 Abs 3 VBRPG).

Der Terminus Dorfgebiet umfasst jene Fläche, die für Gebäude der land- und forstwirtschaftlichen Be- triebe, für Wohngebäude, oder auch für Gebäude, die den Bedürfnissen der Bürger*innen dienlich sind, vorgesehen ist. Im Gegensatz zur Widmung Bauland-Wohngebiet sind hier auch Bauführungen im Kontext der Land- und Forstwirtschaft zulässig (Kanonier und Schindelegger, 2018d).

Eine weitaus höhere Nutzungsmischung lassen die Kern- und Mischgebiete zu. Unter den Kerngebieten werden Flächen mit überwiegend städtischer oder auch zentrumsbildender Struktur gefasst, welche primär für öffentliche Bauwerke, Büro- und Verwaltungsgebäude, Gebäude für Dienstleistungsbe- triebe, Veranstaltungsgebäude sowie Wohngebäude vorgesehen sind. In den Mischgebieten ist es zu- lässig, dass neben den Wohngebäuden auch Anlagen, die der Befriedigung der Bedürfnisse der ansäs- sigen Bevölkerung zuträglich sind, und kein zu hohes Maß an Belästigung oder Gefährdung mit sich bringen, errichtet werden (Kanonier und Schindelegger, 2018d). Zudem gibt das Vorarlberger Raum- planungsgesetz vor, dass anderweitige Gebäude und Anlagen nur dann gestattet sind, wenn der Cha- rakter des Kerngebiets durch deren Präsenz unangetastet bleibt (§ 14 Abs 2 VBRPG).

Auch Industrie- und Betriebsgebiete fallen laut Raumordnungsgesetz in die Kategorie des Baulandes, wobei die Vielfalt an Widmungskategorien mit unterschiedlichen zugelassenen Betriebsformen sowie mehreren Nutzungsarten zu einem hohen Komplexitätsgrad führt. Prinzipiell werden die Widmungs- kategorien allerdings im Hinblick auf die sich ergebenden nachteiligen Effekte auf die Umgebung (Ge- ruchs- und Lärmbelästigung, Luftverunreinigung, Erschütterung o.ä.) abgestuft. Abhängig von der Wid- mungsart werden die jeweiligen Effekte toleriert, oder eben auch unterbunden (Kanonier und Schin- delegger, 2018d). Diesbezüglich wird zwischen zwei Kategorien differenziert: in Betriebsgebiet

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23 Kategorie I sind Betriebsanlagen zulässig, die keinerlei wesentliche Störungen für die Umgebung her- vorrufen. So dürfen hier beispielsweise auch Wohnungen sowie Versorgungsangebote für die dort ar- beitende Bevölkerung etabliert werden. In die Kategorie II der Betriebsgebiete fallen jene Betriebs- anlagen, die aufgrund ihrer Auswirkungen in der erstgenannten Kategorie nicht errichtet werden dür- fen (§ 14 Abs 5, 6 VBRPG).

Weiters gibt es die Widmungskategorie Vorbehaltsfläche, welche auf Antrag der Gebietskörperschaf- ten und öffentlichen Institutionen ausgewiesen werden kann und es der Gemeinde gestattet, Flächen für den Gemeindebedarf zurückzulegen. Diese sollen beispielsweise in Zukunft für öffentliche Zwecke und Gemeindeeinrichtungen wie Schulen, Kinderbetreuungen oder Verwaltungsgebäude eingesetzt werden. Zumeist ist deren Einlösung zeitlich begrenzt und läuft nach einer Frist von rund fünf Jahren aus. Sollte die Fläche bis dann nicht genutzt werden, wird der Vorbehalt eliminiert (Kanonier und Schin- delegger, 2018d). Zusätzlich finden sich Sonderwidmungen in den FWP, welche spezifisch definierte Nutzungsvorgaben inkludieren und zumeist mit einer konkreten Planung einhergehen (Kanonier und Schindelegger, 2018).

Zudem können Bauerwartungsflächen als Folgewidmung oder im Zuge von Umwidmungen festgelegt, und in die Gebiete Kerngebiete, Wohngebiete, Mischgebiete sowie Betriebsgebiete unterteilt werden (§ 17 Abs 1, 2 VBRPG).

Grundsätzlich sind die angesprochenen Baulandkategorien wie Wohngebiete, Kerngebiete, Gewerbe- gebiete, Industriegebiete sowie Dorfgebiete in allen Raumordnungsgesetzen der einzelnen Länder vor- gesehen. Was ihre Terminologien sowie detailscharfe inhaltliche Abgrenzungen anbelangt, sind aller- dings erhebliche Divergenzen feststellbar (Kanonier und Schindelegger, 2018d). Der Flächenwid- mungsplan Vorarlbergs lässt die Widmungen Baufläche, Bauerwartungsfläche, Freifläche sowie Ver- kehrsfläche zu, wobei im Rahmen der Baufläche besondere Flächen für Einkaufszentren, sonstige Han- delsbetriebe, Ferienwohnungen sowie für publikumsintensive Veranstaltungsstätten ausgewiesen werden können. Ansonsten werden die Bauflächen in Vorarlberg je nach Erfordernis und Zweckmäßig- keit in Kerngebiete, Wohngebiete, Mischgebiete sowie Betriebsgebiete untergliedert. Zudem besteht die Möglichkeit, in Bauflächen, Bauerwartungsflächen oder Freiflächen Vorbehaltsflächen zu sichern.

Andere Widmungen sind per Gesetz unzulässig (§ 12 Abs 2 VBRPG).

Die Widmung einer Fläche als Baufläche ist ausgeschlossen, wenn:

▪ diese aufgrund der natürlichen Gegebenheiten (Grundwasserstand, Bodenbeschaffenheit, La- winengefahr etc.) nicht für eine zweckmäßige Bebauung angezeigt ist, es sei denn, die Maß- nahmen zur Abwendung der genannten Gefahren sind technisch möglich und befinden sich in einem wirtschaftlich vertretbaren Rahmen

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▪ wenn die Erschließung unwirtschaftlicher Aufwendungen, insbesondere hinsichtlich der Was- ser- und Energieversorgung, Abwasserbeseitigung sowie Verkehrsanbindungen, bedarf

▪ wenn durch eine Bebauung besondere wirtschaftliche Schwierigkeiten oder Belästigungen sei- tens der Einwohner*innen hervorgerufen werden könnten

▪ wenn die Freihaltung der Flächen zum Schutz des Orts- und Landschaftsbildes unerlässlich ist (§ 13 Abs 2 lit a-d VBRPG).

Verkehrsflächen

Als Verkehrsflächen gewidmete Zonen dienen, wie die Terminologie bereits impliziert, dem fließenden und ruhenden Verkehr sowie den hierfür notwendigen Anlagen. Diese müssen im FWP oftmals nicht ausgewiesen werden, sondern fallen unter die obligatorischen Kenntlich- und Ersichtlichmachungen (Kanonier und Schindelegger, 2018d).

Grünland, Freiflächen

Derartige Widmungen basieren zumeist auf einer Negativdefinition und bezeichnen all jene Flächen, welche nicht als Verkehrsflächen, Bauland oder Vorbehaltsflächen ausgewiesen sind. Bauführungen sind hier tiefgreifenden Beschränkungen unterworfen, denn Bauwerke sind baurechtlich nur dann auf Grünland oder Freiflächen bewilligbar, wenn sie widmungskonform sowie für die Grünlandnutzung notwendig sind. Dies setzt eine Erforderlichkeitsprüfung mit rigorosen Kriterien voraus. Diese Rege- lung divergiert stark von jener der Widmungskategorie Bauland, da hier lediglich die Widmungskon- formität, nicht allerdings die Erforderlichkeit beurteilt wird (Kanonier und Schindelegger, 2018d). Per Vorarlberger Raumplanungsgesetz müssen diese Flächen nach Erfordernis und Zweckmäßigkeit als Landwirtschaftsgebiet, Sondergebiet oder Freihaltegebiet gewidmet werden (§ 18 Abs 2 VBRPG).

Aus den vielfältigen Funktionen des Grünlandes sowie der hohen Standort- und Nutzungsgebunden- heit resultierend, sieht der Gesetzgeber eine Vielzahl an Möglichkeiten zur Sondernutzung in ebendie- sem vor.

Hinsichtlich der Bebauung gilt es anzumerken, dass es prinzipiell Grünlandflächen gibt, die keinerlei Bebauung zulassen. Unter der Berücksichtigung gewisser Auflagen (beispielsweise, dass der überwie- gende Anteil des Grünlandes unbebaut bleibt) kann eine Bebauung allerdings durchaus gesetzeskon- form sein (Kanonier und Schindelegger, 2018d).

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25 Für eine Komplexitätsreduktion der Debatten über die große Flächeninanspruchnahme führt Weber (2009) das Modell der sogenannten „Baulandtreppe“ an, welches die unterschiedlichen „Reifestadien“

des Baulandes verdeutlichen soll.

Als erste Treppenstufe fungiert das Grünland, darauf folgt das Bauerwartungsland auf der zweiten, das gewidmete Bauland auf der dritten und auf der vierten Stufe wird das unbebaute, aber erschlossene Bauland dargestellt. Auf der fünften Stufe befindet sich dann das bebaute Bauland, mit welchem das Stadium des (teilweise) versiegelten Bodens beginnt, bevor das Modell mit der sechsten Stufe endet, welche das brachgefallene bebaute Bauland symbolisiert. Die Baulandtreppe soll aufzeigen, dass es pro Stufe divergierende dringliche Bodenschutzprobleme gibt, sowie dass es für die Problematik keine Universallösung gibt, da der hohe Komplexitätsgrad eine Vielzahl an spezifischen Interventionen erfor- derlich macht. So bedarf es spezifischer Strategien für die einzelnen Stufen sowie die Vernetzung zu einer Gesamtstrategie, um die unverbauten Böden zu schützen sowie für eine bestmögliche Ausnut- zung der bebauten Flächen zu sorgen (Weber, 2009).

Abbildung 3 Baulandtreppe (Weber, 2009, S.127)

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2.1.2.3. Bebauungsplan

In der Hierarchie der hoheitlichen örtlichen Raumplanungsinstrumente gliedert sich der Bebauungs- plan unter dem örtlichen Entwicklungskonzept und dem Flächenwidmungsplan ein und darf diesen folglich nicht widersprechen. Bekanntlich nimmt der Grad der Detailierung nach unten hin zu, weshalb der Bebauungsplan die explizitesten Regelungen einschließt (Kanonier und Schindelegger, 2018d). Im Zuge der Konkretisierung des FWPs werden dem Bebauungsplan nämlich jene Aufgaben, welche die Steuerung der räumlichen Gestaltung (Situierung des Bauvorhabens, Berücksichtigung quantitativer Parameter und Kriterien der Gestaltung) betreffen, sowie die Regelung der Erschließung zuteil (Kano- nier und Schindelegger, 2018d).

Wie auch der FWP zeichnet sich der Bebauungsplan durch seinen Verordnungscharakter aus, was im- pliziert, dass baurechtliche Bewilligungen eine Konformität mit dem Bebauungsplan voraussetzen.

Auch hier sind die elementaren Konstituenten der Planteil sowie der Textteil, im Rahmen welcher ri- gorose Bebauungsvorschriften definiert werden (Kanonier und Schindelegger, 2018d). Erneut diver- gieren die gesetzlichen Regelungen hinsichtlich verpflichtender sowie optionaler Inhalte stark zwi- schen den einzelnen Bundesländern. Zu den obligatorischen Gegenständen können allerdings zumeist Geltungsbereiche (Abgrenzung des Gebietes), Fluchtlinien, Gebäudehöhen, Bauklassen, Bauweisen (inklusive Maß der baulichen Nutzung), Verkehrsflächen (Verlauf und Breite) sowie Kenntlichmachun- gen (welche sich aus dem FWP ergeben) gezählt werden. Die planliche Darstellung wird weiters über die Planzeichenverordnung normiert (Kanonier und Schindelegger, 2018d).

Gleich wie bei den FWP gibt es, was den Bebauungsplan betrifft, erhebliche Unterschiede zwischen den einzelnen Bundesländern, da diese nur in manchen Ländern verpflichtet erstellt werden müssen.

Da aber auch die überörtlichen Raumpläne meist keine Festlegungsgebote- oder Verbote inkludieren, divergieren die Bestimmungen der Bebauungspläne der Länder stark (Kanonier und Schindelegger, 2018d).

Die vorherigen Erläuterungen des Aufbaus sowie der Instrumente der Raumplanung in Österreich zei- gen klar auf, dass sich die handelnden Akteure stets um die Erfüllung konkreter raumplanerischer Ziele bemühen, welche sich hinsichtlich der angezeigten Instrumente sowie der Zuständigkeit der jeweiligen Ebenen unterscheiden. Diese Ziele stellen den Istzustand dem gesellschaftlich gewünschten Sollzu- stand gegenüber. Für die Raumplanung sind sie deshalb so essenziell, da sie Aussagen darüber treffen, wie Handlungen ausgerichtet sein müssen, um sich diesem Idealzustand bestmöglich anzunähern. Im Zuge dessen werden Perspektiven aufgezeigt und raumrelevante Entscheidungen getroffen. Durch die- sen starken Fokus auf zu erreichende Ziele ist die Raumplanung ein sehr zukunftsorientiertes Geschäft, wobei sich die gesteckten Ziele einer vollständig objektiven Legitimierung entziehen. Sie werden von

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27 den Landesregierungen vorgegeben und charakterisieren sich durch ihre Austauschbarkeit, denn es wird stets eine Vielzahl an Interessen gegeneinander abgewogen, wobei meist öffentliche Interessen stärker gewichtet werden als Individualinteressen (ÖROK, 2018). Dabei gilt es zu beachten, dass öster- reichweit mehrere Ziele koexistieren. Das Forschungsinteresse der folgenden Arbeit liegt allerdings auf dem Ziel der qualitätsvollen Siedlungsinnenentwicklung, welches im Folgenden in den Fokus gerückt wird.

Das Vorarlberger Raumplanungsgesetz sieht insgesamt 15 Ziele vor, wobei sich insbesondere die Ziele

„die Siedlungsentwicklung hat nach innen zu erfolgen; die äußeren Siedlungsränder sollen nicht weiter ausgedehnt werden“ sowie „die Ortskerne sind zu erhalten und in ihrer Funktion zu stärken“ auf die Innenentwicklung von Siedlungen beziehen. Auch weitere Ziele wie etwa „Mit Grund und Boden ist haushälterisch umzugehen, insbesondere sind Bauflächen bodensparend zu nutzen“, „die verschiede- nen Möglichkeiten der Raumnutzung sind möglichst lange offen zu halten“ sowie „die natürlichen und naturnahen Landschaftsteile, die Freiräume für die Landwirtschaft und die Naherholung sowie die Trinkwasserreserven sollen erhalten bleiben“ (§ 2 Abs 2 lit a-f VBRPG) stehen in einem engen Zusam- menhang mit dem primären Forschungsgegenstand dieser Arbeit.

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2.2. Qualitätsvolle Innenentwicklung: Begriffserklärung und Relevanz

Die qualitätsvolle Innenentwicklung fungiert österreichweit als elementares Leitbild der zukunftsfähi- gen räumlichen Entwicklung von Siedlungen, da die hohen Pro-Kopf-Flächeninanspruchnahmen sowie das gegenwärtige Bevölkerungswachstum eine Erhöhung der Nutzungsintensität und eine Steigerung der Raumqualität erforderlich machen. Vor diesem Hintergrund kommt insbesondere der Maxime „In- nenentwicklung vor Außenentwicklung“, welche es gilt, mittels raumplanerischer Instrumente zu rea- lisieren, eine maßgebliche Bedeutung zu (Grams und Nebel, 2013).

In Wissenschaft und Praxis herrscht Konsens darüber, dass sich durch die primäre Nutzung des bereits überbauten Siedlungsgebiets zahlreiche ökologische, ökonomische sowie sozio-kulturelle Vorteile, wie beispielsweise die Folgenden, ergeben:

▪ Bodenschutz, da keine weiteren Flächen in Anspruch genommen werden

▪ Klimaschutz durch eine Verringerung des Primärenergieeinsatzes

▪ Reduktion der Bau- und Erhaltungskosten

▪ Gesteigerte Zugänglichkeit zu vorhandener sozialer und technischer Infrastruktur

▪ Identität und Urbanität

▪ Teilhabe aller sozialen Gruppen durch kompakte, gemischt genutzte Kerne (Reiß-Schmidt, 2018, S.998).

Um dies zu erreichen, bedarf es konkreter Strategien der räumlichen Planung. So wird es angestrebt, Erweiterungen von Siedlungskörpern durch erstmalige Inanspruchnahmen (von oftmals landwirt- schaftlich genutzten Flächen) an den Siedlungsrändern zu vermeiden und stattdessen forciert Entwick- lungen innerhalb der bereits erschlossenen und überwiegend zusammenhängend bebauten Siedlungs- bereiche zu initiieren (Reiß-Schmidt, 2018).

Die formelle Raumplanung legt in diesem Zusammenhang ein Hauptaugenmerk auf die Erzeugung von Dichte. Um die Qualität des Wohnumfeldes zu steigern, kann zwischen vielfältigen Formen von Dichte unterschieden werden:

▪ Siedlungsdichte (Siedlungsfläche pro Einwohner, inkl. Gewerbe, Verkehrsflächen etc.)

▪ Bauliche Dichte (Ausnutzungsziffer je nach Gebäudetyp und jeweiliger Umgebungsqualität)

▪ Belegungsdichte (Haushaltsgröße und Wohnfläche (m²/Kopf))

▪ Interaktionsdichte (Gegenseitige Einwirkungen der Bewohner, anonym oder nicht anonym)

▪ Funktionale Dichte (Vielfalt der Funktionen in einem Gebäude/Quartier) (Amt der Vorarlberger Landesregierung, 2018, S.12).

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29 Diese Auflistung verdeutlicht, dass die im Zuge der Diskussion über die Steigerung von Dichte oftmals genannten Maßnahmen, welche lediglich auf die bestmögliche Ausnutzung von Flächen abzielen, zu kurz greifen. Um die Qualität der Siedlungsstruktur in ihrer Gesamtheit zu halten und zu steigern, muss ein ganzes Bündel an Nutzungen im Umfeld, welche die reine Wohnfunktion übersteigen, berücksich- tigt werden (Amt der Vorarlberger Landesregierung, 2018).

Um seitens der formellen Raumplanung eine gesteigerte Siedlungsdichte, welche sich durch Qualität und Struktur auszeichnet, zu realisieren, und gleichzeitig zufällige quantitative Verdichtungen zu ver- meiden (Abbildung 4), werden auf der kommunalen Ebene differenzierte Instrumente für die Nut- zungsplanung herangezogen, welche im Kapitel 2.3.3. genauer elaboriert werden.

Abbildung 4 Qualitative und quantitative Verdichtung (Amt der Vorarlberger Landesregierung, 2018, S.12)

Eine Steuerung der Dichte hinsichtlich der Flächeninanspruchnahme führt allerdings nicht zwingend zu einer Steigerung der Einwohner*innendichte. Diesbezüglich kommt der Erhöhung der Anzahl an Wohneinheiten pro in Anspruch genommene Fläche, durch die bauliche Verdichtung, eine entschei- dende Rolle zu. So kann je nach Bebauung die Belegungsdichte erheblich gesteigert werden (Grams und Nebel, 2013).

Prinzipiell kann zwischen der Nachverdichtung innerhalb bereits überbauter Räume sowie verdichte- tem Bauen auf zusammenhängenden, bisher unbebauten Flächen unterschieden werden. Ein großes Entwicklungspotenzial bieten zudem die Nutzung leerstehender oder minder genutzter Objekte sowie die Revitalisierung brachgefallener Flächen (Amt der Vorarlberger Landesregierung, 2018).

Abgesehen von den erläuterten Aspekten des sparsamen Flächenverbrauchs, des Umweltschutzes, der Kostenreduktion sowie der intergenerationellen Gerechtigkeit, sind die Maßnahmen zur Erreichung der aufgezeigten Arten von Dichte auch für die Entwicklung der Siedlungszentren äußerst förderlich.

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30 Denn in den Stadt- und Ortszentren finden sich zumeist die entscheidendsten Funktionen des gesell- schaftlichen Zusammenlebens, was durch ein Angebot an Dienstleistungen, kulturellen Einrichtungen, Einzelhandel, Gastronomie etc. augenscheinlich wird (ÖROK, 2019).

Dieses Angebot wird insbesondere durch die Dichte ermöglicht, denn zahlreiche Einrichtungen und Infrastrukturen sind erst dann rentabel, wenn eine gewisse Nachfrager*innenanzahl, bedingt durch verdichtete Strukturen, gegeben ist (Vision Rheintal, 2014).

Wird diese Dichte gesteigert, können zudem weitere Funktionen wie Büros, Arztpraxen, Geschäfte, öffentliche Sozialräume wie Tagesbetreuungsstätten, Cafés etc., welche die genannten Grunddaseins- versorgungen übersteigen, etabliert werden. Dies führt durch die damit einhergehende Steigerung der Interaktionsdichte sowie der funktionalen Dichte zu einer Attraktivitätssteigerung des Wohnumfelds (Lindenthal und Mraz, 2017).

Im weiteren Verlauf der Arbeit werden die Problematiken, Ziele sowie Maßnahmen, welche auf eine qualitätsvolle Innenentwicklung abzielen, in eine quantitative und eine qualitative Ebene unterglie- dert. Die quantitative Ebene umfasst dabei Aspekte der Flächeninanspruchnahme und Flächennutzung und kann primär mit den Parametern Siedlungsdichte, bauliche Dichte sowie Belegungsdichte in Ver- bindung gebracht werden. Bei der qualitativen Ebene spielen Faktoren der Lebensqualität und der Inf- rastrukturzugänglichkeit eine entscheidende Rolle, wobei ein Fokus auf die Etablierung der Interakti- onsdichte sowie der funktionalen Dichte gelegt wird.

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2.3. Innenentwicklung auf der quantitativen Ebene

Die nachfolgenden Kapitel gehen vertieft auf die aktuellen Problemfelder der Flächeninanspruch- nahme, auf zukunftsgerichtete Grundsätze sowie auf raumplanerische Maßnahmen, welche auf der örtlichen Ebene gesetzt werden können, um für eine nachhaltigere Siedlungsinnenentwicklung zu sor- gen, ein.

2.3.1. Aktuelle Problemfelder der Flächeninanspruchnahme

Das Bestehen zahlreicher Problemfelder der aktuell großen Flächeninanspruchnahme wurde bereits in der thematischen Einführung überblicksmäßig aufgezeigt. In Folge werden nun die Problematiken ein- zeln aufgegriffen und tiefgreifender behandelt.

2.3.1.1. Extensiver Flächenverbrauch

Österreich charakterisiert sich aktuell durch einen dynamischen Prozess der Haushaltsentwicklung. So wurden im Jahr 1985 noch 2.801.000 Privathaushalte verzeichnet, 2020 belief sich dieser Wert auf 3.988.000, was ein Anstieg von 42,4% bedeutet. Im selben Zeitraum nahm die Bevölkerung jedoch nur um 17,2% zu. Demnach kann der hohe Anstieg an Haushalten nur bedingt auf das Bevölkerungswachs- tum zurückgeführt werden (Statistik Austria, 2021a).

In Grafik 5 wird der Flächenbedarf der unterschiedlichen Siedlungstypen aufgezeigt. Dabei nimmt das freistehende Einfamilienhaus eine bedeutsame Rolle ein, denn diese Bauweise beansprucht üblicher- weise eine Parzellengröße von rund 1.000 m² und zählt folglich eine Wohnungsdichte von zehn Wohn- einheiten pro Hektar. Sparsame Einfamilienhäuser sowie Doppelhäuser verbuchen durchschnittlich eine Parzellengröße von rund 750 m² und erreichen eine Wohnungsdichte von 13 WE/ha. Beim Bau eines Einfamilien-Reihenhauses wird die Parzellengröße auf ca. 500 m² reduziert, also auf rund die Hälfte jener Fläche, die für ein freistehendes Einfamilienhaus beansprucht wird. Außerdem resultiert eine Wohnungsdichte von 20 WE/ha. Das mehrgeschossige Einfamilienhaus nimmt 300 m² pro Wohn- einheit in Anspruch und bilanziert eine Wohnungsdichte von 33 WE/ha. Der geringste Flächenbedarf geht mit dem Bau eines dichten mehrgeschossigen Mehrfamilienhauses einher, da hier lediglich ein Flächenverbrauch von 100 m² pro Wohneinheit resultiert und eine Wohnungsdichte von 100 WE/ha, in städtischen Bereichen sogar noch höher, erreicht werden kann. Dies entspricht pro Wohneinheit

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32 rund 10% der Fläche, welche für ein Einfamilienhaus in Anspruch genommen werden muss (Dallham- mer, 2016, S.20-21).

Abbildung 5 Flächenbedarf unterschiedlicher Siedlungstypen (Dallhammer, 2016, S.21)

Abbildung 6 stellt den Zuwachs der Wohngebäude von 2001 bis 2011, welcher sich auf rund 12% be- läuft, dar und untermauert, dass große Differenzen zwischen den Wohngebäudearten bestehen. Es wird aufgezeigt, dass in diesem Zeitrahmen der Zuwachs an Gebäuden mit drei oder mehr Wohnungen (ca. 21%) deutlich stärker war als jener der Wohngebäude mit einer oder zwei Wohnungen (ca. 11%).

Zudem wird ersichtlich, dass sich die Entwicklungen zwischen den Bundesländern unterscheiden. So gab es in Tirol und Vorarlberg jeweils einen Zuwachs an Wohngebäuden von rund 15%, in Wien hinge- gen konnte der geringste Zuwachs verzeichnet werden (Statistik Austria, 2015).

Abbildung 6 Veränderung Zahl der Wohngebäude (2001-2011) (Statistik Austria, 2015, S.25)

Obwohl der Zuwachs bei den Wohngebäuden mit drei oder mehr Wohnungen in den letzten Jahr- zehnten sehr groß war, ist wie Abbildung 7 vom Jahr 2018 zeigt, der Großteil der fertiggestellten

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