• Keine Ergebnisse gefunden

Warum ich Mitglied beim Flüchtlingsrat NRW

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Warum ich Mitglied beim Flüchtlingsrat NRW"

Copied!
2
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

Warum ich Mitglied beim Flüchtlingsrat NRW

In 2003 erhielte eine kurdische Familie (Vater, Mutter, ein volljähriger und ein minderjähriger Sohn) aus Schwalmtal einen ablehnenden Asylbescheid. Die beiden Töchter, die vorher eingereist waren, waren jedoch als Flüchtlinge anerkannt worden.

Die Abschiebung stand an und es war mit dem Gewissen nicht zu verantworten, diese Familie in die Türkei zurückzuschicken. Aus meinem Urlaub in Südfrankreich habe ich die Schwestern von Bethanien zu überzeugt, die Familie ins Kirchenasyl aufzunehmen. Mit Hilfe eines Rechtsanwalts und eines Arztes als Gutachter gelang es im Kirchenasyl, für die Mutter ein Bleiberecht durchzusetzen. Der Vater und seine beiden Söhne wurden zur Prüfung der Abschiebehaft zu Gericht geladen, dem sie verständlicherweise nicht folgten. Insofern ahnten wir schon, wann die Polizei und die Ausländerbehörde, versuchen würden, das Kirchenasyl zu brechen. Die Flüchtlinge, die Schwestern des Ordens und die Flüchtlinge hielten sich in der Kapelle in der Klausur auf. Mit einem enormen Polizeiaufgebot drang die Polizei nachts in das Gelände und in die Klausur ein, sie fand schließlich die Kapelle, trug die Nonnen, die Unterstützer und die Flüchtlinge trotz der schreienden Frauen der Familie, die alle drei notärztlich versorgt werden mussten, aus der Kapelle heraus. Der Vorgang wurde von einem WDR- Team, das sich in der Kapelle über Nacht aufgehalten hatte, gefilmt. Die Mutter wurde mit dem Notarztwagen in die Psychiatrie gebracht, wo sie etliche Wochen verbringen musste.

Die drei Männer kamen in den Abschiebeknast. Das Verwaltungsgericht räumte natürlich dem Vater und dem minderjährigen Sohn, letzterem zumindest bis zur Volljährigkeit ein Bleiberecht ein, dem älteren Bruder einige Monate Bleiberecht, damit die Mutter wieder gesundwerden konnte.

In dieser schwierigen Situation sind wir, die Priorin des Klosters und ich enorm vom Flüchtlingsrat unterstützt worden. Das war für uns umso wichtiger als es vor Ort heftigen Gegenwind gab. Nach kurzer Zeit waren die Söhne wieder in Deutschland. Der ältere heiratete seine deutsche Freundin, der jüngere tauchte unter, bis er nach etwa zwei Jahren die für ihn richtige Frau gefunden hatte. Glücklicherweise hatte sie ein Aufenthaltsrecht in Deutschland.

Beide sind glücklich in Deutschland verheiratet und haben jeweils zwei Kinder und die Familie lebt nun glücklich und integriert seit mehr als 13 Jahren in Deutschland.

Ich stellte anhand dieses Falles fest, wie wichtig die Arbeit des Flüchtlingsrates war. In der Mitgliederversammlung im Januar 2004 wurde ich in den Vorstand gewählt und mir wurde, da ich als pensionierter Bankdirektor ein wenig Ahnung von Finanzen hatte, das Finanzressort angetragen. Das war damals keine dankbare Aufgabe, denn Landesmittel gab es bald nicht mehr. Es war außerordentlich schmerzlich, dass wir vor dem Hintergrund fehlender Finanzen die Arbeit enorm zurückfahren mussten, was auch gegenüber dem engagierten Mitarbeiter(innen) sehr zu bedauern war. Wir hofften immer wieder auf bessere Zeiten. Uns war es wichtig, ein Mindestmaß an Beratung und politischer Lobbyarbeit zu tun, worauf unsere Nachfolger(innen) dann einmal aufbauen könnten. 2010 beendete ich meine Tätigkeit im Vorstand, nicht, weil ich das nicht mehr für wichtig hielt, sondern weil ich dermaßen engagiert war, dass ich tatsächlich irgendwo Abstriche machen musste.

(2)

Die Flüchtlingsarbeit hat mich nicht mehr losgelassen. In der ev. Kirche im Rheinland bin ich einer der Fachleute für Flüchtlingsarbeit und gehöre deshalb dem Arbeitskreis EU- Außengrenzen und dem Ständigen Ausschuss für Öffentliche Verantwortung an. Als Referent zu Flüchtlingsfragen bin ich über das Rheinland hinaus bekannt; dazu gehört auch die Qualifizierung von Ehrenamtlichen. Ich bin Sprecher des Ökumenischen Asylkreises in meinem Heimatort Schwalmtal und Vorstandsmitglied des Flüchtlingsrates im Kreis Heinsberg sowie Ansprechpartner meiner Landeskirche in Bezug auf Kirchenasyl für das Bundesamt für Flüchtlinge in Nordrhein-Westfalen.

Der größte Teil meiner Arbeit besteht jedoch darin, Advocacy und Öffentlichkeitsarbeit für die aus der vor allem aus der Subsahara kommenden und an der Festung Europa in Marokko gestrandeten Flüchtlinge zu betreiben. Dort sterben jedes Jahr mehr Flüchtlinge als an der deutsch- deutschen Grenze während ihrer ganzen Existenz. Dazu gehörte auch die gemeinsame Flüchtlingsarbeit für Sans Papiers des Kirchenkreises Jülich und der Eglise Evangélique au Maroc in Marokko, wo wir viele gemeinsame Projekte für die, die völlig an den Rand gedrängt werden, versuchen, zu verwirklichen.

Hans-Joachim Schwabe

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

und sozialer Ungleichheit im biografischen Interview……….147 Wilfried Datler / Kathrin Trunkenpolz. Zwischen Teilhabe

Menschen unterhalten Bezie- hungen zueinander, lehnen sich aneinander an, grenzen sich voneinander ab, ahmen sich gegenseitig nach oder passen sich an.. Die Identität des

Auch die Landesarbeitsgemeinschaft Bayern hat eine Arbeitsgruppe zum Thema „Klimawandel und Nutzung von regenerativen Energien als Herausforderungen für die Raumordnung“ unter

Auch die Landesarbeitsgemeinschaft Bayern hat sich zu ihrer ersten Mitgliederversammlung 2011 im Baumeisterhaus in Nürnberg getroffen, um mit Akteuren der Europäischen

Dass dabei die Beteiligung der betroffenen Bürgerinnen und Bürger ernst genommen werden muss, ist – nicht zuletzt angesichts der derzeit in Stuttgart gemachten Erfahrungen –

Gemeinsame Verwaltungsvorschrift des Sächsischen Staatsministeriums des Innern, des Sächsischen Staatsministeriums für Energie, Klimaschutz, Umwelt und Landwirtschaft, des

Gestaltet bitte pro Kirchenkreis ein gemeinsames Feld auf einer Pinnwand der Arbeitsfelder AmK und Jugendarbeit?. - Größe maximal 2 X A3 = A2 - werdet

Clemens Bethge, Konsistorium, Referat 2.2 Kirchliches Leben im Anschluss Gespräch der Konferenz mit Herrn Bethge: Die Entwicklung und Weiterentwicklung im Arbeitsbereich Arbeit