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Gericht. Entscheidungsdatum. Geschäftszahl. Spruch. Text BVwG I I /8E IM NAMEN DER REPUBLIK!

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Gericht BVwG

Entscheidungsdatum 14.10.2015

Geschäftszahl I403 2109409-1

Spruch

I403 2109409-1/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin MMag. Birgit ERTL als Vorsitzende, den Richter Mag.

Gerhard KNITEL sowie den fachkundigen Laienrichter Regierungsrat Johann PHILIPP als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX, geboren am XXXX, vertreten durch Mag. Otto GSCHWENTNER, Arbeiterkammer Tirol, gegen die Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass mit Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Tirol, vom 11.05.2015 nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 14.10.2015 zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben. Die Voraussetzungen für die Vornahme der Zusatzeintragung

"Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass liegen vor.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

1. Frau XXXX (im Folgenden: Beschwerdeführerin) beantragte am 7. Dezember 2009 eine Feststellung der Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten und wurde am 28. Jänner 2010 durch einen Facharzt für Unfallchirurgie und Arzt für Allgemeinmedizin begutachtet, welcher in seinem Sachverständigengutachten vom 04.02.2010, durchgeführt nach der Richtsatzverordnung, zu folgenden Ergebnis kam:

Lfd.

Nr.

Bezeichnung der tatsächlich bestehenden funktionellen Einschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden

Pos. Nr.

der RS GdB

1

Funktionelle Einschränkung: Wirbelsäulenleiden, Z.n. Skolioseoperation TH2-LH2 Begründung der Einzeleinschätzung: Versteifung der Wirbelsäule von Beginn der Brustwirbelsäule bis Lendenwirbelsäule mit ausgeprägter Bewegungseinschränkung (TH2-L2)

191 60vH

2 Funktionelle Einschränkung: Adrenogenitales Syndrom (AGS) Begründung der Einzeleinschätzung: Ersatzhormontherapie und Ganzkörperbehaarung

Analog

382 10vH

(2)

Gesamtgrad

der Behinderung: 60 v. H.

Die funktionelle Einschränkung 1 würde durch 2 nicht weiter negativ beeinflusst werden. Der Gesamtgrad der Behinderung liege seit 1989 vor.

2. Mit Bescheid des Bundessozialamtes, Landesstelle Tirol vom 22. Februar 2010 wurde festgestellt, dass die Beschwerdeführerin seit dem 7. Dezember 2009 zum Kreis der begünstigen Behinderten gehöre und dass der Grad ihrer Behinderung 60 von Hundert betrage.

3. Die Beschwerdeführerin beantragte am 11. März 2010 die Ausstellung eines Behindertenpasses, welchen sie am 7. April 2010 erhielt.

4. Am 23. Mai 2014 beantragte die Beschwerdeführerin beim Sozialministeriumservice, Landesstelle Tirol die Neufestsetzung des Grades ihrer Behinderung im Behindertenpass. Sie beantragte auch die Zusatzeintragung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel.

4.1. Dem Antrag beigelegt war ein Schreiben der XXXX, Universitätsklinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde vom XXXX an die XXXX Patientenvertretung, in welchem geschildert wurde, dass am 26. Mai 2010 wegen der Diagnose einer Otosklerose links eine Stapesoperation (Steigbügeloperation) vorgenommen worden sei. Zwei Wochen nach Entlassung aus dem Krankenhaus sei es zu einer Verschlechterung des Gehörs und des Gleichgewichtsorgans gekommen, was man durch eine Therapie behandelt habe. Leichte Schwindelbeschwerden seien zurückgeblieben, die während der Schwangerschaft der Beschwerdeführerin dann zu einer mehrstündigen Attacke geführt haben würden. Dieser Verlauf sei aber nicht typisch für Schwindelbeschwerden nach einer Stapesplastik.

4.2. Folgende ärztliche Befunde wurden weiters vorgelegt:

- Abschlussbefund der XXXX, Universitätsklinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde vom XXXX, mit dem eine akute vestibuläre Störung links diagnostiziert wurde

- Ambulanzkarte der XXXX, Universitätsklinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde, welche Besuche der Beschwerdeführerin am XXXX vermerkten, wobei bei den Terminen im Jahr 2012 und 2013 von der Beschwerdeführerin eine akute Schwindelsymptomatik vorgebracht worden war.

5. Am 10. Juli 2014 wurde die Beschwerdeführerin von einem Facharzt für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde, Dr. XXXX., begutachtet. Die Beschwerdeführerin erklärte, links ein Hörgerät tragen zu müssen (Hörverlust links 84%) und seit der Operation am linken Ohr im Jahr 2010 ständig unter schweren Schwindelbeschwerden zu leiden. Das Sachverständigengutachten vom 31. Juli 2014 kam, unter Heranziehung der Einschätzungsverordnung, zu folgendem Ergebnis:

Lfd.

Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten

Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden

Pos. Nr. GdB

%

1 Chronischer mittelgradiger Schwindel bei Störung des linken Gleichgewichtsorgans bei

Zustand nach Ohroperation (Stapesplastik) links 2010 12.03.01 30%

2 Kombinierte hochgradige bis an Taubheit grenzende Schwerhörigkeit links 12.02.01 15%

Gesamtgrad der Behinderung: 40 v. H.

Als Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung wurde von dem Sachverständigen angegeben: "Der Grad der Behinderung von Leiden 1 wird durch Leiden 2 wegen wechselseitiger Leidensbeeinflussung um jeweils eine Stufe angehoben"

Unter derzeitige Beschwerden ist vermerkt: "Sie leidet unter ständigen Schwindelbeschwerden. Bei Bewegungen tritt ständig ein

(3)

Schwindel auf, beim Autofahren (als Beifahrer), Busfahren ... wird

ihr immer schwindlig und muss sie erbrechen. Der Schwindel wird als Drehschwindel beschrieben. Wenn sie selbst fährt, tritt kein Schwindel auf. Die Hörleistung links ist vermindert, sie hat links ein Hörgerät." Eine Besserung sei eventuell möglich, daher wurde eine Nachuntersuchung in zwei Jahren vorgeschlagen.

Die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung liege vor, da folgende erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten und Funktionen gegeben seien: "Chronische Störung des linken Gleichgewichtsorgans, dadurch Schwindel mit Übelkeit und Erbrechen bei Belastung, unter anderem bei der Benützung von Verkehrsmitteln als Fahrgast oder Mitfahrer".

6. Diesem Sachverständigengutachten, konkret der Zusatzeintragung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel, wurde am 20. August 2014 vom leitenden Arzt des Sozialministeriumservice, Landesstelle Tirol, zugleich HNO-Facharzt, Dr. Andreas N., nicht zugestimmt. Dies wurde folgendermaßen begründet: "Aus HNO fachärztlicher Sicht sind die Angaben der Antragstellerin nicht glaubhaft und nicht nachvollziehbar. Bei einseitigem Ausfall eines Gleichgewichtsorganes gleicht das Gehirn innerhalb einiger Wochen diesen Ausfall aus und es kommt zu einem Sistieren der Schwindelbeschwerden. Weiters ist es nicht glaubhaft, dass der Schwindel beim Lenken eines PKW sistiert."

7. Vom leitenden Arzt des Sozialministeriumservice, Landesstelle Tirol, Dr. Andreas N., wurde am 06.10.2014 ein Aktengutachten nach der Einschätzungsverordnung erstellt, das zu folgendem Ergebnis kam:

Lfd.

Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten

Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden

Pos. Nr. GdB

%

1

Wirbelsäulenleiden Begründung: Versteifung der Wirbelsäule von Beginn der Brustwirbelsäule bis Lendenwirbelsäule mit ausgeprägter Bewegungseinschränkung (TH2-L2)

02.01.03 60

2 Schwindel Begründung: Chronischer Schwindel bei Störung des linken

Gleichgewichtsorgans bei Zustand nach Ohroperation links 2010 12.03.01 30 3 Hörleiden Begründung: An Taubheit grenzende Schwerhörigkeit links, Normakusis

rechts 12.02.01 15

4 Hormonstörung Begründung: Ersatzhormontherapie und Ganzkörperbehaarung 09.01.01 10

Gesamtgrad der Behinderung: 70 v. H.

Als Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung wurde angegeben:

"Das funktionell führende Leiden wird durch Leiden 2 um eine Stufe aufgrund wechselseitiger Leidensbeinflussung erhöht. Leiden 3 und 4 erhöhen aufgrund fehlender wechselseitiger Leidensbeeinflussung nicht weiter."

Funktionsbeeinträchtigungen, welche die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel einschränken würden, würden nicht vorliegen.

8. Die Beschwerdeführerin wurde mit Schreiben des Sozialministeriumservice, Landesstelle Tirol, vom 16.

Oktober 2014 informiert, dass der festgestellte Grad der Behinderung nunmehr 70% betrage und dass die Voraussetzungen für die Eintragung des Zusatzvermerkes im Behindertenpass "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" nicht vorliegen würden. Dem Schreiben war das Sachverständigengutachten vom Oktober 2014 in Kopie beigelegt.

Der Beschwerdeführerin wurde eine Frist von zwei Wochen ab Zustellung gewährt, um dazu Stellung zu nehmen.

9. Die Beschwerdeführerin ersuchte am 29. Oktober 2014 um Fristverlängerung, da sie mit dem Ergebnis des Ermittlunsgverfahrens nicht einverstanden sei und nicht nachvollziehen könne, dass sie nicht glaubhaft sei. Bei einer Benützung öffentlicher Verkehrsmittel trete Schwindel auf. Sie habe dazu einen Arzt aufgesucht und warte auf den Befund.

(4)

10. Die Beschwerdeführerin wurde mit Schreiben des Sozialministeriumservice, Landesstelle Tirol, vom 25.

November 2014 aufgefordert, die in der Stellungnahme angesprochenen Befunde vorzulegen.

11. Am 02. Dezember 2014 langte beim Sozialministeriumservice, Landesstelle Tirol, ein Schreiben der Beschwerdeführerin ein. Sie erklärte, dass sie den Befund erst jetzt erhalten habe. Sie leide unter Kinetose und habe Beschwerden, wenn sie mit dem Bus oder Zug fahre oder wenn sie fliege. Sie könne sich selbst nicht erklären, warum ihr nicht schlecht werde, wenn sie selbst Auto fahre. Dem Schreiben beigelegt war ein Wikipedia-Auszug über Kinetose, das Informationsblatt über Nebenwirkungen bei der operativen Behandlung einer chronischen Mittelohrentzündung und ein ärztlicher Bericht des Landeskrankenhauses XXXX, dem zu entnehmen ist, dass zum Ausschluss einer Perilymphfistel eine Tympanotomie empfehlenswert sei.

12. Am 13. Jänner 2015 wurde dem Sozialministeriumservice, Landesstelle Tirol ein Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b Straßenverkehrsordnung übermittelt. Beigelegt war ein Schreiben der XXXX, wo die Beschwerdeführerin seit dem 12. Jänner 2015 tätig war. Darin wurde ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin um Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b Straßenverkehrsordnung ersuche, da es ihr nicht möglich sei, Zug oder Bus zu benützen, ohne dass Schwindel und Überlkeit auftreten würden. Beigelegt war zudem ein Schreiben eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 7. Jänner 2015, in dem ausgeführt wurde, dass die Beschwerdeführerin bei ihm wegen einer chronisch vestibulären Schwindelsymptomatik links in Behandlung stehe und dass die Benützung von öffentlichen Verkehrsmitteln von ihr anamnestisch nicht toleriert werde.

13. Zur Frage der Zusatzeintragung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wurde vom Sozialministeriumservice, Landesstelle Tirol ein weiteres Hals-Nasen-Ohren-Fachärztliches Sachverständigengutachten in Auftrag gegeben. Der beauftragte allgemein beeidete und gerichtlich zertifizierte Sachverständige Dr. XXXX kam zur Diagnose einer "Neuropathia vestibularis links mit inkompletter Kompensation" und begründete dies folgendermaßen: "Frau

XXXX vermutet, dass sie einen Bewegungsschwindel habe. Dieser Bewegungsschwindel wird der Gruppe des Schwankschwindels zugeordnet. Hierzu gehören die sogenannten Kinetosen, die aus einem Fehlabgleich zwischen Bewegungsempfindung und Seheindruck beruhen. Unter diesem Oberbegriff werden Seekrankheit, Flugkrankheit (von Flugangst abgrenzen) und Reisekrankheit zusammengefasst.

Am häufigsten ist der Bewegungsschwindel zwischen dem 2. und 12. Lebensjahr. Nach dem 50. Geburtstag wird der Bewegungsschwindel dagegen eher selten. Während 5 bis 10% aller Menschen sehr sensibel reagieren, sind 5 bis 15% unempfindlich gegenüber Bewegungsschwindel.

Der Bewegungsschwindel tritt jedoch nur bei intaktem Gleichgewichtsorgan auf.

Die bei Frau XXXX erhobenen Befunde deuten jedoch nicht auf einen Bewegungsschwindel hin. Lt.

Anamneseerhebung habe Frau XXXX ihre Schwindelbeschwerden seit Mai 2010. Der intersensorische Konflikt ergibt sich bei ihr aus einer Störung des linken Labyrinths. Die Störung des linken Labyrinths entspricht einer Neuropathia vestibularis, die noch nicht vollständig kompensiert ist.

Somit werden die von Frau XXXX angegebenen Schwindelbeschwerden nicht durch einen Bewegungsschwindel, sondern durch eine hochgradige Funktionsstörung des linken Labyrinths hervorgerufen.

Einer Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel steht somit nichts entgegen."

14. Das Sachverständigengutachten wurde der Beschwerdeführerin am 1. April 2015 zur Stellungnahme übermittelt. Die Beschwerdeführerin sprach - wie einem Aktenvermerk zu entnehmen ist - am 15. April persönlich 2015 beim Sozialministeriumservice, Landesstelle Tirol vor, um sich nach den rechtlichen Möglichkeiten zu erkundigen. Weitere Befunde wurden nicht vorgelegt.

15. Mit Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Tirol vom 11.05.2015 wurde der Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass gemäß §§ 42 und 45 des Bundesbehindertengesetzes (BBG) abgewiesen, da die diesbezüglichen Voraussetzungen nicht vorliegen würden.

16. Am 1. Juni 2015 wurde durch Mag. Otto GSCHWENTNER, AK Tirol, den bevollmächtigten Vertreter der Beschwerdeführerin, Akteneinsicht beim Sozialministeriumservice, Landesstelle Tirol genommen.

17. In offener Frist wurde am 18.06.2015 Beschwerde erhoben und im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:

(5)

"Die Abweisung der beantragten Zusatzeintragung erfolgte zu Unrecht, da die Beschwerdeführerin unter einer stark ausgeprägten Schwindelneigung bei chronischem Schwindel bei Störung des linken Gleichgewichtsorgans bei Zustand nach einer Ohroperation links leidet. Diese Schwindelbeschwerden verstärken sich ins Unerträgliche, wenn die Beschwerdeführerin öffentliche Verkehrsmittel benützt. Bis zu ihrer Operation am linken Ohr im Jahre 2010 war der Beschwerdeführerin die Benützung von öffentlichen Verkehrsmitteln ohne Probleme möglich. Nach der Operation hat die Beschwerdeführerin mehrfach und immer wieder versucht, ein öffentliches Verkehrsmittel zu benützen, was ihr jedoch nicht mehr möglich war. So geht der Schwindel in einen unerträglichen Drehschwindel über, entsteht ein Gefühl der inneren Einengung und führt diese Symptomatik letztlich dazu, dass die Beschwerdeführerin erbrechen muss. Diese Beschwerden treten immer dann auf, wenn die Beschwerdeführerin ein öffentliches Verkehrsmittel benutzt und auch, wenn sie als Beifahrerin in einem Auto mitfährt. Diese Symptomatik tritt hingegen nicht auf, wenn sie selbständig ein Auto lenkt. Die beschriebene Schwindelsymptomatik entsteht sowohl bei der Benutzung von Bussen als auch von Zügen.

Die Klägerin ist berufstätig, sie ist in XXXX wohnhaft und befindet sich ihre Arbeitsstelle in XXXX. Für die Anfahrt zu ihrem Arbeitsplatz ist die Beschwerdeführerin daher auf die Verwendung ihres eigenen Pkw's angewiesen. Die Verwendung eines öffentlichen Verkehrsmittels ist ihr jedenfalls nicht zumutbar.

Bei der Beschwerdeführerin liegt daher ein Umstand vor, dass die Beförderung in einem öffentlichen Verkehrsmittel keine sichere Beförderung zulässt. Bei der Beschwerdeführerin besteht daher eine Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung."

Es wurde beantragt, Beweis zu erheben durch Parteieneinvernahme, das im Akt befindliche Gutachten von Dr.

XXXX und durch einen Sachverständigen aus dem Ärztefach, insbesondere aus dem Fachgebiet der HNO- Heilkunde und Neurologie.

Es wurde beantragt, den Bescheid des Sozialministeriumservice vom 11.05.2015, VN 3809 191175, aufzuheben und auszusprechen, dass dem Antrag der Beschwerdeführerin auf Vornahme der Zusatzeintragung

"Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass stattgegeben wird.

18. Beschwerde und bezughabender Akt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 29. Juni 2015 vorgelegt. Es wurde für den 25. August 2015 eine öffentliche mündliche Verhandlung anberaumt.

19. Am 21. Juli 2015 wurde dem Bundesverwaltungsgericht ein weiterer neurologischer Befundbericht der Universitätsklinik für Neurologie vom 17.07.2015 vorgelegt und erklärt, dass aufgrund von Urlaub eine persönliche Teilnahme an der Verhandlung am 25. August 2015 nicht möglich sei und daher um eine Verlegung der Verhandlung ersucht werde. Der Befund wurde dem Amtssachverständigen Dr. XXXX zur Kenntnisnahme übermittelt und ein neuer Verhandlungstermin anberaumt.

20. Am 14. Oktober 2015 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht, Außenstelle Innsbruck, eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, an welcher die Beschwerdeführerin, ihr gewillkürter Vertreter sowie der allgemein beeidete und gerichtlich zertifizierte Sachverständige Dr. XXXX als gemäß § 52 Abs. 2 AVG bestellter Sachverständiger teilnahmen. Die belangte Behörde hatte im Vorfeld auf eine Teilnahme verzichtet.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens steht nachstehender entscheidungswesentlicher Sachverhalt als erwiesen fest:

1.1. Die Beschwerdeführerin ist Inhaberin eines Behindertenpasses. Sie stellte am 23.05.2014 den gegenständlichen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung" in den Behindertenpass.

1.2. Die Beschwerdeführerin leidet an einer Neuropathia vestibularis, dh einer peripheren Gleichgewichtsstörung des Innenohres, welche nicht kompensiert ist. Dies führt dazu, dass sie bei jedem Bewegungsreiz schweren Schwindel empfindet. Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist der Beschwerdeführerin nicht zumutbar, da sie bei der Benützung Schwindel, Erbrechen und Übelkeit ausgesetzt ist.

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1.3. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass beim selbständigen Lenken eines Kraftfahrzeuges nicht auch Beschwerden in der oben geschilderten Form eintreten.

2. Beweiswürdigung

2.1. Die Feststellungen zum Behindertenpass und der gegenständlichen Antragstellung ergeben sich aus dem Akteninhalt.

2.2. Die Beschwerdeführerin hatte die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in ihrem Beschwerdevorbringen insbesondere damit begründet, dass sie an Dreh- bzw. Bewegungsschwindel leide und sich bei der Fahrt mit dem Bus oder Zug erbrechen müsse, was nicht der Fall sei, wenn sie selbständig ein Fahrzeug lenke. Daraus ergebe sich, dass die Benützung öffentlicher Verkehsmittel unzumutbar sei. Dieses Vorbringen wird vermeintlich zunächst dadurch gestützt, dass in einem Gutachten eines Facharztes für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde, Dr. XXXX, vom 31.07.2014 die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel bejaht wird, was folgendermaßen begründet wurde: "Chronische Störung des linken Gleichgewichtsorgans, dadurch Schwindel mit Übelkeit und Erbrechen bei Belastung, unter anderem bei der Benützung von Verkehrsmitteln als Fahrgast oder Mitfahrer". Diesem Gutachten war allerdings vom ärztlichen Dienst der belangten Behörde nicht zugestimmt worden; der zuständige leitende Arzt, der ebenfalls aus dem HNO-Fachbereich kommt, rechtfertigte dies damit, dass er erklärte, dass die Angaben der Beschwerdeführerin aus HNO-fachärztlicher Sicht nicht glaubhaft und nachvollziehbar seien. Bei einem einseitigen Ausfall eines Gleichgewichtsorganes würde das Gehirn dies innerhalb einiger Wochen ausgleichen; es sei auch nicht glaubhaft, dass der Schwindel nur beim Lenken eines PKWs nicht auftauche.

2.3. Die Beschwerdeführerin beharrte in der Folge darauf, an Kinetose zu leiden. Auf der Sachverhaltsebene ist dieses Vorbringen insofern widerlegt, als ein auf Basis aktueller Befunde in Auftrag gegebenes weiteres Sachverständigengutachten vom 12.03.2015 zum Schluss kommt, dass die Beschwerdeführerin nicht an Dreh- bzw. Bewegungsschwindel leidet, sondern an einer hochgradigen Funktionsstörung des linken Labyrinths (Neuropathia vestibularis mit inkompletter Kompensation). Diesbezüglich ist festzuhalten, dass das aktuelle Gutachten von Dr. XXXX erstellt wurde, welcher seit 30 Jahren in dem Fachgebiet der Schwindeldiagnostik tätig ist, ein Schwindeldiagnosesymposium leitet und Stellvertreter der Arbeitsgruppe "Schwindel" der österreichischen HNO-Gesellschaft ist. Er stützte sich auf eine posturographische Untersuchung mit dem Tetrax- System und eine computerunterstützte Video-Okulographie, während das Gutachten von Dr. XXXX sich auf eine Hörweitenprüfung und ein Tonaudiogramm beschränkte. Wie Dr. XXXX in der mündlichen Verhandlung am 14.10.2015 darlegte, sind die von Dr. XXXX. angewendeten Untersuchungen zur Überprüfung der Hörleistung, nicht aber zur Schwindeldiagnostik geeignet. In der mündlichen Verhandlung wurde vom Sachverständigen ausgeführt, dass ein Bewegungsschwindel im Falle der Beschwerdeführerin auszuschließen sei, da dies nicht vereinbar mit der festgestellten Störung des Innenohres sei. Ein Bewegungsschwindel setze einen intakten Zustand voraus, der aber bei der Beschwerdeführerin nicht gegeben sei. Hinsichtlich des neurologischen Befunde vom 17.07.2015 wurde vom Sachverständigen ausgeführt, dass die korrekte Diagnose einer Perilymphfistel aus seiner Sicht nicht mehr möglich sei, dies sei nur im Anschluss an die Operation möglich gewesen; er habe auch im Zuge der mikroskopischen Untersuchung keinen Hinweis darauf gefunden habe. Der Sachverständige Dr. XXXX legte schlüssig, nachvollziehbar und plausibel dar, wie er zur Diagnose der Neuropathia vestibularis mit inkompletter Kompensation gekommen war und betonte in der mündlichen Verhandlung, dass bei dieser Diagnose jeder Bewegungsreiz einen Schwindel auslöse. Die von der Beschwerdeführerin geschilderten Beschwerden bei der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel seien für ihn nachvollziehbar und glaubwürdig.

2.4. Die Beschwerdeführerin ist diesen näher begründeten Ausführungen des Gutachtens nicht substantiiert entgegengetreten, auch nicht im Rahmen der mündlichen Verhandlung. Nach der ständigen Judikatur des VwGH muss ein Sachverständigengutachten einen Befund und das eigentliche Gutachten im engeren Sinn enthalten.

Der Befund ist die vom Sachverständigen - wenn auch unter Zuhilfenahme wissenschaftlicher Feststellungs- methoden - vorgenommene Tatsachenfeststellung. Die Schlussfolgerungen des Sachverständigen aus dem Befund, zu deren Gewinnung er seine besonderen Fachkenntnisse und Erfahrungen benötigt, bilden das Gutachten im engeren Sinn. Das vorgelegte Gutachten vom 12.03.2015 erfüllt alle Kriterien eines ärztlichen Gutachtens und überzeugt durch die ausführliche und nachvollziehbare Darstellung. Dieses in der mündlichen Verhandlung nochmals erörterte Gutachten stützt sich darauf, dass Bewegungsschwindel nur bei intaktem Gleichgewichtsorgan auftrete. Die bei der Beschwerdeführerin erhobenen Befunde würden jedoch nicht auf einen Bewegungsschwindel hindeuten, sondern würde bei ihr eine Störung des linken Labyrinths vorliegen, was einer Neuropathia vestibularis entspreche, die noch nicht vollständig kompensiert sei. Die Ausführungen des Sachverständigen Dr. XXXX konnten in Summe als schlüssig, vollständig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei angesehen werden. Hat eine Partei grundlegende Bedenken gegen ein ärztliches Gutachten, dann ist es nach Ansicht des VwGH an ihr gelegen, diesem auf gleichem fachlichen Niveau entgegenzutreten

(7)

oder unter Anbietung von tauglichen Beweismitteln darzutun, dass die Aussagen des ärztlichen Sachverständigen mit dem Stand der medizinischen Forschung und Erkenntnis nicht vereinbar sind (VwGH vom 20.10.1978, 1353/78). Die Beschwerdeführerin bzw. ihr gewillkürter Vertreter der Arbeiterkammer Tirol traten der im Gutachten getroffenen Diagnose nicht substantiiert entgegen. Weitere Gutachten hat die Behörde nur dann einzuholen, wenn sich die vorliegenden Gutachten als nicht vollständig oder nicht schlüssig und damit als nicht ausreichend erweisen; will eine Partei außer dem vorliegenden schlüssigen und vollständigen Gutachten noch ein weiteres in das Verfahren einbezogen wissen, steht es ihr frei, selbst ein Gutachten eines privaten Sachverständigen zu beschaffen und vorzulegen. Im gegenständlichen Fall wird das Gutachten vom 12.03.2015 in Bezug auf die darin erstellte Diagnose als schlüssig, plausibel und nachvollziehbar angesehen und kann daher die Beauftragung eines weiteren Sachverstänidgen unterbleiben. Das Bundesverwaltungsgericht findet keinen Anlass zur Annahme, dass die im Gutachten enthaltene Diagnose mit den Erfahrungen des Lebens oder den Denkgesetzen in Widerspruch stünde und legt es in freier Beweiswürdigung seinen Feststellungen zugrunde.

2.5. Gegenständlich ist aber zentral zu prüfen, ob aus der Diagnose und der damit verbundenen gesundheitlichen Einschränkung eine Unzumutbarkeit der öffentlichen Verkehrsmittel abgeleitet werden kann. Der Sachverständige Dr. XXXX war in seinem Gutachten vom 12.03.2015 zum Schluss gekommen, dass der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nichts entgegenstehe. Dieser Befund wurde im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 14.10.2015 von Seiten des Sachverständigen dahingehend relativiert, dass die von der Beschwerdeführerin bei der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel geschilderten Beschwerden durchaus in Einklang mit der Diagnose stünden. Die Benützung JEDES Verkehrsmittels würde Schwindel auslösen, doch sei aus seiner Sicht dringend davon abzuraten, selbst ein Fahrzeug zu lenken, um eine Eigen- und Fremdgefährdung zu vermeiden. Im Sinne der risikoärmeren Alternative sei aus seiner Sicht die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar, auch wenn die Beschwerden glaubhaft seien. Für ihn sei es medizinisch nicht nachvollziehbar, dass beim Selbstfahren keine Beschwerden auftreten würden.

2.6. Aus diesen Ausführungen des Sachverständigen Dr. XXXX in der mündlichen Verhandlung ergibt sich, dass es plausibel ist, dass die Beschwerdeführerin bei der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel an Drehschwindelbeschwerden und Übelkeit, teilweise verbunden mit Erbrechen, leidet. Der Sachverständige war aber aus der Überlegung heraus, dass das Lenken eines Fahrzeuges durch die Beschwerdeführerin eine Eigen- und Fremdgefährdung darstellen könnte, zu dem Schluss gekommen, dass die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel die bessere Alternative und damit zumutbar sei. Auch wenn diese Argumentation durchaus menschlich verständlich ist, ist Gegenstand des vorliegenden Verfahrens aber doch alleine die Frage, inwieweit der Beschwerdeführerin zugemutet werden kann, öffentliche Verkehrsmittel zu benützen. Aus Sicht des erkennenden Senates ist dies aufgrund der auch von Seiten des Sachverständigen bestätigen Beschwerden zu verneinen. Bei der Beschwerdeführerin werden durch Bewegung und damit auch durch die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit bzw. der neurologischen Funktionen ausgelöst.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht

§ 6 und 7 Abs. 1 BVwGG lauten wie folgt:

Einzelrichter

§ 6. Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Senate

§ 7. (1) Die Senate bestehen aus einem Mitglied als Vorsitzendem und zwei weiteren Mitgliedern als Beisitzern.

Für jeden Senat sind mindestens ein Stellvertreter des Vorsitzenden und mindestens zwei Ersatzmitglieder (Ersatzbeisitzer) zu bestimmen.

§ 45 Abs. 3 und 4 Bundesbehindertengesetzes (BBG) lautet wie folgt:

(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

(8)

(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.

Über die vorliegende Beschwerde war daher durch einen Senat, bestehend aus zwei Berufsrichtern und einem fachkundigen Laienrichter, zu entscheiden.

Die §§ 1, 17 und 58 Abs. 1 und 2 VwGVG lauten wie folgt:

§ 1. Dieses Bundesgesetz regelt das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes.

§ 17. Soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, sind auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 58. (1) Dieses Bundesgesetz tritt mit 1. Jänner 2014 in Kraft.

(2) Entgegenstehende Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht sind, bleiben unberührt.

3.2. Zu Spruchpunkt A) - Stattgebung der Beschwerde

3.2.1. Gegenstand des angefochtenen Bescheides war der Antrag der Beschwerdeführerin auf Vornahme einer Zusatzeintragung im Behindertenpass.

3.2.2. Gemäß § 42 Abs. 1 BBG hat der Behindertenpass den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Sozialministeriumservice vorzunehmen. Gemäß § 47 BBG ist der Bundesminister für Arbeit und Soziales ermächtigt, mit Verordnung die näheren Bestimmungen über den nach § 40 auszustellenden Behindertenpaß und damit verbundene Berechtigungen festzusetzen.

3.2.3. § 1 Abs. 2 Z 3 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II Nr. 495/2013, regelt unter anderem die Zusatzeintragungen in den Behindertenpass und lautet:

"§ 1. (...)

2) Auf Antrag des Menschen mit Behinderung ist jedenfalls einzutragen:

(...)

3. die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und

- erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder - erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder

- erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder

(9)

- eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder

- eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach § 1 Abs. 2 Z 1 lit. b oder d vorliegen."

3.2.4. Nach der (noch zur Rechtslage nach der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen, BGBl.

86/1991, ergangenen) ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat die Behörde, um die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel beurteilen zu können, zu ermitteln, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt. Sofern nicht die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auf Grund der Art und der Schwere der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt, bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung" regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, in dem die dauernde Gesundheitsschädigung und ihre Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in nachvollziehbarer Weise dargestellt werden. Nur dadurch wird die Behörde in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob dem Betreffenden die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung unzumutbar ist (vgl. VwGH 22.10.2002, 2001/11/0242; VwGH 20.04.2004, 2003/11/0078 [= VwSlg. 16.340 A/2004]; VwGH 01.06.2005, 2003/10/0108; VwGH 29.06.2006, 2006/10/0050; VwGH 18.12.2006, 2006/11/0211; VwGH 17.11.2009, 2006/11/0178; VwGH 23.02.2011, 2007/11/0142; VwGH 23.05.2012, 2008/11/0128; VwGH 17.06.2013, 2010/11/0021, je mwN).

3.2.5. Ein solches Sachverständigengutachten muss sich mit der Frage befassen, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt (20.03.2001, 2000/11/0321 [= VwSlg.

15.577 A/2001]). Dabei ist auf die konkrete Fähigkeit des Beschwerdeführers zur Benützung öffentlicher Verkehrsmittel einzugehen, dies unter Berücksichtigung der hiebei zurückzulegenden größeren Entfernungen, der zu überwindenden Niveauunterschiede beim Aus- und Einsteigen, der Schwierigkeiten beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche, bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt etc. (VwGH 22.10.2002, 2001/11/0242; VwGH 14.05.2009, 2007/11/0080).

3.2.6. Dabei kommt es entscheidend auf die Art und die Schwere der dauernden Gesundheitsschädigung und deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel im Allgemeinen an, nicht aber auf andere Umstände, die die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel aus sonstigen, von der Gesundheitsbeeinträchtigung unabhängigen Gründen erschweren, wie etwa die Entfernung des Wohnorts des Beschwerdeführers vom nächstgelegenen Bahnhof (vgl. VwGH 22.10.2002, 2001/11/0258 und 27.05.2014, Ro 2014/11/0013).

3.2.7. Die in den Punkten II.3.2.5. bis II.3.2.7. angeführte (zur Rechtslage vor Erlassung der Verordnung BGBl.

II Nr. 495/2013 ergangene) Rechtsprechung ist zur Beurteilung der Voraussetzungen der Zusatzeintragung nach

§ 1 Abs. 2 Z 3 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II Nr. 495/2013, unverändert von Bedeutung. Dies folgt bereits daraus, dass die zitierte Verordnungsbestimmung jene rechtlich relevanten Gesichtspunkte der Benützung eines Verkehrsmittels, auf die die bisherige Rechtsprechung abstellt (Zugangsmöglichkeit, Ein- und Aussteigemöglicheit, Stehen, Sitzplatzsuche, etc), nicht modifiziert oder beseitigt hat, sondern weiterhin auf den Begriff der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel abstellt und lediglich ergänzend regelt, welche gesundheitlichen Beeinträchtigungen "insbesondere" als solche in Betracht kommen, die die Unzumutbarkeit nach sich ziehen können.

Darüber hinaus ist nach Ansicht des erkennenden Senats in diesem Zusammenhang auch auf die bisherige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hinzuweisen, in der die weitere Maßgeblichkeit der zur früheren Rechtslage ergangenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes damit begründet wurde, dass in den Erläuterungen zur Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II Nr. 495/2013, ausgeführt wird, dass ausgehend von den bisherigen durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes entwickelten Beurteilungskriterien zur Frage "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" Funktionseinschränkungen relevant sind, die die selbstständige Fortbewegung im öffentlichen Raum sowie den sicheren, gefährdungsfreien Transport im öffentlichen Verkehrsmittel erheblich einschränken, und dass als Aktionsradius eine Gehstrecke von rund 10 Minuten, entsprechend einer Entfernung von rund 200 bis 300 m anzunehmen ist, so dass keine - von der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes abweichende - Neuregelung beabsichtigt war (vgl. zB BVwG 28.08.2014, W132 2008234-1; 06.11.2014, W132 2001583-1; 15.01.2015, W115 2008378-1).

(10)

3.2.8. Im Beschwerdefall stellt sich die Frage, ob es der Beschwerdeführerin unzumutbar ist, öffentliche Verkehrsmittel zu benützen, da sie bei der Benützung von Zug oder Bus unter Schwindel und Erbrechen leidet.

Wie bereits dargelegt, werden bei ihr durch Bewegung und somit durch die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel derart massive Beschwerden ausgelöst, dass damit starke neurologische Funktionsbeeinträchtigungen verbunden sind. Diese Beschwerden liegen bereits seit Jahren vor und ist nicht abzusehen, wann eine Besserung eintreten wird. Eine Kompensation der Neuropathia vestibularis ist allerdings durchaus üblich, daher wäre eine Nachuntersuchung gegebenenfalls anzuraten.

3.2.9. Im gegenständlichen Fall kann davon ausgegangen werden, dass die Beschwerdeführerin an Neuropathie vestibularis mit inkompletter Kompensation leidet, welche dazu führt, dass es ihr nicht zumutbar ist, ein öffentliches Verkehrsmittel zu benützen.

3.2.10. Die Voraussetzungen für die Vornahme der beantragten Zusatzeintragungen liegen daher vor. Der Beschwerde war daher stattzugeben und wird von der belangten Behörde die entsprechende Zusatzeintragung vorzunehmen sein.

3.2.11. Davon losgelöst zu betrachten ist die Frage der gesundheitlichen Eignung der Beschwerdeführerin zum Lenken von Kraftfahrzeugen, welche nicht in die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes fällt, aus Sicht des erkennenden Senates aber durchaus zu überprüfen wäre. Diesfalls ist der Vollständigkeit halber allerdings auch auf § 3 Abs. 3 der Verordnung des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr über die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen (Führerscheingesetz-Gesundheitsverordnung - FSG-GV) zu verweisen, wonach Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen Erkrankungen oder Behinderungen festgestellt wurden, die nach den Bestimmungen der Verordnung die Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen ausschließen würden, dann als geeignet zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1 gelten, wenn sie

1. während der, der Feststellung der Erkrankung oder Behinderungen unmittelbar vorangehenden zwei Jahre Kraftfahrzeuge tatsächlich gelenkt haben und

2. die Annahme gerechtfertigt ist, daß ein Ausgleich des bestehenden Mangels durch erlangte Geübtheit eingetreten ist.

3.3 Zu Spruchpunkt B) - Unzulässigkeit der Revision

§ 25a Abs. 1 VwGG lautet wie folgt:

Das Verwaltungsgericht hat im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die gegenständliche Entscheidung weicht nicht von den Grundsätzen der bisherigen - nicht uneinheitlichen - Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Einschätzung nach dem dem BEinStG ab. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

European Case Law Identifier ECLI:AT:BVWG:2015:I403.2109409.1.00

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