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Dynamiken Sozialer Berufe und Berufs(aus)bildungen seit den sechziger Jahren auf unterschiedlichen Wegen zwischen Chaos und Professionalisierung

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Academic year: 2022

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Dynamiken Sozialer Berufe und Berufs(aus)bildungen – seit den sechziger Jahren auf

unterschiedlichen Wegen zwischen Chaos und Professionalisierung

ELKE ALSAGO, STEFAN HIERHOLZER, MARIA-ELEONORA KARSTEN

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Inhalt

1 Einleitung ... 2 2 Historische Betrachtungen ... 3

2.1 Rahmenvereinbarung für die Erzieher*innenausbildung von 1967 (Westdeutschland) 3 2.2 Weitere Entwicklungen bis in die Gegenwart ... 4

3 Gegenwartsherausforderungen für ein unsystematisches Arbeitsfeld ... 7 3.1 Personenbezogene soziale Dienstleistungen und Berufsausbildungsstruktur7

3.2 Personenbezogene soziale Dienstleistungen und Berufsausbildungsstruktur und ihre (Volks-) wirtschaftliche Relevanz ... 13

3.3 Personenbezogene soziale Dienstleistungen und Berufsausbildungsstruktur - Durchlässigkeiten ermöglichen und fördern ... 17

3.3.1 Nationale Player im Berufsbildungskonzept - Die Kultusministerkonferenz (KMK) ... 19

3.3.2 Internationale/ Europäische Player mit Auswirkungen auf den Berufsbildungsbereich ... 19

3.3.3 Besonderheiten & Zuordnung der Fachschule für Sozialpädagogik im DQR 22 3.3.4 Konsequenzen des DQR Niveaus 6 und des Gleichwertigkeitsbegriffs für die

Ausbildung an der Fachschule für Sozialpädagogik ... 24

4 Die Ausbildungen der Sozialen (Frauen-) Berufe im Spiegel anderer Ausbildungsformen in Deutschland ... 26

5 Berufsbildungswege und Berufsbildungsgänge in personenbezogenen Sozialen und gesundheitlichen Berufsbereichen – Unübersichtlichkeiten der nichtakademischen und akademischen Entwicklungen ... 28

6 Anhang ... 33

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2 1 Einleitung

Dieser Text entstand im Kontext der Enquete-Kommission „Berufliche Bildung in der digitalen Arbeitswelt“ und wurde von Prof. Dr. Maria-Eleonora Karsten (Universität Lüneburg), Stefan Hierholzer (Universität Lüneburg/ Fachschule Campus29) und Dr. Elke Alsago (ver.di) erarbeitet. In zwei Ausschuss-Sitzungen der Enquete-Kommission wurde die Thematik der Sozial – und Erziehungsberufe, Gesundheits- und Heilberufe und der Pflegeberufe diskutiert. Die Kommission formulierte das Interesse sich einen Überblick über die -historisch bedingt - traditionellen Frauenberufe zu verschaffen. Da aktuell kein Überblick über diese Berufe und die dazugehörigen Ausbildungen vorliegt und aufgrund der Entwicklung dieser Berufe auch nicht vorliegen kann, entstand dieser Text als Arbeitspapier, um die Berufe, ihre Ausbildungen und die Unübersichtlichkeit zu illustrieren.

Die aktuelle Situation der Sozialen Berufen und ihrer verschiedenen Ausbildungen lässt sich nur erfassen und darstellen, wenn gleichzeitig ihre Entstehungsgeschichte und die besonderen Dynamiken, die sich auf die Tatsache zurückführen lassen, dass es sich überwiegend um Frauenberufe handelt, analysiert und berücksichtigt werden.

Daher werden in diesem Text zunächst die Historien der Sozialen Berufe beleuchtet und anschließend aktuelle Herausforderungen skizziert. Da die Ausbildung zur Erzieher*in als Schlüsselberuf unter den Sozialen Berufen gelten kann, wird sich auf diese Ausbildung fokussiert.

Zunächst werden die Besonderheiten der personenbezogenen sozialen Dienstleistungen und die aktuelle Ausbildungsstruktur beschrieben. Anschließend wird ihre Relevanz für die (Volks-)Wirtschaft argumentiert.

Die Wandelungen der Ausbildungen, ihre Durchlässigkeiten und zentralen Akteur*innen, insbesondere die Rolle der Kultusministerkonferenz sind weitere Schwerpunkte des Textes. Internationale Bestrebungen und ihre Auswirkungen auf die Ausbildung der Sozialen Berufe werden anschließend thematisiert.

Das vorletzte Kapitel widmet sich dem Verhältnis der Ausbildungen in Deutschland untereinander und zeigt exemplarisch die Unterschiede zwischen den Sozialen (Frauen-)Berufen und den Berufen der Wirtschaft.

Dies Arbeitspapier schließt mit einer unabgeschlossenen ersten Formulierung von dringend gebotenen Handlungserfordernissen für die Weiterentwicklung der Sozialen Berufe und ihrer Berufs(- aus)bildungen.

Im Anhang werden durch Originaldokumente zwei aktuelle Vorgänge dokumentiert, welche die im Text beschriebenen Phänomene illustrieren.

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3 2 Historische Betrachtungen

Die Anfänge der Sozialen Berufsausbildungen lassen sich bei Amthor, usw. nachlesen. In diesem Text werden die Historien der Erzieher*innenausbildung in den letzten Jahrzehnten nachgezeichnet, die relevant sind für die derzeitige Situation. Gleichzeitig zeigt der Blick auf die alten Diskurse, dass die Diskurse sich in der Gegenwart reproduzieren, d.h. nach wie vor ungelöste Probleme bestehen, die sich seit Jahrzehnten wiederholen.

2.1 Rahmenvereinbarung für die Erzieher*innenausbildung von 1967 (Westdeutschland)

Bis weit in die sechziger Jahre hinein, wurden die damaligen ‚Höheren Fachschulen für Kindergärtnerinnen‘ höchst unterschiedlich bei öffentlichen und wohlfahrtsverbandlichen Trägern gestaltet. Eine gemeinsame Entwicklung bildete sich erst langsam heraus. (vgl. Karsten/ Rabe Kleberg:

Sozialisation im Kindergarten, 1977)

Innerhalb der sozialpädagogischen und gesellschaftlichen Diskurse entstand so Mitte der 1960iger Jahre West eine Debatte über die zunehmenden Anforderungen an den Beruf. Dabei wurde sowohl innerhalb der Fachverbände, als auch in Politik und Wirtschaft bemängelt, dass die Ausbildungszeit zu kurz, der theoretische Teil zu gering und die Schulabgänger*innen zu jung seien. Allen voran war die Bildung der Persönlichkeit ein wichtiger Ansatzpunkt der Kritiker*innen der bisherigen Ausbildung. (vgl.

Amthor 2003: 426)

Im Jahr 1961 beschloss Hamburg als erstes Bundesland in seiner „Bestimmung über die Ausbildung, Prüfung und Staatlichen Anerkennung der Erzieher in der Freien und Hansestadt Hamburg“, eine Neuordnung der zweijährigen Ausbildung. Darin war sowohl festgelegt, dass die Ausbildung fortan an den „Fachschulen für Sozialpädagogik“ zu absolvieren sei und dass die Kindergärtner*innenausbildung, Hortner*innenausbildung und Jugend- und Heimerziehung als einheitliche Ausbildung anzubieten seien. Durch diesen Umstand wurde eine „neue“ Berufsbezeichnung des „Erziehers“ konstruiert und nach Beendigung der Ausbildung auch als Titel verliehen. Darüber hinaus wurde durch diese Ordnung einheitlich von den Auszubildenden als Zugangsvoraussetzung ein ausreichender Schulabschluss, als auch eine einjährige Tätigkeit als Erziehungshelfer abverlangt. Die Erzieher*innenausbildung erstreckte sich insgesamt über drei Jahre, aus einem zweijährigen Schulunterricht und einem einjährigen, durch die Fachschule begleiteten, Berufspraktikum.

Das „Hamburger Modell“ konnte sich auch national durchsetzen, insofern, dass die Kultusministerkonferenz (KMK) 1967 eine dreijährige Ausbildung an den Fachschulen für Sozialpädagogik zu etablieren veröffentlichte. Die bis dahin bestehenden Ausbildungsschulen wurden für die Heimerzieher*innen mitintegriert, dabei behielten sie zwar traditionell bedingt ihren Schwerpunkt bis in die Gegenwart bei, aber der formale Abschluss ermöglichte es den Auszubildenden nun auch in Kindergarten und Hort tätig zu werden. Umgekehrt wurden nun formal auch den ehemaligen Kindergärtner*innen, die fortan als Erzieher*innen bezeichnet wurden, die Türe für den Heimbereich geöffnet. „Das Ziel der Ausbildung zum Erzieher ist die Befähigung, in verschiedenen sozialpädagogischen Bereichen tätig zu sein“ (Nachrichtendienst 1967:152). Die Ausbildung sollte nun drei Jahre dauern, welche in einen zweijährigen theoretischen Bereich und einen einjährigen praktischen Teil untergliedert werden sollte. Als Zugangsvoraussetzung setzte die KMK ein Mindestalter von 17 Jahren, einen mittleren Bildungsabschluss, sowie ein einjähriges Vorpraktikum vor Ausbildungsbeginn voraus. In dem Beschluss wurden die jahrzehntelangen Diskussionen einbezogen. Daher wurde festgeschrieben, dass vorrangig Pädagogik und Psychologie, sowie Sozialwissenschaften, Didaktik- und Methodik einen Hauptanteil der Ausbildungsinhalte ausmachen sollten.

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Des Weiteren, um der Persönlichkeitsbildung beizutragen, wurden allgemeine Fächer wie bspw.

Religionslehre, Deutsch und musisch-kreative Fächer in den Fächerkanon der neuen Fachschule für Sozialpädagogik mit aufgenommen. Darüber hinaus wurde festgelegt, dass zur Verzahnung von Theorie und Praxis, Praktika währen der zweijährigen Theoriephase angesetzt werden mussten, diese konnten sowohl in Block- als auch in Tagesform angeboten werden. Da es sich bei dem Beruf fortan um einen staatlich anerkannten Beruf handelte, musste eine staatliche Prüfung zum Ende des theoretischen Teils, die sowohl eine schriftliche als auch eine mündliche Prüfung umfasste, abgelegt werden. Danach folgte das einjährige Berufspraktikum, das ebenfalls nach dessen Beendigung durch eine Prüfung abgeschlossen werden musste. Erst nach diesen Prüfungen wurde der Titel „staatlich anerkannter Erzieher“ bzw. „staatlich anerkannte Erzieherin“ vergeben. (vgl. „Rahmenvereinbarung über die Sozialpädagogischen Ausbildungsstätten“, Beschluss der Kultusministerkonferenz 16/17.3.1967 in Nachrichtendienst 1967) Dieser Beschluss hatte weitreichende Folgen für das Ausbildungswesen. Es gab immer noch wie bspw. in Baden-Württemberg die Fachschulen für Erzieher mit Schwerpunkt Jugend- und Heimerziehung und auch die Stundenplanverteilung unterschied sich weitestgehend.

Es gab durch diese Rahmenvereinbarung eine Zweiteilung der Berufe. Fortan existierten nicht nur die Erzieher*innen als eigenständiger Ausbildungsberuf, sondern auch die Sozialpädagog*innen, die damit ebenfalls ihren eigenen Berufsstand erhalten haben. Dies hatte besonders für die Dozent*innen an den jeweiligen Ausbildungsstätten Folgen, da bis dato sich das Lehrpersonal besonders aus

„Jugendleiter*innen“ zusammensetzte. Dies änderte sich, da ab 1967 das Lehramt für das Berufsfeld Sozialpädagogik eingerichtet wurde und nun sowohl die Abgänger*innen diese Studienganges als auch Sozialpädagog*innen an den Fachschulen, Unterricht erteilten. (vgl. Thiersch 1999:163ff.)

2.2 Weitere Entwicklungen bis in die Gegenwart

Die 1960er Jahre in der BRD waren gesamtgesellschaftlich vor allem durch Bildungsdebatten gekennzeichnet, in deren Kontext die Öffentlichkeit oftmals den Vorschulbereich in das Blickfeld der Diskussionen rückte: „In der Mehrzahl der vorschulischen Einrichtungen wurde damals unter unzureichenden Bedingungen gearbeitet, was im Einzelnen zu große Gruppen (bis zu 80; 40 war vielfach die Norm), unzulängliche materielle Ausstattungen und eine ungenügende Zahl von Fachkräften bedeutete. Häufig wurden Kinderpflegerinnen, teilweise auch unausgebildetes Hilfspersonal ohne ausreichende Anleitung zur Gruppenbetreuung eingesetzt“ (Metzinger 1993:165).

Auch die Vorschulerziehung wurde nun öffentlich kritisiert: „Noch nie wurde in der Bundesrepublik so viel über Kindergarten und die Erziehung der Kinder im Vorschulbereich, das heißt in der Altersspanne von der Geburt bis zum gesetzlich vorgeschriebenen ersten Schultag, geredet und geschrieben wie heute.

„Bildungsforscher und –politiker erhoffen sich von der institutionellen, nebenfamiliären Erziehung der Kinder vom dritten Lebensjahr an, daß sie den verfassungsmäßigen Auftrag- Gleichheit der Bildungschancen- noch am ehesten verwirklichen kann. Der Kindergarten ist in das Rampenlicht des öffentlichen Interesses gerückt“ (Ulshofer 1970:7, Karsten/ Rabe- Kleberg, 1977).

Der „Deutsche Bildungsrat“ nahm in der Debatte eine progressive Stellung ein, indem er 1970 verkündete: „Für die Erfüllung der neuen Aufgaben im Elementarbereich wäre der Einsatz von Sozialpädagogen als allein voll ausgebildeten Fachkräften im Elementarbereich wünschenswert, wenn nicht überhaupt eine Eingliederung der Fachkräfteausbildung in die Lehrerausbildung, wenigstens für die Leiter der Kindergärten, erfolgt“ (Deutscher Bildungsrat 1970:118f.). Die Diskurse zur Verbesserung der Situation, die nicht so progressiv waren wie die des Deutschen Bildungsrates, plädierten dafür, innerhalb der Ausbildung mehr theoretische Inhalte zu thematisieren, besonders Familiensoziologie und Sozialschichtungsmodelle sollten erlernt werden. Daneben war die Kritik

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besonders auf das Vorpraktikum gerichtet, dass bislang noch nicht durch die Schulen begleitet wurde, sondern lediglich als Zugangsvoraussetzungen fungierte.

Viel härtere Kritik gab es an der weiterhin uneinheitlichen Systematisierung der Ausbildung an sich.

Besonders der Status als „Fachschule“ war in die Kritik geraten: „Denn nach der Systematik des Bildungssystems der Bundesrepublik Deutschland galten Fachschulen als Ausbildungseinrichtungen, die nach einer bereits erworbenen abgeschlossenen beruflichen Erstausbildung und einer nachfolgenden Erwerbstätigkeit zu einer vertiefenden Fachbildung mit gehobener beruflichen Qualifikation führten“

(Amthor 2003: 437). Auch der Beschluss „Rahmenvereinbarung über die Ausbildung und Prüfung von Erziehern/Erzieherinnen“ der KMK 1982 veränderte nicht viel, so wurde zwar weiterhin auf das Fachschulniveau verwiesen und auch die Zugangsvoraussetzungen bekräftigt, dennoch blieb das Vorpraktikum in den meisten Bundesländern ungelenkt. Das bedeutete in der Praxis, dass bspw. Bayern, Hamburg und Niedersachsen in verschiedensten Variationen ein zweijähriges Vorpraktikum forderten.

Und auch die Fachhochschulreife wurde unter den verschiedensten Bedingungen erteilt. (vgl. Derschau 1994:24ff.) Auch die Bezeichnungen der Fachschulen unterscheiden sich teilweise bis heute noch. In Bayern werden die Erzieher*innen an den „Fachakademien für Sozialpädagogik“ unterrichtet, in Rheinland- Pfalz an den „Fachschulen für Sozialwesen“ (vgl. Bundesanstalt für Arbeit 1997:119ff.).

Alle Bundesländer hatten aber gemeinsam, dass sich ab 1970 die Kapazitäten der Fachschule/Fachakademien erheblich ausbauten. Gab es 1970/71 lediglich 184 Schulen so existierten 1974/75 bereits 306 Fachschulen. Nun war es auch so, dass Männern grundsätzlich der Zugang zu den Fachschulen ermöglicht wurde, allerdings fiel und fällt der Männeranteil in der Gruppe der Erzieher*innen mit 3,5% 1974 und Mitte der 1990er Jahre mit 5,5% sehr gering aus (vgl. Rauschenbach 1999:332). Darüber hinaus hat sich die Arbeitsverteilung seit dem Mittelalter kaum verändert, der

„Erzieher“ arbeitet auch heute noch lediglich in Ausnahmefällen im Elementarbereich, er ist öfter in der Behindertenarbeit, in der Kinder- und Jugendarbeit oder aber in beratenden, administrativen und kontrollierenden Funktionen vorzufinden (Rauschenbach 1995:321ff.).

Für die Differenzierung innerhalb der Fachschulausbildung ist für die 1960er Jahre festzustellen, dass die meisten Fachschulen ihren Schüler*innen verschiedene Schwerpunkte innerhalb der Ausbildung anboten, ohne dass ihnen dabei Nachteile auf dem Arbeitsmarkt drohten. So war die Ausbildung grundsätzlich durch den KMK Erlass als Breitbandausbildung, also als generalistische Ausbildung für die Soziale Arbeit insbesondere die Kinder- und Jugendhilfe, angelegt worden (vgl. Amthor 2003:439).

Auch wurde nach und nach die Ausbildung sowohl in Voll-, als auch in Teilzeit und an einigen Standorten sogar berufsbegleitend angeboten. Bereits zu dieser Zeit kam eine weitere Kritik auf die Fachschulausbildung zu, die mittlerweile die Steigerung des Theorieanteils im Unterricht bewerkstelligt hatte. Die Kritik richtet sich nun vor allem gegen die nicht-anschlussfähigen Sachkenntnisse, die im Unterricht weitergegeben wurden. So wurde weder die Lebenswelten der Schüler*innen berücksichtigt, noch wurden wissenschaftliche Erkenntnisse miteinander in Beziehung gesetzt. „Eine Strukturierung der Ausbildung in getrennte Unterrichtsfächer ist in der Fachwelt durchaus umstritten, da vielfältigen Probleme, Tätigkeiten und Anforderungen des sozialpädagogischen Alltags meist eine unterschiedliche Bearbeitung in nur einem Fach nicht ermöglichen - vielmehr müssen die Fragen oft aus unterschiedlichen problematischen - also von mehreren Themen angegangen werden. Daraus erwächst die Forderung nach stärker an den Problemen der sozialpädagogischen Praxis orientiertem fächerübergreifenden Lernen“. Aus dieser Grundsatzkritik entwickelte sich im Jahr 2000 eine grundsätzliche Erneuerung der Ausbildung. Nun werden nicht mehr einzelne Fächer präferiert, sondern berufsübergreifende Lernbereiche bzw. Lernfelder unterrichtet. Für den berufsübergreifenden Bereich legte die KMK mindesten 360 Stunden fest, für den berufsspezifischen Bereich mindestens 1.800 Stunden und für den Bereich der Praxis in sozialpädagogischen Tätigkeitsfeldern mindestens 1.200 Stunden (vgl. Rahmenvereinbarung über die Ausbildung und Prüfung von Erziehern / Erzieherinnen

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vom 28.01.2000 in ständige Konferenz der Kultusminister der Länder 1963 ff: Nr. 428, Karsten / Zimmermann, 1996 – Schulversuch Diakoniekolleg Hannover).

Die oben skizzierte Entwicklung bezog sich zum größten Teil auf Westdeutschland.

Für Ostdeutschland kann festgehalten werden, dass es eine Vielzahl sozialer Ausbildungsberufe gegeben hatte. So wurden für die Krippenkinder (0-3 Jahre) Krippenerzieherinnen an den

„medizinischen Fachschulen“ ausgebildet. Hierbei waren sowohl theoretische als auch praktische Anteile besonders auf pflegerisch-medizinischem Aspekte ausgerichtet. Für die drei- bis sechsjährigen Mädchen und Jungen, inter- und transsexuellen Subjekten, existierte in der DDR die Kindergärtnerinnenausbildung, die im Gegensatz zu Westdeutschland deutlich stärker an pädagogischen und psychologischen Inhalten orientiert war. Für den Hortbereich wurde lange Zeit die Hortnerin ausgebildet. Dieser Ausbildungsgang wurde kurz vor dem Mauerfall allerdings zu Gunsten einer

„Lehrerin für untere Klassen“ aufgegeben, die ebenfalls wie zuvor die Hortnerin, an einer Fachschule ausgebildet worden war. Seit 1979 gab es eine eigenständige „Heimerzieher*innenausbildung“, die zunächst dreijährig, ab 1987/88 vierjährig, auf Fachschulniveau angelegt war. Die Besonderheit bei dieser Ausbildung bestand darin, dass durch ein Wahlfach, bspw. Kunst, Musik oder Sport die Schüler*innen eine Lehrbefähigung an der Unterstufe der Polytechnischen Oberschule erhielten (vgl.

Galuske / Rauschenbach 1994:36).

Für den stationären Bereich gab es den Beruf „Erzieher für Jugendheime“, der neben einem Schulabschluss auch eine abgeschlossene Berufsausbildung oder entsprechende Berufserfahrung verlangte. Diese Ausbildung wurde an zwei Orten, in Schwerin und Hohenprießnitz angeboten, und führte in aller Regel zur Leitungsposition in Wohngruppen (vgl. Bundesanstalt für Arbeit 1991:108).

Für die offene Jugendarbeit, die vornehmlich in sozialistischen Jugendverbänden stattfand, musste eine Ausbildung zum „Freundschaftspionierleiter“ absolviert werden (vgl. Autorenkollektiv 1980:97ff und 185 ff.). Für den christlichen Bereich wurden sogenannte „Kinderdiakone“ und

„Gruppenerzieher*innen“ ausgebildet, wobei die Kinderdiakonin gleichzeitig eine Lehrbefähigung für die Klassen 1 bis 4 erhielt. Die Voraussetzung zur Aufnahme der Ausbildung setzte den Abschluss der 10. Klasse der polytechnischen Oberschule, eine abgeschlossene Berufsausbildung und eine aktive Mitgliedschaft in der Kirche voraus. Die Ausbildung wurde unter anderem in Greifswald angeboten und war stark theologisch ausgerichtet (vgl. Reinicke 1993:847).

Auf der Grundlage des Einigungsvertrages wurde vereinbart, dass die Abschlüsse der ehemaligen DDR in der BRD für ihren jeweiligen Teilbereich anerkannt wurden. Um allerdings die „staatliche Anerkennung“ zu erhalten und in allen sozialpädagogischen Feldern eine Arbeitszulassung zu bekommen, musste eine einjährige Anpassungsfortbildung durchlaufen werden (vgl.

Arbeitsgemeinschaft für Jugendhilfe 1991:1f.). Einhergehend mit dieser Regelung wurden nun auch in Ostdeutschland Fachschulen für Sozialpädagogik gegründet, was insgesamt zu einer weiteren Steigerung der Ausbildungskapazität in diesem Schulbereich führte.

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3 Gegenwartsherausforderungen für ein unsystematisches Arbeitsfeld

Die differenzierten historischen Herleitungen machten deutlich, dass alleine nur am illustrierten Beispiel der Erzieher*innen deutlich wird, dass sowohl eine klare Zuordnung der Berufe, deren Zugänge und deren Durchlässigkeiten in der Vergangenheit hochgradig ungeordnet waren und bis heute Anschlüsse und Durchlässigkeiten hart erkämpft werden müssen. Gerade der Mangel im Sozialbereich, der wie gezeigt werden konnte, nicht neu ist tut sein Übriges. Dieser Mangel ist insofern bedrohlich, als das gegenwärtig nicht mehr nur die Gefahr besteht eine ganze Generation schlecht auf deren Zukunft vorzubereiten, sondern dass diese Situation bereits eingetroffen ist und ein umfänglicher Fachkräftemangel verbreitete Realität darstellt. Die Berufspädagogik ist dabei ein Versuch die schlimmsten Folgen einer solchen Problemsituation abzumildern.

Berufspädagogik kann in diesem Kontext verstanden werden als: „[…] eine Teildisziplin der Pädagogik.

Ihr Fokus liegt auf den Aus-, Fort-, und Weiterbildungsprozessen der bereits im Berufsleben Stehenden bzw. der Menschen, die erstmals eine berufliche Beschäftigung anstreben. Der Diplom-Berufspädagoge, welcher ein abgeschlossenes Studium an einer Universität vorweisen kann, verfügt zudem über eine Lehrbefugnis an beruflichen Schulen. Die Berufspädagogik hat die Aufgabe, wissenschaftlich fundierte Methoden zu entwickeln, Menschen nach ihrer Schulbildung bzw. Menschen nach Verlust ihres Arbeitsplatzes z. B. wenn keine Möglichkeit besteht, im erlernten Beruf wieder einen Arbeitsplatz zu finden, zu bilden, so dass sowohl die besonderen Fähigkeiten des Menschen gefördert als auch den Qualifikationsanforderungen der Wirtschaft Genüge getan wird. Es sind daher unter Ausnutzung der vorhandenen Schul- und Ausbildung Konzepte zu entwickeln, die sowohl die Vermittlung allgemeiner Grundlagen und Teamfähigkeit als auch den Erwerb praktischer Kompetenzen für einen bestimmten Beruf zum Ziel haben.“ (https://educalingo.com/de/dic-de/berufspadagogik, Abgerufen am:

31.01.2020)

Es ist leicht im Text ersichtlich, dass mit einer solchen Fokussierung auf und der Zielsetzung für Qualifikationen in und für die Wirtschaft zu bilden, die Gesamtfelder der Personenbezogenen Dienstleistungen und Berufe im Sozial – und Gesundwesen nicht automatisch miterfasst sind, zumindest aber kaum angemessen in Organisationen, Inhalten und beruflichen Zielen bestimmt sind.

3.1 Personenbezogene soziale Dienstleistungen und Berufsausbildungsstruktur

Bis in die Gegenwart hinein existieren vielzählige Entwicklungs- und Verlaufslinien im Feld der personenbezogenen sozialen Dienstleistungen, die die Dynamiken dieses Feldes deutlich aufzeigen.

Karsten fasst für die Ebenen der Berufsausbildungsorganisation und der Berufsbildungsstandards für Soziale Arbeit als Tätigkeits- und Berufsfeld für die alten Bundesländer folgende zusammen, die ein geschichtetes System von Ausbildungsstufen darstellen:

• Die Ebene der Berufsfachschulen (BFS) mit dem Abschluss Sozialassistent*in oder Kinderpfleger*in,

• die Ebene der Fachschulen (FS)/ Fachakademien mit dem Abschluss staatlich anerkannte/r Erzieher*in, Heilpädagog*in oder Heilerziehungspfleger*in.

• die Ebene der Fachhochschulen (FH) mit dem damaligen FH-Diplom und heutigem Bachelor-/Masterabschluss im Bereich Sozialarbeit und Sozialpädagogik und

• die Ebene wissenschaftlich-vollakademischer Ausbildungen in Studiengängen der Universitäten, die zum damaligen Abschluss Diplom oder Magister und heutigem

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Bachelor-/Masterabschluss mit der Studienrichtung oder dem Fach Sozialpädagogik führen (Karsten 1995: 94).

• Die Ebene der universitären Lehramtsstudiengänge mit der Beruflichen Fachrichtung Sozialpädagogik (Karsten / Kubandt 2017)

Jede Ebene weist spezifische Eingangsvoraussetzungen auf und führt in unterschiedliche Berufe resp.

Tätigkeitsbereich im sozialen Sektor. Die einzelnen Ebenen sind nicht direkt aufeinander bezogen und werden dadurch tendenziell undurchlässig und bewirken besondere berufsbiografische Wege, die durch Ein- und Ausstiege mit Neueinstiegen gekennzeichnet sind. Es existiert weder ein Gesamtüberblick über die Entwicklung von Fachlichkeit noch der Verwissenschaftlichung und Professionalisierung sozialer Berufe, zumal sich die beschriebenen Ebenen in den 16 Bundesländern unterschiedlich konstituieren, die Ausbildungen innerhalb der Bundesländer bei unterschiedlichen Schulträgern stattfinden und aktuell einem enormen Wandel unterliegen.

So sind die Ausbildungen z.B. in Bezug auf ihre Zeitorganisation äußerst vielfältig und indifferent. Von vollzeitschulischen über Teilzeitausbildungen bis zu berufsbegleitenden/ berufsintegrierenden Ausbildungen ohne Anstellung/ mit Anstellung/ mit Vergütung/ ohne Vergütung existieren unterschiedlichste Formen. Ähnliche Differenzen lassen sich auch für die Organisation des Lernens am Lernort Praxis und dessen fachlicher Begleitung argumentieren

Die Erarbeitung eines Gesamtüberblickes über die Sozialen Berufsausbildungen steht aus. Möglich wäre diese auf der Basis des folgenden Dreiecksanalysemodells bezogen auf den jeweiligen zeitdiagnostischen Kontext und ist als Dauerbeobachtung fortlaufend neu zu erarbeiten. Eine systematische Beobachtung der Sozialen Berufsausbildungen als auch systematischen Berufsbildungsforschungen für diesen Bereich sind, trotz der permanent wachsenden Bedeutung der Sozialen Dienstleistungen, nicht existent.

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Nach §22 SGB VIII haben Tageseinrichtungen die Aufgabe der Betreuung, Bildung und Erziehung der ihnen anvertrauten Mädchen und Jungen, inter- und transsexuellen Subjekte. Dabei sollen sie diese, in der Entwicklung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit fördern und bei dieser Aufgabe die Erziehungsberechtigten beteiligen und eng mit ihnen zusammenarbeiten (§ 22 KJHG/SGB VIII).

Diese Zielsetzungen setzen vor allem vor dem Hintergrund wachsender Instabilität von Familien, der Vervielfältigung der Lebenswelten und Lebensentwürfe hohe Anforderungen an Fachkräfte von Kindertageseinrichtungen. Sie müssen nicht nur die für die Betreuung, Bildung und Erziehung der

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Mädchen, Jungen und Queers1 notwendigen pädagogischen Kenntnisse und Kompetenzen haben, sondern auch über die für ihr Arbeitsfeld erforderlichen Verwaltungs-, Rechts- und Institutionen- Kenntnisse besitzen und darüber hinaus mit Müttern und Vätern, Kolleg*innen und Angehörigen anderer Institutionen (z.B. Schule) konstruktiv kooperieren können. Die Verwaltung einer Einrichtung erfordert des Weiteren Leitungskompetenz und eine verwaltungstechnische und betriebswirtschaftliche Fachkompetenz (vgl. Karsten 1999:53).

Im Feld der Arbeit mit Mädchen, Jungen und Queers sind, differenziert nach dem Kriterium professioneller Zuständigkeit in direkt-interaktiven Prozessen, in leitenden, verwaltend- organisierenden, beratenden, ausbildenden, fort- und weiterbildenden sowie fach-, berufs- und professionspolitischen Funktionen, folgende Fachkräfte tätig:

• Erzieher*innen (Fachschulausbildung), Kinderpfleger*innen und Sozialassistent*innen (Berufsfachschulausbildung);

• Sozialpädagog*innen, Sozialarbeiter*innen, Fachberatung (Fachhochschule), in einigen Bundesländern Leitungspositionen;

• Diplompädagog*innen mit dem Schwerpunkt Vorschulerziehung, die in Aus-, Fort- und Weiterbildung oder wissenschaftlich in Instituten oder Projekten tätig sind;

• Fachlehre*innen mit und ohne Abschluss des Lehramtes für Berufsbildende Schulen, Fachrichtung Sozialpädagogik;

• Fachhochschul-Professor*innen oder lehrende Sozialarbeiter*innen mit Schwerpunkt Elementar- und Jugendbereich;

• Universitätsprofessuren mit diesem Schwerpunkt im Diplom oder in Lehramtsstudiengängen der Beruflichen Fachrichtung Sozialpädagogik;

• Fachpersonal in öffentlichen und freiverbandlichen Administrationen mit dem Aufgabenbereich der Organisation von Kindertageseinrichtungen;

• Fachpersonal in Berufs-und Fachverbänden sowie Gewerkschaften;

• Fachpersonal in regionaler, überregionaler und bundesweiter Fort- und Weiterbildung für Erzieher*innen;

• Fachpersonal in internationalen Institutionen;

• Fachpersonal in Tagespflege, Pflegekinderwesen, Heimen;

• Fachpersonal in Erziehungsberatungsstellen;

• Selbstständige Fachkräfte in Fachberatungs-, Organisations- und Planungsbereichen der Unterstützungssysteme (vgl. Alsago (2019)

• und Praktikant*innen in unterschiedlichsten Ausbildungsstationen.

Im Prinzip können in jedem dieser Bereiche ausgebildete Erzieher*innen tätig sein, auch wenn tendenziell weiterhin vorrangig das Bild, der in der direkt interaktiv pädagogischen Arbeit in der Gruppe tätigen Fachkraft in der Öffentlichkeit besteht (ebd.:54f).

Die Frage nach der Professionalisierung im Erzieher*innenberuf kann in mehreren Kontexten diskutiert werden. Beispielsweise bezogen auf die Ausbildungsreform (unter anderem die Durchlässigkeit zu Fachhochschule und Universität), die Frage einer generalistischen oder sich spezialisierenden Grundausbildung (Fachlichkeitsanforderungen), die Problematik der Anerkennung als Frauenberuf und seiner gesellschaftlichen Bewertung oder mit Blick auf neue Finanzierungsmodalitäten die Frage von Qualitätsstandards (vgl. ebd.:51f).

1 Für die Gegenwart gilt die Realisierung des grundgesetzlich verbrieften Rechts und im KJHG/SGBVIII ausgeführten Rechtsgut des Gender Mainstreamings, demnach sind Jungen und Mädchen gleichermaßen zu fördern. Selbiges gilt für jene Menschen, die sich einer binären Geschlechterlogik (hier als Queers bezeichnet) entziehen (Hierholzer 2018, 2016, 2014)

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Der Aus- und Fortbildungsbereich ist eine Domäne für Fachkräfte mit Fachhochschul- oder Universitätsabschluss, wobei Promotionen und Professuren die formale und inhaltliche Qualität sichern.

Wird der Umstand bedacht, dass die ‚Ausbildung der Ausbilder*innen‘ nur an wenigen Standorten stattfindet, da nur an wenigen Standorten Lehramtsstudiengänge mit der beruflichen Fachrichtung Sozialpädagogik einschließlich Erziehungswissenschaft existieren, dann ist dieser Teil des Berufsfeldes zahlenmäßig sehr klein. Er ist jedoch für die kontinuierliche fachliche Weiterentwicklung und damit auch für Professionalisierungsentwicklungen zuständig. Das bedeutet, dass die wissenschaftlichen Wege der Professionalisierung, von den Forschungs-und Studienmöglichkeiten her, hinter der Expansion der Praxis zurückgeblieben sind (vgl. ebd.: 59).

Professionalisierungsbemühungen sind besonders vor dem Hintergrund der Modernisierung der europäischen Gesellschaft und die damit einhergehende Globalisierung mit Folgen für unter anderem die Lebensformen der Menschen, die sich internationalisieren müssen, der Umbau der Gesellschaften zu flexiblen Dienstleistungsgesellschaften mit einer neuen Vorstellung von Wissen – Digitalisierung - und das Konzept der Nachhaltigkeit als Rahmen für einen Neubestimmung der Verhältnisse von Ökonomie, Ökologie, Kultur und Sozialem, wichtig (vgl. Karsten 2000:74). Von diesen Entwicklungen sind selbstverständlich auch die Mädchen und Jungen, inter- und transsexuelle Subjekte, betroffen, mit denen Erzieher*innen arbeiten. Durch diese Entwicklungen verändert sich beispielsweise die Sicht auf Bildung und Wissen, sodass nicht nur die Erzieher*innen lebenslang lernen müssen, sondern auch durch den Auftrag der Bildung der ihnen anvertrauten Mädchen und Jungen, inter- und transsexuellen Subjekte, diesen dabei helfend zur Seite stehen, damit diese wiederum die Herausforderungen und Erfordernisse der Wissens- und Informationsgesellschaft bestehen können. Schließlich sind Bildung und Wissen Schlüsselressourcen für das 21.Jahrhundert (ebd.: 78).

Bezogen auf die historische Perspektive, kann gesagt werden, dass die Dienstleistungsarbeit des 21.Jahrhunderts eine völlig andere darstellt als im 20.Jahrhundert. Anstatt klarer, relativ dauerhafter und hierarchischen Betriebs- und Arbeitsstrukturen sind immer flexiblere Formen von Berufstätigkeit und temporärer, labiler Organisationsformen vernetzter und/oder virtueller Unternehmen vertreten. Auch die Zeitorganisation und die Arten der Belastung bei der Arbeit sind andere (vgl. ebd.: 79). Daher ist eine Professionalisierung in diesem Bereich auch notwendig geworden.

Rabe-Kleberg betont, dass Dienstleistungsarbeit durch Ungewissheitsstrukturen gekennzeichnet ist.

Dazu zählt beispielsweise die Zielgröße ‚Wohlbefinden‘, die in den Arbeitsprozess als ungewisse Größe eingeht. Der Umgang mit einer solchen Ungewissheit setzt nicht nur Wissen, sondern auch Qualifikation und professionelle Autonomie voraus. „Professionalität kann als die Bereitschaft und die Fähigkeit verstanden werden, unter den Ungewißheitsstrukturen professioneller Arbeit verantwortlich zu handeln“

(Rabe-Kleberg 1997).

Auf drei Problemebenen entstehen Sphären von Diffusion bei personenbezogenen Dienstleistungen.

Dazu zählt die Sphäre der Grenzen von Zuständigkeit, die Sphäre gegenüber anderen Formen des Wissens und die Sphäre gegenüber anderen Formen der Rationalität und Kontrolle. Diese Tendenzen erschweren die professionelle Monopolisierung von Wissen und Strategien (vgl. Karsten 2000: 82).

Personenbezogene Dienstleistungen zeichnen sich aber aufgrund ihres Charakters als Modell für die Zukunft der Dienstleistungsberufe aus: „Ihre Kompetenzen wie Kommunikationsfähigkeit, Gleichzeitigkeit und Bewältigung von Ungewißheit sind zentrale Schlüsselqualifikationen auch für die technikbasierten und informationstechnologischen Dienstleistungen der Zukunft. Dennoch bergen sie durch die gleichen Charakteristika die Gefahr von Entstrukturalisierung, Entwertung und Entqualifizierung“ (ebd.: 83). Zusätzlich bekommen die Sozialen Berufe durch die bundespolitischen

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Zusagen für das Recht auf ganztagsinstitutionelle Bildungs- und Lebensinstitutionen ab 2025 (Giffey, 18.3.2019, Karsten in Braches- Chyrek, 2020) bis zum Lebensalter 11 – 14 Jahre, je nach bundesländerspezifischer Konkretisierung dieser Rechtsansprüche eine größere Bedeutung und mehr Verantwortung für das Aufwachsen von Kindern und die Gestaltung von Familienleben. Deutlich wird dies z.B. bei der Realisierung des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Qualität und zur Teilhabe in der Kindertagesbetreuung (KiQuTG) – sog. Gute-KiTa-Gesetz in Nordrhein-Westfalen. Die Realisierung der Bundesvorgaben und länderspezifischen Vorgehensweisen lassen neue Fachkräftebedarfe entstehen.

Es fehlen Erzieherinnen, Grundschullehrkräfte und Sozialpädagog*innen rsp. Sozialarbeiter*innen, insbesondere dann, wenn sich die Länder auf eine zeitliche Erweiterung der institutionellen Organisationen hin zum Ganztag für die Altersgruppen der 1 – 11Jährigen oder sogar 1- 14jährigen Mädchen, Jungen und Queers entscheiden. (siehe Anhang)

Die personenbezogenen Dienstleistungen sind durch die Vielzahl der Berufs-, Arbeits- und Tätigkeitsbezeichnungen und ebenfalls durch die möglichen Arbeitsorte der Dienstleistungen so differenziert, dass ein mögliches Bild in der Öffentlichkeit durch ‚Unübersichtlichkeit‘ gekennzeichnet sein kann.

Die Berufsausübung beispielsweise findet in mindestens fünf organisatorischen Zuständigkeiten statt:

• in staatlichen Administrationen,

• in wohlfahrtsverbandlichen Zuständigkeiten,

• in Selbsthilfen und Projekten,

• in privatwirtschaftlichen Unternehmungen und

• in privaten Haushalten.

In einer Zusammenschau werden dabei rd. 100 000 Trägerformen beschrieben.)

Wissenschaftliche Diskussionen über z.B. die Qualifizierung im Bereich der Aus- und Weiterbildung sind daher häufig bereichsbezogen und es liegen breite Streuungen der formalen und inhaltlichen Qualifikationen vor.

Das gesellschaftliche Bild personenbezogener Dienstleistung hat jedoch auch eine Gemeinsamkeit, nämlich, dass diese auch heutzutage noch als prinzipiell ‚im Haushalt‘ zu erbringende Leistungen bezeichnet werden können und daher als Berufe erscheinen, die durch private Leistungen und - überwiegend von Frauen- ersetzbar sind. Verbunden mit diesem Gesellschaftsbild ist ein niedriges Entgeltniveau mit einem hohen Anteil von Teilzeitbeschäftigungen. Personenbezogene Dienstleistungen stehen damit in Gefahr, nicht durchgängig eine Existenzsicherung gewährleisten zu können (vgl. ebd.: 84f).

Es kann konstatiert werden, dass ein Ungleichwertigkeit im Berufsbildungssystem verankert ist. Dies liegt an den verschiedenen Ausprägungen des Berufsausbildungssystems (schulisch, vollzeitschulisch, bundes-, länder- oder träger- und anbietergeregeltem System, einschließlich privatwirtschaftlicher kostenpflichtiger Berufsausbildungen). Die Besonderheiten jedes Bereiches behindern gemeinsame Strategien. Das Niveau der Berufsausbildungen reicht, wie dargestellt, von der Berufsfachschule über die Fachschule, die Fachhochschule und die Universität für potentiell gleiche Arbeitsaufgaben. Jede Ebene in diesem System wurde weitgehend unabhängig zu unterschiedlichen Zeitpunkten entwickelt, sodass im vertikalen Aufbau Passungsprobleme entstehen. Durch diese geringe Passung zwischen formal zertifizierten Qualifikationen, Kompetenzen und den Arbeitsvollzügen und Tätigkeiten, deren Unübersichtlichkeit und Intransparenz ist die fachliche und professionelle Qualität der personenbezogenen Dienstleistungserbringung unsicher (vgl. ebd.: 85f). Gerade im Hinblick auf die

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13

hohe Verantwortung, die die Sozialberufstätigen zu übernehmen haben, um individuell und gesellschaftlich begleitend und unterstützend zu wirken, ist dieser Zustand nicht hinnehmbar.

3.2 Personenbezogene soziale Dienstleistungen und Berufsausbildungsstruktur und ihre (Volks-) wirtschaftliche Relevanz

Das Gesellschaftsbild sozialer Berufe ist durch die Wirtschaftsflaute und dem damit bedingten Rückgang öffentlicher Mittel oft dadurch geprägt, dass dieser Sektor vorrangig kostenverursachend sei und dass es ihn aus diesem Grund noch weiter zu verbilligen gelte. Dies kann sich z.B. in Einsparungen im Bereich der Arbeitslosen- und Sozialhilfefinanzierungsmodelle zeigen. Dazu zählt auch die Auffassung, dass vermehrt geringfügig entgoltene Tätigkeiten und der Ausbau des Niedriglohnsektors im Bereich haushaltnaher und personenbezogener Dienstleistungen gefordert werden. (siehe dazu im Anhang die Initiative der KMK 2019/2020, Einführung der Ausbildung „Staatlich geprüfter Fachassistent für frühe Bildung und Erziehung“ bzw. „Staatlich geprüfte Fachassistentin für frühe Bildung und Erziehung“)

Dabei wird jedoch nicht bedacht, dass solche Wege der Einsparung nicht nur einen Frauenarbeitsbereich besonders empfindlich treffen und die Existenzsicherung Sozialberufstätiger gefährden, sondern auch professionell-fachliche Qualitätsstandards an die Grenze von grundsätzlicher Nichtrealisierungsfähigkeit führen (vgl. Karsten 2002: 1).

Personenbezogene soziale Dienstleistungen müssen als die zentralen Garanten für die Gewährleistung der sozialen Infrastruktur und damit der grundlegenden Voraussetzung für Lebensqualität in Deutschland gesehen werden. Die Fachkräfte sind professionell verantwortlich für die Versorgungs- und Betreuungsqualität sowie die Erziehungs- und Bildungsqualität in der Lebensgestaltung der Mädchen, Jungen, und Queers. Soziale Berufe mit ihren professionellen Standards können als Erbringer*innen der sozialen Standortqualität angesehen werden, da durch erziehende, beratende, betreuende, bildende, unterstützende und pflegende Arbeit der Fachkräfte die Lebensgrundlage geschaffen wird, damit Schule, Wirtschaft, Studien, Wissenschaft und Politik überhaupt verwirklicht werden können. Somit schafft dieser Gesellschaftsbereich die notwendigen Lebensgrundlagen (vgl.

ebd.: 1f).

Wenn also die sozialen Berufe und alle personenbezogenen sozialen Dienstleistungen das Zentrum der Sozialstrukturbildung, der sozialen Integration und Partizipation der Gesellschaft darstellen, dann sind Geld und Zeit, die in die sozialen Berufe investiert werden, Investitionen für die gegenwärtige und zukünftige Lebensgestaltung und ihre Qualität. Diese Sichtweise ist bereits auf die Formel

„Produktivität des Reproduktiven“ gebracht worden. Ausgehend von dieser Formel ist es nur konsequent, Professionalität zu erhalten und auszubauen und Wirtschaftlichkeit zu reformulieren (vgl.

ebd.: 2, Karsten 2020).

Die folgende Grafik zeigt den Zusammenhang von Professionalität, Wirtschaftlichkeit und Qualitäten der Lebensgestaltung.

(15)

14

Abbildung 1: Soziale Berufe zwischen Professionalität & Wirtschaftlichkeit (Karsten2002:3)

Mädchen, Jungen und Queers im Alter von 0 bis 6 Jahren (und zukünftig ganztags bis zu 11 Lebensjahren) sollen im Lebensort Deutschland nicht nur aufbewahrt, sondern gut betreut und gefördert werden. Daher müssen Kindertagesstätten flächendeckend aber auch mit gleich hoher Qualität angeboten werden. Dabei sind moderne Standards, gut ausgebildetes Fachpersonal und eine gute Sachmittelausstattung notwendig und dies alles kostet nun mal Geld. Aber weil Erzieher*innen eine verantwortungsvolle Arbeit leisten, muss für diese Arbeit auch entsprechend ausgebildet und die Arbeit auch entsprechend honoriert werden. Obwohl diese Einschätzung im Fachdiskurs unbestritten ist, handelt die Politik sehr spärlich. Daher bleibt es auch künftig die Aufgabe sozialer Professionen, die Qualität in Kindertageseinrichtungen und der gesamten Kinder – und Jugendhilfe in Deutschland offensiv weiterzuentwickeln.

Auch für weitere Bereiche der Lebensgestaltung im Lebensort Deutschland ließe sich ebenfalls argumentieren, wie für den Bereich des Ausbaus der sozialen und gesundheitsbezogenen Infrastruktur, von Bildung, Weiterbildung und Kultur wie dies auch im Konzept des lebenslangen Lernens vorgesehen ist. Daher kann gesagt werden, dass nicht das Sparen in die Zukunft weist, sondern soziale Investitionen (vgl. ebd.: 8ff). „Im Zentrum dieser Entwicklungen stehen dann die personenbezogenen sozialen Dienstleistungen, die mit der Qualität ihrer professionell-fachlichen Arbeit die Qualität der Lebensgrundlagen gewährleisten und eine solche Ökonomie der Lebensführung ausgestalten“ (ebd.:

10).

Ausgehend von den Internationalisierungsprozessen und den damit einhergehenden Herausforderungen der Wissens- und Dienstleistungsgesellschaft und den Effekten einer Informationsgesellschaft, geht es bei den „professionellen Standards der Weiterentwicklung sozialer Berufe um die gleichzeitige Verwirklichung von gerechterer Chancenverteilung für Frauen und Männer, Frauen- und Männerberufe, um neue Qualitäten aller gesellschaftlicher Ressourcen, einschließlich der Zeitorganisation, der geldlichen Mittel, der Möglichkeiten für Bildung und lebenslanges Lernen und der sozialen Ressourcen, die einen zukunftsfähige Lebensgestaltungskompetenz ausmachen“ (ebd.: 12).

In Bezug auf die Zukunftsgestaltung der Dienstleistungsgesellschaft ist es erforderlich jeden Bereich in Arbeitsmarkt-, Berufsbildungs- und Frauenpolitik in ihren Wechselwirkungen für die Qualitätsentwicklung der personenbezogenen Dienstleistungen, ihrer Ausbildung, genauso für die Frauen, die diese Dienstleistungen überwiegend erbringen, zu berücksichtigen. Wichtig ist es hierbei

(16)

15

vor allem auch die Synchronisierungsleistungen der Frauen, die in diesem Bereich arbeiten und die bis heute nicht angemessen anerkannt sind, zu beachten. Dies gilt besonders dann, wenn sie zusätzlich ihre privat-familialen Lebensläufe und ihre Berufstätigkeit aufeinander abstimmen müssen.

Denn so unterschiedlich die einzelnen Berufe in diesem Bereich auch sind, haben sie alle ein hohes Anforderungsprofil und eine starke psychische Belastung sowie Besonderheiten in der Berufsausbildung gemeinsam. Trotz der hohen beruflichen Qualifikationen kommt es oft dazu, dass Frauen strukturell benachteiligt werden. Ein Grund dafür kann zum einen in der Berufsausbildung vieler Berufe personenbezogener Dienstleistungen gesehen werden, die vollzeitschulisch gestaltet sind, sodass der Lebensunterhalt während der Ausbildung komplett anderweitig gesichert werden muss. Ein anderer Grund kann in dem Umstand gesehen werden, dass sowohl die Bezahlung als auch die beruflichen Entwicklungs- und Aufstiegsmöglichkeiten, im Vergleich zu vergleichbaren Tätigkeiten in anderen Branchen, schlechter sind. An diesen Stellen zeigen sich die frauendiskriminierenden Grundannahmen der Arbeitswissenschaft, die körperliche Belastung höher bewerten als psychische (vgl. Karsten 2004:

2f).

Dabei stellen personenorientierte Dienstleistungen in Deutschland in doppelter Weise das Zentrum zur Sicherung von Lebensqualität dar: Zum einen sind sie zuständig für die Lebensqualität der Adressat*innen (von Kindern und Jugendlichen bis alten Frauen und Männern, inter- und transsexuellen Subjekten) und dienen der Daseinsvorsorge, zum anderen sichern sie die Existenz und Lebensqualität derjenigen Frauen und Männer, inter* - und transsexuellen Subjekten, die diese Dienstleistungen erbringen. „Sie sind somit Voraussetzung, Rahmen und Sozialstruktur, denn sie garantieren auf ihnen aufbauend auch die Zukunftsgestaltung der Informations- und Kommunikationsberufe, weil gerade diese auf gesicherte Dienstleistungen und damit auf eine höchst wandlungsfähige Lebensorganisationsbasis angewiesen sind, sollen die erwartbaren Flexibilitäten in Arbeits- und Zeitorganisation, die weltweilte Gleichzeitigkeit und die Anforderungen der new economy erfolgreich gestaltet werden“ (ebd.: 5).

Durch den Wandel zur Dienstleistungsgesellschaft, der Notwendigkeit eines Neudenkens und der Aufgabe, Zukunftsfähigkeit aus Frauenberufsperspektive zu denken, müssen viele Tätigkeiten unternommen werden, wie z.B. die Aufwertung der Frauenberufe, die Anerkennung ihrer herausragenden Bedeutung für die Lebensgestaltung und die Überwindung ihrer geschichtlich längst überwundenen Nachrangigkeit.

Die folgende Grafik führt diese Argumente zusammen.

(17)

16

Abbildung 2:Personal- Profession- gender- Qualität (Karsten 2004: 7)

Die Grafik zeigt, dass im Zentrum der Gestaltungsaufgabe die Professionen als Erbringer*innen von personenbezogenen sozialen Dienstleistungen stehen. Die Fachkräfte sind professionell verantwortlich für die Versorgungs- und Betreuungsqualität. Dazu kann die Erziehungs- und Bildungsqualität der Mädchen und Jungen, inter- und transsexuellen Subjekten, gehören oder aber die Qualität eines würdigen Alterns von Frauen und Männern, inter- und transsexuellen Subjekten. Zu den besonderen Qualitäten gehören dabei die Gender-Gleichstellungsqualität und die Qualitäten in der Sozialmanagementausgestaltung, weil Bildung und Erziehung sich immer noch als Frauenberuf reproduziert. Fachliche Niveaus beziehen sich also auf alle Lebens- und Bildungsbereiche, ihre Qualitäten und ihre geschlechtergerechte Verteilung. Konstruktive Gesellschaftsgestaltung bedeutet, dass Professionalität und Wirtschaftlichkeit in derselben Weise als Antriebe der Entwicklung zukunftsorientierten Handelns gesehen werden müssen (vgl. ebd.: 6ff).

Menschlichkeit darf nicht als Nebenprodukt des sozialen Bereichs, welches stets abgewertet wurde und zum Teil noch wird, gesehen werden, sondern muss als handlungsleitendes Prinzip im Interesse von Zukunftsfähigkeit, sozialer Gerechtigkeit und sozialen Qualitäten im Mittelpunkt stehen.

Personenorientierte soziale Dienstleistungen definieren, finanzieren, organisieren, dokumentieren, entdecken, erforschen und praktizieren die sozialen Lebens- und Bildungsfundamente und somit die entscheidenden Entwicklungsgrundlagen jedes Menschen, jeden Alters, jeder sexuellen Orientierung und jeder sozialen Lage und verwirklichen auf diese Weise ihren sozialstaatlichen Auftrag. Als Handlungsfelder können dann besonders die gesehen werden, in denen Potentiale, Ressourcen und Chancen aufgebaut werden und eine positive Wertschätzung praktiziert wird. In diesem Zusammenhang spielen nicht nur Geld und Macht eine Rolle, sondern auch die Qualitäten von Raum und Zeit, die es auszugestalten gilt (vgl. ebd.: 17).

Bei einem Perspektivwechsel in diese Richtung müssen darüber hinaus auch folgende Punkte beachtet werden:

(18)

17

• Eine neue Wertschätzung und somit eine Aufwertung personenbezogener Dienstleistungen im Sozialen, Erziehung, Bildung und Pflege und der darin agierenden Fachkräfte, da sie Lebensgrundlagen professionell, privat, öffentlich, sozial und politisch ausbilden.

• Eine (Neu-)Verteilung von Zeitarrangements, wie Arbeits-, Lebens-, Bildungszeit, kulturelle, sozialer und politischer Zeit, die im Lebensort erbracht und genutzt wird.

• Eine (neue) ökonomische Bewertung im Sinne einer gesamtgesellschaftlichen ‚Umweg- Rationalität‘, beispielsweise zu Fragen wie ‚Welche positiven und ökonomischen Effekte hat eine Investition in z.B. Bildung und Erziehung für soziale und zivilgesellschaftliche Aktivitäten und die Zukunftsfähigkeit des Lebens und welche problematischen und zukunftsbeeinträchtigende Folgen hätte auf der anderen Seite eine mangelnde Investition.

Wer sich diesen Herausforderungen stellt, hat die Aufgabe, Denkkonventionen zu hinterfragen, Denkkonventionen zu erweitern und sich auf Ungewissheiten im neuen Denken einzustellen. Als unverzichtbare Investition in die Zukunft ist es die Aufgabe eines Wissenschafts-, Wissensentdeckens- und Bildungsprogramms hierfür Professionalität zu entwickeln (ebd.: 17f).

In 2020 kann die Tagung der Bundes-Grünen am 20.3. zu „Was unsere Gesellschaft zusammenhält – Sozialarbeiter*innen-Konferenz“ als Schritt in die richtige Richtung bezeichnet werden.

3.3 Personenbezogene soziale Dienstleistungen und Berufsausbildungsstruktur - Durchlässigkeiten ermöglichen und fördern

Kaum ein anderer Berufszweig hat in der Vergangenheit so starke Wandlungen erfahren, wie jene der Sozialen Dienstleistungsberufe. Da diese Frauenberufe, wie gezeigt als haushaltsnahe Tätigkeiten ohne Produktionscharakter bewertet werden, sind sie je nach gesellschaftlicher Situation und politischem Interesse von Abwertungstendenzen bedroht. (wie es sich auch in aktuellen Diskursen, wie z.B. der Einführung einer „Fachassistenzausbildung durch die KMK nachzeichnen lässt, siehe Anhang) Zunächst ist jedoch die Frage zu diskutieren, welche Akteur*innen gegenwärtig entscheidend im Berufs- und Studienbereich sind. Folgende Grafik zeigt exemplarisch nationale Entscheidungsgremien auf.

(19)

18

Abbildung 3: Auswahl nationaler Player für den Berufsbildungs- und Studienkontext (Eigene Darstellung)

Exemplarisch am Lehrplan der Fachschule für Sozialpädagogik (Erzieher*innenausbildung) wird gezeigt, wie viel verschiedene Ebenen auf die Berufsausbildung einwirken:

• Rahmenvereinbarung über Fachschulen (Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 07.11.2002 i.d.F. vom 02.03.2012)

• Kompetenzorientiertes Qualifikationsprofil für die Ausbildung von Erzieherinnen und Erziehern an Fachschulen/Fachakademien (Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 01.12.2011)

• Vereinbarung über den Erwerb der Fachhochschulreife in beruflichen Bildungsgängen (Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 05. Juni 1998 i. d. F. vom 9. März 2001)

• Hamburgisches Schulgesetz (HmbSG) vom 16. April 1997 i. d. F. vom 04. Dezember 2012)

• Schulgesetze der 15 weiteren Bundesländer,

• Ausbildungs- und Prüfungsordnung für berufliche Schulen - Allgemeiner Teil - (APO-AT) vom 25. Juli 2000 i. d. F. vom 15. August 2011

• Ausbildungs- und Prüfungsordnung der Fachschule für Sozialpädagogik und der Fachschule für Heilerziehungspflege (APO-FSH) Vom 16. Juli 2002 07 i. d. F. vom 28. Februar 2013

In der Aufzählung wird deutlich, dass besonders die Kultusministerkonferenz einen entscheidenden Einfluss auf die Berufsausbildung hat, daher wird im kommenden Abschnitt die Kultusministerkonferenz (KMK)näher betrachtet.

Kultus- minister- konferenz

(KMK)

BIBB (Bundesinstitut für Berufliche Bildung)

Jugend- minister- konferenz

(JMK) Gewerkschaften z.B.

ver.di , GEW

16 Länder- Jugend- und

Sozial- ministerien

16 Länder - Kultus- ministerien

Arbeitgeberverbände

(20)

19

3.3.1 Nationale Player im Berufsbildungskonzept - Die Kultusministerkonferenz (KMK)

Die Kultusministerkonferenz (KMK) ist das zentrale nationale Organ, welches nachhaltig Rahmensetzungen für den Berufsbildungskontext vornimmt bzw. auch Europäische Beschlüssen (z.B.

Bologna Reform in Form von Bachelor und Masterprogrammen) für nationale Standards angleicht.

Zusammenfassend argumentiert die KMK ihre Aufgabe selbst wie folgt: „In der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland (kurz: Kultusministerkonferenz) arbeiten die für Bildung und Erziehung, Hochschulen und Forschung sowie kulturelle Angelegenheiten zuständigen Ministerinnen und Minister bzw. Senatorinnen und Senatoren der Länder zusammen. Dabei nehmen die Länder ihre Verantwortung für das Staatsganze selbstkoordinierend wahr. In Angelegenheiten von länderübergreifender Bedeutung sorgen sie für das notwendige Maß an Gemeinsamkeit in Bildung, Wissenschaft und Kultur.“ (https://www.kmk.org/kmk/aufgaben.html ; Abgerufen am: 01.02.2020)

Daraus resultierend entstehen für den gesamten staatlichen Bildungssektor Herausforderungen, die die KMK wie folgt beschreibt: „Eine wesentliche Aufgabe der Kultusministerkonferenz besteht darin, durch Konsens und Kooperation für die Lernenden, Studierenden, Lehrenden und wissenschaftlich Tätigen das erreichbare Höchstmaß an Mobilität zu sichern, zur Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse in ganz Deutschland beizutragen und die gemeinsamen Interessen der Länder im Bereich Kultur zu vertreten und zu fördern.“ (ebd.). Daraus abgleitet lassen sich vorrangig diese Aufgaben der KMK bestimmen:

die Einheitlichkeit und Vergleichbarkeit von Zeugnissen, Kooperation von Einrichtungen der Bildung, Wissenschaft und Kultur zu fördern.

Mit den rechtlich bindenden Mitteln via Erlassen, Beschlüssen und Empfehlungen handelt die KMK damit rechtsverbindliche Mindeststandards aus, die durch die Bundesländer in ihrem durch das Grundgesetzte (Art.30 GG) garantierte Kultushoheit ausgestaltet werden. Dort heißt es: „Die Ausübung der staatlichen Befugnisse und die Erfüllung der staatlichen Aufgaben ist Sache der Länder, soweit dieses Grundgesetz keine andere Regelung trifft oder zuläßt.“ (https://www.gesetze-im- internet.de/gg/art_30.html; Abgerufen am: 01.02.2020, siehe Dokumentation der aktuellen Situation im Sozial und Gesundheitsbereich im Anhang)

3.3.2 Internationale/ Europäische Player mit Auswirkungen auf den Berufsbildungsbereich Neben der Nationalen Organisation spielen mit der weiteren Politikverflechtung innerhalb der

Europäischen Union und der durch die EU garantierte Arbeitnehmerfreizügigkeit (Artikel 20 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union) eine essenzielle Rolle. Wie vielschichtig die Konsequenzen im Alltag sind zeigt folgende Grafik:

(21)

20

Abbildung 8: Bundeszentrale für politische Bildung (2009): Ich und die EU. (Online unter:

https://www.bpb.de/internationales/europa/europaeische-union/42848/grafik-ich-und-die-eu; Abgerufen am 01.02.2020)

Besonders Artikel 45 ist hierbei für die Berufsbildung relevant. Dort heißt es: „Innerhalb der Union ist die Freizügigkeit der Arbeitnehmer gewährleistet.“ Das bedeutet in der Konsequenz, dass (Berufs- und Studien) Abschlüsse innerhalb der EU anerkannt werden müssen. Damit eine Harmonisierung der

verschiedenen Ausbildungs- und Studiensysteme überhaupt möglich wurde, musste ein System entwickelt werden, dass gegenseitige Anerkennungen möglich macht. Ein in den angelsächsischen Bereichen bereits früher erprobtes System stellt ein allgemeiner Qualifikationsrahmen dar. Sowohl die historische als auch die daraus folgenden alltäglichen Konsequenzen dererlei Qualifikationsrahmen werden in diesem Kapitel erarbeitet.

Da Bildung die unerlässliche Voraussetzung sowohl zur Persönlichkeitsbildung, Emanzipation als auch zur (beruflichen) Produktivität darstellt ist Bildung nicht nur auf nationaler, sondern auch auf suprarationaler Ebene (EU-Ebene) dauerhaftes Thema. Mit dem Bologna-Prozess 1999 und der Kopenhagen Deklaration 2002 und jüngst dem Europäischen Bildungsraum 2018 sind auf Europäischer Ebene Versuche unternommen worden die verschiedenen Bildungs- und Ausbildungssysteme der EU- Staaten reziprok anerkennen zu können.

Die bisher am deutlichsten für die Bürger*innen spürbarste Konsequenz war die Umstellung auf das Bachelor / Master- System. Mit dem Bologna/Kopenhagen-Brügge Abkommen sind folgende Aspekte verbunden:

Grundsatzidee ist einen gemeinsame Bildungsraum zu schaffen

Vergleichbarkeit von Bildungsabschlüssen angefangen bei vergleichbaren Bachelor (B.A) und Masterabschlüssen (M.A)

B.A = erster wissenschaftlich qualifizierter Abschluss

M.A = wissenschaftlich vertiefender Abschluss, der auch zur Promotion berechtigt

Insgesamt soll lebenslanges Lernen in einer immer schnelleren Welt favorisiert und gefördert werden (vgl. Europäische Kommission 2001:4)

(22)

21

Dahinterliegend sind vor allem neben der Idee der Anerkennung- die Ideen der ‚vertikalen‘ und

‚horizontalen‘ Durchlässigkeiten verbunden.

Die vertikale Durchlässigkeit ermöglicht einen Aufstieg im Bildungssystem. (vgl. Diller o.J:8)

• von der Schule zur Ausbildung,

• von der beruflichen Ausbildung zum Hochschulstudium,

• von einem Bachelor zum Masterabschluss

• von einem Masterabschluss zur Promotion

• von einem Studienabschluss in die berufliche Praxis (vgl. Kruse, 2008 in Balluseck: S. 59) Darüber hinaus besteht auch noch die horizontale Durchlässigkeit. Dabei ist gemeint, dass bei gleicher formalen und fachlichen Ausbildungsebene, z.B. Wechsel von einem Bundesland zum anderen innerhalb des gleichen Studiengangs oder auch innerhalb Europas möglich werden soll (vgl. Diller o.J.:

8).

Gerade die Aspekte der Durchlässigkeit sind für die Sozialen Dienstleistungsberufe von essenzieller Bedeutung, insofern als, dass sie den darin Beschäftigten die Möglichkeit bieten können qua Bildung einen Aufstieg zu schaffen. Innerhalb der Qualifikationsrahmen der Europäischen Union (EQR) und deren deutschen Adaption (DQR) sind diese Gedanken ebenfalls enthalten.

Der Europäische (EQR) und Deutsche Qualifikationsrahmen (DQR)2

Grundsätzlich beschreiben Qualifikationsrahmen systematisch die Qualifikationen innerhalb eines Bildungssystems, indem sie sie verschiedenen Niveaus zuordnen. Basis hierfür sind die mit den Qualifikationen verbundenen Lernergebnisse. Die einzelnen Niveaus machen sichtbar, was die Inhaberin oder der Inhaber einer Qualifikation weiß, versteht oder in der Lage ist zu tun. Die ersten Qualifikationsrahmen entstanden im angelsächsischen Raum. Die Schaffung eines Europäischen Qualifikationsrahmens (EQR) wurde mit der Empfehlung an die Mitgliedstaaten verbunden, nationale Qualifikationsrahmen zu entwickeln und diese auf den EQR zu beziehen.

Bildungsbereichsübergreifende Qualifikationsrahmen wie der DQR werden dazu entwickelt, ein gesamtes Bildungssystem umfassend abzubilden. Der DQR beschreibt auf acht Niveaus fachliche und personale Kompetenzen, an denen sich die Einordnung der Qualifikationen orientiert, die in der allgemeinen, der Hochschulbildung und der beruflichen Bildung erworben werden. Die Niveaus haben eine einheitliche Struktur. Sie beschreiben jeweils die Kompetenzen, die für die Erlangung einer Qualifikation erforderlich sind (DQR 2018).

2 Zur erweiterten Vertiefung empfiehlt sich folgendes kurzes Video: https://www.dqr.de/content/2721.php

(23)

22

Abbildung 4: Kompetenzdarstellung nach DQR (Eigene Darstellung)

Der Kompetenzbegriff spielt im DQR eine essenzielle Rolle. Damit wird das zentrale Ziel aller Bereiche des deutschen Bildungssystems zum Ausdruck gebracht, den Lernenden den Erwerb einer umfassenden Handlungsfähigkeit zu ermöglichen.

Es geht nicht um isolierte Kenntnisse und Fertigkeiten, sondern um die Fähigkeit und Bereitschaft zu fachlich fundiertem und verantwortlichem Handeln. Der DQR bezieht die mit einer Qualifikation verbundenen Lernergebnisse auf die berufliche und persönliche Entwicklung des Einzelnen ein.

Das Lernen in Bildungsinstitutionen ist nicht nur auf den Erwerb von Wissen und Kulturtechniken gerichtet, sondern muss auch die konstruktive Mitarbeit der Einzelnen an Lerngruppen fördern.

Kompetenzen sind die in lebenspraktischen Zusammenhängen weiterwirkenden Ergebnisse von Lernprozessen.

Für den Bereich der Sozialen Arbeit liegt ein Fachqualifikationsrahmen, der Qualifikationsrahmen Soziale Arbeit (QR SozArb) (FBTS, 2016) vor.

3.3.3 Besonderheiten & Zuordnung der Fachschule für Sozialpädagogik im DQR

Der DQR beschreibt acht Kompetenzniveaus, denen sich die Qualifikationen des deutschen Bildungssystems zuordnen lassen. Der ‚Niveauindikator‘ beschreibt allgemein die Anforderungen, die erfüllt werden müssen, wenn eine Qualifikation des entsprechenden Niveaus erworben wurde. Dabei geht es vor allem darum, in welchem Grad die Absolventinnen und Absolventen in der Lage sind, mit Komplexität und unvorhersehbaren Veränderungen umzugehen, und mit welchem Grad von Selbständigkeit sie in einem beruflichen Tätigkeitsfeld oder in einem wissenschaftlichen Fach agieren können (Hierholzer 2019).

Im Bereich der Fachkompetenz geht es darum, in welcher Breite und Tiefe Wissen erworben wurde und in welcher Ausprägung die Absolventinnen und Absolventen über Fertigkeiten verfügen. Damit ist die Fähigkeit gemeint, Instrumente und Methoden einzusetzen und zu entwickeln. Dazu gehört auch die Fähigkeit, Arbeitsergebnisse zu beurteilen. Personale Kompetenz schließt soziale Aspekte ein: Team- und Führungsfähigkeit, die Fähigkeit, das eigene Lern- oder Arbeitsumfeld mitzugestalten, und Kommunikationsfähigkeit. Hinzu kommen Eigenständigkeit und Verantwortung, die Fähigkeit zur Reflexion und Lernkompetenz (ebd.).

Kompetenz

Fachkompetenz

Wissen

Fertigkeiten

Personale Kompetenz

Sozialkompetenz

Selbständigkeit

(24)

23 Abbildung 5: DQR- Niveaustufen (Eigene Darstellung)

Den jeweiligen Niveaustufen sind im DQR3 Berufe zugeordnet. Hier wird dies einmal exemplarisch für den Beruf der Erzieher*in durchdekliniert. Die zentrale Besonderheit ist, bei dem klassischen Ausbildungsweg Sozialassistent*innen/Sozialpädagogische Assistent*innenausbildung zur Erzieher*in der Niveausprung von Nivea 4 auf Niveau 6.

3Eine differenzierte Zuordnung einzelner Berufe zu den Niveaustufen kann unter: https://www.dqr.de/content/2316.php Niveau 1

•Erfüllung einfacher Anforderungen in überschaubaren festen Rahmen

•Erfüllung geschieht unter ständiger Anleitung

Niveau 2

•Fachgerechte Erfüllung in überschaubaren Rahmen

•Erfüllung geschieht weitgehend unter Anleitung

Niveau 3

•Selbständiges Erfüllen fachlicher Anforderungen in überschaubaren Rahmen

•Teiloffene

Lernbereiche/berufliche Tätigkeiten

Niveau 4

•Selbständige Planung und Bearbeitung fachlicher Aufgabenstellung

•Veränderbare

Lernbereiche/berufliche Tätigkeitsfelder

Niveau 5

•Selbständige Planung und Bearbeitung fachlicher

Aufgabestellungen

•Umfassende Veränderungen des Arbeitsfeldes

Niveau 6

•Planung, Bearbeitung und Auswertung von umfassenden Aufgaben- und Problemstellungen sowie

eigenverantwortliche Steuerung von Prozessen

•Häufig

unvorhersehbare Veränderungen im Arbeitsfeld

Niveau 7

•Bearbeitung neuer komplexer Aufgaben- und Problemstellungen sowie

eigenverantwortlichen Steuerung von Prozessen

•Häufig

unvorhersehbare Veränderungen im Arbeitsfeld

Niveau 8

•Gewinnung neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse bzw.

Lösung und Verfahren in einem beruflichen Tätigkeitsfeld

•Anforderungsstruktur Neuartig verbunden mit unklaren Problemlagen

(25)

24

Abbildung 6:Niveausprung von 4 auf 6 (vgl. Hierholzer 2019)

Aus diesen Berufspolitischen Entscheidungen ergeben sich Konsequenzen für zukünftige Studierende der Fachschulen für Sozialpädagogik, die im folgenden Abschnitt differenzierter erläutert werden.

3.3.4 Konsequenzen des DQR Niveaus 6 und des Gleichwertigkeitsbegriffs für die Ausbildung an der Fachschule für Sozialpädagogik

Neben dem Sprung von DQR 4 Niveau als sozialpädagogische Assistent*in/Sozialassistent*in auf Niveau 6 (zukünftige Erzieher*in) implementiert der Deutsche Qualifikationsrahmen den Begriff der

‚Gleichwertigkeit‘, dieser Begriff wurde u.a. gewählt, um eine vertikale bzw. horizontale, sowie eine soziale Durchlässigkeit innerhalb des Bildungssystems zu ermöglichen (vgl. Kruse 2008, Diller o.J.).

Dabei gilt: „Die Gleichwertigkeit von allgemeiner, beruflicher und hochschulischer Bildung ist der unumstößliche Grundsatz, dem Deutschland bei der Ausgestaltung des DQR folgt“

(Wirtschaftsministerkonferenz 2017:1).

Demnach werden bis zu drei Semester eines (Fach-)Hochschulstudiums durch die Ausbildung als Erzieher*in durch die Hochschulen angerechnet, dabei existieren verschiedene Modelle von der Individualprüfung hin bis zur allgemeinen Anerkennung. Diese Anerkennung richtet sich nach zwei Beschlüssen der Ständigen Konferenz der Kultusminister (KMK). Ein Beschluss aus dem Jahr 2002 besagt, dass 50% können anerkannt werden ca. 90 CP´s bei B.A Studium, wenn:

• Abitur vorhanden

• Inhalt 6 Niveau dem Teil des Studiums gleichwertig sind

• Anrechnungsmodalitäten müssen Akkreditiert werden (vgl. KMK 2002)

Dabei galt für die Fassung aus 2002, dass es sich noch um einen ‚Kann-Bestimmung‘ handelte und somit ein starker Interpretationsspielraum für die aufnehmenden Institutionen (i.d.R. Hochschulen) bestand.

Im Jahr 2008 besserte die KMK nach in Form einer ‚Muss-Bestimmung‘: „in allen Fällen, in denen Teile eines Studiums (…) durch nichthochschulische Leistungen ersetzt werden sollen, entscheidet die

(26)

25

Hochschule in eigener Zuständigkeit darüber, ob und in welchem Umfang eine Anrechnung erfolgen kann“ (KMK 2008:3)

In der Konsequenz darf zwar nicht verwechselt werden, dass eine Fachschulausbildung kein Hochschulstudium darstellt, zeitgleich ist sie diesem aber ‚gleichwertig‘. Das bedeutet für Fachschulen, dass sie ihre zukünftigen Studierenden neben der Fachhochschulreife auch zumindest in Teilen stärker akademischen Duktus näherbringen muss als dies bislang der Fall ist. Durch den EQR/DQR sind zumindest formal die Möglichkeiten der Durchlässigkeit gegeben, wie folgende Grafik zeigt:

Wie dies in der aktuellen Situation diskutiert wird, wird im Anhang anhand des aktuellen Beispiels der geplanten Einführung des Berufsabschlusses „Staatlich geprüfter Fachassistent für frühe Bildung und Erziehung“ bzw. „Staatlich geprüfte Fachassistentin für frühe Bildung und Erziehung“ (KMK) im Anhang nachgezeichnet und trotz der großen Dynamiken nachvollziehbar gemacht.

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