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Archiv "Zum 50. Todestag von Rudolf Schönheimer: Er revolutionierte die Kenntnisse vom Stoffwechsel" (12.09.1991)

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Dieses Foto von Rudolf Schön- heimer hat Prof. Karl Bernhard, Basel, zur Verfügung gestellt

ler jüdischen Geschäfte und Einrichtungen am 1. April überschlugen sich die Ereig- nisse an der Universität. Das

„Gesetz zur Wiederherstel- lung des Berufsbeamten- tums" war schon am 12. April

„in den Kliniken Freiburgs restlos durchgeführt". Schön- heimer kam am 17. April (Ostermontag) in New York an und erhielt drei Tage spä- ter eine Nachricht von Aschoff, der ihn von der be- vorstehenden Kündigung in Kenntnis setzte. Aschoff setz- te sich im Mai persönlich in Karlsruhe für ein Verbleiben Schönheimers ein. Schön- heimer blieb jedoch nach sei- ner Rückkehr aus Amerika

„von der Ausübung der Vor- lesungs- und Assistententä- tigkeit entbunden" (Unter- schrift Heidegger). Er wurde am 30. Juni 1933 von der Me- dizinischen Fakultät der Uni- versität Freiburg endgültig entlassen. Es traf in Freiburg nicht nur Schönheimer, son- dern mit ihm eine Reihe an- derer Kollegen, unter ihnen der designierte Dekan der Medizinischen Fakultät, der Internist Thannhauser und Hans-Adolf Krebs.

Die Forschungsschwer- punkte im Department Bio- chemie der Columbia Univer-

DEUTSCHES

ÄRZTEBLATT EDIZINGESCHICHTE

Vor 50 Jahren, in der Nacht auf den 11. September 1941, nahm sich Rudolf Schönheimer das Leben.

Zum Zeitpunkt seines Todes war er 43 Jahre alt und Asso- ciate Professor in der Abtei- lung Biochemie am College of Physicians and Surgeons der Columbia Universität New York. Er hat durch seine Ar- beit mit stabilen Isotopen in den nur acht Jahren zwischen seiner Vertreibung durch die Nazis aus Deutschland bis zu seinem Tode unsere Kenntnis vom Stoffwechsel revolutio- niert und galt als einer der aussichtsreichsten Mit-Kan- didaten für den Nobelpreis für Medizin, den Harold Urey 1943 für die Verwendung von Isotopen als Tracer erhielt.

Schönheimers Name ist in Medizinerkreisen relativ un- bekannt

Wer war dieser Mann, dem wir die Grundzüge der Tracertechnik zu verdanken haben und dessen umwälzen- de Erkenntnisse zum Inter- mediärmetabolismus uns al- len heute selbstverständlich sind?

Der Sohn eines Berliner Arztes schrieb sich nach dem Abitur am humanistischen Dorotheenstädtischen Gym- nasium in Berlin an der Uni- versität Berlin für Medizin ein und schloß mit Staatsex- amen (Juni 1922) und Promo- tion (Dezember 1923) ab. Ei- nen Teil seiner Medizinal- praktikantenzeit verbrachte Schönheimer im Pathologi- schen Institut des Kranken- hauses Moabit, wo er auch unter der Betreuung von Ge- heimrat Benda seine Doktor- arbeit über die experimentel- le Cholesterinkrankheit der Kaninchen anfertigte. Er faß- te den Entschluß, sich ganz der Pathologie zuzuwenden, ging aber zunächst für zwei Jahre an das renommierte Physiologisch-Chemische In-

stitut Leipzig zu Karl Tho- mas. Hier bestand ein von der Rockefeller Foundation ge- förderter spezieller Studien- gang für Chemie, in welchem Medizinern in zwei bis drei Jahren die Grundkenntnisse vermittelt wurden. Schönhei- mer arbeitete auf dem Gebiet von neuen Peptidsynthesen.

Im Februar 1927 wurde er Hilfsassistent am Pathologi- schen Institut Freiburg bei Ludwig Aschoff und im Okto- ber 1928 Vollassistent. Im Dezember 1928 habilitierte er sich für Allgemeine Patholo- gie und Pathologische Anato- mie. Kurz darauf wurde er als Leiter der neugegründeten Abteilung für Chemische Pa- thologie berufen. Er setzte seine Arbeiten auf dem Ge- biet der Atherosklerose fort und beschäftigte sich in der Hauptsache mit dem Sterol- metabolismus.

In New York die Kündigung erhalten

Anfang der 30er Jahre hatten sich die wirtschaftli- chen und politischen Verhält- nisse in Deutschland zuge- spitzt. Schönheimer war sehr beunruhigt und besprach sich mit Aschoff, der ihn vor den sich möglicherweise sehr schnell ändernden Dingen warnte und ihm empfahl, sich nach Alternativen umzuse- hen.

Aschoff hatte Anfang Fe- bruar 1933 eine Einladung der Josiah Macy Foundation erhalten, im April auf einem Atherosklerose-Kongress in New York zu sprechen, die er wegen vieler anderer Ver- pflichtungen nicht wahrneh- men konnte. Er schickte den damals 34jährigen Privatdo- zenten Rudolf Schönheimer, ihn zu vertreten. Nach den Wahlen vom 5. März und dem Aufruf zum Boykott al-

sität, wie sie Schönheimer Ende 1933 vorfand, nämlich die Kombination aus orga- nisch-chemischen und medi- zinischen Interessen, waren denen in Freiburg nicht un- ähnlich. Schönheimer setzte zunächst seine Arbeit über den Sterolmetabolismus fort, wurde dann aber sehr schnell zum Mittelpunkt des „Colum- bia Heavy Water Project". Er entwickelte das Konzept des

„Dynamic State of Body Con- stituents", welches die vorste- hende Ansicht einer Zweitei- lung des Metabolismus in

„Bau- und Betriebsstoffwech- sel" ablöste. Auch der Begriff des „metabolic pool", eines allgemeinen Reservoirs von Metaboliten, die sich in stän- digem Austausch mit allen Geweben befinden, geht auf Schönheimer zurück.

Eine entscheidende wis- senschaftliche Begegnung, die möglicherweise Schön- heimers genialen Experimen- ten den Weg bahnen half, hatte schon in Freiburg statt- gefunden. George von Heve- sy, der Ordinarius für physi- kalische Chemie, benutzte die Radioisotopen von Blei und Wismuth, um deren Vertei- lung in Pflanzen und Tieren zu untersuchen. Er hatte sich an Aschoff mit der Bitte ge- wandt, ihm einen Mitarbeiter mit biologischen Vorkennt- nissen zur Unterstützung sei- ner Arbeiten zu benennen, worauf der Kontakt mit Schönheimer zustande kam.

Nachdem er später in New York über das Deuterium verfügen konnte, bestand Schönheimers entscheiden- der gedanklicher Beitrag zur Etablierung der Tracertech- nik gewissermaßen in der Verknüpfung der schon seit der Jahrhundertwende beste- hende Idee, funktionelle Gruppen an organische Mo- leküle als „Marker" anzuhän- gen (F. Knoop 1902) und den frühen Arbeiten von Urey und von Hevesy, die sich mit dem Verhalten der Isotopen selber beziehungsweise dem von biologischen Systemen im schweren Wasser befaßten.

Schönheimers neuartige Idee war es, stabile Isotopen in or-

Zum 50. Todestag von Rudolf Schönheimer

Er revolutionierte

die Kenntnisse vom Stoffwechsel

A-3058 (108) Dt. Ärztebl. 88, Heft 37, 12. September 1991

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ganische Moleküle einzubau- en, welche vom Körper nicht von unmarkierten Molekülen unterschieden, die im Labor jedoch eindeutig identifiziert werden können.

Zu Beginn des Jahres 1941 mehrten sich trotz der wissen- schaftlichen Triumphe die persönlichen Probleme Schönheimers. Wenngleich er auch meist als ausgesprochen gesellig, kontaktfreudig und fröhlich galt, ist Schönheimer auch als zutiefst unglückliche Person beschrieben worden.

Er hatte Episoden von tiefer Depression. Er litt sehr unter der Vertreibung aus seinem Heimatland. Den Sommer dieses Jahres verbrachte er in Berkeley und bereitete die Dunham Lectures für den Herbst vor. Martin Kamen, der sein Gastgeber war, be- schrieb ihn als in gehobener Stimmung, euphorisch und Telefonische

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voller Ideen. Auf der Rück- fahrt hat Schönheimer offen- sichtlich in den Rocky Moun- tains einen Autounfall ge- habt, der zu einem Kranken- hausaufenthalt führte. Man merkte ihm den Schock spä- ter in New York noch an, be- merkte aber nichts Auffälli- ges am Tag vor seinem Tod, an dem die Vorlesungseintei- lung für das Wintersemester stattfand. Am nächsten Mor- gen wurde sein alter Freund, der Chirurg Abram Abeloff gerufen, der seinen Tod fest- stellte. Schönheimer hatte Blausäure genommen.

Forschungs-Erfolge mit Arbeitsgruppen Schönheimer war ein, auch in unserem heutigen Sinne, „moderner" Wissen- schaftler. Die Entscheidung, seine Ausbildung als Medizi- ner durch ein Zweitstudium der organischen Chemie zu erweitern, wie auch ein Gast- aufenthalt in den Vereinigten Staaten (der in den frühen dreißiger Jahren für einen jungen Wissenschaftler noch keine Selbstverständlichkeit war) zeugt von Weitblick und Vielseitigkeit.

Dem schlimmsten unge- planten Ereignis, der Vertrei- bung durch die Nazis, und dem Zufall, daß an seinem neuen und letzten Wirkort an der Columbia Universität die stabilen Isotope von Wasser- stoff, Stickstoff und Kohlen- stoff genau zu der Zeit ent- deckt und verfügbar gemacht wurden, haben wir die bril- lanten Forschungsergebnisse seiner letzten Jahre zu ver- danken.

Für drei Errungenschaf- ten gebührt Schönheimer größter Respekt: Er hat mit der Einführung der stabilen Isotope in organische Mole- küle die Prinzipien der Tra- certechnik begründet und den biomedizinischen Wis- senschaften eine vielseitige und unverzichtbare neue Methode zur Verfügung ge- stellt. Zweitens hat er, unter Anwendung dieser neuen Methode, die geläufigen

Konzepte des Metabolismus der wichtigsten Nährstoffe und des Intermediärmetabo- lismus im wahrsten Sinne re- volutioniert und damit die Grundlagen für weite Teile der modernen Biochemie ge- legt sowie viele andere Wis- senschaftler zu wichtigen Ex- perimenten angeregt.

Seine dritte Errungen- schaft ist, wie der Medizinhi- storiker Robert E. Kohler, Jr.

schrieb, die Begründung der interdisziplinären Arbeits- gruppe. Die Zusammenfüh- rung von Medizinern und Na- turwissenschaftlern aus ver- schiedenen Gebieten für die vielen Schritte der Experi- mente, von der Gewinnung der Isotopen, der Synthese von markierten Verbindun- gen, über die Planung und Ausführung von Experimen- ten in vivo und die kompli- zierten apparativen Messun- gen der Proben bis zur Inter- pretation der Resultate, ist für unsere heutige Zeit ei- ne Selbstverständlichkeit. Zu Schönheimers Zeiten waren jedoch noch viele Schranken

zu überwinden.

Das Stable Isotope Labo- ratory in Houston bemüht sich in Schönheimers Sinn um die Erweiterung der Anwen- dungsmöglichkeiten für stabi- le Isotopen und in Deutsch- land ist heute ein deutlicher Aufschwung des Interesses für ihre Verwendung in kli- nisch-diagnostischen Tests und in der Forschung zu ver- zeichnen. Das im Rahmen der Houstoner Institution ge- gründete Rudolf-Schönhei- mer-Archiv sammelt Materia- lien zu Schönheimers Leben, Person und Werk.

Heiner K. Berthold und Peter D. Klein

Rudolf Schönheimer Archi- ves Houston

Stable Isotope Laboratory USDA/ARS Children's Nutrition Research Center Department of Pediatrics, Baylor College of Medicine 1100 Bates Street,

Houston, TX 77030, U.S.A.

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A-3060 (110) Dt. Ärztebl. 88, Heft 37, 12. September 1991

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