• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Überlegungen zur Einheit in der Chirurgie" (18.09.1992)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Überlegungen zur Einheit in der Chirurgie" (18.09.1992)"

Copied!
2
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

DEUTSCHES

ÄRZTEBLATT

DER KOMMENTAR

••

Überlegungen zur Einheit Leo Koslowski,

Hans Wilhelm Schreiber, Edgar Ungeheuer

Die Diskussionen um die Weiterbildungsordnung und der Beschluß des Deutschen Ärztetages 1992 in Köln erfordern Überlegungen zur Einheit besonders in der Chirurgie

in der Chirurgie

Die Medizin ist nicht Selbst- zweck, sondern Helferin der Kran- ken. Sie ist keine exakte Naturwis- senschaft, sondern sie bedient sich naturwissenschaftlicher Methoden.

Im besten Fall ist sie eine Synthese von Natur- und Humanwissenschaf- ten.

Chirurgie ist operative Heilkun- de. Damit ist sie Handwerk, Wissen- schaft und Kunst zugleich. Ihre wis- senschaftlichen Grundlagen wurden im 19. Jahrhundert erarbeitet. Das heutige Wissen und Können der Chirurgen sind das Ergebnis des Zu- sammenwirkens von handwerklicher Tradition, ärztlicher Erfahrung und naturwissenschaftlicher Forschung.

Die Erfolge dieses Zusammenwir- kens kommen seit einem Jahrhun- dert dem Kranken meßbar zugute.

Spezialitäten mit gemeinsamem Erbe

Die Idee und Forderung nach Einheit der Chirurgie, vor 120 Jah- ren entwickelt und seither in der Deutschen Gesellschaft für Chirur- gie institutionalisiert, hat sich als au- ßerordentlich fruchtbar erwiesen.

Sie vermittelte Stetigkeit im ständi- gen Wandel, ein verbindliches chir- urgisches Ethos, einen gemeinsamen Fundus an praktischer Erfahrung und wissenschaftlicher Forschung, nicht zuletzt auch das Bewußtsein kollegialer Solidarität.

Die Zunahme des Wissens, der Erfahrung und des Könnens erzwang indessen eine Arbeitsteilung; sie führte zur Bildung von „Spezialitä- ten". Diese wurden praktisch und wissenschaftlich mündig, erreichten Selbständigkeit und nahmen im Hause der Chirurgie eine eigene Wohnung.

Eine „Spezialität" setzt Gemein- sames, Bewährtes fort und fügt durch Differenzierung Neues, Eige- nes hinzu. Das führt zur Verbesse- rung chirurgischer Leistungen, zu höherer Qualität.

Wegweiser der chirurgischen Differenzierung sind die anatomi- schen wie funktionellen Gegeben- heiten des menschlichen Körpers — seiner Organe, Organsysteme oder Regionen. Sie bilden die unmittelba- ren Arbeitsbereiche chirurgischen Handelns.

Es gibt keine Rangordnung der Organe und Organsysteme, folglich kann es auch keine Rangordnung operativer Fachgebiete oder „Spe- zialitäten" geben. Es gibt aber unter- schiedliche ärztliche Kompetenzen, die aus der speziellen Weiter- und Fortbildung sowie Erfahrung er- wachsen. Sie haben zur Bildung im- mer neuer Fachgebiete und Schwer- punkte geführt; sie haben so die fachliche und besonders die organi- satorische Einheit der Chirurgie er- weitert oder gar gesprengt.

Das begann mit der Verselb- ständigung der Ophthalmologie, der Frauenheilkunde, setzte sich fort mit der Abspaltung der Orthopädie, Neurochirurgie, Urologie und Anäs- thesiologie und hat nun (1992) die Herauslösung von Herzchirurgie, Kinderchirurgie und plastischer Chirurgie aus dem engeren Fachge- biet der Chirurgie gebracht.

Bedeutet dies das Ende der chir- urgischen Einheit? Sie ist keine feste organisatorische Größe, sondern ein Faktum und eine Idee, zugleich ein Bewußtsein gemeinsamen Erbes, konkreter nützlicher Vernetzung und gemeinsamer Verantwortung für den Kranken. Dieses Bewußtsein der Gemeinsamkeit ist in allen Chir- urgen, das heißt allen operativ täti-

gen Ärzten, nach wie vor lebendig; es kann durch Änderungen der Weiter- bildung oder durch andere allfällige Umstände nicht ausgelöscht werden.

Worin besteht heute das ge- meinsame Erbe der chirurgischen Disziplinen? Hierzu gehören unter anderem:

> die chirurgische Anatomie

> die chirurgische Pathologie I> die chirurgische Pathophy- siologie

> Wundentstehung und Wund- heilung

I> das schonende Operieren

> die chirurgischen Infektio- nen

> der chirurgische Notfall

> der chirurgische Katastro- phenfall

I> die chirurgische Intensivme- dizin

> die chirurgische Qualitätssi- cherung

> die chirurgische Hygiene

> die chirurgische Technik

> die chirurgisch-wissenschaft- liche Publizistik

> die Verteilungsgerechtigkeit in der Chirurgie

> Chirurgie und Ethik

> Chirurgie und Recht

> Chirurgie und Gesellschaft

> Chirurgie und Medien

> chirurgische Tradition und ärztliche Kollegialität.

Im gemeinsamen Auftrag liegen ferner:

• die Gewährleistung eines akademischen Unterrichts der Stu- denten auf hohem Niveau,

• die Beschreibung der Weiter- bildung im Fachgebiet Chirurgie und seinen Schwerpunkten,

• Zusammenarbeit in chirurgi- schen Arbeitsgemeinschaften,

• Gewährleistung einer qualifi- zierten Basisausbildung,

A1-3022 (30) Dt. Ärztebl. 89, Heft 38, 18. September 1992

(2)

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

EG-Binnenmarkt und Arzneimittel

Andere Länder meint auch:

Andere Leiden, andere Therapien

„Harmonisierung" — so lautet ein Zauberwort für den europäischen Binnenmarkt. Auch für den Bereich der Arzneimittel wird eifrig auf die- ses Ziel hingearbeitet. Eine europaweite Normierung der .Arzneimittel- therapie ist jedoch auch im Gemeinsamen Markt weder wahrschein- lich noch sinnvoll. Die Autorin des folgenden Beitrags weist nämlich darauf hin, daß Krankheitsverständnis und Therapiegewohnheiten in den einzelnen Ländern sich höchst unterschiedlich entwickelt haben.

• die Beschreibung bestimmter Anforderungen an die Krankenhäu- ser,

• die Definition der Qualifika- tion leitender Chirurgen im Kran- kenhaus,

• die Definition der Qualitäts- merkmale niedergelassener Chirur- gen,

• die Veranstaltung von Fach- tagungen,

• die Beschreibung der Grenz- bereiche der Chirurgie und ihrer in- terdisziplinären Überschneidungen.

Kongresse, Tagungen und Sym- posien sind eine immer schwieriger werdende Aufgabe. Für alle Schwer- punkte der Chirurgie, wie sie in der neuen Weiterbildungsordnung defi- niert sind, gibt es bereits wissen- schaftliche Fachgesellschaften. Es gibt die Deutsche Gesellschaft für Chirurgie als älteste medizinische Fachgesellschaft in unserem Land.

Hat sie sich und haben sich ihre Auf- gaben überlebt?

Etwa 85 Prozent aller chirurgi- schen Patienten werden in Kranken- häusern der Grund- und Regelver- sorgung behandelt. Die in diesen Häusern tätigen Chirurgen erwarten von den Fachtagungen eine Weiter- und Fortbildung sowohl in prakti- schen als auch in wissenschaftlichen Fragen. Sie erwarten, daß ihnen die Teilnahme am Fortschritt in der Chirurgie ermöglicht wird. Sie erhof- fen sich dies von klaren Übersichts- referaten, klinischen Erfahrungsbe- richten, verständlichen Vorträgen über neue Entwicklungen und von kritischen Diskussionen.

Die Deutsche Gesellschaft für Chirurgie sollte ihre Hauptaufgabe darin sehen, allen chirurgischen Dis- ziplinen und „Spezialitäten" als schützende Dachorganisation zu die- nen, den interdisziplinären Gedan- ken- und Erfahrungsaustausch zu fördern und den Chirurgen ein Fo- rum zu bieten.

Wichtig wird es dabei sein, die Qualitätssicherung auszubauen und so den hohen Leistungsstandard zu gewährleisten.

Anschrift für die Verfasser:

Prof. Dr. med. Edgar Ungeheuer Steinbacher Hohl 28

W-6000 Frankfurt/Main 90

Zum Jahreswechsel wird der EG-Binnenmarkt offiziell. Auch für Arzneimittel soll ein „Markt ohne Grenzen" entstehen. Im Idealfall würden für Arzneimittel in allen EG-Mitgliedsstaaten die gleichen Anforderungen gelten, Kennzeich- nung und Gebrauchs-Fachinforma- tionen wären identisch und für alle Europäer verständlich, die Preise sehr ähnlich, die Arzneimittel könn- ten frei und ohne Kontrollen zirku- lieren und stünden in jedem Mit- gliedsstaat gleichermaßen zur Verfü- gung. Ein ehrgeiziges Ziel, an dem eifrig gearbeitet wird. EG-Minister- rat und EG-Kommission sind zufrie- den mit dem, was sie bisher mit Richtlinien und Regelungen zur Harmonisierung für den Pharmabe- reich erreichen konnten. Nach 1992 (die Frage ist: wann genau?) sollen drei Zulassungsverfahren nebenein- ander existieren:

• Ein nationales Verfahren für eine räumlich begrenzte Anwendung von Arzneimitteln,

• ein dezentrales Verfahren auf der Basis der gegenseitigen Anerken- nung der Zulassung,

• ein zentrales Verfahren, in der Verantwortung einer neutralen europäischen Arzneimittelbe- hörde.

Bereits heute existieren Guide- lines des EG-Arzneimittelausschus- ses (CPMP) zu bestimmten Einzel- fragestellungen, Richtlinien und Di- rektiven. Dies alles sind notwendige und sinnvolle Maßnahmen für den gemeinsamen Binnenmarkt und ei-

nen freien Arzneimittelverkehr und -wettbewerb. Aber auch wenn alle technischen Schranken erfolgreich beseitigt wären und allen Bürgern Europas ein riesiger Markt offen- stünde, bleibt die Skepsis gegenüber der Illusion eines einheitlichen Arz- neimittelmarktes berechtigt.

Die Anforderungen an Qualität und Sicherheit von Arzneimitteln sind relativ einfach zu harmonisie- ren. Dagegen fallen Beurteilungen von Wirksamkeit, Nutzen und Risi- ken im Rahmen der nationalen Ge- sundheitssysteme verschieden aus.

Wie unterschiedlich diese Be- wertung sein kann, zeigte sich jüngst an der unterschiedlichen Beurtei- lung des Nebenwirkungsrisikos von Triazolam. Hier reichen die Reaktio- nen der Behörden von Abwägen der Zurückhaltung über partielle An- wendungsbeschränkungen bis zum Entzug der Zulassung. Auch eine ideal gedachte gegenseitige Aner- kennung der nationalen Arzneimit- telzulassungen wird in der Praxis in Europa nicht funktionieren, vor al- lem nicht, weil die Beurteilung des Kriteriums „Wirksamkeit" in den einzelnen Ländern unterschiedlich ausgelegt wird. Das hat dazu geführt, daß in 250 Fällen, die bisher dem EG-Koordinierungsausschuß vorla- gen, kein einziges Medikament alle nationalen Zulassungen durch ge- genseitige Anerkennung erhielt. >

11

Verschiedene Kriterien

Dt. Ärztebl. 89, Heft 38, 18. September 1992 (33) A1-3025

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Berichte aus der Wissen - schaft. Die neue Sprache des Körpers. Drittes Fernsehen Hessen, 11. Film von An- gelika Holtermann. Drittes Fernsehen Bayern, 13. Wer will schon ein

Abschluß der Weiterbildung wird durch die Habilitation erreicht und umfaßt folgende Teilziele, die bisher in Marburg auch verwirklicht wer- den konnten: — Volle Aus-

• Molekularbiologie • Pharmako- logie • Medizinische Anwendung, Handbuch für Ärzte, Apotheker und andere Naturwissenschaftler, Wissenschaftliche Verlagsgesell- schaft,

Bei der kinder- und jugendpsychiatri- schen Untersuchung wurde festgestellt, dass Peter während der Testung eine deutliche motorische Unruhe und er- höhte Ablenkbarkeit aufwies..

Siewert sieht jedoch auch strukturelle Folgen: „Übernimmt ein Träger mehrere Häuser einer Region, gilt nicht mehr der Wettbewerb, sondern eine Umverteilung von Kompetenzen..

Im speziellen Teil sind neben den vollständigeren organspezifi- schen Kapiteln, die jeweils ei- nen analogen Aufbau mit vorangestellten anatomischen und physiologischen

Zunächst einmal gibt es Fälle, in denen aus rein praktischen Gründen eine Internatserziehung not- wendig ist: Die Eltern hal- ten sich im Ausland auf oder können aus anderen

Unstrittig konnte festgestellt werden, daß die maschi- nellen Nahtgeräte in bestimmten Bereichen, wie etwa bei den tiefen anterioren Rektumresektionen oder bei der