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Archiv "Aspirin-Prophylaxe und Blutungsrisiko" (01.03.1996)

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as maligne Pleuramesotheli- om war bis vor 20 Jahren eine seltene und nur sporadisch auftretende Erkrankung. Zu Beginn der 60er Jahre konnte von Pa- thologen eine Korrelation der Häu- figkeitszunahme dieses Tumors mit einer meist lange Zeit zurückliegen- den, in der Regel erheblichen Asbest- belastung beobachtet werden (60).

Aufgrund international übereinstim- mend erhobener Forschungsergeb- nisse der letzten 15 Jahre kann bei dem diffusen malignen Mesotheliom sogar von einem „Signaltumor“ einer stattgehabten Asbeststaubexposition gesprochen werden (34, 66, 68, 37, 38). Lungenkrebserkrankungen bei gleichzeitiger pulmonaler Asbestose wurden schon 1934 gesehen (71). Der Weg von sporadischen Einzelbeob- achtungen bis zur heute geltenden versicherungsmedizinischen Begut- achtungs- und Entschädigungspraxis war jedoch mühevoll, die Diskussio- nen sind noch nicht abgeschlossen.

Neben dem versicherungsmedizi- nischen Aspekt ist die Frage nach der Möglichkeit der Angabe eines Asbest- faser-Schwellenwertes im „Niedrigdo- sisbereich“ von besonderem öffentli- chen Interesse, bei dem – unter Berücksichtigung der unvermeidba- ren allgemeinen Umweltexposition – mit einem erhöhten Krebsrisiko zu rechnen ist. Welche konkreten Hin- weise für gesicherte oder mindestens wahrscheinliche Gesundheitsschädi- gungen durch allgemeine Asbestbela- stungen stehen zur Verfügung, die zu- meist aufwendige und kostenintensive Sanierungsmaßnahmen begründen?

Asbest in der Umwelt

Immissionsdaten

Bei Immissionsmessungen in so- genannten Reinluftgebieten (Harz) konnten 200 Asbestfasern pro Kubik- meter Luft gemessen werden (Länge . 5 µm, Durchmesser , 3 µm, Län- ge:Durchmesser .3:1). An verkehrs-

reichen Großstadtkreuzungen wur- den fünffach höhere Werte beobach- tet (33). Bisher sind unseres Wissens jedoch keine entsprechenden Kohor- ten etwa von Verkehrspolizisten oder Anwohnern derartiger Orte mit einer erhöhten Inzidenz bösartiger Lun- gen- oder Pleuratumoren bekannt.

Maximalwerte von 2 000 Asbest- fasern pro Kubikmeter Luft wurden in der Umgebung einer Asbestfabrik gemessen (33). Andere Messungen ergaben 80 bis 350 Fasern pro Kubik- meter Luft (27). In diesem Zusam- menhang ist von Interesse, daß in epi- demiologischen Studien der Jahre 1960 und 1965 bis zu 30 Prozent der an malignem Mesotheliom Erkrankten

nicht beruflich exponiert waren, son- dern in der Nähe von Asbestminen gelebt hatten (60, 41). Eine erhöhte Asbeststaubexposition wurde auch bei Kontakten innerhalb von Haus- halten und bei Angehörigen von As- bestarbeitern beobachtet (2, 70).

Im Vergleich zu diesen Meßdaten sind in Gebäuden mit asbesthaltigen Materialien bis zu 15 000 Asbestfasern (. 5 µm Länge) erfaßt worden (33).

Bei Probenentnahmen mehrere Wo- chen nach Asbestsanierungen stellten sich Spitzenkonzentrationen von bis zu 0,9 3 106 Asbestfasern (. 5 µm Länge) dar. Hier wurden die vor der Sanierung gemessenen Werte wesent- lich übertroffen (8). Derartige Kon- zentrationen erreichen bereits das Ausmaß beruflicher Expositionen bei Bearbeitung oder Reinigung von As- bestzement mit Werten von 0,6 bis 1,5 Millionen Fasern (.5 µm Länge) (1).

Maximalwerte von bis zu 50 Millionen Fasern (. 5 µm Länge) können bei Arbeiten mit Trennschleifern (Flex) in Innenräumen gemessen werden (1).

Ein nochmaliges deutliches Über- schreiten derartiger Werte ist bei Ent- sorgungsmaßnahmen möglich (4).

Das jeweils angewandte Meßver- fahren spielt bei der Beurteilung ver- schiedener epidemiologischer Studi- en eine große Rolle. Die gewonnenen Resultate sind untereinander teilwei- se nicht vergleichbar. Vor 1971 wurde nicht zwischen „schädlichen Parti- keln“ und Asbestfasern unterschie- den. So ergeben sich bei gemessenen Partikelzahlen in Stäuben Asbestfa- seranteile von 0,1 bis 20 Prozent (40).

Bei simultanen Messungen mit ver- schiedenen Gerätesystemen können Unterschiede von bis zu 500 Prozent resultieren (40).

Bildet man aus den verfügbaren Zahlen Mittelwerte, so kann grund- sätzlich von einer 100- bis 10 000fach höheren Exposition an gefährdeten Arbeitsplätzen im Vergleich zu der all-

Asbestassoziierte Erkrankungen

Bekanntermaßen können Asbestfasern an der Entstehung des malignen Pleu- ramesothelioms und bösartiger Lun- gentumoren sowie einer Anzahl nicht maligner Lungen- und Pleuraverände- rungen beteiligt sein. Oftmals steht bei den asbestassoziierten Erkrankungen im Rahmen versicherungsmedizini- scher Begutachtungsverfahren eine be- rufliche Asbestfeinstaub-Exposition zur Diskussion. Bezüglich der allgemeinen Umweltbelastung durch Asbestfasern gibt es bislang keine epidemiologisch und pathomorphologisch gestützten re- produzierbaren Untersuchungsergeb- nisse, nach denen diese zu einem we- sentlich erhöhten asbestbedingten all- gemeinen Krebsrisiko führen.

Klaus-Michael Müller Michael Krismann

Pathologisch-anatomische Befunde und versicherungsmedizinische Aspekte

Institut für Pathologie (Direktor: Prof. Dr. med.

Klaus-Michael Müller) an den Berufsgenos- senschaftlichen Kliniken „Bergmannsheil“ Bo- chum – Universitätsklinik

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gemeinen Umweltbelastung ausge- gangen werden. Es scheint unwahr- scheinlich, daß epidemiologische Stu- dien das extrem niedrige Krebsrisiko durch solche Umweltbelastungen un- ter Berücksichtigung der Rauchge- wohnheiten der Kohorten detektieren können. In einer neueren Studie konn- te dennoch ein erhöhtes Risiko für die Erkrankung an einem malignen Meso- theliom für Patienten ermittelt wer- den, deren pulmonaler Gehalt an Am- phibolfasern (>5 µm) noch innerhalb der Normbereichsobergrenze der übrigen Bevölkerung lag (70). Diese Daten unterstreichen die Bedeutung präventivmedizinischer Maßnahmen und die unbedingte Notwendigkeit des kritischen Umgangs mit Altlasten as- besthaltiger Materialien im häuslichen Milieu. Darüber hinaus ist festzuhal- ten, daß insbesondere die mit Asbest- Entsorgungsarbeiten betrauten Ar- beitnehmer einem besonders hohen Risiko einer stark vermehrten Asbest- faserstaubinhalation ausgesetzt sind, wenn nicht strenge Sicherheitsmaß- nahmen beachtet werden.

Asbest im Trinkwasser

Auch im Trinkwasser ist gegebe- nenfalls aufgrund asbesthaltiger Lei- tungssysteme mit einer Asbestfaser- belastung zu rechnen. So wurde bei Messungen in den USA ein Spitzen- wert von 300 Millionen Asbestfasern (.5 µm Länge) pro Liter Trinkwasser erzielt (63), für Deutschland liegen Meßwerte von einer bis elf Millionen Asbestfasern pro Liter Trinkwasser vor (56). Eine sicher reproduzierbare Korrelation zwischen diesen Bela- stungen und einer erhöhten Inzidenz von Krebserkrankungen des Verdau- ungstraktes konnte bisher nicht nach- gewiesen werden. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, daß möglicherweise as- bestfaserbelastetes Trinkwasser über Luftbefeuchter zu einer erhöhten Raumluftbelastung führen kann (bis zu 80 000 Fasern pro Kubikmeter Luft, 63).

Ausschließliche Faserbestimmungen

Bei allen heute verfügbaren Möglichkeiten zur reproduzierbaren Analyse und Erfassung von erhöhten

Asbeststaubkonzentrationen dürfen die individuellen Unterschiede in der Aufnahme- und Reaktionsbereit- schaft des menschlichen Organismus nicht vernachlässigt werden. Schließ- lich kann heute als gesichert angese- hen werden, daß inhalierte Fasern vom Typ des Weißasbestes – dieser stellt 95 Prozent des Verbrauches in Deutschland dar (32) – aus dem Lun- gengewebe abtransportiert oder ab- gebaut werden können. Korreliert man die blastomatöse und fibrogene Potenz langer, dünner und persisten- ter Asbestfasern mit daraus abzulei- tendem chronischen Reizpotential auf die Gewebestrukturen (20 bis 40 Jahre), so ist eine Reduktion des Krebspotentials bei individuell ver- schiedener Faserelimination leicht verständlich. Zweifelsfrei nachvoll- ziehbar wird ein individuell sehr un- terschiedliches Reaktionsmuster auf inkorporierte Asbestfasern auch bei der Korrelation von Meßwerten von Asbestkörperchen und Asbestfasern im Lungenstaub zum errechneten Wert nach dem Faserjahrmodell. Im eigenen Untersuchungsgut des deut- schen Mesotheliomregisters konnten bisher nur sehr bedingt reproduzier- bare Zusammenhänge zwischen die- sen Werten demonstriert werden.

Pathologische Anatomie

Asbestose

Nach einer entsprechenden As- beststaubexposition führt die Inkor- poration resistenter Asbestfasern in den Lungen beim Menschen zu fibro- sierenden Veränderungen. Der Pro- zeß ist charakterisiert durch eine un- spezifische chronisch-entzündliche Fremdkörperreaktion (16) (Abbil- dung 1a). In den Fibrosearealen las- sen sich typischerweise lichtmikro- skopisch Asbestkörper nachweisen (Abbildung 1b). Hierbei handelt es sich um Asbestfasern, welche von ei- ner eisenhaltigen Proteinhülle umge- ben sind. Von den Asbestkörpern müssen Pseudoasbestkörper polari- sationsoptisch abgegrenzt werden.

Hierbei handelt es sich um andere fa- serförmige Partikel, die häufig eben- falls von einer eisenhaltigen Hülle umgeben sind. Asbestkörper enthal-

ten stets eine optisch transparente, schwach doppelbrechende Zentralfa- ser mit in Längsachse planparallelen Kanten. In der Regel sind die fibro- sierenden Veränderungen in beiden Lungen ausgebildet, wobei mittlere und untere subpleurale Abschnitte bevorzugt betroffen werden. Erst in fortgeschrittenen Stadien resultiert eine auch klinisch und radiologisch faßbare Lungenfibrose im Sinne ei- ner Asbestose der Schweregrade drei und vier mit generalisierter, aber un- gleichmäßig entwickelter Fibrose.

Nach einem Vorschlag des amerika- nischen Pneumokoniosekomittees und des Nationalen Instituts für Ar- beitssicherheit und Gesundheit wird die Asbestose in vier Schweregrade eingeteilt (16).

Dem Asbestosegrad eins ent- spricht ein lichtmikroskopisch faßba- rer Befund der Minimalasbestose, bei der die Fibrose die Wand wenigstens eines Bronchiolus respiratorius ein- bezieht.

Bei der Asbestose Grad zwei sind die Alveolargänge oder zwei oder mehr Schichten angrenzender Alveolen in die Fibrose einbezogen.

Eine Konfluenz der Fibrosierungen ist im Stadium drei der Asbestose er- kennbar, wohingegen sich bei der As- bestose vierten Grades wabig umge- baute dickwandige Hohlräume nach- weisen lassen (Grafik).

Bereits beim Befund der Mini- malasbestose sind bei der lichtmi- kroskopischen Lungenstaubanalyse nach der Millipore-Filtermethode in der Regel 1000 und mehr Asbestkör- per pro Kubikzentimeter Lungenge- webe nachweisbar.

Die Bestimmung typischer As- bestkörperzahlen im Lungengewebe ist ein zuverlässiges Indiz für die Knüpfung der Kausalkette asbestas- soziierter Lungenfibrosen, da im Re- gelfall nach entsprechend gesicherter relevanter Asbeststaubexposition die Befunde eindeutig sind. Aus den quantitativ erhobenen staubanalyti- schen Ergebnissen ist allerdings ein zweifelsfreier Rückschluß auf den möglicherweise vorhandenen Asbe- stosegrad nicht möglich (16). Weiter- hin muß auch darauf hingewiesen werden, daß interstitiell-fibrosierend verlaufende Lungenerkrankungen bis hin zu Endstadien interstitieller

M E D I Z I N ZUR FORTBILDUNG

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Fibrosen ein häufiger Befund sind, deren Ursachenspektrum von der Kondensat-Pneumopathie (soge- nannte Raucherfibrose) bis zur Lun- genfibrose unter dem Bild einer soge- nannten Rheumalunge reicht (57).

Asbestassoziierte Pleurabefunde

Es lassen sich drei verschieden- artige Reaktionsmuster der Pleura auf chronische Reizungen durch in- korporierte As-

bestfasern ab- grenzen. Hierbei handelt es sich um die sogenann- te Asbestpleuri- tis sowie die Hyalinosis com- plicata der Pleu- ra parietalis nach Asbestpleuritis, die mit diffusen und oft beidseiti- gen „Pleurafibro- sen“ vorwiegend von Mittel- und Unterfeldern der Pleura pulmo- nalis, sowie hyali- ne oder verkalk- te Pleuraplaques im Brustwand- oder Zwerch- fellbereich ein- hergeht. (Abbil- dung 1d). Nicht notwendigerwei- se muß bei den asbestassoziier- ten Veränderun- gen der Pleura parietalis auch ei- ne pulmonale As- bestose vorlie- gen. Bei der soge- nannten Asbest-

pleuritis handelt es sich um rezidivie- rende, unspezifische, fibrinreiche Pleuraergüsse nahezu ohne Entzün- dungszellen mit der möglichen Ent- wicklung relativ charakteristischer sogenannter Rundherdatelektasen des Lungengewebes. Das histomor- phologische Bild der Asbestpleuritis ist in der Regel uncharakteristisch.

Die „diffuse Fibrose“ der Pleura pul- monalis entwickelt sich bevorzugt im

Bereich der bindegewebigen Haupt- schicht der Pleura. Die computerto- mographische Differentialdiagnose dieser „diffusen Pleuraverdickung“

der Pleura pulmonalis als Asbestfol- ge, insbesondere unter Einsatz der High-Resolution-Computertomogra- phie, erfordert eine große Erfah- rung. Dies gilt insbesondere bei der Abgrenzung von den sehr häufig zu beobachtenden unspezifischen fibro- sierenden Pleuraveränderungen als Folge zahlreicher asbestunabhängi-

ger, pulmonaler und pleuraler Pro- zesse (65, 30, 5, 23, 45).

Der klinischen und patholo- gisch-anatomischen Diagnose von hyalinen Pleuraplaques kommt seit der geänderten Berufskrankheiten- verordnung in der Fassung vom 22.

März 1988 und 18. Dezember 1992 (14) eine große Bedeutung als soge- nannter Brückenbefund einer ver- mehrten Asbeststaubexposition, ins-

besondere bei der Frage eines asbe- stassoziierten Lungenkrebsleidens, zu. Heute kann davon ausgegangen werden, daß etwa 70 Prozent der cha- rakteristischen, meist beidseitigen hyalinen Pleuraplaques Folgen einer oft viele Jahre zurückliegenden, er- höhten, meist beruflichen Asbest- staubexposition sind (12). Zumeist ist die parietale Pleura betroffen, nur selten die Pleura visceralis. Die Dicke variiert zwischen 0,2 und einem Zen- timeter. In den Pleuraplaques sind keine Asbestkörper, bevorzugt am Rande aber Asbestfasern mit einer chronisch schwelenden Entzün- dungsreaktion enthalten.

Pleuramesotheliom

Neben dem durch Asbest verur- sachten diffusen malignen Mesotheli- om der Pleura und des Peritoneums werden seit der Änderung der Berufs- krankheitenverordnung vom 18. De- zember 1992 unter der Ziffer 4 105 auch die asbestassoziierten Mesothe- liome des Perikards zusammengefaßt.

Selbst bei eindrucksvollen klinischen, radiologischen und makroskopisch scheinbar eindeutigen Befunden ei- nes Pleuramesothelioms existiert kein spezifisches, mikroskopisches, histo- chemisches oder immunhistochemi- sches Korrelat, insbesondere gibt es bislang keinen Mesotheliom-spezifi- schen immunhistochemischen Mar- ker (10). In Frühstadien finden sich zahlreiche kleine Knötchen, die in vorgeschrittenen Stadien dann zu bis mehrere Zentimeter dicken Tumor- platten konfluieren (Abbildung 1c).

Die Grenze zum Lungengewebe bleibt lange relativ scharf erhalten.

Das mikroskopische Wachstumsmu- ster ist ausgesprochen variantenreich.

Einteilungen in Subtypen nach dem vorherrschenden Wachstumsmuster mit epithelialen, sarkomatösen und biphasischen Tumoren haben nur be- schränkte Gültigkeit, wenn nur um- schriebene Tumoranteile zur Begut- achtung vorliegen. Innerhalb eines Tumors kann die Ausprägung ver- schiedener Wachstumsmuster sowohl qualitativ als auch quantitativ kombi- niert sein. Selbst reaktive, meist ent- zündliche Pleuraveränderungen kön- nen ein Mesotheliom imitieren (11).

Man geht davon aus, daß etwa 70

a

b d

c

Abbildungen 1: a) Mikrofotogramm tierexperimenteller Befunde einer peribron- chialen Fremdkörperreaktion eine Woche nach intratrachealer Instillation von Krokydolyth-Asbest mit Riesenzellen und beginnender Fibrosierung im Bereich in- korporierter Asbestfasern; b) Lichtmikroskopische Aufnahme eines typischen As- bestkörpers in einem Ausstrichpräparat bronchoalveolärer Lavageflüssigkeit mit Zentralfaser und perlschnurartig angeordneter eisenhaltiger Proteinhülle (Obj.

x40); c) Horizontale Schnittfläche der rechten Lunge bei malignem diffusen Pleu- ramesotheliom. Scharfe Abgrenzung zum Lungenparenchym und mantelartiges Umwachsen der gesamten Lungenzirkumferenz; d) Makroskopisches Erschei- nungsbild hyaliner Plaques der Pleura parietalis.

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bis 90 Prozent der Mesotheliome asbestassoziiert sind (19, 35, 60, 9, 49).

In den verbleibenden Fällen müssen möglicherweise andere faserförmige Stäube kausalpathogenetisch disku- tiert werden (46, 70). Beim Menschen konnte eine reproduzierbare Dosis- abhängigkeit bislang nicht demon- striert werden. Im Vergleich zum as- bestassoziierten Lungen-

krebs treten Mesotheliom- Erkrankungsfälle schon bei deutlich geringeren staub- analytisch faßbaren Asbest- belastungen der Lungen auf, bei denen es noch nicht zur Ausbildung einer Minimal- asbestose oder Asbestose gekommen ist (31). So be- trug auch der geringste Ex- positionszeitraum eines an malignem Mesotheliom Er- krankten im Rahmen einer 324 Erkrankungsfälle um- fassenden neuesten Studie nur einen Monat. Die läng- ste Exposition bestand über 53 Jahre, die mittlere Dauer der Asbestexposition lag bei 23 614 Jahren (48). Bei den gesicherten Mesotheliomfäl-

len ist in etwa 30 Prozent mit der Aus- bildung einer Minimalasbestose zu rechnen.

Asbestassoziierter Lungenkrebs

Während im Regelfall beim asbestassoziierten Pleuramesothel- iom die versicherungsmedizinische Entscheidung relativ klar zu treffen ist, sind Bewertungen über wahr- scheinlich asbestbedingte Lungen- krebserkrankungen wesentlich pro- blematischer.

Wahrscheinlichkeit im versiche- rungsmedizinischen Gutachten be- deutet, daß beim vernünftigen Abwä- gen aller Umstände die auf die beruf- liche Verursachung deutenden Fakto- ren so stark überwiegen, daß darauf die Entscheidung gestützt werden kann. Eine Möglichkeit verdichtet sich dann zur Wahrscheinlichkeit, wenn nach der geltenden medi- zinisch-wissenschaftlichen Lehrmei- nung mehr für als gegen einen ursäch- lichen Zusammenhang spricht. Nicht ausreichend ist es, wenn ein ursächli-

cher Zusammenhang lediglich mög- lich ist (58).

Immer wieder wird in Kommen- taren zur Asbestproblematik hervor- gehoben, daß schon eine einzige Fa- ser zum Krebs führen könne (20).

Dies ist zwar nach theoretischen Ge- sichtspunkten und unseren heutigen Kenntnissen über Krebsentstehung

eine erlaubte Hypothese, steht jedoch in krassem Widerspruch zu den in großer Zahl vorliegenden epidemio- logischen Daten und pathologisch- anatomischen Befunden. Trotz erheb- licher Fortschritte unserer Kenntnisse zur komplexen Tumorbiologie ist bis- her zuverlässig nur aus epidemiologi- schen Studien bekannt, daß eine Er- höhung des Lungenkrebsrisikos erst nach einer vergleichsweise erhebli- chen Asbeststaubexposition mit dar- aus abzuleitender chronischer As- bestbelastung der Lungen resultiert.

Die statistischen Ergebnisse gehen wesentlich auf pathologisch-anatomi- sche Untersuchungen erhöhter Lun- genkrebsraten bei gleichzeitiger As- bestose in verschiedenen epidemiolo- gischen Studien zurück (18, 51, 53, 54, 7, 44, 25, 26, 55). Die Berichte stam- men von Kohortenstudien stark expo- nierter Asbestarbeiter, bei denen im Regelfall auch schon radiologisch ei- ne Asbestose bestanden hat.

Diese Erkenntnisse haben in Deutschland zur Einführung des Fa- serjahrbegriffes als Produkt von Einwirkungsdauer und Faserkon-

zentration geführt. Bezugsgröße ist eine Acht-Stunden-Schicht an fünf Wochentagen. Berechnet wird die prozentuale Expositionszeit über den zur Diskussion stehenden Zeit- raum, Meßgröße ist die Konzentrati- on von Asbestfasern einer Länge . 5 µm pro Kubikmeter Atemluft. Seit dem 1. Januar 1993 ist nach intensi- ven Beratungen unter Berücksichtigung statisti- scher Analysen aus dem Fach der Arbeitsmedizin die Voraussetzung vom Verordnungsgeber dafür geschaffen worden, daß ein rechnerisch ermittelter Wert von 25 Faserjahren die arbeitstechnische Vor- aussetzung als Basis für die Anerkennung eines Lun- genkrebsleidens als asbest- assoziierte Berufskrank- heit mit einer versiche- rungsmedizinischen Wahr- scheinlichkeit darstellt (14). Dieser Wert bezieht sich auf die sogenannte Verdopplungsdosis der Lungenkrebsverursachung (43, 67). Hierbei handelt es sich um „das Produkt aus Asbestfa- serkonzentration in der Atemluft und der Einwirkungsdauer am Ar- beitsplatz, bei dem sich die Lungen- krebssterblichkeit in der übrigen Be- völkerung für die bestimmte Perso- nengruppe mit Asbestfaserstaub- Einwirkung am Arbeitsplatz ver- doppelt findet“ (49). Derartige Be- funde konnten im vergangenen Jahr reproduziert werden (17).

Fibrosierende Lungenverände- rungen scheinen jedoch nach den Er- gebnissen einzelner Studien nicht un- abdingbare Voraussetzung der Krebs- entwicklung zu sein, da auch unabhän- gig hiervon deutlich erhöhte pulmona- le Asbestkonzentrationen gefunden werden konnten (15, 62, 24). Bei der staubanalytischen Untersuchung von Lungengewebe von 288 unter dem Verdacht asbestassoziierter Lungentu- moren eingesandten Gewebsproben bei histologisch gesicherter Diagnose eines Bronchialkarzinoms konnten im Deutschen Mesotheliomregister nur in zwölf Prozent der Fälle Asbestfaser- konzentrationen von mehr als 1 000 Asbestkörpern pro Kubikzentimeter

M E D I Z I N ZUR FORTBILDUNG

Grad I

Asbestose Lungenparenchym Pleuraassoziierte Asbestfolgen

Grad II

Grad III Grad IV

Karzinom Pleuramesotheliom

Asbest- inhalation

diffuse Pleurafibrose

Pleura- plaques Grafik

Schematische Darstellung der Schweregrade der Lungenasbestose sowie asbestas- soziierte Pleurabefunde (zur Erläuterung siehe Text). Beispielhafte Darstellung der Entwicklung eines Adenokarzinoms bei pulmonaler Asbestose.

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Lungengewebe gefunden werden, die mit histologischen Befunden einer Mi- nimalasbestose vereinbar waren (39).

Bei den versicherungsmedizinischen Begutachtungsverfahren ist eine pa- thologisch-anatomische Bewertung von Fällen mit einer vergleichsweise nur geringgradig erhöhten pulmona- len Asbestbelastung ohne histologi- schen Nachweis einer Fibrose minde- stens vom Ausmaß einer Minimal- asbestose derzeit nicht verläßlich mög- lich. Hier muß unter Umständen eine detaillierte Arbeitsplatzanamnese die versicherungsmedizinisch entschei- denden Informationen erbringen.

Es bleibt grundsätzlich festzuhal- ten, daß die asbestassoziierten Lun- gen- und Pleuraveränderungen Brückenbefunde einer vermehrten Asbestexposition darstellen, die in der Begutachtungspraxis nach der ge- genwärtigen Vorgabe des Verord- nungsgebers eine Aussage mit der versicherungsmedizinisch geforder- ten Wahrscheinlichkeit erlauben.

Bewertung kausaler Beziehungen

Die Bewertung der kausalen und kokausalen Beziehungen beim Lun- genkrebs ist komplex und problema- tisch, da zahlreiche, meist chronisch wirkende Schadstoffe für die Tumor- entwicklung bekannt sind und im Einzelfall in wechselnder qualitativer und quantitativer Ausprägung zur Diskussion stehen. Nach allen ver- fügbaren statistischen Befunden kommt den karzinogenen Substan- zen im Zigarettenrauch die ganz ent- scheidende Bedeutung unter den Kausalfaktoren des Lungenkrebses

zu. Die Rolle der Amphibole als kau- sale oder kokausale Faktoren bei der Kanzerogenese ist generell sowohl epidemiologisch als auch durch tier- experimentelle Untersuchungen be- stätigt. Dennoch sind die allein auf Asbestfasereinwirkung zurückzu- führenden Lungentumoren ver- gleichsweise selten. Die Bedeutung verschiedenartiger Asbestfasern als alleinige Ursache bei der Karzinom- entwicklung wird noch heute kontro- vers diskutiert (zum Beispiel 7, 13, 22, 50). Auf die potenzierende, synkarzi- nogene Wirkung von Asbestfasern und Zigaretten-Kondensat wurde in mehreren Studien seit über 25 Jahren hingewiesen (52, 6, 21, 47, 36).

Es kann als gesichert angesehen werden, daß alle kommerziell verfüg- baren Asbestfaserarten im Experi- ment Lungenkrebserkrankungen her- vorrufen können (61). Weder eine be- stimmte Lokalisation des Lungentu- mors noch eine bestimmte histopa- thologisch führende Tumorart erlau- ben im Einzelfall den konkreten Rückschluß auf eine asbestassoziierte Lungenkrebserkrankung. Nach ein- zelnen Kohortenstudien sollen asbestassoziierte Tumoren häufiger im Unterlappen lokalisiert sein (42, 16, 64, 3, 28, 29).

Ausblick

Zusammenfassend ist und bleibt sicher in den kommenden Jahren die Diskussion um das „Asbestproblem“

aktuell und komplex. Dem Fachgebiet der Pathologie wird auch künftig eine entscheidende Rolle zukommen. Die Einleitung von versicherungsmedizini- schen Verfahren bei bösartigen Neu-

bildungen in Lungen und Pleura in Zu- sammenhang mit Angaben über beruf- lich erhöhte Asbestfeinstaubexpositi- on erfordert zumindest stets eine ein- deutige pathologisch-anatomische Tu- mordiagnose. Nach Möglichkeit sollte besonders beim Lungenkrebs die Fra- ge der kokausalen Faktoren durch As- bestfasern in Berufskrankheitenver- fahren durch qualitative und quantita- tive staubanalytische Untersuchungs- verfahren ergänzt werden. Steht Lun- gengewebe aus Operations- oder Ob- duktionsgut nicht zur Verfügung, so bleibt derzeit nur die Berechnung der zur Diskussion stehenden erhöhten beruflichen Asbestexposition nach dem sogenannten Faserjahrmodell mit einer daraus nur sehr bedingt abzulei- tenden, individuell unterschiedlichen, vergleichsweise erhöhten chronischen Asbestbelastung der Lungen in Zu- sammenhang mit anstehenden versi- cherungsmedizinischen Fragen einer wahrscheinlichen Berufskrankheit nach der BK-Ziffer 4 104 der gültigen Berufskrankheitenverordnung übrig.

Zitierweise dieses Beitrags:

Dt Ärztebl 1996; 93: A-538–543 [Heft 9]

Die Zahlen in Klammern beziehen sich auf das Literaturverzeichnis im Sonderdruck, anzufordern über die Verfasser.

Anschrift der Verfasser:

Prof. Dr. med. Klaus-Michael Müller Dr. med. Michael Krismann

Institut für Pathologie an den Berufsgenossenschaftlichen Kliniken

„Bergmannsheil“

Bochum Universitätsklinik Bürkle-de-la-Camp-Platz 1 44789 Bochum

Bei der Aspirineinnahme besteht eine eindeutige Dosisbeziehung zum Blutungsrisiko. Während früher höhe- re Dosen bei Koronarkranken und Koronargefäßoperierten eingesetzt wurden, ist die Dosis in den letzten Jahren kontinuierlich auf 300 Milli- gramm und weniger reduziert worden.

Über diese niedrigen Dosen und ein mögliches Blutungsrisiko existieren je-

doch wenige Daten. Die Autoren führ- ten eine Fallkontrollstudie in fünf Krankenhäusern und eine Analyse bei 1 121 Patienten mit Ulkusblutung durch. Dabei zeigte sich, daß unter ei- ner Aspirindosis von 75 Milligramm das Blutungsrisiko um den Faktor 2,3, bei 150 Milligramm um den Faktor 3,2 und bei 300 Milligramm um den Faktor 3,9 erhöht war. Besonders hoch schien

das Risiko bei den Patienten zu sein, die nichtsteroidale Antirheumatika einnahmen. Die Autoren kommen zu dem Schluß, daß auch niedrigere, zur Prophylaxe eingesetzte Aspirindosen nicht frei vom Risiko peptischer Ul- kuskomplikationen sind. W Weil J, Colin-Jones D, Langman M et al:

Prophylactic aspirin and risk of peptic ul- cer bleeding. Brit Med J 1995; 310:

827–830.

Queen Elizabeth Hospital, University, Birmingham B15 2TH, England

Aspirin-Prophylaxe und Blutungsrisiko

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