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Archiv "Die Aerzte in Concurrenz." (21.05.1981)

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Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen

GESCHICHTE DER MEDIZIN

Die Aerzte in Concurrenz.

Der Herausgeber dieser „Unterhal- tungen" (Karl Gutzkow) schilderte kürzlich in einer Erzählung: „Die Diakonissin", die Leiden, die ein jun- ger Arzt durchzumachen hat, bis sei- ne Verhältnisse sich festgestellt ha- ben und er im Stande ist, von seinen Kenntnissen Vortheile zu ziehen.

Dr. Besser behandelt in einer klei- nen Schrift das Thema: „Die Aerzte in der Concurrenz und was da noth thut."

Er sagt, „daß das Leben der Aerzte in Concurrenz ein solches dann zu nennen ist, wenn in einem gegebe- nen District mehr Aerzte zum Behuf der Ausübung praktischer Heilkun- de ihr Domicil genommen haben, als daß die den District bewohnende Bevölkerung sie für ihre ärztliche Thätigkeit zu belohnen, resp. zu er- nähren vermag". Nachdem der Ver- fasser diese Definition näher erläu- tert, theilt er die Aerzte in zwei Clas- sen: in solche, die Staatsdiener sind, und solche, die keine Besoldung vom Staat erhalten, die mit ihrem Erwerb lediglich auf die freie ärztli- che Praxis angewiesen sind. Von Concurrenz kann natürlich nur bei Letztern die Rede sein. „Sie bringen ihre Waare, d. i. ihre Geschicklich- keit, ihre Kenntnisse, ihre Talente und Kräfte, an den Markt des Lebens und da kann lediglich und allein der Begehr der freien Bevölkerung über ihren Lohn entscheiden."

Die traurige Folge davon ist, daß die Noth der Aerzte um ihr eigenes Fort- kommen, die Sorge um das tägliche Brot bei weitem größer ist, als daß sie in allen Beziehungen den Pflich- ten eines Arztes treu nachkommen könnten. Sie müssen um der Exi- stenz willen zur Lüge, zur Charlata- nerie greifen, sie müssen die wissen- schaftliche Fortbildung in ihrem Fache vernachlässigen. „Der in Con- currenz lebende Arzt wird es nicht sein, der Freude findet an receptiver

wissenschaftlicher Tätigkeit. Die Concurrenz drängt den Arzt, seine nüchterne, ruhige Beobachtung, sein zuwartendes und nur dem Lai- en als Unthätigkeit erscheinendes Behandeln aufzugeben und wenig- stens in einigen Verkehr mit der Charlatanerie, zu deutsch mit der Lüge zu treten.

Wenn der Arzt ringsum die Collegen Chamade schlagen sieht vor dem Bildungsstand der Laien, wenn er wiederholt mit Kolbenschlägen dar- an erinnert wird, „deine Wahrheit, deine Nüchternheit, dein offenes Geständnis, deine dürre und nackte Erklärung, dein bestimmtes Verlan- gen will das Publicum nicht", wenn der in Concurrenz lebende, auf die Praxis angewiesene Arzt dies um sich vorgehen sieht, ist da wol zu erwarten, daß der junge oder auch im Misöre seiner Stellung schon äl- ter gewordene Arzt immer noch fest an seiner Ueberzeugung hält, immer noch treu und wahr dem Verlangen der Wissenschaft dient?"

Die Charlatanerie, die Lüge, die Un- wissenschaftlichkeit in der Behand- lungsweise der Kranken, wozu die Aerzte in der Concurrenz gedrängt werden, schildert der Verfasser in einem keineswegs erfreulichen Ge- mälde. Er zeigt, wie nachtheilig die- selben nicht blos für die frei praktici- renden Aerzte, sondern auch für das Publicum, daß sich ihrer bedient, sein müssen. Der Laie glaubt, die Concurrenz schütze ihn gegen Ver- nachlässigung der Aerzte, sichere ihm die höchste Sorgfalt, die auf- merksamste Behandlung derselben.

Der Laie meint, es könne für ihn nichts Werthvolleres geben, als nicht an die eine ärztliche Persön- lichkeit gewiesen zu sein, sondern eine größere Auswahl zu haben, wenn er ärztlicher Hülfe bedarf. Die- ses verderbliche Vorurtheil wider- legt der Verfasser.

Dr. med. Bernd Benedix, Karl- straße 3, 7992 Tettnang 1, fand auf dem Flohmarkt anläßlich des Bähnlesfestes in Tettnang das Buch von Karl Gutzkow, aus dem der nachstehend wie- dergegebene Bericht über ei- ne Ärzteschwemme im allge- meinen und Ärzte in Konkur- renz im besonderen wiederge- geben ist. Vor 125 Jahren wur- de bereits eine ärztliche Stan- desvertretung gefordert, die wir inzwischen haben. Beson- ders pikant aber ist, daß der Autor in seinem Aufsatz ver- langt, daß eine ärztliche Be- darfsplanung auch nur durch eine ärztliche Selbstverwal- tung vorgenommen werden sollte.

Er zeigt, wie nothwendig in Familien das Vertrauen zu einem Hausarzte sei, der nicht erst bei wirklich ausge- brochenen Krankheiten herbeigeru- fen werde, sondern auch schon in gesunden Tagen prophylaktisch wir- ke, durch Rath und Warnung den Krankheiten vorbeuge. Er beklagt es daher mit Recht, daß die Zahl der zu Vertrauten des Leibes gemachten Haus- und Familienärzte sich immer mehr vermindere. Den fertigen Krankheitsprocessen gegenüber ist, wie der Verfasser nachweist, die ärztliche Hülfe eine beschränkte, oft eine rein illusorische. „Schwer ist's nicht zu beweisen, daß wir Aerzte in ganz anderer Weise zu helfen ver- mögen dort, wo wir die Pflicht des Vorbaus üben und wo wir warnen können, resp. wo unsern Warnun- gen Gehör geschenkt wird."

Nur der Hausarzt kann die leibliche Beschaffenheit der ihm sich Anver- trauenden so kennen lernen, um bei wirklichen Krankheiten das richtige Verfahren einzuschlagen. „Gerade heutzutage, gerade jetzt, wo die neuere Wissenschaft viele, viele Po- sitionen des frühern ärztlichen Han- delns niedergerissen hat, ist es vor

• Fortsetzung auf Seite 1066 1064 Heft 21 vom 21. Mai 1981 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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ZUR GESCHICHTE DER MEDIZIN

— FRAGMENTE

„Krankenhausfinanzierung"

Ein Dokument zur Geschichte der „Krankenhausfinanzierung":

Katalog der Baukosten des 360-330 v. Chr. von Polyktet dem Jüngeren erbauten Tholos, ei- nem Rundbau im Asklepios-Hei- ligtum bei Epidauros. Der genaue

kultische Verwendungszweck dieses Rundbaues ist in der wis- senschaftlichen Literatur noch umstritten. Möglicherweise wa- ren im Untergeschoß dieses Bau- werkes die heiligen Schlangen untergebracht.

Griechische Schrifttafel, ca. 330 v. Chr. (Ausschnitt)

Foto: Museum in Epidauros Spektrum der Woche

Aufsätze • Notizen

Die Aerzte in Concurrenz

• Textfortsetzung von Seite 1064 allem nöthig, daß der Arzt festen Fuß in den Gemüthern der Familie fasse, daß er deren unbedingtes Vertrauen sich zu erwerben vermöge." Der Verfasser belegt dies durch mehrere Beispiele und zeigt, wie nachtheilig in dieser Beziehung die Concurrenz wirke. Die Concurrenz untergräbt die Autorität des ärztlichen Standes und ohne Autorität ist die Stellung als Haus- und Familienarzt nicht denkbar. „Die Aerzte werden heut- zutage meist erst in den Fällen der Noth herbeigerufen, sie werden wie der herbeigerufene Schlosser, Tape- zierer, Schmied „gebraucht" und

„bezahlt". Das ist ein Unglück für den ärztlichen Stand, aber natürlich ein noch größeres für das Pu- blicum."

Nach ausführlicher Schilderung der Uebel der Concurrenz im ärztlichen Stande geht der Verfasser zur Be- antwortung der Frage über: „Was thut da noth?" Um über die richtige Anzahl, in der frei prakticirende Aerzte in einem gegebenen Bezirk ein Bedürfniß sind, zu entscheiden, bedarf es nach dem Verfasser einer Repräsentation des ärztlichen Stan- des und diese ist ohne eine Corpori- rung desselben nicht möglich.

Diesen Grundgedanken führt der Verfasser näher aus und hat damit einen für unsere Zeit, wo Alles nach Association strebt, richtigen Weg, dem Verderben der ärztlichen Con- currenz entgegenzuwirken, bezeich- net, wenngleich über die Art und Weise der Verwirklichung seines Ge- dankens nicht Alle übereinstimmen werden und dessen Verwirklichung überhaupt manchen Schwierigkei- ten unterliegen dürfte.

Zitiert aus: Unterhaltungen am häus- lichen Herd. Herausgegeben von Karl Gutzkow. Neue Folge. Erster Band: Leipzig. F. A. Brockhaus. 1856

1066 Heft 21 vom 21. Mai 1981 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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