E i n l e i t u n g
Mit der 2001 verabschiedeten Ökoqualitätsverord
nung (ÖQV) hat die Schweiz auch im internationalen Vergleich Neuland beschritten. Klassische agrarökolo
gische Programme entschädigen die Landwirtin und den Landwirt dafür, dass er seinen Faktoreinsatz ein
schränkt (z. B. durch den Verzicht auf Mineraldünger) oder bestimmte Landschaftselemente bereitstellt (z. B.
Hochstammbäume). Im Rahmen der ÖQV mit ihren beiden Teilen «Vernetzung» und «Qualität» wurde ein stärkerer Fokus auf ökologische Outputs gelegt. Ziel dieses Beitrags ist, im institutionellen Design dieser beiden Teile explizit Schwachpunkte zu identifizieren und auf dieser Grundlage Empfehlungen zur Optimie
rung der ÖQV zu formulieren.
Die Architektur der ÖQV
Der Impuls zur Schaffung der ÖQV ist der öffentlichen Wahrnehmung um die Jahrtausendwende geschuldet, man habe zwar eine Vielzahl agrarökologischer Pro
gramme etablieren können, die Artenvielfalt sei damit aber nicht spürbar verbessert worden (BUWAL 1998). So entstand ein öffentlicher Druck, ein gezielt auf die Ar
tenvielfalt ausgerichtetes und damit ergebnisorientier
tes Instrument zu schaffen.
Für den Bereich der Flora geschah dies durch den Teil
«Qualität». Für Flächen, die in einem agrarökologischen Programm auf Grünland angemeldet waren, wurde ein relativ einfaches Qualitätskriterium definiert: Die Fläche weist eine hohe Qualität auf, wenn mindestens sechs von rund 40 Pflanzentaxa darauf zu finden sind, die ty
pisch für artenreiches Grünland sind und die somit eine hohe Artenvielfalt indizieren. Die Auswahl dieser Indi
katortaxa erfolgte auf wissenschaftlicher Basis. Die Kan
tone konnten diese direkt übernehmen oder ihren regi
onalen Besonderheiten anpassen. Die abgeänderten Artenlisten mussten vom Bund auf ihre Gleichwertigkeit mit den Bundeslisten geprüft und akzeptiert werden.
Für den Bereich der Fauna wurde kein analoges Vor
gehen gewählt, da Tiere mobiler sind als Pflanzen und ihr Vorhandensein auf einer bestimmten Fläche ebenso ta
ges wie jahreszeitenabhängig sein kann. Auch die Nach
weisbarkeit von Tieren gestaltet sich witterungsbedingt schwieriger als die von Pflanzen. Hier machte der Gesetz
geber sich die Erkenntnis zunutze, dass Tiere oft ein flo
ristisch und strukturell definiertes Habitat einer bestimm
ten Minimalgrösse benötigen, um zu überleben. Entspre
chend fördert der Bund die Vernetzung bestimmter flo
ristisch und strukturell definierter Flächen, deren fauna
schonende beziehungsweise fördernde Bewirtschaf
tung (Schnitttermine, Schnittstaffelung, Mähwerkzeuge etc.) ebenfalls vorgeschrieben wird, mit dem Ziel des Er
halts (oder der Ansiedlung) bestimmter Arten auf diesen Flächen. In die Vernetzungsprojekte dürfen nur Flächen eingebracht werden, die ohnehin als ökologische Aus
gleichsflächen im Rahmen der Direktzahlungsverord
nung angemeldet sind. Jedem Projekt muss ein Konzept zugrunde liegen, das den Ausgangszustand, den ge
wünschten Zustand – konkret definiert durch faunisti
sche und floristische Ziel und Leitarten (BAFU und BLW, 2008) – und einen Massnahmenplan beinhaltet. Eine wei
tere Fördervoraussetzung ist die längerfristige Bindung
Eine Schwachstellenanalyse der Ökoqualitätsverordnung
Der Enzian ist eine der Zeigerarten für biologische Qualität.
(Foto: Lisa Eggenschwiler, ART)
Stefan Mann, Forschungsanstalt Agroscope Reckenholz-Tänikon ART, 8356 Ettenhausen Auskünfte: Stefan Mann, E-Mail: stefan.mann@art.admin.ch, Tel. +41 52 368 31 31
Mit einem breiten Methodenmix wurden die beiden Teile «Qualität» und «Vernet- zung» der Ökoqualitätsverordnung in Hinblick auf Schwachstellen bei ihren Transaktionskosten, ihrer institutionellen Ausgestaltung in den Kantonen und die mit den Programmen verbundenen Landnutzungsänderungen untersucht.
Im Ergebnis werden für den Bereich
«Qualität» abgestufte Beitragshöhen vorgeschlagen, für den Bereich «Vernet- zung» ein Ersatz der fixen Hektarbeiträge durch individuell beantragte beziehungs- weise ausgeschriebene Projekte.
der Flächen: Der Förderzeitraum erstreckt sich grundsätz
lich über sechs Jahre, wobei die meisten Flächen nach Ab
lauf dieser Zeitspanne erneut angemeldet werden.
Die Förderhöhe lag lange Zeit bei 500 Franken pro Hektare und Programmteil, sodass man bei gleichzeiti
ger Inanspruchnahme beider Programmteile auf 1000 Fr./ha kam. Mit der Revision der Verordnung im Jahr 2008 wurden die Beiträge in der Tendenz deutlich er
höht und bewegen sich nun in Abhängigkeit von der Zone und Flächenart zwischen 300 Fr./ha (für extensiv genutzte Weiden in den Bergzonen III – IV) und 2000 Fr./
ha (für QualitätsHecken und Feldgehölze). Für Wiesen und Ackerflächen (letztere nehmen nur an Vernet
zungsprojekten teil) werden bis zur Bergzone II 1000 Fr./
ha pro Programm vergütet. Ausserdem wurden für ex
tensiv genutzte Weiden, für Waldweiden und für Reb
flächen mit natürlicher Artenvielfalt neu Qualitätskrite
rien definiert. Damit können auch für diese Elemente Beiträge für die biologische Qualität ausbezahlt werden.
So lässt sich beobachten, dass die Inanspruchnahme der Mittel für die ÖQV, die zu 80 Prozent vom Bund und zu 20 Prozent vom Kanton beziehungsweise von den Ge
meinden bereitgestellt werden, kontinuierlich gestiegen ist und weiter steigt. Da der Teil «Vernetzung» von den Kantonen mehr Vorarbeit erfordert als der Teil «Quali
tät», sind einige Kantone erst in den letzten Jahren in diesen Programmteil eingestiegen, sodass zu erwarten ist, dass die Zuwächse bei der Vernetzung in den kom
menden Jahren weiterhin die bei der Qualität überstei
gen werden, beziehungsweise immer mehr Flächen mit Qualität auch in Vernetzungsprojekte eingebunden sind.
M e t h o d e
Methodik der Evaluation
Grundsätzlich steht man in den Sozialwissenschaften stets vor der Entscheidung zwischen quantitativen und qualitativen Methoden. Während man durch quantitati
ve Methoden Hypothesen auf den Grad ihrer Wahr
scheinlichkeit prüfen und modellgestützte Optimierun
gen durchführen kann, helfen qualitative Methoden, neue Zusammenhänge sichtbar zu machen und Hypo
thesen so überhaupt erst zu entwickeln.
Um gerade die vielen innovativen Aspekte des Pro
gramms auf die Frage hin untersuchen zu können, an welchen Stellen die beiden Programmteile aus instituti
onenökonomischer Perspektive noch Optimierungspo
tenzial für einen effizienten Erhalt der Artenvielfalt bie
ten, war ein relativ breiter Methodenmix notwendig.
Gerade die sehr heterogenen Vernetzungsprojekte er
schweren Standardisierungen, sodass sich hier ein ver
tiefter Rückgriff auf qualitative Methoden anbot.
Zunächst stehen die outputbezogenen Massnahmen, wie auch in Diskussionen mit politischen Entscheidungs
trägern deutlich wurde, im Generalverdacht hoher Transaktionskosten. Vatn (1998) und Vatn et al. (2002) vertreten die These, dass sehr zielgerichtete politische Spezialprogramme im Vergleich gerade mit Marktinter
ventionen anteilig höhere Transaktionskosten verursa
chen. Vor diesem theoretischen Hintergrund war es zweckmässig, sich für beide Teile der ÖQV ein Bild über die Höhe der anfallenden Transaktionskosten zu ma
chen. Dabei musste bereits eine differenzierte Metho
dik angewandt werden: Im Programmteil «Qualität»
macht es Sinn, die durchschnittlich pro Hektar anfallen
den Transaktionskosten zu betrachten. Dagegen sind die Vernetzungsprojekte bezüglich ihrer Grösse und ih
res Anspruches zu heterogen, als dass sich sinnvoll allfäl
lige Durchschnittswerte bilden liessen. Hier kommt es stärker darauf an, in welcher Grössenordnung und an welchen Stellen Transaktionskosten entstehen können.
Der Gestaltungsspielraum der Kantone im Pro
grammteil «Qualität» ist gering. Im Programmteil «Ver
netzung» geht der Freiheitsgrad der kantonalen Ver
waltungen jedoch deutlich weiter. Hier ist zu entschei
den, durch welche Organisationen Vernetzungsprojek
te initiiert werden, welche Anforderungen dabei ge
stellt werden, wer die Verträge mit den beteiligten Landwirtinnen und Landwirten abschliesst und wer die Kontrolle über die Vertragseinhaltung übernimmt. Ein Vergleich der kantonalen Reglemente erbringt unter ordnungspolitischer Perspektive Aufschlüsse über An
reizstrukturen und Programmeffizienz.
Zuletzt ist schliesslich noch zu beantworten, welche konkreten Auswirkungen die beiden Programme auf die Landnutzung und Artenvielfalt haben. Diese ent
scheidende Frage lässt sich vollständig zwar nur durch eine VorOrtErfassung der einzelnen Arten beantwor
Zu sa m me n fa ss u n g
ten, doch einiges kann bereits aus den Anpassungen in der landwirtschaftlichen Nutzung abgelesen werden.
Wenn sich etwa durch eine Beteiligung an den Program
men nichts an der Art und Intensität der Landnutzung ändern würde, so bestünde kaum Hoffnung, dass das Programm positiv zur Erhöhung der Artenvielfalt (wenn auch für deren Erhalt) beiträgt.
Unter diesen Gesichtspunkten ergab sich für die Eva
luation ein sehr breiter Methodenmix, der aus einem Vergleich der kantonalen Vorschriften in der Schrift
form, einer Erfassung von Transaktionskosten auf den unterschiedlichen Ebenen und Interviews bestand. Die Interviews, die den vielleicht wichtigsten Teil der Evalu
ation darstellten, wurden beim Bundesamt für Land
wirtschaft, bei zehn kantonalen Verwaltungen (AI, AR, FR, GR, JU, NE, SO, VD, VS, ZH) einem Planungsbüro und einer koordinierenden Gemeinderätin durchgeführt.
Sie wurden einerseits transkribiert und teilweise mit der Methode der objektiven Hermeneutik, also der vertief
ten Analyse einzelner Textsequenzen (Oevermann 2001;
Mann und Schweiger 2009) ausgewertet. Andererseits dienten sie gemeinsam mit den anderen Quellen auch als Grundlage für Vergleichstabellen, die zur Auslotung der institutionellen Bandbreite angelegt wurden.
R e s u l t a t e u n d D i s k u s s i o n
Transaktionskosten der Ökoqualitätsverordnung Bereits beim Thema der Transaktionskosten ist es sehr wichtig, zwischen den beiden Teilen der ÖQV zu unter
scheiden. Für den Bereich der Qualität fallen Transakti
onskosten bei der Betriebsleitung an, die sich einerseits bei jener kantonalen Verwaltung über das Programm in
formieren muss, welche die Anträge entgegennimmt und schliesslich das Vorhandensein der Qualitätsindikatoren
auf den Grünlandflächen kontrolliert, sowie andererseits in vernachlässigbarem Umfang (< 1 Promille) auch noch bei jener Bundesverwaltung, in der sich die Inhaberin ei
ner Teilzeitstelle mit der ÖQV beschäftigt. Durch eine Quantifizierung dieser Transaktionskosten (Bernhard 2006) weiss man allerdings, dass ihr Anteil bei den Zah
lungen an die Betriebsleitung im Programmteil «Quali
tät» unter fünf Prozent beträgt und sich damit im Rah
men der übrigen agrarökologischen Programme bewegt.
Für den bislang noch nicht auf seine Transaktionskos
ten untersuchten Teil der Vernetzungsprojekte fallen an den oben genannten Stellen ebenfalls Kosten an, die je
doch aufgrund der Heterogenität der Projekte nicht prozentual berechnet wurden. Darüber hinaus macht der Verordnungstext noch den Einbezug anderer Stellen notwendig, an denen Kosten anfallen. So ist beispiels
weise Vorschrift, dass am Anfang eines jeden Vernet
zungsprojekts ein Konzept erstellt wird, in dem der öko
logische Ausgangszustand dargestellt und die ange
strebte Entwicklung zu beschreiben ist. Diese Kosten weisen ein hohes Mass an Heterogenität auf. Während viele Konzepte für 10 000 – 20 000 Franken erstellt wer
den, gab es auch Vernetzungskonzepte für 70 000 oder 200 000 Franken. Entsprechend unterschiedlich ist auch der Anteil an Transaktionskosten an den jährlichen Hektartransfers, denn dieser Anteil hängt auch deutlich davon ab, ob das Projekt über sechs, zwölf oder mehr Jahre läuft, und welche Flächen darin integriert werden.
Dies gilt unabhängig davon, wer diese Transaktionskos
ten trägt, denn von lokalen Gebietskörperschaften über die kantonale Verwaltung, das Bundesamt für Umwelt BAFU, das Bundesamt für Landwirtschaft BLW bis hin zu den Landwirtinnen und Landwirten selbst gibt es dort in den einzelnen Kantonen viele Varianten von anteiligen und teilweise auch vollständigen Finanzierungen.
Schliesslich sollte noch betont werden, dass die Transaktionskosten kein Mass für die Effizienz eines Ver
netzungsprojektes sind. Wahrscheinlich ist das Geld für ein billig und schlecht geplantes Vernetzungsprojekt aus ökologischer Sicht weniger gut investiert als Geld für ein anspruchsvoll geplantes Vernetzungsprojekt mit ei
nem vergleichsweise höheren Transaktionskostenanteil.
Institutionelle Ausgestaltung
Auch bezüglich der institutionellen Ausgestaltungs
möglichkeiten sind Freiheitsgrade im Programmteil
«Qualität» sehr begrenzt. Bis auf die organisatorischen Unterschiede, die es auch für die traditionellen Agrar
ökomassnahmen gibt (z. B. die mögliche Delegation der VorOrtKontrollen) beschränkt sich die Freiheit vor al
lem auf die Definition von abweichenden Kriterien, die gleichwertig zu jenen des Bundes sind. Darüber hinaus Abb. 1 | Institutionelle Ausgestaltung der ÖQV
in Appenzell Ausserrhoden.
Eidgenössische Forschungsanstalt
Auftragsarbeit zur Konzeption
Integration geeigneter Habitate Zahlung,
Definition von Landnutzungs-
änderungen Kantonale Verwaltung
Landwirte
besteht noch die Freiheit, nicht an der ÖQV teilzuneh
men. So hat sich der Kanton Genf in den ersten Jahren (2001 – 2008) dafür entschieden, keine Vernetzungspro
jekte nach ÖQV mitzufinanzieren. Die theoretische Möglichkeit, nicht am Programmteil «Qualität» teilzu
nehmen, wurde von keinem Kanton wahrgenommen.
Umso grösser ist im Vergleich mit dem Programmteil
«Qualität» der Handlungsspielraum, den die Kantone bei der Ausgestaltung der Vernetzungsprojekte haben.
Fünf Kantone (Appenzell Inner und Ausserrhoden, Thurgau, Aargau und BaselLandschaft) entschieden sich, ein einziges grosses Vernetzungsprojekt im Kanton zu initiieren, und wählten damit einen klassischen Top
downAnsatz. Alle übrigen teilnehmenden Kantone be
vorzugen einen BottomupAnsatz, bei dem sich die Vernetzungsprojekte höchstens mit informeller Unter
stützung der kantonalen Verwaltung bilden.
Die Abbildungen illustrieren nicht nur die Akteurs
struktur eines Topdown und BottomupAnsatzes, sondern auch jene eines eher übersichtlich gestalteten Ansatzes und einer komplexeren institutionellen Lö
sung. Die Abbildungen verdeutlichen in etwa das Span
nungsfeld möglicher Lösungen, das die Kantone für sich nutzen können. Dabei fiel nicht auf, dass die unter
schiedlichen Entscheidungen der Kantone in irgendei
ner Weise mit der ökologischen Situation der jeweiligen Region zusammenhängen könnten, wohl aber mit der politischen Konstellation. So war in Appenzell Au
sserrhoden der Versuch, als kantonale Verwaltung ei
nen starken Einfluss auf den Charakter des Netzwerkes zu nehmen, stärker spürbar als in Solothurn.
Gerade in den Kantonen mit BottomupAnsatz kommt den Planungsbüros oft eine besondere Bedeu
tung zu. In vielen Fällen sind sie es, die definieren, welche Änderungen in der Bewirtschaftung der Flächen erfol
gen müssen, damit sich die Betriebsleitenden für den Beitrag qualifizieren. De facto wurde damit eine gänz
lich neue institutionelle Konstellation geschaffen: Priva
te Unternehmen definieren das Ausmass der öffentli
chen Güter, das für eine vorgegebene Summe bereitge
stellt wird. Die daraus entstehenden Gefahren relativie
ren sich allerdings durch den Tatbestand, dass es stets die kantonale Verwaltung ist, die den Vertrag unterzeichnet.
Änderung der Flächenbewirtschaftung
Auch bezüglich der Änderungen, die sich durch die ÖQV in der Flächenbewirtschaftung ergeben, ist deutlich zwischen den beiden Programmteilen zu unterscheiden.
Befragt man Landwirtinnen und Landwirte, welche Pra
xis sie für die Flächen im Programmteil «Qualität» geän
dert hätten, antworten sie im Regelfall, dass sie nichts geändert hätten (Bernhard 2006). Andererseits schrän
ken geben jene Landwirtinnen und Landwirte, die Flä
chen in der ÖQV angemeldet haben, sehr selten ihre Beteiligung an anderen agrarökologischen Program
men ein oder geben diese gar auf (Mann 2008). Daraus kann geschlussfolgert werden, dass die Zahlungen im Rahmen des Programmteils «Qualität» quasi als eine Art Sieb wirken: Flächen mit einer hohen Qualität (und da
her mit zusätzlichen Zahlungen dafür) bleiben in den agrarökologischen Programmen, für Flächen mit einer geringeren Artenvielfalt, die daher keine Zahlungen im
Abb. 2 | Institutionelle Ausgestaltung der ÖQV in Solothurn.
Örtliches Planungsbüro
Regionale Trägerschaft
Projektbegleitende Arbeitsgruppe
Beauftragter Landwirt
Kantonale Verwaltung
Landwirt Auftrag und
Bezahlung
Konstituierung
Auftrag Projekt- einreichnung
Projekterarbeitung, Definition von Bewirtschaftungs- anforderungen Unterstützung
Unterstützung
Beratung, Vertragsabschluss, Koordination und Kontrolle Auftrag und
Bezahlung Bezahlung
Projekt- einreichnung
Projektgenehmigung
Rahmen der ÖQV erhalten, werden eher bald keine öf
fentlichen Mittel mehr in Anspruch genommen.
Ein Problem stellt die institutionalisierte Ausgestal
tung des «Qualitäts»Teils jedoch für Flächen mit einem sehr hohen Artenreichtum dar. Sind nicht sechs, sondern zum Beispiel 15 wertgebende Taxa auf den Flächen vor
handen, so besteht für den Bewirtschafter zunächst kei
nerlei Anreiz, im Rahmen der Flächenbewirtschaftung etwas für die Bewahrung der Artenvielfalt zu tun. Inso
fern leuchtet ein, dass von vornherein nur Ökoaus
gleichsflächen zur Teilnahme am Programmteil Qualität berechtigt sind. Auf diese Weise wird verhindert, dass die Bewirtschafter sehr hochwertiger Flächen so lange intensivieren, bis tatsächlich nur noch sechs wertgeben
de Taxa auf der Fläche vorhanden sind.
Kann nicht auch für den Programmteil «Vernetzung»
angenommen werden, dass die Zahlungen durch die hohe ökologische Qualität der Flächen gerechtfertigt werden? Das könnte er, wenn es hinreichend Indizien dafür gäbe, dass die Flächen in diesem Programmteil ebenfalls eine überdurchschnittlich hohe Qualität auf
weisen würden. Doch anders als im Programmteil «Qua
lität», wo die sechs oder mehr Indikatorpflanzen auf der Fläche für sich sprechen, fehlt ein solch eindeutiger Indi
kator für die Vernetzungsprojekte. 2007 erhielten ca.
40 % der Vernetzungsflächen auch Beiträge für Qualität.
Den Brachen, für welche keine Beiträge für Qualität aus
bezahlt werden, wird generell ein hoher Wert attestiert (Herzog und Walter 2005). Damit könnte der Anteil der Vernetzungsflächen mit Qualität auf maximal 50 % ge
schätzt werden. Zwar werden auch durch die Vernet
zungsprojekte Flächen in den agrarökologischen Pro
grammen gehalten, wobei es bei ca. 50 – 60 % unklar ist, ob es sich um Flächen besonders hoher Qualität handelt.
Erfahrungsgemäss ist es sehr abhängig von den beteilig
ten Personen, welche Qualität und Funktion – wie z. B.
Pufferwirkung entlang von Gewässern oder um Moore und Trockenwiesen und weiden die ausgewählten Ver
netzungsflächen tatsächlich haben.
Da zwischen den Flächen in Vernetzungsprojekten und übrigen ökologischen Ausgleichsflächen in den meisten Fällen mangels ziel und leitartbezogenen Er
folgskontrollen kein qualifizierter Unterschied bezüg
lich des ökologischen Outputs nachgewiesen werden kann, ist nach einem Unterschied im Input, also in der Flächenbewirtschaftung zu fragen. Diesbezüglich lassen sich die Vernetzungsprojekte, wie die Evaluation zeigte, grob in drei Gruppen einteilen:
• Teilweise wurden Bewirtschaftungsauflagen formu
liert, welche die ökologische Qualität deutlich erhöh
ten und den Landwirtinnen und Landwirten Oppor
tunitätskosten verursachten. Häufigere Beispiele
waren gestaffelte Schnittermine oder die Errichtung von Steinmauern.
• In anderen Vernetzungsprojekten bekam man den Eindruck, es seien pro forma sehr wenig wirksame Bewirtschaftungsauflagen vereinbart worden, so etwa bestimmte Schnitthöhen, die aber wiederum nur bei ausgewählten Mähwerken verbindlich waren.
• Es gab auch Vernetzungsprojekte, in denen mit dem hohen ökologischen Potenzial oder der Lage argumentiert wurde, in denen aber keine Bewirt
schaftungsauflagen definiert sind.
Ein Schwachpunkt waren sowohl die Vollzugs als auch die Erfolgskontrollen der Vernetzungsprojekte.
Die Vollzugskontrollen werden üblicherweise nicht im Rahmen der ÖLNKontrollen absolviert, sondern es wer
den andere Systeme implementiert, bei denen den Kon
trollen in der Praxis aber meist keine sichtbare Bedeu
tung zukommt. Und nur in einer kleinen Minderheit der Projekte wird nach Ablauf der Projektdauer von sechs Jahren untersucht, ob die Ziel und Leitarten tatsächlich erhalten oder gefördert werden konnten.
S c h l u s s f o l g e r u n g e n
Die Evaluation der ÖQV hat gezeigt, dass die beiden Pro
grammteile bezüglich ihrer institutionellen Effizienz sehr unterschiedliche Schwachpunkte aufweisen. Beim Pro
grammteil Qualität handelt es sich um ein ebenso inno
vatives wie zukunftsweisendes Politikinstrument, das mit hoher Wahrscheinlichkeit zur Bewahrung ökologisch wertvoller Habitate und durch Anreize zur extensiven Bewirtschaftung beiträgt. Die Anreizstruktur für sehr hochwertige Flächen wäre jedoch besser gegeben, wenn die Zahlungen abgestuft erfolgen würden, d.h. wenn eine gewisse Abhängigkeit zwischen der Zahlungshöhe und der Anzahl wertgebender Arten bestünde. Bei den Vernetzungsprojekten ist der Innovationsgrad ebenfalls hoch, da erstmalig der Tatsache Rechnung getragen wird, dass Habitate eine gewisse Mindestgrösse brau
chen. Ökologen konstatieren eine Reihe gelungener Pro
jekte, die einen wirksamen Habitatschutz bieten (Spiess ohne Jahr). Es besteht dennoch der Verdacht, dass der Reibungsverlust zwischen den Vorgaben des Bundes und der Umsetzung vor Ort zu hoch ist. Kantonale Verwal
tungen setzen zum Teil minimale Anforderungen, die dann in einigen Gemeinden wiederum unterboten wer
den, ein wirksames Kontrollsystem wurde nicht durch
gängig implementiert. Es kann auf diese Weise zu Pro
jekten kommen, welche die von der öffentlichen Hand eingesetzten Mittel mit Sicherheit nicht wert sind.
Worin liegt nun bei den Vernetzungsprojekten der
Konstruktionsfehler? Wahrscheinlich gibt es ein allzu grosses Spannungsfeld: Auf der einen Seite besteht bei der Ausgestaltung der Ziele in Vernetzungsprojekten ein grosser Spielraum. Auf der anderen Seite gibt es die Ein
bettung in die Agrarpolitik des Bundes, die gerade bei der Vergütung der Massnahmen dem Prinzip des «one size fits all» folgt. Die Förderung verschiedener Ziel und Leitarten erfordert jedoch unterschiedliche Massnahmen, welche auch unterschiedliche Kosten verursachen: Um Braunkehlchen im Engadin zu schützen, sind eventuell andere finanzielle Mittel erforderlich, als wenn der Sil
berscheckenfalter in EbnatKappel zu bewahren ist. Um diesen Unterschieden besser Rechnung zu tragen, ist sei
tens der Bundesverwaltung zu prüfen, ob auch individu
ellere finanzielle Fördermassnahmen anzubieten sind.
Eine Alternative zur bestehenden finanziellen Global
förderung wäre beispielsweise die landesweite Aus
schreibung von Vernetzungsprojekten zur Bewahrung bestimmter, seltener Arten durch die Bundesverwal
tung, vorzugsweise mit quantitativen Zieldefinitionen.
Auf diese Weise könnte auch ein Ideenwettbewerb ins Leben gerufen werden, auf welche Weise zum Beispiel Bodenbrüter am kostengünstigsten geschützt werden könnten. Eine andere Variante wäre, sich das USameri
kanische Conservation Reserve Enhancement Program
me (Khanna und Ando 2009) zum Vorbild zu nehmen und den Kantonen die Möglichkeit zu geben, beim Bund Anträge zur Kofinanzierung von Vernetzungsprojekten zu stellen. Solche individuelleren Institutionalisierungen der Vernetzung würden – wenn auch um den Preis hö
herer Transaktionskosten – gewährleisten, dass für die Fördermittel mit grösserer Treffsicherheit eine Bewah
rung der Artenvielfalt «eingekauft» werden kann. n
Analisi dei punti deboli dell’ordinanza sulla qualità ecologica
Servendosi di una vasta combinazione di metodi è stata effettuata un’analisi delle parti «qualità» ed «interconnes- sione» dell’ordinanza sulla qualità ecologica, per esaminarne i punti deboli riguardo ai costi di transazione, all’impostazione istituzionale nei Cantoni ed alle modifiche di destina- zione del suolo correlate ai program- mi. Sulla base dei risultati, per l’ambito
«qualità» è stata proposta una graduazione dell’importo dei contribu- ti e per l’ambito «interconnessione»
una sostituzione dei contributi fissi all’ettaro con progetti individualmente richiesti o pubblicati.
Critical-point analysis of the Ordinance on Ecological Quality
Using a wide range of methods, both parts of the Ordinance on Ecological Quality, «Quality» and «Networking», were examined with respect to their critical points regarding transaction costs, institutional configuration in the cantons, and land-use changes associated with the programmes. The results suggest graded contributions for the «Quality» sphere and a replace- ment of the fixed contributions per hectare by individually submitted or tendered projects.
Key words: biodiversity, networks, policy evaluation, agri-environmental programmes.
Literatur
b BAFU und BLW, 2008. Umweltziele Landwirtschaft. Bern: BAFU b Bernhard S., 2006. Die Transaktions- und die technischen Kosten
des Programms zur Förderung der biologischen Qualität innerhalb der Ökoqualitätsverordnung. Universität Bern: Masterarbeit.
b Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft BUWAL, 1998.
Landschaftskonzept Schweiz, Bern.
b Herzog F. & Walter T., 2005. Evaluation der Ökomassnahmen Bereich Biodiversität. Schriftenreihe der FAL 56, 208 S.
b Khanna M., Ando A.W., 2009. Science, economics and the design of agricultural conservation programmes in the US. Journal of Environmen- tal Planning and Management 52 (5) 575 – 592.
b Mann S., 2008. Lessons from a performance-based agri-environmental programme. In R.H. Theobald: Environmental Management. New York:
Nova Publishers.
b Mann S. & Schweiger J., 2009. Using the Objective Hermeneutics Method for Policy Evaluation. Evaluation 15 (4) im Druck.
b Oevermann U., 2001. Zur Analyse der Struktur von sozialen Deutungsmustern. Sozialer Sinn 1/2001, 223-229.
b Spiess M. Ökologischer Ausgleich in der Schweiz – Ziele erreicht?
Erste Ergebnisse der Erfolgskontrolle.
Zugang: http://infonet.vogelwarte.ch/upload/71245556.pdf [9.7.2009].
b Vatn A., 1998. Input vs. Emission Taxes. Environmental Taxes in a Mass Balance and Transaction Costs Perspective. Land Economics 74 (4), 514-525.
b Vatn A., Valborg K. & Rørstad P. K., 2002. Policies for multifunctional agriculture: the trade-off between transaction costs and precision, Agricultural University of Norway, Department of economics and social sciences, Report No. 23, ISSN 0802-9210.