© CHROMORANGE / M. Stolt / picture alliance
Diabetes mellitus
Verlaufsprädiktoren beim manifesten Diabetes auf der Spur
Ein neuartiger Clustering-Ansatz identifizierte fünf Untergruppen von Diabetes mit unterschied- lichen Progressionsverläufen von Komplikationen. Forschende konnten nun zeigen, dass sich die Subgruppen auch in mehreren Biomarkern für Entzündungen unterscheiden.
Diabetes hat viele Ursachen.
Entsprechend vielfältig sind die gesundheitlichen Folgen dieser Stoffwechselstörung sowie das Risiko für schwere Verläufe. Diese Heterogenität bildet die derzeitige Eintei- lung in die Hauptformen Typ-1-Diabetes, Typ-2-Dia- betes und Gestationsdiabetes mellitus nur unzureichend ab. Kürzlich wurden in einer datengetriebenen Cluster- analyse skandinavischer Ko- horten fünf Diabetes-Sub- gruppen (Cluster) identifi- ziert, die auf sechs Variablen basieren (Alter bei der Diagnose, BMI, HbA1c, HOMA-2-Schätzungen der Betazellfunktion und Insulinresistenz sowie GADA-Antikörper). Die fünf Untergrup- pen wurden in der Deutschen Diabetes-Studie validiert: der schwere Autoimmun-Diabetes (SAID, entspricht Typ-1-Diabe- tes), der schwere Insulinmangel-Diabetes (SIDD), der schwere insulinresistente Diabetes (SIRD), der moderate adipositasbe- dingte Diabetes (MOD) sowie der moderate altersbedingte Di- abetes (MARD).
Verschiedene Entzündungsaktivität bei Subgruppen
Doch unterscheiden sich die verschiedenen Subtypen nur hin- sichtlich Alter und Stoffwechseleigenschaften oder auch bei Ent- zündungsreaktionen?Diese Fragestellung untersuchten Forschende des DZD-Part- ners Deutsches Diabetes-Zentrum (DDZ). Um Unterschiede bei Entzündung-Parametern zwischen einzelnen Diabetes-Sub- gruppen festzustellen, haben sie die Serumspiegel von 74 Ent- zündungs-Biomarkern bei 414 Personen mit kürzlich aufgetre- tenem Altersdiabetes aus der Deutschen Diabetes-Studie be- stimmt. Die Personen wurden zudem anhand einer datenge- steuerten Clusteranalyse den fünf Untergruppen zugeordnet.
Das Ergebnis: die neuen Diabetes-Subgruppen zeigen unter- schiedliche Entzündungsreaktionen. Angesichts der kritischen Rolle von Entzündungsprozessen bei diabetesbedingten Kom- plikationen kann sich das auch auf den Schweregrad klinischer Verläufe des Diabetes auswirken.
Die höchsten Biomarker-Blutspiegel wurden in der Diabetes- Subgruppe SIRD beobachtet. Die SIRD-Subgruppe ist durch eine ausgeprägte Insulinresistenz sowie hohen BMI gekenn-
zeichnet und weist ein erhöhtes Risiko für diabetische Nephro- pathien und nichtalkoholische Fettlebererkrankungen auf. „Der Zusammenhang zwischen hohen Werten von Entzündungsmar- kern und ausgeprägter Insulinresistenz deutet auf einen beson- deren Beitrag von Entzündungsprozessen in der SIRD-Unter- gruppe hin“, sagt Dr. Christian Herder, der die Arbeitsgruppe Inflammation am DDZ leitet.
Die niedrigsten Biomarker-Spiegel wies die Subgruppe SIDD auf, die vor allem durch Insulinmangel gekennzeichnet ist.
Menschen dieser Subgruppe sind meist schlank und erkranken früh an Diabetes.
„Im Moment können wir aus diesen Erkenntnissen noch kei- ne konkrete Empfehlung für die Diabetestherapie ableiten, aber das Risiko für Diabetes-Komplikationen lässt sich schon jetzt gezielter abschätzen“, erläutert Herder. „Zukünftige Studien werden prüfen, inwieweit diese Biomarker für individuelle The- rapieentscheidungen hilfreich sein können.“ Birgit Niesing, DZD Infos zum Deutschen Zentrum für Diabetesforschung: www.dzd-ev.de Originalie
Herder C, Maalmi H, Strassbur- ger K, Zaharia OP, Ratter J, Karusheva Y, Elhadad M, Bódis K, Bongaerts B, Rathmann W, Trenkamp S, Waldenberger M, Burkart V, Szendroedi J, Roden M, GDS Group:
Differences in Biomarkers of Inflammation Between Novel Subgroups of Recent-Onset Diabetes Diabetes. 2021 Feb 19;db201054. PMID: 33608423
DOI: 10.2337/db20-1054
Welche Konsequenzen auf die Therapie die feinere Unterteilung als nur Diabetes Typ 1 und 2 sowie Gestationsdiabetes hat, muss noch weiter erforscht werden.
aktuell
51
In|Fo|Diabetologie 2021; 15 (4)