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Die demyelinisierende kanine Staupeenzephalitis

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Verlag: Deutsche Veterinärmedizinische Gesellschaft Service GmbH 35392 Gießen · Friedrichstraße 17 · Tel. 0641 / 24466 · Fax: 0641 / 25375

E-Mail: info@dvg.de · Internet: www.dvg.de Hermann Maximilian Iseringhausen Hannover 2013

Hermann Maximilian Iseringhausen

Hannover 2013

Die demyelinisierende kanine Staupeenzephalitis:

Charakterisierung immunpathologischer Prozesse unter besonderer Berücksichtigung

regulatorischer T-Zellen und der Apoptose

ISBN 978-3-86345-155-4

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Deutschen Nationalbibliografie;

Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.

1. Auflage 2013

© 2013 by Verlag: Deutsche Veterinärmedizinische Gesellschaft Service GmbH, Gießen

Printed in Germany

ISBN 978-3-86345-155-4

Verlag: DVG Service GmbH Friedrichstraße 17

35392 Gießen 0641/24466 info@dvg.de www.dvg.de

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Die demyelinisierende kanine Staupeenzephalitis:

Charakterisierung immunpathologischer Prozesse unter besonderer Berücksichtigung regulatorischer T-Zellen und

der Apoptose

INAUGURAL-DISSERTATION

zur Erlangung des Grades eines Doktors der Veterinärmedizin - Doctor medicinae veterinariae -

(Dr. med. vet.)

vorgelegt von

Hermann Maximilian Iseringhausen Hannover

Hannover 2013

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1. Gutachter: Prof. Dr. Andreas Beineke Institut für Pathologie

Tierärztliche Hochschule Hannover

2. Gutachterin: PD Dr. Maren Fedrowitz

Institut für Pharmakologie, Toxikologie und Pharmazie

Tierärztliche Hochschule Hannover

Tag der mündlichen Prüfung: 23. Mai 2013

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Für meine Familie

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Posterpräsentation

ISERINGHAUSEN M., W. BAUMGÄRTNER u. A. BEINEKE (2012):

Phänotypisierung von Entzündungszellen bei der demyelinisierenden Hundestaupe unter Berücksichtigung regulatorischer T-Zellen.

„Abstracts zur 55. Jahrestagung der DVG-Fachgruppe „Pathologie“, 10./11. März 2012 in Fulda“, Tierärztl Prax K 3, A23

(9)

I

INHALTSVERZEICHNIS

1 Einleitung ...1

2 Literaturübersicht...3

2.1 Das Hundestaupe-Virus ... 3

2.1.1 Die Staupevirus-Infektion ... 4

2.1.2 Pathogenese und Immunpathologie der Staupevirus-Infektion... 6

2.1.3 Pathogenese und Immunpathologie der Staupeenzephalitis ... 9

2.2 Regulatorische T-Zellen ... 14

2.2.1 Regulatorische T-Zellen bei ZNS-Erkrankungen... 16

2.3 Apoptose ... 23

2.3.1 Apoptose bei der Staupevirus-Infektion ... 27

3 Materialien und Methoden...31

3.1 Untersuchte Hunde... 31

3.2 Gewebeproben für Histologie, Immunhistologie und TUNEL-Methode ... 32

3.3 Lichtmikroskopische Untersuchung und Einteilung der Staupeläsionen... 34

3.4 Luxol Fast Blue/Kresylechtviolett-Färbung ... 36

3.4.1 Protokoll für die Luxol Fast Blue/Kresylechtviolett-Färbung ... 36

3.5 Immunhistologie und TUNEL-Methode... 37

3.5.1 Antikörper, TUNEL-Kit und Seren ... 38

3.5.2 Protokoll für die Immunhistologie an Paraffinschnitten... 40

3.5.3 Protokoll für die TUNEL-Methode an Paraffinschnitten... 41

3.5.4 Kontrollen für die Immunhistologie und TUNEL-Methode ... 43

3.6 Immunfluoreszenz-Doppelmarkierung... 44

3.6.1 Antikörper, TUNEL-Kit und Seren ... 46

3.6.2 Protokoll für die Immunfluoreszenz-Doppelmarkierung... 46

3.6.3 Kontrollen für die Immunfluoreszenz-Doppelmarkierung ... 48

3.7 Auswertung der Lichtmikroskopie, Immunhistologie und TUNEL-Methode 49 3.8 Auswertung der Immunfluoreszenz-Doppelmarkierung... 51

3.9 Statistische Auswertung ... 51

(10)

II

4.1 Lichtmikroskopische und immunhistologische Auswertung für die

Gruppeneinteilung ... 53

4.1.1 Befunde bei den Kontrollhunden... 53

4.1.2 Befunde bei den Staupevirus-infizierten Hunden ... 53

4.1.3 Staupevirus-Nukleoprotein... 58

4.1.4 Myelin-basisches Protein (MBP) ... 62

4.2 Immunhistologische Detektion von Oligodendrozyten, Astrozyten und Albumin ... 65

4.2.1 Nogo-A... 65

4.2.2 Saures Gliafaserprotein (GFAP) ... 67

4.2.3 Aquaporin-4 (AQP-4) ... 69

4.2.4 Albumin ... 73

4.3 Immunhistologische Phänotypisierung der Entzündung ... 74

4.3.1 CD3+ T-Zellen ... 74

4.3.2 Foxp3+ regulatorische T-Zellen ... 76

4.3.3 CD79α+ B-Zellen ... 80

4.3.4 BS-1+ Makrophagen/Mikroglia ... 82

4.3.5 MAC 387+ Monozyten ... 84

4.3.6 MHC-II+ Antigen-präsentierende Zellen ... 87

4.4 Immunhistologische Untersuchungen zur Apoptose... 89

4.4.1 Aktivierte Caspase-3 ... 89

4.4.2 TUNEL-Methode ... 92

4.4.3 Fas-Rezeptor ... 95

4.4.4 Bax Protein ... 97

4.4.5 Bcl-2 Protein ... 99

4.4.6 Survivin Protein... 101

4.4.7 cIAP-2 Protein... 104

4.5 Immunfluoreszenzmikroskopische Auswertung... 107

4.5.1 TUNEL+ Zellen und Expression aktivierter Caspase-3... 108

4.5.2 TUNEL+ Zellen und Expression des von Willebrand Faktors ... 109

4.5.3 TUNEL+ Zellen und Expression von CD3... 110

4.5.4 TUNEL+ Zellen und Expression von GFAP ... 111

4.5.5 TUNEL+ Zellen und Expression von Nogo-A... 112

(11)

III

5 Diskussion ...113

5.1 Pathologie der Staupeenzephalitis ... 113

5.1.1 Demyelinisierung bei der Staupeenzephalitis ... 115

5.2 Immunphänotypisierung bei der Staupeenzephalitis ... 116

5.2.1 Regulatorische T-Zellen bei der Staupeenzephalitis ... 118

5.3 Störung der Blut-Hirn-Schranke bei der Staupeenzephalitis ... 123

5.4 Apoptose bei der Staupeenzephalitis ... 125

5.4.1 Pro-apoptotische Mechanismen bei der Staupeenzephalitis... 127

5.4.2 Anti-apoptotische Mechanismen bei der Staupeenzephalitis ... 128

5.5 Schlussbetrachtung ... 129

6 Zusammenfassung...131

7 Summary ...135

8 Literaturverzeichnis ...139

9 Anhang ...165

9.1 Bezugsquellen für Reagenzien, Chemikalien und Antikörper... 165

9.2 Bezugsquellen für Geräte, Software und Einmalartikel ... 168

9.3 Lösungen und Puffer ... 170

9.3.1 Histologie (Luxol Fast Blue/Kresylechtviolett-Färbung)... 170

9.3.2 Immunhistologie... 171

9.3.3 TUNEL-Methode (Peroxidase und Fluorescein KIT) ... 171

9.4 p-Werte... 173

9.5 Abkürzungsverzeichnis... 176

10 Danksagung...181

(12)
(13)

1 Einleitung

Das kanine Staupevirus (canine distemper virus; CDV) ist ein behülltes, einzelsträngiges RNS-Virus aus der Familie der Paramyxoviridae. Beim Hund stellt die demyelinisierende Leukoenzephalitis die typische Manifestationsform der nervösen Staupe dar (BAUMGÄRTNER u. ALLDINGER 2005; GAEDKE et al. 1997).

Die Veränderungen im Zentralen Nervensystem (ZNS) bei der Hundestaupe zeigen deutliche Ähnlichkeiten mit solchen bei der Multiplen Sklerose (MS) des Menschen.

Trotz zahlreichen Untersuchungen sind die genauen Mechanismen der Initiation und Progression der CDV-induzierten Entmarkungsenzephalitis bisher ungeklärt. In der Frühphase der Infektion dominieren Virus-bedingte Prozesse im Neuroparenchym, wie z.B. Axono- und Oligodendropathien. Dieser initiale Gewebschaden ist weiterhin mit einer Infiltration von zytotoxischen T-Zellen und Mikroglia-Aktivierung vergesellschaftet (ALLDINGER et al. 1996; SCHOBESBERGER et al. 2002;

SEEHUSEN u. BAUMGÄRTNER 2010; TIPOLD et al. 2001). In der Spätphase der demyelinisierenden Staupeenzephalitis finden sich entzündliche Prozesse vom Typ einer verzögerten Überempfindlichkeitsreaktion (WÜNSCHMANN et al. 1999).

Regulatorische T-Zellen (Treg) spielen eine wichtige Rolle bei der Aufrechterhaltung der immunologischen Toleranz sowie der Hemmung immunpathologischer Prozesse (VIGNALI et al. 2008). Bei der Experimentellen autoimmunen Enzephalomyelitis (EAE) und der murinen Coronavirus-induzierten Enzephalitis führt die in vivo Vermehrung oder der adoptive Transfer von Treg zu einer verminderten Demyelinisierung (JEE et al. 2007; TRANDEM et al. 2010). Der therapeutische Effekt von Treg konnte auch bei anderen immunpathologischen Erkrankungen, wie z.B.

dem autoimmunen Diabetes mellitus, gezeigt werden. Hierbei bewirken Treg eine Inaktivierung autoreaktiver T-Zellen und verhindern damit einerseits die Entwicklung und fördern andererseits die Heilung von der Erkrankung (TANG et al. 2004). Eine Dysregulation der Treg-Differenzierung führt hingegen zu einer vermehrten Aktivierung von Th17 T-Effektorzellen und damit zur Potenzierung immunpathologischer Prozesse (BETTELLI et al. 2006). Andererseits führen Treg aufgrund ihrer immunsuppressiven Eigenschaften zu einer verminderten spezifischen

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Immunantwort und begünstigen so eine Erregerpersistenz bei chronisch-infektiösen Krankheiten, wie beispielweise bei der Theilerschen murinen Enzephalomyelitis (TME), einem viralen Maus-Modell für demyelinisierende ZNS-Erkrankungen (HERDER et al. 2012; RICHARDS et al. 2011). Welche Rolle Treg bei der Hundestaupe spielen ist bisher jedoch unklar. Insbesondere stellt sich die Frage nach der Bedeutung dieser immunmodulatorischen T-Zell-Population während der Initiation und der Progression der CDV-vermittelten Leukoenzephalitis.

Die Apoptose hat einen entscheidenden Einfluss auf die Regulation entzündlicher Prozesse im ZNS (REICHARDT u. LUHDER 2012; ZIPP 2000). So werden aktivierte T-Zellen teilweise über den Mechanismus der Aktivierungs-induzierten Apoptose (activation-induced cell death; AICD) zum Abschluss der Entzündung eliminiert.

Damit soll einer überschießenden und gewebeschädigenden Immunreaktion und der Generierung potentiell autoreaktiver T-Zellen vorgebeugt werden (BRENNER et al.

2008). Beispielsweise wird die akute Phase der TME über eine vermehrte Rezeptor- vermittelte Apoptose infiltrierender T-Zellen terminiert ohne dass es zu einer vollständigen Virus-Elimination kommt (OLESZAK et al. 2003). Über die AICD kann es also auch zu einer Unterdrückung der Virus-spezifischen Immunantwort kommen, womit potentiell die Erregerpersistenz ermöglicht wird (IKEN et al. 2006). In der chronischen demyelinisierenden Phase der TME und bei der MS hingegen wird eine erhöhte Apoptose-Resistenz der Leukozyten beobachtet und für die progressive Entzündung verantwortlich gemacht (OLESZAK et al. 2003; SHARIEF u. SEMRA 2001). Die Rolle der Apoptose im Verlauf der CDV-vermittelten Leukoenzephalitis ist bisher nur unzureichend untersucht worden (SCHOBESBERGER et al. 2005).

Die Bedeutung der Immunmodulation im Verlauf der Hundestaupe ist weitgehend unklar. Im Mittelpunkt der vorliegenden Arbeit steht die Frage, ob Treg einen protektiven Effekt ausüben oder die Viruspersistenz und damit möglicherweise die Entmarkung bei der Hundestaupe begünstigen. Weiterhin sollen die Beudeutung und die Mechanismen der Apoptose von Leukozyten und Zellen des Neuroparenchyms in diesem Zusammenhang näher untersucht werden.

(15)

2 Literaturübersicht

2.1 Das Hundestaupe-Virus

Das Hundestaupe-Virus (canine distemper virus, CDV) ist ein Morbillivirus aus der Familie der Paramyxoviridae, Unterfamilie Paramyxovirinae. Weitere Spezies- Vertreter aus dem Genus Morbillivirus umfassen das Seehundstaupe-Virus (phocine distemper virus, PDV), das Rinderpest-Virus (RPV), das Virus der Pest der kleinen Wiederkäuer (Peste-des-petits-ruminants virus, PPRV) und das für die Humanmedizin bedeutsame Masernvirus (Measles Virus, MV; HAAS 2011). Bei den Meeressäugern werden außerdem das dolphin morbillivirus (DMV), das Schweinswal-Morbillivirus (porpoise morbillivirus, PMV) und das Pilot whale morbillivirus (PWMW) als Stämme des Genus Cetacean morbillivirus (CeMV) beschrieben (BELLIÈRE et al. 2011).

Morbilliviren gehören zu der Ordnung Mononegavirales. Es handelt sich hierbei um behüllte, einzelsträngige und nicht-segmentierte RNS-Viren mit negativer Polarität.

Das lineare Genom des Hundestaupe-Virus umfasst 15.690 Nukleotide und befindet sich in enger Assoziation mit dem Nukleokapsid (N)-Protein (Ribonukleokapsid).

Zusammen mit dem Phospho (P)- und dem Large (L, RNS-Polymerase)-Protein wird ein helikaler Ribonukleoprotein-Komplex gebildet. Dieser ist von einer Virushülle umgeben in welche zwei Glykoproteine, das Hämagglutinin (H, attachment)- und das Fusions (F)-Protein, integriert sind. Das Matrix (M)-Protein ist unterhalb der Virushülle lokalisiert und verbindet diese mit dem Ribonukleoprotein-Komplex. Neben den genannten sechs Strukturproteinen werden auch zwei Nicht-Strukturproteine, das C- und V-Protein, exprimiert, deren genetische Information jeweils auf dem P-Gen lokalisiert ist (CURRAN et al. 1992; HAAS 2011).

Am 3’-Ende des RNS-Strangs befindet sich eine nicht-kodierende Leader-Sequenz an welcher die im Zytoplasma stattfindende Transkription beginnt. Es schließen sich, in der genannten Reihenfolge, die Transkriptionseinheiten für das N-, P (C/V)-, M-, F-, H- und L-Protein an. Das 5’-Ende wird von einer nicht-kodierenden Trailer- Sequenz gebildet. Die einzelnen Gene werden durch nicht-kodierende intergene

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Sequenzen, die so genannten untranslated regions (UTR’s), separiert. Diese spielen für die Aktivität der RNS-Polymerase aufgrund ihrer Start/Stop-Funktion eine wichtige Rolle, denn neben einer fortlaufenden linearen Enzymaktivität ist auch eine Dissoziation der Polymerase im UTR-Segment vom viralen RNS-Strang möglich.

Folglich werden Gene am 3’-Ende häufiger transkribiert als solche am 5’-Ende. Es entsteht ein abnehmender Konzentrationsgradient der synthetisierten mRNS oben genannter Gene in der angeführten Reihenfolge (WRIGHT et al. 2005). Mit Ausnahme der mRNS für das P-Protein kodieren die übrigen fünf ausschließlich für ein Protein (monozystronische mRNS). Erstgenannte wird post-transkriptionell nach Insertion eines G-Nukleotids über die RNS-Polymerase modifiziert (RNS-Editierung;

RNA editing), und es kommt zu einer Verschiebung des Leserahmens. Das Produkt ist das V-Protein, welches eine mit dem P-Protein identische N-terminale jedoch einzigartige C-terminale Aminosäuresequenz aufweist. Das C-Protein wird hingegen durch das Ablesen eines zweiten, alternativen offenen Leserahmens (open reading frame; ORF) synthetisiert und ist deutlich kürzer als das P-Protein (SAWATSKY et al.

2011; SUGAI et al. 2009; VIDAL et al. 1990).

Das CDV ist weltweit verbreitet und auf vielen Kontinenten endemisch. Das Virus ist serologisch einheitlich, dennoch existieren zahlreiche Isolate (Stämme) mit unterschiedlicher Virulenz. Aufgrund der höchsten genetischen Variation innerhalb des H-Proteins dienten dessen genomische Sequenzanalysen unter Berücksichtigung geographischer Faktoren zur derzeitigen phylogenetischen Einteilung in sieben so genannte Cluster von CDV-Stämmen: American-1 (Impfstämme), American-2, Arctic-like, Asia-1, Asia-2, Europe und European wildlife (BLIXENKRONE-MØLLER et al. 1992; IWATSUKI et al. 2000; MCCARTHY et al.

2007).

2.1.1 Die Staupevirus-Infektion

Die Hundestaupe ist ein seit Jahrhunderten bekanntes Krankheitsbild und stellte vor der Einführung spezifischer Vakzinen eine weit verbreitete, hochansteckende und verlustreiche Krankheit bei Hunden dar (JENNER 1809; TIZARD 1998). In den

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Industrienationen mit weitgehend geschlossener Impfdecke werden auch heutzutage gelegentlich Krankheitsausbrüche in der Hundepopulation beobachtet. Hier stellen insbesondere Wildtiere ein permanentes Reservoir für das CDV dar (DENZIN et al.

2013; ORIGGI et al. 2012; SCHUMAKER et al. 2012).

Das Infektionsspektrum des Hundestaupe-Virus umfasst zahlreiche Spezies aquatischer und terrestrischer Karnivoren. Empfängliche terrestrische Karnivore, unter der ehemals gebräuchlichen Subordnung der Landraubtiere (Fissipedia) zusammengefasst, umfassen die Familien der Hundeartigen (Canidae), Katzenartigen (Felidae), Hyänenartigen (Hyanidae), Marderartigen (Mustelidae), Kleinbären (Procyonidae), Großbären (Ursidae), Schleichkatzen (Viverridae) und des kleinen Pandas (Ailuridae; DEEM et al. 2000; ITAKURA et al. 1979). Zu den anfälligen aquatischen Karnivoren, in der ehemaligen Subordnung der Robben oder Wasserraubtiere (Pinnipedia) klassifiziert, gehören Spezies aus der Familie der Walrosse (Odobenidae) und Hundsrobben (Phocidae; KENNEDY 1998). Weiterhin sind natürliche CDV-Infektionen bei Primaten und Halsbandpekaris beschrieben (NOON et al. 2003; QIU et al. 2011; YOSHIKAWA et al. 1989). Experimentelle Infektionen sind bei Mäusen, Meerschweinchen und Totenkopfäffchen möglich (BERNARD et al. 1983; NAGATA et al. 1990; YOSHIKAWA et al. 1981).

Eine Infektion mit dem CDV führt in Abhängigkeit von der betroffenen Spezies, Alter, Immunstatus, Umweltbedingungen und Virusstamm zu inapparenten Infektionen bis hin zu schweren Krankheitsverläufen mit hoher Mortalität. Bei Frettchen liegt die Letalität nach experimentellen Feldvirus-Infektionen bei bis zu 100% (GREENE u.

VANDEVELDE 2012; VAN MOLL et al. 1995; VON MESSLING et al. 2003).

Zunächst werden 3 bis 6 Tage nach der Infektion (p.i., post infectionem) ein transientes Fieber und eine Leukopenie beobachtet (KRAKOWKA et al. 1980). In der Folge stehen neben unspezifischen klinischen Symptomen wie Apathie, Anorexie, Dehydrierung oder Affektionen im Bereich der Kopfschleimhäute (Konjunktivitis, Rhinitis), insbesondere gastrointestinale (Durchfall, Vomitus) und respiratorische Symptome (Dyspnoe, Husten, Pneumonie), zusammengefasst als katarrhalische Formen, im Vordergrund. Weiterhin können neuronale Symptome (nervöse Form) wie Ataxie, Hyperästhesie, Kopftremor, Spasmen der Kopf-, Hals- und

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Gliedmaßenmuskulatur, Paresen und Krampfanfälle beobachtet werden. Eine Kombination aus katarrhalischer und nervöser Symptomatik ist möglich (systemische Form). Besonderheiten im Rahmen von CDV-Infektionen können sich in Hautreaktionen (Staupeexanthem, Staupepusteln), proliferativen Veränderungen des Nasenspiegels und der Fußballen (Hartballenkrankheit; hard pad disease), in Schmelzhypoplasien (Staupegebiss) oder einer hypertrophischen Osteopathie darstellen (BAUMGÄRTNER et al. 1995; DEEM et al. 2000; DUBIELZIG et al. 1981;

GRÖNE et al. 2003; HIGGINS et al. 1982a). Aufgrund einer ausgeprägten Immunsuppression kommt es außerdem häufig zu Sekundärinfektionen (KRAKOWKA et al. 1975).

In der Regel sind Tiere jeden Alters empfänglich, jedoch sind nicht-geimpfte, entwöhnte Welpen von 3 bis 6 Monaten am häufigsten betroffen. Die klinischen Symptome der Hundestaupe können sich sehr unterschiedlich präsentieren und erlauben lediglich bei der katarrhalischen, nervösen oder systemischen Form eine presumptive Verdachtsdiagnose (MORITZ et al. 1998; TIPOLD et al. 1992). Für die antemortem Diagnosefindung eignen sich Probenmaterialien wie Konjunktival- oder Nasentupfer, Blut, Urin oder Zerebrospinalflüssigkeit (Liquor cerebrospinalis, cerebrospinal fluid, CSF), für die unterschiedliche molekularbiologische, serologische und virologische Untersuchungsmethoden zur Verfügung stehen (AMUDE et al.

2006; AN et al. 2008; FRISK et al. 1999b; GREENE u. VANDEVELDE 2012).

2.1.2 Pathogenese und Immunpathologie der Staupevirus-Infektion

Die Infektion mit dem CDV verläuft in der Regel aerogen bzw. über das Aerosol und/oder oral über virushaltige Se- und Exkrete durch direkten Kontakt mit infizierten Tieren. Aufgrund der geringen Tenazität des CDV sind indirekte Infektionen selten.

Ein transplazentärer Infektionsweg ist ebenfalls beschrieben (HAAS 2011;

KRAKOWKA et al. 1974). Nach dem Viruseintritt kommt es zu einer Infektion und Replikation in den residenten, Schleimhaut-assoziierten Lymphozyten und Makrophagen des oberen Respirationstrakts. Es folgt eine Migration mit Replikation in den regionären lymphatischen Geweben (2 bis 5 Tage p.i.) wie Tonsillen,

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retropharyngeale und bronchiale Lymphknoten. Während der ersten Virämiephase 6 bis 8 Tage p.i. kommt es zu einer zellgebundenen (mononukleäre Zellen und Thrombozyten) und/oder nicht-zellgebundenen hämatogenen Ausbreitung in zahlreiche lymphoretikuläre Gewebe wie Milz, Thymus, Knochenmark, Lymphknoten, Mukosa-assoziiertes lymphatisches Gewebe (z.B. im Magen-Darm-Trakt) und Zellen des mononukleären Phagozytosesystems (z.B. Kupffer-Sternzellen in der Leber).

Nach einer zweiten, epitheliotropen Virämiephase 8 bis 9 Tage p.i. sind nahezu alle Gewebe betroffen, darunter Zellen des Respirations-, Gastrointestinal- und Urogenitaltrakts, des Endokrinums, Endothels und ZNS sowie der Haut. Neben der überwiegenden Infektion epithelialer Zellen können aber auch mesenchymale Zellen betroffen sein. Von diesem Zeitpunkt an ist infektiöses Virus in der Lage die Wirtszellen und den Wirtsorganismus zu verlassen (viral shedding; APPEL 1970;

BEINEKE et al. 2009; FRISK et al. 1999b; KOUTINAS et al. 2004; KRAKOWKA et al.

1987; OKITA et al. 1997).

Der Krankheitsverlauf der Hundestaupe ist im Wesentlichen von der individuellen immunologischen Reaktionslage abhängig. Tiere mit Ausbildung einer robusten humoralen und zellvermittelten Immunantwort eliminieren das CDV aus den meisten Geweben bis zum Tag 14 p.i. und zeigen einen subklinischen Verlauf mit vorübergehender Virusausscheidung. Tiere mit einer schwächeren, intermediären Immunantwort zeigen unterschiedliche klinische Symptome (s.o.), welche mit dem verzögerten Erreichen eines belastbaren anti-CDV-Titers wieder abklingen können.

Eine vollständige Viruselimination wird nicht beobachtet. Es kommt in der Regel zu einer Viruspersistenz in Zellen verschiedener Gewebe, darunter Zellen der Uvea, Neuronen oder Keratinozyten (GRÖNE et al. 2003; SUMMERS et al. 1983;

ZURBRIGGEN et al. 1995). Neben der Höhe des anti-CDV-Titers ist sowohl die initiale Produktion spezifischer Immunglobuline gegen Strukturen des Ribonukleoprotein-Komplexes (N- und P-Protein) als auch die darauffolgende Produktion von Immunglobulinen gegen Glykoproteine der Virushülle (F- und H-Protein) erforderlich. Letztere spielen eine Rolle bei der Pathogenese von ZNS- Veränderungen (RIMA et al. 1991). Tiere mit einer unzureichenden humoralen und

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zellulären Immunantwort zeigen eine fortwährende Viruspersistenz und schwere klinische Symptome (s.o.), in der Regel mit letalem Ausgang (APPEL et al. 1982).

Die CDV-Infektion führt 3 bis 6 Tage p.i. zu einer ausgeprägten und lang anhaltenden Immunsuppression mit einer bis zu 70 Tage fortbestehenden Leukopenie. Diese ist durch eine hochgradige und andauernde Depletion von T-Zellen, insbesondere CD4+ T-Zellen, sowie in geringerem Ausmaße von B-Zellen und neutrophilen Granulozyten, charakterisiert. Eine Depletion von Monozyten hingegen wird nur in geringem Umfang oder gar nicht beobachtet (APPEL et al.

1982; MCCULLOUGH et al. 1974; STEIN et al. 2008; TIPOLD et al. 2001). Weiterhin zeigen Lymphozyten aus dem Blut CDV-infizierter Tiere eine verminderte Proliferation in vitro (APPEL et al. 1982; KRAKOWKA et al. 1975). Bei experimentell CDV-infizierten Frettchen konnte in der frühen Infektionsphase in peripheren mononukleären Zellen eine V-Protein-abhängige verminderte Expression von Alpha- Interferon (IFN-α), IFN-γ, Interleukin-2 (IL-2), IL-4, IL-6 und Tumornekrosefaktor-α (TNF-α) festgestellt werden. Dadurch wird die Ausbildung einer protektiven, antiviralen Immunantwort erschwert und gleichzeitig eine effektive Virusreplikation in Lymphozyten begünstigt (VON MESSLING et al. 2006).

Eine wichtige pathogenetische Rolle in der frühen, lymphotropen Phase der CDV- Infektion spielt die selektive Interaktion des attachment (H)-Proteins der Virushülle mit dem signaling lymphocyte activation molecule (SLAM; CD150), ein Membranprotein auf den wirtseigenen Immunzellen aus der Immunglobulin (Ig)- Superfamilie (BARON 2005; TATSUO et al. 2001; VON MESSLING et al. 2005).

SLAM wird von aktivierten B- und T-Zellen, einschließlich regulatorischer T-Zellen, T-Gedächtniszellen, Monozyten, dendritschen Zellen sowie immaturen Thymozyten exprimiert. Neben der gezielten Infektion kommt es zu einer raschen Ausbreitung und Replikation des CDV in den lymphatischen Geweben (BROWNING et al. 2004;

VON MESSLING et al. 2006). Weiterhin wird eine Aufregulation des SLAM-Moleküls im Verlauf der CDV-Infektion beobachtet (WENZLOW et al. 2007). Neuere in vitro und in vivo-Untersuchungen zeigen, dass Nectin-4, ein Zelladhäsionsmolekül aus der Ig-Superfamilie, als Rezeptor auf epithelialen und neuronalen Zellen eine wichtige Rolle im Hinblick auf SLAM-unabhänigige Infektionswege von Morbilliviren spielt

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(BIERINGER et al. 2013; MÜHLEBACH et al. 2011; PRATAKPIRIYA et al. 2012). Für das Transmembranprotein CD9 ließ sich lediglich in vitro eine Bedeutung bei der Infektion mit attenuierten CDV-Stämmen sowie für die Zell-Zell-Fusion nachweisen (SCHMID et al. 2000). Attenuiertes MV kann über CD46, ein funktionell inhibitorisches Membranprotein in der Komplement-Kaskade mit ubiquitärer Expression, effektiv Vero Zellen in vitro infizieren, jedoch wird ihm bei der CDV-Infektion bisher keine Rolle zugesprochen (FUJITA et al. 2007; SCHNEIDER- SCHAULIES et al. 1995). Weitere Rezeptoren sind Gegenstand der Diskussion bei Morbillivirus-Infektionen, insbesondere dem MV, deren Bedeutung für das CDV noch nicht geklärt ist (SCHNEIDER-SCHAULIES u. SCHNEIDER-SCHAULIES 2008).

2.1.3 Pathogenese und Immunpathologie der Staupeenzephalitis

Die kanine Staupeenzephalitis (canine distemper encephalitis, CDE) entspricht keinem einheitlichen Bild, sondern es werden in Abhängigkeit vom Alter des Tieres, Immunstatus, Virusstamm und Untersuchungszeitpunkt verschiedene Formen beobachtet. Die häufigste Form der CDE ist eine Leukoenzephalitis, verursacht durch Stämme wie Cornell A75/17 (CDV-A75/17) oder Ohio R252 (CDV-R252). Sie ist in unterschiedlichem Maße von einer Demyelinisierung und mononukleären Entzündungszellinfiltration begleitet und findet sich vor allem in der weißen Substanz des Kleinhirns (weniger häufig im Großhirn) sowie in der periventrikulären weißen Substanz des vierten Ventrikels, des Rückenmarks und der optischen Nervenbahnen. Seltener wird eine nicht-eitrige Polioenzephalitis, z.B. im Rahmen einer Infektion mit dem Snyder Hill-Stamm (CDV-SH), in den Bereichen des zerebralen Kortex und der Kerngebiete des Hirnstammes beobachtet. Hierbei wird zwischen einer so genannten old dog encephalitis (ODE), einer post-vaccinal encephalitis (PVE) und einer Sonderform, der inclusion body encephalitis (IBE), unterschieden. Mischformen sind möglich, werden aber in der Regel von einer Form dominiert (AMUDE et al. 2011; BAUMGÄRTNER u. ALLDINGER 2005; NESSELER et al. 1999; SUMMERS et al. 1984; VANDEVELDE et al. 1980).

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Auf hämatogenen Weg kommt es zu einer Infektion des Neuroparenchyms, Choroidplexusepithels und der Meningen. Dabei gelangt das CDV über kleinere Blutgefäße zellassoziiert (mononukleäre Zellen) oder als freies, so genanntes Plasma-Phasen Virus in den perivaskulären Raum oder infiziert direkt Endothelzellen. Die Infektion schreitet intrazellulär zunächst über Perizyten, meningeale Zellen und die astrozytären Fußfortsätze der Blut-Hirn-Schranke (BHS) und dann vornehmlich über astrozytäre Zell-zu-Zell-Kontakte fort. Dem CDV gelingt damit unter weitgehendem Ausschluss der lokalen Immunüberwachung eine Migration über weite Strecken, wodurch ein zeitlich und räumlich getrenntes Entstehen neuer Entzündungsherde möglich ist (AXTHELM u. KRAKOWKA 1987;

WYSS-FLUEHMANN et al. 2010). Über das Choroidplexusepithel erreicht zellassoziiertes und freies CDV den Liquor cerebrospinalis und somit wird eine Infektion periventrikulärer, subependymaler und subpialer Regionen entlang der Neuraxis des ZNS ermöglicht (HIGGINS et al. 1982b). Bei Frettchen ließ sich experimentell ein neurogener Infektionsweg über das Riechepithel nachweisen (RUDD et al. 2006).

Zahlreiche in vitro und in vivo Untersuchungen belegen letztendlich, unter Berücksichtigung von Virusstamm und Infektionsphase, ein umfangreiches CDV-Infektionsspektrum, wobei Astrozyten die wichtigste Zielzellpopulation darstellen, gefolgt von Neuronen, Mikroglia, Ependym-, Leptomeninx- und Choroidplexusepithelzellen sowie auch Oligodendrozyten und gliale Vorläuferzellen (GRABER et al. 1995; MUTINELLI et al. 1989; ORLANDO et al. 2008;

WÜNSCHMANN et al. 1999).

Die CDV-Leukoenzephalitis wird als biphasischer Krankheitsprozess verstanden.

Initial stehen dabei direkte Virus-induzierte Gewebeschäden im Vordergrund, welche unmittelbar mit einer intraläsionalen Virusreplikation in Gliazellen korrelieren. Im Zuge der Krankheitsprogression mit gleichzeitig zu beobachtender Viruselimination, spielen später zunehmend immunpathologische Prozesse eine Rolle (BAUMGÄRTNER u. ALLDINGER 2005; SUMMERS u. APPEL 1994; VANDEVELDE et al. 1985).

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Ultrastrukturell können im ZNS 9 bis 10 Tage p.i. Viruspartikel detektiert werden und vor dem Auftreten histopathologischer Veränderungen in der Lichtmikroskopie lassen sich Virus-Antigen und -mRNS im Neuroparenchym nachweisen (GAEDKE et al.

1999; HIGGINS et al. 1982a). In dieser Phase zeigt sich bereits eine aufregulierte Expression von Antigen-präsentierenden Haupthistokompatibilitätskomplex Klasse II- Molekülen (major histocompatibility complex class II; MHC-II), welche im weiteren Krankheitsverlauf kontinuierlich zunimmt (ALLDINGER et al. 1996).

Mit Krankheitsprogression treten in der akuten Phase der CDV-Leukoenzephalitis erste herdförmige histopathologische Veränderungen auf, welche in vivo experimentell ab Tag 18 p.i. belegt sind. Die Läsionen, oder auch Plaques, werden bis zu diesem Zeitpunkt auf direkte, Virus-induzierte Pathomechanismen zurückgeführt. Diese äußern sich in einer Vakuolisierung der weißen Substanz als Folge einer Ödematisierung der Myelinscheiden sowie einer Astro- und Mikrogliose.

In diesem Stadium liegen bereits axonale Schäden vor, welche lichtmikroskopisch insbesondere in Form geschwollener axonaler Fortsätze (Sphäroide) erkennbar sind (HIGGINS et al. 1982a; SEEHUSEN u. BAUMGÄRTNER 2010). Trotz zeitgleich bestehender systemischer Immunsuppression kommt es zu einer mononukleären Entzündungszellinfiltration, überwiegend von zytotoxischen CD8+ T-Lymphozyten (TIPOLD et al. 1999b; WÜNSCHMANN et al. 1999). Im ZNS-Gewebe wird außerdem in diesen frühen Phasen eine Aufregulation der pro-inflammatorischen Zytokine IL-6, IL-8, IL-12 und TNF-α beobachtet während die anti-inflammatorischen Zytokine IL-10 und TGF-β keine signifikanten Erhöhungen aufweisen (MARKUS et al. 2002).

In der subakuten Phase der CDV-Leukoenzephalitis, in vivo experimentell 24 bis 27 Tage p.i. belegt, entwickeln sich flächenhafte Läsionen innerhalb derer hohe Mengen von Virus-Protein und -mRNS vorhanden sind (ALLDINGER et al. 1993; GAEDKE et al. 1999; HIGGINS et al. 1982b; VANDEVELDE et al. 1982). Sie zeichnen sich durch eine zunehmende Vakuolisierung und nunmehr beginnende Demyelinisierung aus.

Dabei kommt es initial zu einer segmentalen Separierung des Myelins vom Axon durch astrozytäre Zellausläufer. Im Folgenden werden die Myelinlamellen durch aktivierte Makrophagen/Mikroglia vom Axon fortgezogen und phagozytiert (myelin- stripping). Myelinfragmente finden sich außerdem extrazellulär und

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intrazytoplasmatisch in Astrozyten sowie vereinzelten Oligodendrozyten (HIGGINS et al. 1982b; SUMMERS u. APPEL 1987). Der Myelinschaden in den Plaques wird weiterhin durch die erhöhte Phagozytoseaktivität aktivierter Makrophagen/Mikroglia unter zunehmender Freisetzung reaktiver, gewebsschädigender Sauerstoffspezies (reactive oxygen species, ROS) verstärkt (STEIN et al. 2004). In vitro und in vivo Untersuchungen zeigen, dass der reduzierte Myelingehalt auch Folge einer metabolischen Störung von Oligodendrozyten ist. Diese weisen eine verminderte Transkription Myelin-spezifischer Gene auf, so z.B. für das Proteolipid-Protein (PLP), das Myelin-assoziierte Glykoprotein (MAG) oder das Myelin-basische Protein (MBP;

GRABER et al. 1995; SCHOBESBERGER et al. 2002; ZURBRIGGEN et al. 1998).

Der Anteil infizierter Oligodendrozyten in den Läsionen liegt interessanterweise nur bei bis zu 8%, wobei sich diese durch eine restriktive Infektion mit unvollständiger Virusreifung auszeichnen (ZURBRIGGEN et al. 1998). Mehrheitlich hingegen sind Astrozyten infiziert. Sie zeigen bis in diese Phase hinein eine deutliche Aufregulation des Hyalorunat-Rezeptors (CD44), welche in den entzündlich-demyelinisierenden Phasen wieder abnimmt (ALLDINGER et al. 2000; MUTINELLI et al. 1989).

Mit dem Einsetzen der Rekonstitution der lymphatischen Gewebe 6-7 Wochen p.i.

kommt es zu einer erhöhten mononukleären Infiltration der demyelinisierten Areale des Neuroparenchyms sowie des perivaskulären Raumes (BEINEKE et al. 2009;

SUMMERS u. APPEL 1987). Innerhalb der Läsionen sind interessanterweise die Mengen an CDV-Protein und -mRNA im Gegensatz zur Plaque-Peripherie deutlich reduziert (ALLDINGER et al. 1993; BAUMGÄRTNER et al. 1989; GAEDKE et al.

1999). In diesen subakut-demyelinisierenden Phasen mit perivaskulärer Entzündung bzw. chronischen Phasen schreitet die Entmarkung weiter voran. Trotzdem wird in den Läsionen neben einer Astrogliose kein ausgeprägter Verlust von Oligodendrozyten beobachtet (SCHOBESBERGER et al. 2002). Perivaskulär finden sich neben CD8+ T-Lymphozyten auch vermehrt CD4+ T-Lymphozyten und CD21+ B-Zellen, während die Plaques und das angrenzende Neuroparenchym überwiegend mit CD8+ T-Zellen infiltriert sind (ALLDINGER et al. 1996; WÜNSCHMANN et al.

1999). Der zunehmende Gewebeschaden wird auch in Zusammenhang mit einer

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gesteigerten intrathekalen humoralen, Antikörper-vermittelten Immunantwort gebracht (VANDEVELDE et al. 1982; VANDEVELDE et al. 1986).

Der entzündliche Charakter einer Hypersensitivitätsreaktion vom verzögertern Typ, der reduzierte Virus-Gehalt und die ausgeprägte MHC-II-Expression in den Plaques lassen nunmehr auf eine Beteiligung immunpathologischer Prozesse schließen (ALLDINGER et al. 1996; BAUMGÄRTNER u. ALLDINGER 2005; WÜNSCHMANN et al. 1999).

Einen seltenen Befund stellen die sklerotischen Plaques (old sclerotic plaques) dar.

Hier stehen fokale Proliferationen von Astrozyten und eine ausgeprägte Demyelinisierung ohne bedeutende Infiltration von Makrophagen/Mikroglia im Mittelpunkt. Die Astrozyten in diesen sklerotischen Plaques sind durch große Mengen an Zytoplasma, plumpe Fortsätze sowie eine bündelartige Anordnung charakterisiert (VANDEVELDE et al. 1981).

Aufgrund morphologischer und neuropathologischer Ähnlichkeiten mit der humanen MS gilt die CDV-Leukoenzephalitis als ein infektiöses, spontan-auftretendes, translationales Tier-Modell für Entmarkungskrankheiten beim Menschen (BAUMGÄRTNER u. ALLDINGER 2005). Morbillivirus-Infektionen werden zwar mit dem Auftreten der MS diskutiert, ein ätiologischer Zusammenhang ist jedoch nicht gesichert (LANG et al. 2002; ROHOWSKY-KOCHAN et al. 1995; SERAFINI et al.

2007). Interessanterweise wurde in zahlreichen Gewebeproben von Patienten mit Morbus Paget, einer deformierenden Knochenerkrankung des Menschen, Staupevirus-RNS nachgewiesen, wobei auch hier ein grundsätzlicher Zusammenhang nicht abschließend geklärt ist (GORDON et al. 1991; MEE et al.

1998).

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2.2 Regulatorische T-Zellen

Regulatorische T-Zellen (Treg) sind für die Aufrechterhaltung der Immun- Homöostase verantwortlich und spielen eine zentrale modulatorische Rolle bei der Kontrolle der Immunantwort (ZHOU 2008). Die immunsuppressiven Eigenschaften von Treg dienen insbesondere der Verhinderung autoimmuner Erkrankungen oder immunpathologischer Prozesse bedingt durch infektiöse und nicht-infektiöse Noxen (VIGNALI et al. 2008). Die Entwicklung von Treg findet im Thymus statt (natürliche Treg) oder sie erfolgt im Rahmen der peripheren Immunantwort (induzierte Treg;

SAKAGUCHI et al. 2009; ZHAO et al. 2011). Natürliche Treg erkennen charakteristischerweise Autoantigene, werden aber im Gegensatz zu autoaggressiven T-Zellen nicht im Rahmen der negativen Selektion im Thymus eliminiert (JORDAN et al. 2001; O'GARRA u. VIEIRA 2004). Die Thymusinvolution hat interessanterweise keinen Einfluss auf die Anzahl und Funktionalität von Treg (GREGG et al. 2005). Natürliche Treg zeigen eine konstitutive Expression spezifischer Oberflächenantigene wie CD4, CD25 (α-Kette des IL-2-Rezeptors), CTLA-4 (cytotoxic T-lymphocyte antigen-4) und GITR (glucocorticoid-inducible tumor necrosis factor receptor) sowie des Transkriptionsfaktors forkhead box P3 (Foxp3;

BELKAID u. ROUSE 2005; CERVANTES-BARRAGÁN et al. 2012; SAKAGUCHI et al. 2001). Foxp3 konnte bei Mensch, Maus und Hund als Treg-spezifisches Molekül identifiziert werden und ist damit ein wichtiger Marker für die Detektion von Treg.

Dabei ist Foxp3 essentiell für die Funktion natürlich vorkommender Treg (FONTENOT et al. 2003; HORI et al. 2003; PINHEIRO et al. 2011). So führen Mutationen des FOXP3-Gens beim Menschen zum immunodysregulation polyendocrinopathy enteropathy X-linked syndrome (IPEX-Syndrom). Betroffene Personen zeigen durch die Dysfunktion der Treg ausgeprägte autoimmune Reaktionen (BENNETT et al. 2001; OTSUBO et al. 2011). Vergleichbar hiermit führt die Mutation bei männlichen Mäusen zum scurfy-Phänotyp mit einer nach ca. 4 Wochen post partum letal verlaufenden, autoimmunen Erkrankung (SHARMA u. JU 2010). Im Rahmen der peripheren Immunantwort differenzieren sich die so genannten induzierten Treg aus CD4+Foxp3- T-Vorläuferzellen nach T-Zell-Rezeptor

(27)

(T-cell receptor; TCR)-Stimulation unter Beteiligung Antigen-präsentierender Zellen und in Abhängigkeit von TGF-β. Darüber hinaus ist IL-2 für die Aufrechterhaltung der Funktion und Proliferation peripherer Treg wichtig (KRETSCHMER et al. 2005;

SETOGUCHI et al. 2005; WAINWRIGHT et al. 2011). Eine entscheidende Rolle bei der Differenzierung von Treg spielt das lokale Zytokinmilieu. So kommt es unter der Expression von IL-6 und TGF-β zu einer Differenzierung von T-Vorläuferzellen in pro- inflammatorische Th17 T-Effektorzellen (Teff) anstelle von Treg. Th17 Teff spielen wiederum eine wichtige Rolle bei autoimmunen Erkrankungen wie der EAE und MS (MIOSSEC 2009; QUINTANA et al. 2008; STOCKINGER et al. 2007; VELDHOEN et al. 2006; WALSH u. KIPNIS 2011). Im Gegensatz dazu wirkt das für die Treg-Funktion wichtige IL-2 inhibitorisch auf die Th17-Differenzierung (LAURENCE et al. 2007).

Treg können über verschiedene Mechanismen eine ganze Reihe von Immunzellen supprimieren. Dazu gehören T-Zellen, B-Zellen, Makrophagen, dendritische Zellen, Mastzellen und natürliche Killerzellen (CERVANTES-BARRAGÁN et al. 2012;

SHEVACH 2009). Treg üben sowohl eine direkte, TCR-vermittelte als auch eine indirekte immunsuppressive Wirkung auf ihre Zielzellen aus (VIGNALI et al. 2008).

Eine zentrale Funktion von Treg ist die Sekretion inhibitorischer Zytokine wie IL-10, IL-35 und TGF-β. So spielt IL-10 bei der Hemmung und Termination entzündlicher Prozesse durch Inhibition zahlreicher pro-inflammatorischer Effektorzellen eine wichtige Rolle. Außerdem fördert IL-10 die Entwicklung und Funktion von Treg selbst (CHAUDHRY et al. 2011; MOORE et al. 2001). TGF-β ist für die Inhibition CD4+ T-Helferzellen und CD8+ zytotoxischer T-Zellen wichtig. TGF-β-depletierte Mäuse sterben frühzeitig an Organversagen im Rahmen eines multizentrischen Entzündungsgeschehens (BANCHEREAU et al. 2012; SHULL et al. 1992). Der Effekt von TGF-β wird im Wesentlichen durch das Zusammenspiel mit anderen Zytokinen bestimmt. So fördert TGF-β in Kombination mit IL-2 die Entwicklung protektiver Treg und in Kombination mit IL-6 die Differenzierung von pro- inflammatorischen Th17 Teff (GUTCHER et al. 2011; ZHENG et al. 2008). IL-35 übt eine stark hemmende Wirkung aus, z.B. auf die Proliferation von Teff, und führt außerdem zu einer Transformation CD4+ Teff in eine immunmodulatorische T-Zell-

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Population (COLLISON et al. 2007). Unter Beteiligung membranwirksamer Proteine (Granzym A/B und Perforin) erfolgt eine Treg-vermittelte Zytolyse der Zielzellen, wie z.B. aktivierte B-Zellen (GONDEK et al. 2005). Über den Mechanismus der Fas-vermittelten Apoptose können Treg eine Proliferation CD8+ Teff unterdrücken (STRAUSS et al. 2009). Im Gegensatz dazu steht eine Treg-vermittelte Apoptose von CD4+ T-Zellen über TRAIL-DR5 (TNF-related apoptosis inducing ligand/death receptor 5; REN et al. 2007). Ein weiterer Mechanismus ist die metabolische Störung von Teff, z.B. über eine Reduktion von IL-2 (cytokine deprivation-mediated apoptosis) durch Treg (PANDIYAN et al. 2007; THORNTON u. SHEVACH 1998;

VIGNALI et al. 2008). In diesem Zusammenhang kann auch eine Treg-vermittelte Aufregulation des zyklischen Adenosinmonophosphats in den Zielzellen eine effektive Proliferation hemmen (BOPP et al. 2007; VIGNALI et al. 2008). Indirekt können Treg eine Aktivierung von Teff verhindern. Dieser Mechanismus wird über dendritische Zellen und die Moleküle CTLA-4 und Indolamin-2,3-Dioxygenase (IDO) vermittelt (FALLARINO et al. 2003; READ et al. 2000; VIGNALI et al. 2008).

2.2.1 Regulatorische T-Zellen bei ZNS-Erkrankungen

Treg spielen eine entscheidende Rolle für die Aufrechterhaltung der immunologischen Toleranz in Gehirn und Rückenmark. Neben der Treg-vermittelten Modulation der Immunantwort in peripheren lymphatischen Organen werden zusätzlich lokale Entzündungsprozesse direkt durch die Wechselwirkung von Treg und residenten Zellen des ZNS beeinflusst und dadurch immunpathologische Vorgänge abgeschwächt bzw. verhindert (LOWTHER u. HAFLER 2012). Aktivierte Mikroglia führen durch die Produktion von CCL22 (C-C motif chemokine ligand 22) zur vermehrten Immigration von peripheren Treg in das ZNS (KIPNIS et al. 2004; LIU et al. 2006). Treg wiederum hemmen die pro-inflammatorischen Eigenschaften der Mikroglia durch Produktion von IL-4 (ZHAO et al. 2012). Darüber hinaus induzieren Treg einen M2-Phänotyp der Mikroglia in Verbindung mit einer verminderten Produktion neurotoxischer Faktoren wie NOX2 (NADPH oxidase 2), iNOS (inducible nitric oxide synthase) und Stickoxide, wodurch Regenerationsprozesse im

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geschädigten ZNS gefördert werden (BEERS et al. 2011; TIEMESSEN et al. 2007;

ZHAO et al. 2012). Neben der Infiltration peripherer Treg können auch lokal im entzündlichen Milieu Immunzellen durch den Kontakt mit residenten Zellen direkt in Treg konvertieren. So wurde gezeigt, dass durch Ko-Inkubation von Astrozyten und Lymphozyten, CD4+ und CD8+ T-Zellen mit immunmodulatorischen Eigenschaften in vitro entstehen (TRAJKOVIC et al. 2004). Bei der Experimentellen autoimmunen Enzephalomyelitis (EAE) führt die Interaktion von Neuronen mit infiltrierenden T- Zellen zur Differenzierung suppressiver CD4+CD25+TGF-β1+CTLA-4+Foxp3+ Treg, welche nach adoptiven Transfer die Induktion der EAE verhindern (LIU et al. 2006).

Andererseits können Treg protektive Entzündungsreaktionen z.B. im Rahmen der erregerspezifischen und antitumoralen Immunabwehr hemmen und damit die Erregerpersistenz bzw. Progression neoplastischer Prozesse im Gehirn begünstigen (BELKAID u. ROUSE 2005; JACOBS et al. 2010; REUTER et al. 2012; SONABEND et al. 2008; WAINWRIGHT et al. 2011).

Eine Myelin-spezifische Autoimmunität wird für die Demyelinisierung bei der Multiplen Sklerose (MS) des Menschen verantwortlich gemacht. Autoaggressive T-Lymphozyten gelangen über die Blut-Hirn-Schranke (BHS) in das ZNS und werden dort aktiviert. Gegenwärtig wird pathogenetisch eine gestörte Immunregulation durch dysfunktionale Treg diskutiert. Beispielsweise konnte eine reduzierte Foxp3- Expression im Blut von MS-Patienten nachgewiesen werden (COSTANTINO et al.

2008; HUAN et al. 2005). Darüber hinaus findet sich eine Störung der Treg- vermittelten Immunsuppression bei den betroffenen Personen, wodurch die Proliferation und IFN-γ-Produktion potentiell autoreaktiver T-Zellen nur unzureichend gehemmt wird (COSTANTINO et al. 2008; VENKEN et al. 2006). Weiterhin wird eine verminderte ZNS-Infiltration Foxp3+ Treg für eine überschießende Entzündung und Demyelinisierung in aktiven MS-Plaques verantwortlich gemacht (TZARTOS et al.

2008). In frühen MS-Läsionen wurden trotz immunhistologischen Nachweises von CD4+ T-Zellen keine oder nur sehr geringe Mengen von Foxp3+ Treg gefunden.

Möglicherweise ist dieser Treg-Mangel im Gehirn von MS-Patienten auf eine CD95L-vermittelte Apoptose von Treg zurückzuführen (FRITZSCHING et al. 2011).

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Die EAE ist ein Tiermodell für autoimmune, demyelinisierende ZNS-Erkrankungen wie z.B. die MS (BONETTI et al. 1997). Im Verlauf der EAE spielen neben einer zunehmenden Th2-vermittelten Immunantwort auch die Treg eine bedeutende Rolle bei der Reduktion Th1-bedingter Überempfindlichkeitsreaktionen (KOHM et al. 2002).

Durch in vivo-Depletion CD25+ Treg kann bei der EAE eine Zunahme der klinischen Symptomatik mit erhöhter Mortalität und reduzierter Rekonvaleszenz beobachtet werden (GÄRTNER et al. 2006; STEPHENS et al. 2005). Der adoptive Transfer CD25+ Treg führt hingegen durch die vermehrte Infiltration dieser Zellen in das ZNS zu einer Besserung der klinischen Symptomatik (MCGEACHY et al. 2005). Während der Rekonvaleszenzphase der EAE finden sich im Vergleich zur akuten Erkrankung deutlich erhöhte Anzahlen von Treg in Verbindung mit einer gesteigerten IL-10-Produktion (KORN et al. 2007). In diesem Zusammenhang wurde gezeigt, dass der Transfer von IL-10-exprimierenden Treg zu einer verminderten Proliferation CD4+ und CD8+ T-Zellen in Verbindung mit einer reduzierten IFN-γ-Produktion durch autoreaktive T-Zellen führt (O'GARRA u. VIEIRA 2004). In vivo vermehrte und in vitro expandierte Treg führten nach adoptiven Transfer zu einer verminderten Demyelinisierung bei der EAE (JEE et al. 2007; KORN et al. 2007).

Ein therapeutischer Effekt von Treg konnte ebenfalls bei anderen autoimmunen Erkrankungen wie der antigeninduzierten Arthritis und dem autoimmunen Diabetes mellitus in Tierversuchen bestätigt werden. Hier bewirken Treg die Inaktivierung autoreaktiver T-Zellen und verhindern so eine unkontrollierte und überschießende Entzündung (FREY et al. 2005; TANG et al. 2004).

Im Gegensatz zu den vorwiegend positiven Eigenschaften bei autoimmunen Erkrankungen finden sich bei neuroinflammatorischen und -degenerativen Prozessen unterschiedliche Bedeutungen der Treg für den Krankheitsverlauf (WALSH u. KIPNIS 2011). Beispielsweise führt der adoptive Transfer von Treg in Mausmodellen für Rückenmarksverletzungen zu einer Verminderung der neuroprotektiven Autoimmunität, während die Treg-Depletion Neuronenschäden verhindert (KIPNIS et al. 2002; ZIV et al. 2006). Im Gegensatz hierzu ist ein Treg-Mangel während der Frühphase spontan auftretender spinaler Traumata beim Hund möglicherweise für eine exzessive Gliaaktivierung und damit einhergehende Sekretion pro-

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inflammatorischer und neurotoxischer Zytokine verantwortlich (SPITZBARTH et al.

2011). In experimentellen Modellen für zerebrovaskuläre Krankheiten (Schlaganfallmodelle) reduzieren Treg die Expression von TNF, IFN-γ und IL-1β sowie die Infiltration neutrophiler Granulozyten und Aktivierung mikroglialer Zellen im murinen ZNS (LIESZ et al. 2009). Eine genetische Depletion Foxp3+ Treg begünstigt in diesem Zusammenhang die Ausdehnung des Gehirninfarktes (PLANAS u.

CHAMORRO 2009). Im Gegensatz hierzu hat die Antikörper-vermittelte Depletion CD25+ Treg keinen neuroprotektiven Effekt (REN et al. 2011).

Bei infektiösen Krankheiten hemmen Treg die Entzündungsreaktion, begünstigen aber durch ihre immunsuppressive Wirkung auch die Erregerpersistenz, wie z.B. bei der humanen Hepatitis C, Retrovirus-Infektionen von Mensch (HIV) und Katze (FIV) sowie der murinen Hantavirus-Infektion (EASTERBROOK et al. 2007; TOMPKINS u.

TOMPKINS 2008; VAHLENKAMP et al. 2005). Im Gegensatz hierzu wird in murinen Modellen für HIV-assoziierte Neuropathien eine Reduktion der Astrogliose und mikroglialen Aktivität mit der Infiltration von Treg in die Entzündungsherde in Zusammenhang gebracht. Dabei kommt es zu einer verminderten Expression pro-inflammatorischer Zytokine sowie zu einer Reduktion des oxidativen Stress und der neuronalen Apoptose. Weiterhin induzieren Treg im Gehirn der Mäuse eine vermehrte Bildung der neurotrophen Faktoren BDNF (brain-derived neurotrophic factor) und GDNF (glial cell-derived neurotrophic factor) wodurch zusätzlich die Neuroregeneration gefördert wird (GONG et al. 2011; LIU et al. 2009).

Interessanterweise führen Treg zu einer Caspase-3- und Perforin-vermittelten Apoptose von HIV-infizierten Makrophagen und damit zu einer verminderten Virus- Replikation (HUANG et al. 2010). Darüber hinaus transformieren Treg HIV-infizierte Makrophagen vom pro-inflammatorischen M1-Phänotyp in einen protektiven M2-Phänotyp wodurch es zu einer reduzierten iNOS- und gesteigerten Arginase-1-Expression kommt (GONG et al. 2011; HUANG et al. 2010).

Im Rahmen der Herpes simplex Virus (HSV)-Infektion wurde bei transgenen Mäusen gezeigt, dass der Verlust Foxp3+ Treg zu einer verzögerten Infiltration von T-Zellen, natürlichen Killerzellen und dendritischen Zellen in das ZNS führt, vergesellschaftet mit einem raschen klinischen Verlauf und erhöhten Viruskonzentrationen im Gehirn.

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Die Untersuchungen zeigen damit einen Treg-vermittelten protektiven Effekt durch Potenzierung der antiviralen Immunantwort und Koordination infiltrierender Immunzellen während der frühen HSV-Infektionsphase (LUND et al. 2008).

Im Gegensatz dazu führte eine Treg-Depletion mittels anti-CD25-Antikörper in HSV-infizierten Mäusen während der akuten Infektionsphase zu einer vermehrten Stimulation Virus-spezifischer CD4+ und CD8+ T-Zellen und einem reduzierten Virusgehalt im ZNS. In infizierten neonatalen Mäusen konnte außerdem eine Hemmung der IFN-γ- und Granzym B-Expression in CD8+ T-Zellen durch Virus-induzierte Treg beobachtet werden (FERNANDEZ et al. 2008).

Vergleichbar mit der Hundestaupe führt die experimentelle Infektion von Mäusen mit dem Theilerschen murinen Enzephalomyelitis-Virus (TMEV) zur Viruspersistenz und Demyelinisierung (KUMMERFELD et al. 2012). Die Antikörper-vermittelte Depletion CD25+ Treg führte bei der TMEV-Infektion empfänglicher Mäusen zu einer erhöhten Virus-spezifischen zellulären und humoralen Immunantwort (RICHARDS et al. 2011).

Die erhöhte Infiltration Foxp3+ Treg in das Gehirn ist hingegen mit einer vermehrten Expression des anti-inflammatorischen Zytokins IL-10 und einer verzögerten Viruselimination vergesellschaftet (HERDER et al. 2012). Bei der Maushepatitis-Virus (MHV)-induzierten Enzephalomyelitis finden sich während der akuten und chronischen Infektionsphase Virus-spezifische Treg im Gehirn. Sie weisen eine höhere suppressive Aktivität in Verbindung mit einer gesteigerten Expression von CD69, ICOS (inducible T-cell costimulator; CD278) und CTLA-4 auf als Treg in der Milz dieser Tiere (ZHAO et al. 2011). Bei dieser Infektion verhindern Treg durch die Reduktion immunpathologischer Prozesse eine akute, fatal verlaufende Enzephalitis (ANGHELINA et al. 2009). Im Gehirn hemmen Treg hierbei die Entzündung durch Störung der Antigen-Präsentation über dendritische Zellen und Reduktion pro- inflammatorischer Chemokine und Zytokine. Der adoptive Transfer von Treg führte zu einer deutlichen Verbesserung der klinischen Symptomatik infolge einer verminderten Demyelinisierung ohne dass es zu einer Verzögerung der Viruselimination in der chronischen Infektionsphase kam (TRANDEM et al. 2010).

Darüber hinaus führte die experimentelle Foxp3-Depletion in Treg zu einer verstärkten Entzündung mit neuronalen Schäden (CERVANTES-BARRAGÁN et al.

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2012). Vergleichbar mit den Effekten durch den adoptiven Transfer von Treg bleibt die Effektivität Virus-spezifischer T-Zellen hierbei unverändert, so dass Treg möglicherweise selektiv immunpathologische Prozesse hemmen und die antivirale Immunität bei der MHV-Infektion nicht beeinflussen (CERVANTES-BARRAGÁN et al.

2012; TRANDEM et al. 2010). Eine entscheidende Rolle für die Reduktion immunpathologischer Gewebeschäden ist die Expression von IL-10 (TRANDEM et al. 2011a). Neben klassischen CD25+ Treg wird IL-10 zusätzlich von weiteren CD4+ und CD8+ T-Zell-Populationen mit immunmodulatorischen Funktionen exprimiert. IL-10 führt einerseits zu einer verminderten Immunpathologie und Mortalität, allerdings wird durch das immunsuppressive Zytokin die Viruspersistenz im ZNS begünstigt (PUNTAMBEKAR et al. 2011; TRANDEM et al. 2011b).

Vergleichbare Vorgänge werden bei der experimentellen und natürlichen Infektion mit dem West Nile-Virus bei der Maus bzw. dem Menschen angenommen (LANTERI et al. 2009; STEWART et al. 2011). Außerdem werden bei der experimentellen Infektion mit dem Chandipura Virus vermehrt Treg generiert, welche den Gewebeschaden bei der akuten Enzephalitis potentiell reduzieren (ANUKUMAR u.

SHAHIR 2011). Eine unzureichende Immunmodulation wird für schwere Fälle von akutem Dengue Fieber beim Menschen verantwortlich gemacht, während mildere klinische Verläufe mit einer signifikanten Expansion von Treg vergesellschaftet sind (LÜHN et al. 2007). In experimentell mit Masernvirus (MV)-infizierten Mäusen kann eine vermehrte Infiltration Foxp3+ Treg in peripheren Organen und Gehirn festgestellt werden. Trotz Ausbildung einer Virus-spezifischen Immunität zeigen die Tiere verminderte Immunreaktionen gegen Virus-unabhängige Antigene (SELLIN et al.

2009). Andere Studien zeigen, dass durch Foxp3-Depletion die Virus-spezifische Zytotoxizität gesteigert wird, was auf die potentielle Bedeutung von Treg für die Viruspersistenz bei der MV-Infektion hindeutet (REUTER et al. 2012).

Die unterschiedlichen Effekte von Treg in experimentellen MV-Infektionen von Nagern auf das Immunsystem und die Pathogenese sind vermutlich auf Krankheitsphasen- und Mausstamm-spezifische Mechanismen zurückzuführen (REUTER et al. 2012; SELLIN et al. 2009). Die Bedeutung von Treg bei der MV-Infektion des Menschen ist bislang unklar, da Beschreibungen erhöhter Treg bei

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Patienten wiederum von anderen Arbeitsgruppen nicht bestätigt werden konnten (KOGA et al. 2010; WU et al. 2012; YU et al. 2008).

Die Rolle von Treg bei der Hundestaupe ist bisher unklar. Insbesondere stellt sich die Frage nach der Bedeutung dieser immunmodulatorischen T-Zell-Population während der Initiation und Progression der demyelinisierenden Staupeenzephalitis. Die teils kontroversen Ergebnisse bei Infektionskrankheiten basieren möglicherweise auf verschiedenen Faktoren, wie unterschiedliche Untersuchungszeitpunkte post infectionem oder dem genetischen Hintergrund der Versuchstiere. Außerdem führt die Depletion von Foxp3 in transgenen Mäusen zu einer selektiven Depletion von Foxp3+ Treg, während durch anti-CD25-spezifische Antikörper neben CD25+ Treg zusätzlich aktivierte T-Effektorzellen depletiert werden. Diese Faktoren beeinflussen den Infektionsverlauf und müssen bei der Interpretation der Ergebnisse experimenteller Studien berücksichtigt werden. Die Untersuchungen werfen daher häufig die Frage bezüglich der Übertragbarkeit auf Gegebenheiten bei spontan auftretenden Enzephalitiden bei Mensch und Haustieren auf. Bislang liegen allerdings nur sehr wenige Studien über die Bedeutung von Treg bei natürlich vorkommenden infektiösen ZNS-Krankheiten in der Tiermedizin vor.

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2.3 Apoptose

Die Apoptose bezeichnet den genetisch-programmierten Prozess des koordinierten Zelltods und spielt bei der Entwicklung und Homöostase mehrzelliger Organismen eine wichtige Rolle (KRYSKO et al. 2008; TAIT u. GREEN 2010). Ihr Prinzip wurde erstmals 1842 von Carl Vogt im Rahmen der Ontogenese der Geburtshelferkröte (Alytes obstetricans) beschrieben (VOGT 1842). Der Terminus Apoptose fand dagegen erst sehr viel später, im Jahre 1972, Eingang in die wissenschaftliche Sprache. Er leitet sich vom altgriechischem Wort άπόπτωσισ ab und bedeutet soviel wie das Abfallen der Blütenblätter von den Blumen oder das Abfallen der Blätter von den Bäumen im Herbst (KERR et al. 1972).

Die Apoptose stellt eine Form des „programmierten Zelltods“ dar und ist ein streng- regulierter Mechanismus, welcher sowohl im Rahmen physiologischer als auch pathologischer Prozesse beobachtet wird. Erstere finden wir beispielsweise während der Embryogenese, der (z.T. Hormon-abhängigen) Involution von Geweben, der Selektion und Reifung von Immunzellen/Termination von Entzündungsprozessen (Immun-Homöostase) und der Homöostase rasch proliferierender Gewebe wie z.B.

das intestinale Kryptepithel (KUMAR et al. 2010). Kommt es unter pathologischen Umständen zu irreversiblen Zellschäden, z.B. verursacht durch Strahlung, Hitze, Hypoxie, zytotoxische Substanzen oder Infektionserreger, so können betroffene Zellen über apoptotische Signalwege eliminiert werden. Aber auch endogene Faktoren wie z.B. die Reduktion oder das Ausbleiben von Wachstumsfaktorsignalen oder die Ansammlung fehlsynthetisierter Proteine können den programmierten Zelltod einleiten. Ferner wird eine Dysregulation der Apoptose u.a. für Entwicklungsstörungen und neoplastische Erkrankungen des ZNS verantwortlich gemacht und spielt dort möglicherweise auch eine Rolle im Rahmen neurodegenerativer, infektiöser, traumatischer, ischämischer und demyelinisierender Prozesse (BREDESEN et al. 2006; KUMAR et al. 2010).

Die Apoptose zeichnet sich durch spezifische morphologische Veränderungen und biochemische Prozesse aus. Hierbei kommt es charakteristischerweise zu einer Zellschrumpfung mit Kondensation und Margination des Kernchromatins bis hin zur

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Kernfragmentation. Weiterhin bilden sich zahlreiche Ausstülpungen der Zellmembran (membrane blebbing), die sich im weiteren Verlauf abschnüren und damit als so genannte apoptotische Körperchen (apoptotic bodies) mit variablen Anteilen von Zytoplasma- und Kernbestandteilen der Phagozytose zugänglich gemacht und beseitigt werden. Die biochemischen Prozesse sind in erster Linie durch die degradierende enzymatische Aktivität zelleigener Cystein-Proteasen (Caspasen) und Endonukleasen charakterisiert. Außerdem kommt es zu einer Translokation bestimmter Membran-Phospholipide, z.B. Phosphatidylserin, in Richtung äußere Zellmembran wodurch betroffene Zellen gegenüber Phagozyten kenntlich gemacht und damit elimiert werden (DENECKER et al. 2000; KRYSKO et al. 2008; KUMAR et al. 2010). Diese Prozesse werden sich als wichtiges diagnostisches Hilfsmittel zur Differenzierung apoptotischer Zellen zueigen gemacht, z.B. über die Detektion aktivierter Caspasen, fragmentierten Chromatins, einzelsträngiger DNS, translozierten Phosphatidylserins sowie von Fragmenten zelleigener Proteine oder Enzyme. Dabei wird zwischen frühen Phasen (z.B. Translokation des Phosphatidylserins Annexin V) oder späten Phasen (fragmentierte oder einzelsträngige DNS) des programmierten Zelltods unterschieden. Die Darstellung letztgenannter erfolgt in situ üblicherweise mittels TUNEL-(terminal deoxynucleotidyl transferase (TdT)-mediated dUTP-digoxigenin nick-end labeling) Methode oder nach dem Prinzip der Apoptose- oder DNA-Leiter über die Auftrennung und Detektion einzelsträngiger DNS (FRANKFURT et al. 1996; GAVRIELI et al. 1992; GOWN u.

WILLINGHAM 2002; GREEN 2000; LEERS et al. 1999; O'BRIEN et al. 2001).

Der Ablauf der Apoptose, ihre beteiligten Gene und Proteine, sind bei mehrzelligen Organismen hochkonserviert. Der Prozess beginnt in der Initiatorphase im Wesentlichen mit der Spaltung inaktiver Pro-Enzyme aus der Caspase-Familie.

Durch die Aktivität der Initiator-Caspasen wird im weiteren Verlauf der Enzymkaskade die Exekutionsphase erreicht, innerhalb derer es zur Degradation der Zellkomponenten kommt. Die Initiation erfolgt über einen von zwei distinkten, weitgehend unabhängigen Signalwegen: den extrinsischen (Rezeptor-vermittelten) oder den intrinischen (mitochondrialen) Signalweg. Beide Signalwege münden

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schließlich mit der Aktivierung spezifischer Effektor-Caspasen in der Exekutionsphase (HENGARTNER u. HORVITZ 1994; METZSTEIN et al. 1998).

Der intrinsische Signalweg wird über eine Störung der Integrität der mitochondrialen Zellmembran ausgelöst. Unter dem Einfluss zellschädigender Stimuli wie geschädigter DNS oder Wachstumsfaktor-Deprivation werden pro-apoptotische Proteine aus der Bcl (B-cell lymphoma)-2-Familie aktiviert. Diese werden anhand der gemeinsamen Anzahl ihrer insgesamt vier homologen Domänen, BH (Bcl-2 homology) 1, 2, 3 und 4, in zwei pro-apoptotische Subfamilien unterteilt. Zunächst werden die sensorischen Proteine aus der BH3-only-Subfamilie (z.B. Bim, Bid und Bad) aktiviert welche wiederum die Effektor-Proteine aus der BH-multidomain- Subfamilie (mit bis zu drei homologen Domänen, z.B. Bax und Bak) aktivieren (HARDWICK et al. 2012; OLA et al. 2011). Unter ihrem Einfluss kommt es zu einer Permeabilitätsstörung der Mitochondrienmembran mit Freisetzung u.a. von Cytochrom c in das Zytoplasma, ein Vorgang der schließlich mit der Aktivierung der spezifischen Initiator-Caspase-9 den Weg für die Apoptose ebnet (KUMAR et al.

2010).

Der extrinsische Signalweg wird über Todeszeptoren (Transmembranproteine aus der Tumornekrosefaktor (TNF)-Rezeptor (R)-Superfamilie) gesteuert, welche auf zahlreichen Zellen des Organismus exprimiert werden. Sie besitzen genetisch- hochkonservierte, zytoplasmatische, so genannte Todesdomänen (death domains, DD) als Ausgangspunkt zur Initiation der intrazellulären Apoptosekaskade. Zu den Rezeptoren gehören z.B. TNF-R1, TNF-related apoptosis-inducing ligand receptor 1 (TRAIL-R1) und Fas (CD95). Nach Interaktion spezifischer Liganden, z.B. TNF, TRAIL oder Fas-Ligand (FasL), mit der extrazelluären Bindungsstelle kommt es zur Bildung von Oligomeren, meistens Trimeren, der jeweiligen Todesrezeptoren.

Daraufhin entsteht am zytoplasmatischen Anteil über die DD eine Bindungsstelle für die Anlagerung spezifischer Adaptermoleküle mit eigener Todesdomäne, z.B. das Fas-associated protein with death domain (FADD). Diese Adaptermoleküle besitzen weitere Bindungsstellen, am Beispiel von FADD die Todeseffektordomäne (death effector domain; DED). Hier kommt es zur Oligomerisation von inaktiver pro- Caspase-8 (beim Menschen auch pro-Caspase-10) und der Bildung des so

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genannten death-inducing signaling complex (DISC). Durch autokatalytische Aktivität dieser Pro-Enzyme wird schließlich aktivierte Caspase-8 generiert und über die Spaltung und Aktivierung weiterer pro-Caspasen die Exekutionsphase eingeleitet (CHOI u. BENVENISTE 2004; MC GUIRE et al. 2011; PETER u. KRAMMER 2003).

Es gibt Überschneidungen des extrinsischen und intrinsischen Signalweges. So kann beispielsweise über den Fas-Rezeptor-vermittelten Signalweg das pro-apoptotische Protein Bid aktiviert und damit der mitochondriale Signalweg beschritten werden (LI et al. 1998). Zytotoxische T-Lymphozyten können neben einer Fas/FasL-vermittelten Apoptose auch über den Perforin/Granzym B-Mechanismus direkt intrazelluläre Caspasen aktivieren und die Effektor-Phase der Apoptose einleiten (RUSSELL u.

LEY 2002).

Mit Aktivierung der Initiator-Caspasen-8 (10) und 9 münden schließlich extrinsischer und intrinsischer Siganlweg in der Effektorphase mit Aktivierung der Effektor- Caspasen, z.B. Caspase-3 und -6. Diese setzen über ihrer enzymatische Aktivität die Apoptose-Kaskade direkt durch die Spaltung zellulärer Komponenten, oder indirekt, z.B. durch Spaltung inhibitorischer Proteine, fort (KUMAR et al. 2010).

Ein wichtiger Mechanismus der Immun-Homöostase ist die Aktivierungs-induzierte Apoptose (activation-induced cell death; AICD). Sie dient der Elimination (potentiell) autoreaktiver T-Zellen im Thymus und in der Körperperipherie als auch chronisch aktivierter T-Zellen via extrinsischer und intrinsischer Signalwege (BRENNER et al.

2008). Eine wichtige Rolle spielt dabei der Aktivierungsstatus von T-Zellen: besteht in der Initialphase der Immunantwort zunächst eine vermehrte Resistenz, so liegt in der Spätphase eine gesteigerte Sensibilisierung gegenüber der AICD vor (OWEN- SCHAUB et al. 1992; RADVANYI et al. 1996). Diese strenge Regulation erfolgt intrazellulär über die Aktivität/Inaktivität anti-apoptotischer Moleküle auf verschiedenen Ebenen der Apoptose-Kaskade. So wirkt z.B. das cellular FLICE- inhibitory protein (c-FLIP) inhibitorisch auf der Ebene des DISC durch kompetitive Anlagerung an die Todesdomänen der oligomerisierten Todesrezeptoren. Auf mitochondrialer Ebene regulieren zytosolische und membranständige anti- apoptotische Proteine aus der Bcl-2-Subfamilie mit vier homologen Domänen (BH1-4; z.B. Bcl-2 und Bcl-xL; Ausnahme mit drei Domänen: Mcl-1) die

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Membranpermeabilität (HARDWICK et al. 2012; OLA et al. 2011). Eine weitere Gruppe bilden die inhibitor of apoptosis proteins (IAP’s), Proteine, welche direkt an Initiator- oder Effektor-Caspasen binden und diese damit inaktivieren. Sie werden ebenfalls nach genetisch hochkonservierten, bis zu drei so genannten baculoviral IAP repeat (BIR)-Domänen, unterteilt. Zu ihnen gehören z.B. X-linked IAP (XIAP), cellular IAP-1 (cIAP-1), cIAP-2 und neuronal apoptosis inhibitory protein (NAIP) aus der Gruppe mit drei BIR-Domänen oder Survivin aus der Gruppe mit einer BIR- Domäne (DEVERAUX u. REED 1999; KORNACKER et al. 2001; ROY et al. 1997).

2.3.1 Apoptose bei der Staupevirus-Infektion

Die Apoptose infizierter Zellen spielt eine wichtige Rolle im Rahmen der antiviralen Immunantwort. Durch den programmierten Zelltod wird die Virus-Replikation und -Distribution eingeschränkt und eine gesteigerte Clearance über die Phagozytose apoptotischer Zellen ermöglicht. Demgegenüber stehen die nachteiligen Effekte infolge des lokalen Gewebeschadens oder auf systemischer Ebene (BENEDICT et al. 2002). Bisherige Untersuchungen zur Apoptose bei der Staupe zeigen unterschiedliche Ergebnisse. Die CDV-Infektion führt allgemein zu einer schweren Leukopenie und dem Verlust der lymphozytären Proliferationskapazität bereits vor dem Auftreten klinischer Symptome (APPEL et al. 1982; KRAKOWKA et al. 1975;

TIPOLD et al. 2001). Bei experimentell mit CDV-A75/17-infizierten Hunden kommt es in der Frühphase zu einer ausgeprägten lymphozytären und geringgradigen monozytären Depletion im peripheren Blut vergesellschaftet mit einer erhöhten Apoptose. Zum frühesten Untersuchungszeitpunkt (Tag 3 p.i.) ist dabei kein Virus in Blut und Leukozyten nachweisbar, so dass andere Mechanismen als eine direkte Virus-induzierte Apoptose angenommen werden müssen. Erst ab Tag 6 p.i. nimmt der Virusgehalt in den Leukozyten kontinuierlich zu, und auch zu diesem und späteren Zeitpunkten sind die apoptotischen Zellen nur in geringer Anzahl Virus- infiziert (SCHOBESBERGER et al. 2005). Hingegen zeigen Analysen des peripheren Blutes von natürlich-infizierten Hunden keine Veränderungen des Blutbildes im Vergleich zu nicht-infizierten Hunden sowie keine erhöhte Expression apoptotischer

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Gene. Dieser Umstand wird mit einem möglicherweise bereits länger in vivo zurückliegenden Infektionsgeschehen interpretiert. Auch in der Untersuchung von Schobesberger et al. (2005) zeigen sich ab Tag 13 p.i. vergleichbare prozentuale Anteile apoptischer Zellen im Vergleich zur Situation prae infectionem mit Ausnahme eines kleinen Anstiegs an Tag 21 p.i. (DEL PUERTO et al. 2010;

SCHOBESBERGER et al. 2005). Eine vermehrte Apoptose wird generell bei experimentell und natürlich CDV-infizierten Hunden in den lymphatischen Geweben beobachtet. Eine Aufregulation von Caspase-3 und -8 in retropharyngealen Lymphknoten in diesem Zusammenhang deuten auf Mechanismen des extrinisischen Signalweges hin (DEL PUERTO et al. 2010; MORO et al. 2003a). In einer Studie an lymphatischen Geweben akuter bis subakuter, natürlich-infizierter Hunde zeigt sich eine Korellation zwischen lymphatischer Depletion und dem CDV- Antigengehalt und es werden sowohl apoptotische nicht-infizierte als auch apoptotische und infizierte Leukozyten gefunden (KUMAGAI et al. 2004).

Andererseis besteht bei experimentell CDV-infizierten Frettchen trotz ausgeprägter Leukopenie generell keine deutlich erhöhte Apoptose in peripheren mononukleären Blutzellen und in den lymphatischen Geweben. Vielmehr zeigen sich infizierte Leukozyten ex vivo vermehrt resistent gegenüber der Apoptose-Progression im deutlichen Gegensatz zu nicht-infizierten Zellen (PILLET u. VON MESSLING 2009).

In vitro Studien zeigen, dass zytopathische Effekte und/oder die Apoptose-Induktion und -Progression von den verwendeten Zelllinien oder Gewebekulturen sowie den CDV-Stämmen abhängig sind. Eine verminderte oder ausbleibende Apoptose kann in einigen Fällen zu einer Viruspersistenz im Wirtssystem führen und ist damit, wie am Beispiel des CDV-A75/17-Stammes gezeigt, mit der Situation in vivo vergleichbar (NISHI et al. 2004; SCHOBESBERGER et al. 1999). In einer kaninen epithelialen Nierenzelllinie (Madin-Darby canine kidney [MDCK] cells) führt die CDV-Infektion nur zu einem marginalen Anstieg der Apoptose überwiegend nicht-infizierter Zellen, wohingegen gleichzeitig mit steigender Infektionsrate sich die Zellen zunehmend refraktär gegenüber der chemisch-induzierten Apoptose mittels Staurosporin (Proteinkinaseinhibitor) zeigen (PILLET u. VON MESSLING 2009). In Vero-Zellen (Nierenzelllinie aus der Grünen Meerkatze) induziert CDV eine Apoptose. Hierbei

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