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Einfluss von Lahmheiten auf die Fruchtbarkeitsleistung von Milchkühen

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Academic year: 2022

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(1)

der Tierärztlichen Hochschule Hannover

Einfluss von Lahmheiten auf die Fruchtbarkeitsleistung von Milchkühen

Inaugural-Dissertation zur Erlangung des Grades einer Doktorin der Veterinärmedizin

(Dr. med. vet.)

durch die Tierärztliche Hochschule Hannover

Vorgelegt von Dörte Wiedenhöft

aus Hamburg

Hannover 2005

(2)

Wissenschaftliche Betreuung: Univ.-Prof. Dr. M. Hoedemaker, Ph.D.

Gutachter: Univ.-Prof. Dr. M. Hoedemaker, Ph.D.

Gutachter: Prof. Dr. K.-H. Waldmann

Tag der mündlichen Prüfung: 17.11.05

(3)

Meinen Eltern

(4)
(5)

1. Einleitung...11

2. Schrifttum...13

2.1. Häufigkeit der Gliedmaßen- und Klauenerkrankungen des Rindes...13

2.2. Die Bedeutung der Gliedmaßen- und Klauenerkrankungen des... Rindes ...15

2.2.1. Einfluss von Klauenerkrankungen auf Allgemeingesundheit und Milchproduktion ...15

2.2.2. Einfluss von Klauenerkrankungen auf die Fruchtbarkeit...17

2.2.3. Klauenerkrankungen als Abgangsursache ...20

2.2.4. Kosten von Klauenerkrankungen...21

2.3. Die häufigsten Klauenerkrankungen des Rindes ...22

2.3.1. Klauenrehe (Pododermatitis aseptica diffusa, Laminitis) ...22

2.3.2. Typisches Sohlengeschwür (Pododermatitis circumscripta, Rusterholzsches Sohlengeschwür, „typical sole ulcer“)...24

2.3.3. Atypisches Sohlengeschwür (Pododermatitis circumscripta in untypischer Lokalisation)...26

2.3.4. Ballenhornfäule (Ballenhornerosionen, Erosio ungulae, „heel horn erosion“) ...27

2.3.5. Dermatitis digitalis (Mortellaro, Erdbeerkrankheit) ...28

2.3.6. Dermatitis interdigitalis (Fäule)...29

2.3.7. Phlegmona interdigitalis (Infektiöse Zwischenklauennekrose,... Panaritium)...30

2.3.8. Limax (Zwischenklauenwulst, Hyperplasia interdigitalis, Tylom) ...31

2.3.9. Eitrig hohle Wand (Pododermatitis septica circumscripta abaxialis, “white line disease") ...32

2.3.10. Septische Klauenlederhautentzündung (Pododermatitis septica) ...32

(6)

2.5. Faktoren der Fruchtbarkeit ...36

2.6. Parameter zur Beurteilung der Fruchtbarkeit...43

3. Eigene Untersuchungen...46

3.1. Material und Methoden...46

3.1.1. Betrieb ...46

3.1.2. Tiere ...47

3.1.3. Allgemeine Datenerfassung/Betriebsprogramm...48

3.1.4. Erfassung der Klauengesundheit ...48

3.1.4.1. Klauenpflege ...48

3.1.4.2. Erfassung der Klauenerkrankungen zwischen den ... Herdenschnitten...50

3.1.5. Datenverarbeitung ...53

3.1.6. Erfassung der Fertilitätsparameter ...54

3.1.7. Kosten pro Trächtigkeit...56

3.1.8. Abgang von Tieren ...56

3.1.9. Statistische Auswertung ...57

3.2. Ergebnisse ...58

3.2.1. Einteilung der Gruppen...58

3.2.2. Klauenerkrankungen ...59

3.2.2.1. Alle Tiere...59

3.2.2.2. Nicht lahme Tiere...62

3.2.2.3. Lahme Tiere...64

3.2.2.4. Vergleich nicht lahme – lahme Tiere...74

3.2.3. Fruchtbarkeitsparameter ...79

3.2.3.1. Konzeptionsrate ...80

3.2.3.2. Gesamtträchtigkeitsrate ...85

(7)

3.2.3.5. Trächtigkeitsindex ...100

3.2.3.6. Rastzeit ...105

3.2.3.7. Güstzeit...110

3.2.3.8. Verzögerungszeit ...115

3.2.3.9. Erwartete Zwischenkalbezeit ...120

3.2.3.10. Kosten pro Trächtigkeit ...125

4. Diskussion...126

4.1. Material und Methode...126

4.2. Auftreten von Klauenerkrankungen im Verlauf der Laktation ...128

4.2.1. Rusterholzsches Sohlengeschwür ...128

4.2.2. Atypisches Sohlengeschwür plus Pododermatitis septica ...128

4.2.3. Klauenrehe...129

4.2.4. White Line Disease ...130

4.2.5. Erkrankungen der Afterklaue ...131

4.2.6. Ballenhornerosionen ...132

4.2.7. Dermatitis interdigitalis ...133

4.2.8. Dermatitis digitalis (Mortellaro)...133

4.2.9. Limax...134

4.2.10. Phlegmona interdigitalis ...135

4.2.11. Anzahl an Diagnosen pro Tier und Klauenpflegetermin ...135

4.3. Fruchtbarkeit...136

4.3.1. Konzeptionsrate ...137

4.3.2. Gesamtträchtigkeitsrate ...137

4.3.3. Erstbesamungserfolg ...138

4.3.4. 200-Tage-Nicht-Trächtigkeitsrate...139

4.3.5. Trächtigkeitsindex ...140

4.3.6. Rastzeit ...141

(8)

4.3.9. Erwartete Zwischenkalbezeit ...143

4.3.10. Maximaler Lahmheitsgrad und Häufigkeit des Auftretens einer Lahmheit innerhalb der Laktation...145

4.3.11. Auftreten der Lahmheit um den Zeitpunkt der ersten künstlichen Besamung ...146

4.3.12. Kosten pro Trächtigkeit ...147

4.4. Schlussfolgerungen ...148

5. Zusammenfassung...150

6. Summary...153

7. Literaturverzeichnis...156

Anhang...201

(9)

A. pyogenes Arcanobacterium pyogenes

bzw. beziehungsweise

ca. circa

DI Dermatitis interdigitalis

DLG Deutsche Landwirtschaftliche Gesellschaft Eros Ballenhornerosionen

ggr. geringgradig

GZ Güstzeit

EBE Erstbesamungserfolg

et al. et alii

eZKZ erwartete Zwischenkalbezeit

hgr. Hochgradig

Hgld. Hintergliedmaße

HL hinten links

HR hinten rechts

KB künstliche Besamung

kg Kilogramm

KP Klauenpflege

KR Konzeptionsrate

LH luteinisierendes Hormon

LN Laktationsnummer

max. maximal

mgr. mittelgradig

n Anzahl

Nr. Nummer

P statistische Irrtumswahrscheinlichkeit Phleg. Phlegmona interdigitalis

p.p. post partum

(10)

TI Trächtigkeitsindex

u. und

u.a. unter anderem

v.a. vor allem

Vgld. Vordergliedmaße

VL vorne links

VR vorne rechts

vs versus

VZ Verzögerungszeit

WLD White Line Disease

z.B. zum Beispiel

ZMS Zuchtmanagementsystem

(11)

1. Einleitung

In der heutigen Milchviehhaltung zählen neben Mastitiden und Fruchtbarkeitsstörungen v.a. Klauenerkrankungen zu den häufigsten Krankheitskomplexen der Milchkühe. Von vielen Autoren wird beschrieben, dass sowohl der Prozentsatz der Klauenerkrankungen als auch deren Grund als Abgangsursache in den letzten 20 Jahren stetig anstieg (DISTL 1996). Für die Zunahme der Klauen- und Gliedmaßenschäden werden in erster Linie die veränderten Haltungsbedingungen der heutzutage sehr intensiv geführten Milchwirtschaft verantwortlich gemacht.

Klauenerkrankungen führen durch Behandlungskosten, Abfall der Milchleistung und vorzeitige Merzung zu hohen wirtschaftlichen Verlusten (AMSTUTZ 1965). Des Weiteren vermutet man einen negativen Einfluss von Klauenerkrankungen auf die Fruchtbarkeit.

Der Mechanismus, durch den Lahmheit die Fruchtbarkeit beeinflusst, ist noch nicht ganz geklärt (BARKEMA et al. 1994).

Es wird diskutiert, dass bei Kühen mit Klauenerkrankungen die Bewegungsaktivität im Durchschnitt herabgesetzt ist und dadurch weniger äußeres Brunstverhalten gezeigt wird. Dies führt zu einer schlechteren Beobachtung der Brunst und hat somit eine negative Beeinflussung auf die Fruchtbarkeitsrate.

Eine weitere Rolle spielt der Schmerz, der durch Lahmheit verursacht wird. Er hat einen negativen Effekt auf die Futteraufnahme und somit auf die Energiebilanz. Eine Abnahme der Körperkondition und eine schlechte Energieversorgung führen zu einer verminderten Fruchtbarkeit

Ebenso erscheint durch den Stress die Abwehr klauenkranker Tiere herabgesetzt zu sein, so dass sich allgemeine oder regionale Erkrankungen, Infektionen oder andere krankhafte Zustände leichter etablieren und so zu einer Beeinträchtigung der Fruchtbarkeit führen können.

(12)

Ziel dieser Arbeit ist es, zu untersuchen, ob Klauengesundheit einen Einfluss auf die Fruchtbarkeit von Milchkühen hat.

Es wird hierfür anhand von drei aufeinander folgenden halbjährlichen Klauenpflegeterminen sowie zwischenzeitlich auftretenden Klauenerkrankungen ermittelt, wie hoch das Auftreten verschiedener Klauenerkrankungen in einem großen Milchviehbetrieb ist und ob lahme Tiere schlechtere Fruchtbarkeitsergebnisse aufweisen als nicht lahme Tiere. Neben den Fruchtbarkeitsparametern, wie z.B.

Rastzeit, Güstzeit, Konzeptionsrate etc., werden auch Merkmale, wie Laktationsnummer und Laktationsstadium, auf Zusammenhänge mit Lahmheiten überprüft.

(13)

2. Schrifttum

2.1. Häufigkeit der Gliedmaßen- und Klauenerkrankungen des Rindes

Einleitend ist zu sagen, dass die Beurteilung des Gesamtkomplexes Schwierigkeiten bereitet, da in der Literatur nicht immer eindeutig zwischen Diagnose, Lahmheit, Gliedmaßen- oder Klauenerkrankung unterschieden wird.

Das Auftreten und die Häufigkeit von Klauenerkrankungen in Milchviehbeständen wurden von den verschiedenen Autoren mit einer großen Varianz angegeben.

Dennoch waren sich viele Autoren einig, dass der Prozentsatz der Klauenerkrankungen ständig ansteigt.

In der Rinderklinik der Tierärztlichen Hochschule Hannover wurde die Anzahl der Erkrankungen der Klauen am Patientengut mit 7 -12 % angegeben (MEYER 1965).

Nach OTTO (1965) lag der Prozentsatz noch etwas höher. Er gab an, dass der Anteil der Klauenerkrankungen an den Gliedmaßenerkrankungen in den Jahren 1961 – 1963 bei 71,4 % lag. Das bedeutet, dass 19,1 % aller Rinderpatienten der Tierärztlichen Hochschule Hannover an Klauenveränderungen erkrankt waren.

In der Tierklinik der Humbold-Universität Berlin litten 1968 über 33 % der stationär eingestellten Rinder an Klauenerkrankungen (DIETZ u. PRIETZ 1968).

ERNST (1983) ermittelte ein Auftreten von Klauenerkrankungen in Anbindehaltung von 11,7 % und in Laufstallhaltung von 27,7 %.

STÖBER (1971) berichtete, dass in anderen europäischen Ländern bei verschiedenen Untersuchungen der Anteil der Erkrankungen an den Gliedmaßen bei 5–10 % lag.

In den Niederlanden wurden in den Jahren 1956–1961 an der Chirurgischen Klinik der Reichsuniversität Utrecht 4447 Rinder wegen Erkrankungen des

(14)

Bewegungsapparates behandelt. Das waren 57 % der insgesamt 17815 behandelten Patienten (WINTZER 1962).

In Dänemark berichteten NIELSEN und SMEDEGARD (1984) bei Untersuchungen in sechs Herden über einen Zeitraum von fünf Jahren (1977–1982), dass hier der Anteil von Lahmheiten bei 18 % lag.

In Irland wurde auf 20 Farmen mit einer totalen Population von 3150 Milchkühen ein jährliches Auftreten von Gliedmaßenerkrankungen mit 28 % ermittelt (ARKINS 1981).

In neueren Untersuchungen in den Niederlanden, Dänemark, Frankreich und Deutschland kamen die Autoren übereinstimmend in zwei Punkten zum selben Ergebnis: mehr als 50 % der Kühe wiesen krankhafte Veränderungen an den Füßen auf, und es waren bereits Erstlaktierende zu einem hohen Prozentsatz betroffen (PHILLIPOT et al. 1990; ENEVOLDSEN et al. 1991a/b; SMITS et al. 1992; DISTL u.

SCHMID 1993).

In Großbritannien lag der Prozentsatz an lahmen Kühen laut EDDY und SCOTT (1980) bei 4,7 % jährlich. Ein ähnliches Ergebnis mit 5,5 % hatten auch RUSSELL et al. (1982) in einer nationalen Untersuchung, ROWLANDS et al. (1983) mit 5,8 % und PEELER et al. (1994) mit 8,9 %. In den letzteren Untersuchungen wurden nur Lahmheitsfälle registriert, die von Tierärzten behandelt wurden. Studien mit höheren Werten kamen durch Einbeziehung von Daten und Erfahrungen von Tierhaltern zustande. Meist wurde nur ein relativ geringer Prozentsatz von Lahmheiten dem Tierarzt vorgestellt, und viele Behandlungen wurden eigenständig durchgeführt.

WHITAKER et al. (1983) hatten in ihren Untersuchungen von 185 Milchviehbeständen auch die Fälle miteinbezogen, die von den Farmern selbst behandelt worden waren. Sie kamen mit 25 % auf ein deutlich höheres Ergebnis für das jährliche Auftreten von Lahmheiten, ähnlich dem von PRENTICE und NEAL (1972) mit 30 %.

Weitere Angaben zur durchschnittlichen Lahmheitshäufigkeit in Milchviehherden machten: AMSTUTZ (1985) 10 %; COLLICK et al. (1989) 17 %; ESSLEMONT und WASSEL (1990) 15–17%; LISCHER und OSSENT (1994) 4-38%; CLARKSON et al.

(1996) bis 53 %; ESSLEMONT und KOSSAIBATI (1996) 17,4 %; WARD (1999) bis

(15)

60%; WHITAKER et al. (2000) 23,7 %. BLOWEY et al. (2000) berichteten von 69 Fällen pro 100 Kühe pro Jahr.

Der Anteil der Klauenprobleme an den Gliedmaßenerkrankungen bzw. den Lahmheiten war hoch. Er lag zwischen 80-90 % (GOGOI et al. 1981; STANEK u.

STUR 1985; WEAVER 1985).

Auch in Amerika wurden unterschiedliche Angaben gemacht. Laut SMITH (1964) lagen bei Untersuchungen in zwei Herden der Universität Illinois 9 % aller Krankheitsfälle an den Extremitäten. Das NATIONAL ANIMAL HEALTH MONITORING SYSTEM (1996) gab in einer Studie das Auftreten von Klauenerkrankungen mit 10 % an. HERNANDEZ et al. (2001) hingegen ermittelten bei Untersuchungen einer Herde in Florida Klauenerkrankungen bei 254 der 837 Rinder. Dies entsprach 30 %.

Eine Varianz des Auftretens von Klauenerkrankungen von 2 -20 % bei 3000 untersuchten Rindern auf einer Farm in Florida analysierten MELENDEZ et al.

(2003).

2.2. Die Bedeutung der Gliedmaßen- und Klauenerkrankungen des Rindes

2.2.1. Einfluss von Klauenerkrankungen auf Allgemeingesundheit und Milchproduktion

In der heutzutage sehr intensiv geführten Milchwirtschaft zählt vor allem die Leistung:

hohe Milchmenge, gute Fruchtbarkeit und gute Gesundheit. Klauenerkrankungen bzw. Lahmheiten zählen neben Sterilitäten und Mastitiden zu den häufigsten Erkrankungen der Milchkühe und führen zu hohen wirtschaftlichen Verlusten. Diese sind im Gegensatz zu Eutererkrankungen und Fruchtbarkeitsstörungen schwerer zu quantifizieren, da nicht nur die Lahmheit selbst zu Kosten führt, sondern auch die Folgeschäden mitberechnet werden müssen (SINGH et al. 1993).

(16)

Schon AMSTUTZ (1965) wies auf fünf negative Auswirkungen von Klauenerkrankungen auf das Einzeltier hin:

1. Rückgang der Milchproduktion

2. Rückgang der Körpermasse

3. Rückgang der Futterverwertung

4. Entstehende Kosten durch die Behandlung 5. Kosten durch Merzung

DIRKSEN und STÖBER (1979) und WEAVER (1985) führten zusätzlich noch verzögerte Konzeption und vermehrtes Auftreten von Ketosen an. Ähnliche Aussagen wurden auch von LUCEY et al. (1986b), MILIAN-SUAZO et al. (1988) und MILLER und DORN (1990) formuliert.

Aufgrund der Schmerzen beeinflussen Klauen- und Gliedmaßenerkrankungen den gesamten Gesundheitszustand und führen zu Störungen des Allgemeinbefindens, da sich die Tiere den Umweltverhältnissen nicht mehr so gut anpassen können (RICKER 1983; GALINDO u. BROOM 2002).

Nach VAN DORP et al. (1999) ist z.B. Ballenfäule direkt positiv korreliert mit Labmagenverlagerung und indirekt positiv korreliert mit Milchfieber, Nachgeburtsverhaltung, Endometritis und Ketose. Das Auftreten von Erkrankungen in der frühen Laktation kann einen kumulativen Effekt auf das Auftreten anderer Erkrankungen zu einem späteren Zeitpunkt der Laktation haben.

MIETH und RITTER (1968) schrieben, dass bei lange anhaltenden Klauenleiden bei Leistungstieren mit einem Milchverlust von bis zu 1000 kg pro Jahr zu rechnen ist.

PRANGE (1969) ermittelte, dass die Verringerung der Milchleistung je nach Ausmaß der Erkrankung bei bis zu 15 % liegt. GREENOUGH et al. (1997) und SCHNELLER (1984) rechneten mit einer Senkung der Jahresmilchmenge von bis zu 20 %, abhängig von Schwere und Dauer. ANGERMANN (1978) ging sogar von einem Milchabfall von 50 % aus und einem durchschnittlichen Verlust der Körpermasse von 30-50 kg.

CABANOWSKY (1974) verglich die jährliche Milchmenge von gliedmaßengesunden Kühen mit der von gliedmaßenerkrankten Kühen und kam auf einen Verlust von ca.

(17)

350 kg pro Kuh. WEICHELT (1976) ermittelte einen Wert von durchschnittlich 200 kg Milchverlust pro Kuh und Jahr für Kühe mit einem Rusterholzschen Sohlengeschwür.

Lahmheiten traten häufig in den ersten drei Monaten nach dem Kalben auf, und daher betraf der Milchverlust die gesamte Laktation (PRENTICE u. NEAL 1972, EDDY u. SCOTT 1980).

Nach ARGAEZ-RODRIGUEZ et al. (1997) lag die durchschnittlich verminderte Milchmenge bei Kühen mit Pododermatitis digitalis bei 122 kg pro Laktation.

FOURICHON et al. (2000) ermittelten bei der Zusammenfassung verschiedener Studien einen Milchverlust von 80-350 kg pro Laktation, und RAJALA und GRÖHN (1998) beobachteten, dass Kühe mit Klauen- oder Gliedmaßenproblemen in den ersten Wochen nach der Diagnose ca. 1,5-2,8 kg Milch pro Tag weniger produzierten.

BARKEMA et al. (1994) hingegen konnten keinen Einfluß von Lahmheit auf die Milchleistung feststellen.

2.2.2. Einfluss von Klauenerkrankungen auf die Fruchtbarkeit

Einige Autoren berichteten über negative Effekte von Lahmheiten und Klauenerkrankungen auf die Reproduktionsleistung (LUCEY et al. 1986b; COLLICK et al. 1989; TRANTER u. MORRIS 1991; SPRECHER et al. 1995).

Schon 1979 beschrieben DIRKSEN und STÖBER, dass Klauenerkrankungen zu verzögerter Konzeption führen können, und CABANOWSKY errechnete 1974 eine Zwischenkalbezeit für gesunde Kühe von 337 Tagen und für klauenkranke Tiere von 401 Tagen. Laut BOSTEDT (1982) verringerten Klauenerkrankungen die Wahrscheinlichkeit für einen ungestörten Ablauf des Puerperiums und senkten somit die Fertilitätschancen.

In einer Studie, durchgeführt über eine Periode von fünf Jahren an 770 Holstein- Friesen und Ayrshire Kühen, war Lahmheit assoziiert mit einer um sieben Tage verlängerten Rastzeit und einer um 11 Tage verlängerten Güstzeit. Die größte Zunahme dieser Intervalle trat bei Kühen auf, bei denen Sohlengeschwüre und

(18)

Erkrankungen der weißen Linie innerhalb der ersten 36-70 Tage p.p. auftraten (LUCEY et al. 1986a).

In einer weiteren Untersuchung in Großbritannien an 854 Friesen, Holstein-Friesen und Ayrshire fanden COLLICK et al. (1989) heraus, dass die Rastzeit um vier Tage und die Güstzeit um 14 Tage bei lahmen Kühen im Vergleich zu gesunden verlängert war. Die Trächtigkeitsrate nach Erstbesamung war um 10 % verringert, der Besamungsindex stieg von 1,72 auf 2,14, und die Merzungsrate lag bei lahmen Kühen mit 16 % um 11 % höher als bei gesunden Tieren. Lahmheit, die das erste Mal in dem Zeitraum von 36-70 Tagen p.p. auftrat, war assoziiert mit einem signifikanten Anstieg (P<0,01) der Rastzeit um acht Tage. Sohlengeschwüre, die in dem Zeitraum von 71-120 Tagen auftraten, führten zu einer um elf Tage verlängerten Rastzeit (P<0,05). Ebenfalls führten Sohlengeschwüre zu einer um 40 Tage signifikant verlängerten Güstzeit und einem um 13 % geringeren Erstbesamungserfolg. Ein hoher Lahmheitsgrad in dem Zeitraum von 71-120 Tagen p.p. führte ebenfalls zu einer verlängerten Güstzeit (31 Tage) und einem geringeren Erstbesamungserfolg (15%).

Auch HULTGREN et al. (2004) konnten den negativen Effekt von Sohlengeschwüren auf den Erstbesamungserfolg sowie auf die Zwischenkalbezeit bestätigen.

Weitere Angaben für eine verlängerte Güstzeit bei Kühen mit Klauenerkrankungen machten LEE et al. (1989) mit 28 Tagen, ARGAEZ-RODRIGUEZ et al. (1997) mit 20 Tagen, FOURICHON et al. (2000) mit 12 Tagen und HERNANDEZ et al. (2001) mit 40 Tagen. Die Rastzeit verlängerte sich um 3-5 (BARKEMA et al. 1994) bzw. 8 Tage (HERNANDEZ et al. 2001).

Bei Untersuchungen in Mexiko stellten ARGAEZ-RODRIGUEZ et al. (1997) fest, dass gesunde Kühe schneller tragend wurden, da nach 90 Tagen schon 46 % der Gesunden und nur 31 % der Tiere, die an Dermatitis digitalis erkrankt waren, konzipiert hatten. Ähnliche Ergebnisse aus den USA lieferten MELENDEZ et al.

(2003). Sie fanden heraus, dass der Erstbesamungserfolg bei lahmen Tieren 4,2 mal geringer war als bei nicht lahmen Tieren. Dieses Ergebnis konnte von BARKEMA et al. (1994) nicht bestätigt werden.

(19)

HERNANDEZ et al. (2001) beschrieben, dass die Anzahl der Brunsten bis zur Konzeption bei gesunden Tieren im Schnitt drei betrug und bei Tieren mit Klauenläsionen im Schnitt fünf. Eine weitere Studie aus den USA von SPRECHER et al. (1997) besagte, dass bei Kühen mit einem Lahmheitsscore über zwei das Risiko für eine verlängerte Rastzeit 2,8 mal höher war, für „leere Tage“ 15,6 mal höher und für mehr Besamungen pro Konzeption 9,0 mal höher als bei gesunden Tieren.

Bei Untersuchungen in Polen ermittelten BADURA et al. (1992), dass von vereiterten Klauen Risiken für die Entstehung von Endometritiden ausgingen. In Herden mit Klauenerkrankungen bestand eine ca. doppelt so hohe Inzidenz für Gebärmutterentzündungen wie in solchen mit gesunden Klauen, und in 73,3 % der Fälle konnten weitgehend übereinstimmende Bakterienbefunde von Gebärmutterinhalt und Klauen erhoben werden. Ähnliche Erhöhungen waren für die Involutionszeit sowie das Auftreten von Zyklusstörungen und Ovarzysten festzustellen. Vergleichbare Studien lagen von BACH et al. (1975), BARTH et al.

(1976) und LUGINBÜHL und KÜPFER (1980) vor.

Laut MELENDEZ (2000) und MELENDEZ et al. (2003) waren lahme Kühe 2-3 mal eher von Ovarzysten betroffen als nicht lahme. Ovarzysten wiederum waren ein Risikofaktor für Unfruchtbarkeit (BARTLETT et al. 1986; LUCY 2001) und verlängerten u.a. das Intervall bis zur ersten Belegung (BARTOLOME et al. 2000;

MELENDEZ et al. 2003).

Der Mechanismus, durch den Lahmheit die Fruchtbarkeit beeinflusst, ist noch nicht ganz geklärt (BARKEMA et al. 1994). Ein Grund kann darin liegen, dass Lahmheit einen negativen Effekt auf die Energiebilanz hat und zu einem Verlust des Körpergewichtes führt (TRANTER u. MORRIS 1991; BUTLER 2000). Eine Abnahme der Körperkondition und eine schlechte Energieversorgung führen zu einer verminderten Fruchtbarkeit (MIETTINEN 1991; RUEGG et al. 1992; GREENOUGH et al. 1997; GILLUND et al. 2001; PRYCE et al. 2001). Eine weitere Rolle spielt der Schmerz, der durch Lahmheit verursacht wird und zu Stress führt. Stress erhöht den Blutkortisonspiegel und dieser verschiebt und vermindert die LH-Ausschüttung und führt somit zu ovariellen Funktionsstörungen (ECHTERNKAMP 1984; NANDA et

(20)

al.1990). Auch BOSTEDT (1982), ZÖLDAG (1983) und DOBSON und SMITH (2000) sahen im Stress, durch allgemeine oder regionale Erkrankungen, Infektionen oder andere krankhafte Zustände, eine Beeinträchtigung des Individuums und der Fruchtbarkeit.

Weitere Autoren beschrieben eine schlechtere Brunsterkennung bei lahmen Kühen, v.a. durch weniger Brunstaktivität wie z.B. Aufspringen, und dies führte wiederum zu einer verminderte Fruchtbarkeit (LUCEY et al 1986a; COLLICK et al. 1989; PEELER et al. 1994; SPRECHER et al. 1997). COLLICK et al. (1989) und LUCEY et al.

(1986a) bestätigten, dass in Herden, in denen viele Tiere lahm waren, die Rate und die Genauigkeit der Brunsterkennung herabgesetzt war. Hinzu kam, dass lahme Kühe mehr Zeit im Liegen verbrachten und weniger liefen als gesunde Tiere (GALINDO u. BROOM 2002). Hierdurch war die Fähigkeit, sich dem Farmer in Brunst zu zeigen, deutlich eingeschränkt.

Einige Autoren konnten keinen Einfluss von Klauenerkrankungen und Lahmheiten auf die Fruchtbarkeit feststellen (COBO-ABREU et al.1979; DOHOO u. MARTIN 1984a).

2.2.3. Klauenerkrankungen als Abgangsursache

Neben dem wirtschaftlichen Verlust durch Abfall der Milchleistung und geringerer Fruchtbarkeit, waren Klauenerkrankungen ein häufiger Grund für Merzung der Tiere.

Schon DIETER (1964) bestätigte, dass Lahmheiten 1 % der Gesamtmerzungen in der BRD ausmachten. 20 Jahre später sprach man schon von 2,3 % (LEE 1983) bzw. 4,5 % (MERKT et al. 1983) im Bundesgebiet. Eine ähnliche Zahl mit 4,3 % (WOLF 1982) lag zu der Zeit auch für die DDR vor.

Nach DISTL (1996) zeigte kein anderer Abgangsgrund in den letzten 20 Jahren einen so ansteigenden Trend wie Klauen- und Gliedmaßenprobleme, die bereits eine Häufigkeit von bis zu 15 % pro Jahr erreichten.

Auch in anderen europäischen Ländern gab es ähnliche Ergebnisse. In Dänemark betrug die Merzungsrate durch Lahmheiten in Anbindehaltung 15,7 % und in Laufstallhaltung 29,5 % (ALBAN u. AGGER 1996). In Österreich lag der Prozentsatz

(21)

nach LANDMANN (2001) im Jahre 2000 bei 11 %. In Großbritannien liegen viele Studien vor: BEYNON und HOWE (1974) 1,8 %; WHITAKER et al. (1983) 1,5 %;

WEAVER (1988) 1,4-1,8 %; ESSLEMONT und KOSSAIBATI (1996) 5,6 % und WHITAKER et al. (2000) 1,7 %.

Bei Untersuchungen in den USA ermittelten SPRECHER et al. (1997), dass Kühe mit einem Lahmheitsscore ≥ 2 häufiger geschlachtet wurden (8,4 x) als Kühe mit einem Lahmheitsscore < 2, und HERNANDEZ et al. (2001) berichteten, dass der Anteil lahmender Kühe, die die Herde verlassen, proportional gesehen signifikant höher war als der Anteil gesunder Kühe. Kühe mit Klauenfäule verließen die Herde zu 60 %, Tiere mit Klauenläsionen zu 44 % und lahmheitsfreie Kühe nur zu 33 %.

2.2.4. Kosten von Klauenerkrankungen

Durch Klauenerkrankungen erlitten die landwirtschaftlichen Betriebe jährlich hohe finanzielle Verluste, in die die Kosten für prophylaktische (z.B. Klauenpflege) und therapeutische Maßnahmen (z.B. Einsatz von Antibiotika) einflossen, aber auch Mehrkosten bzw. Einbußen durch reduzierte Fruchtbarkeit, verringerte Milchleistung, Abmagerung und vorzeitige Schlachtung (SINGH et al. 1993; LISCHER u. OSSENT 1994).

Schon KNEZEVIC (1960) errechnete bei Untersuchungen in Österreich für die dortige Milchwirtschaft einen jährlichen Schaden von umgerechnet ca. 7 Millionen Euro.

In Deutschland lagen die Schätzungen 1968 bei 680 DM Verlust pro Kuh durch verminderte Milchleistung bei länger anhaltenden Klauenerkrankungen (MIETH u.

RITTER 1968). ESCHENBACH und WITT (1971) berechneten einen Durchschnittspreis von 13,44 DM je Klauenbehandlung, und davon ausgehend kostete jede klauenbehandelte Kuh im Schnitt 51,48 DM. Auch DISTL (1996) setzte die Kosten für die tierärztliche Behandlung pro Fall im Mittel auf 30-100 DM fest, und dies führte zu einem Verlust von umgerechnet 50-110 DM pro Kuh und Laktation.

In den Niederlanden gaben FRANKENA et al. (1992) den Verlust pro Kuh und Jahr mit umgerechnet 18 Euro an.

(22)

In England lagen die Schätzungen der durch Lahmheitserkrankungen insgesamt verursachten Verluste in den Jahren 1977/78 bei ca. 15,5 Millionen Pfund (EDWARDS 1980; BAGGOT u. RUSSEL 1981). WHITAKER et al. (1983) und WEAVER (1985) schätzten die Verluste sogar noch viel höher ein. Sie sprachen von ca. 35 Millionen Pfund jährlich. Davon entfielen 65 % auf die geringere Milchleistung und Antibiotika in der Milch, 9 % auf Lebendmasseeinbuße und 8 % auf Ausmerzen und Notschlachtung.

ESSLEMONT und WASSELL (1990) gaben den Minderertrag pro Tier und Laktation mit umgerechnet 50 Euro an. KOSSAIBATI und ESSLEMONT (1997) benutzten den Milchpreis von 1995 und kalkulierten hiermit die durchschnittlichen Kosten für eine lahme Kuh auf 273 Pfund und ca. 160 Millionen Pfund pro Jahr für die nationalen Herden.

In den USA gab AMSTUTZ (1974) den wirtschaftlichen Schaden pro lahme Kuh mit 150 US-Dollar an und erhöhte diesen Betrag 1985 auf 200 Dollar. TRANTER und MORRIS (1991) berechneten 94 Dollar pro lahme Kuh durch den Milchverlust und im Schnitt 12 Dollar pro lahmes Tier für die Behandlung.

2.3. Die häufigsten Klauenerkrankungen des Rindes

2.3.1. Klauenrehe (Pododermatitis aseptica diffusa, Laminitis)

Die Klauenrehe wird definiert als eine diffuse aseptische und degenerative Entzündung der Lederhaut, die meist an mehreren Klauen gleichzeitig auftritt (LISCHER u. OSSENT 1994; MORTENSEN 1994; OSSENT et al. 1997). Sie spielt eine wesentliche Rolle in der Entstehung anderer Veränderungen der Klaue, wie Ballenfäule, Sohlengeschwüre, Sohlenblutungen und eitrig hohler Wand (MACLEAN 1971; GREENOUGH 1985; TOUSSAINT RAVEN 1989; BOOSMANN et al. 1991).

Die Klauenrehe besitzt eine komplexe multifaktorielle Ätiologie und eine nicht restlos geklärte Pathologie. Grundsätzlich liegt die Ursache in einer Allgemeinerkrankung,

(23)

die zu einer Störung der Blutzirkulation in den kleinen Gefäßen der Lederhaut führt und dadurch zu Veränderungen des Aufhängeapparates des Klauenbeins (LISCHER u. OSSENT 1994).

Die Erkrankung kommt in akuter, subakuter und chronischer Form vor sowie in einer subklinischen Form, die nicht mit einer Lahmheit einhergeht, aber später zu Veränderungen am Hornschuh, in Form von Hämorrhagien, gelben Verfärbungen, Zusammenhangstrennungen der Weißen Linie und der Sohle führt (PETERSE 1986;

GREENOUGH u. VERMUNT 1991; LISCHER u. OSSENT 1994; OSSENT et al.

1997). Akute Erkrankungen werden heutzutage relativ selten gesehen, gelegentlich als Bestandserkrankung infolge grober Fütterungsfehler. Dagegen ist die chronische Form weiterhin die am häufigsten beobachtete (NUSS u. SCHWARZMANN 2001).

Bei der Entwicklung der Klauenrehe werden derzeit zwei Hypothesen diskutiert:

Die erste geht von einer primären Störung der Mikrozirkulation in der Lederhaut durch toxische und vasoaktive Substanzen (Histamin, Endotoxine) aus. Dies führt zu einer Unterversorgung mit Nährstoffen und Sauerstoff und bedingt dadurch Nekrosen und eine Degeneration der hornproduzierenden Strukturen.

Die zweite geht von einer primären Veränderung der hornproduzierenden Zellen durch die toxischen Substanzen aus. Die Gefäßveränderungen treten erst sekundär auf. Durch den Blutstau kommt es zu einer Volumenzunahme, die wiederum zu einer intraungulären Drucksteigerung, zusätzlich verminderter Blutzufuhr und Schmerzen führt.

Bei der chronischen Rehe kommt es wiederholt zu Reheschüben, in deren Folge sich der Aufhängeapparat und die intensive Verbindung zwischen Klauenbein und Hornkapsel lockert. Das Klauenbein kann rotieren und absinken und führt dadurch wiederum zu Quetschungen der Lederhaut (NUSS u. SCHWARZMANN 2001).

Die Ätiololgie der Klauenrehe ist ein multifaktorielles Geschehen. Als Hauptursache gelten neben mechanischer Überbelastung durch harte Böden und Gliedmaßenfehlstellungen (NUSS u. SCHWARZMANN 2001) und Euter- und Gebärmutterentzündungen (BOOSMANN et al. 1991; VAARST et al. 1998) v.a.

Fütterungsfehler, die zu einer Pansenübersäuerung mit anschließender Endotoxämie

(24)

führen (LISCHER u. OSSENT 1994; OSSENT et al. 1997). Aber auch Alter, Größe, Jahreszeit, Genetik und Management spielen eine Rolle (GREENOUGH u.

VERMUNT 1994).

Klinisch kann man bei der akuten Rehe ein mittel- bis hochgradig gestörtes Allgemeinbefinden, eine Pulsation der Digitalarterien, vermehrte Wärme und Schmerzhaftigkeit der Klauen sowie eine Entlastungshaltung feststellen (ESPINASSE et al. 1984).

Bei der etwas milderen subakuten Form ist meist ein steifer Gang mit wechselnder Lahmheit erkennbar (NILSSON 1966; LISCHER u. OSSENT 1994). Später zeigen sich Veränderungen an der Sohle in Form von weichem und gelb-rötlichem Horn schlechter Qualität (KOFLER 1997).

Bei der chronischen Form gehen die Tiere nur geringgradig oder gar nicht lahm, es zeigen sich aber ganz typische Veränderungen an den Klauen in Form von tiefen, parallel zum Kronrand verlaufenden, seitlich divergierenden Ringen sowie konkave Aufwölbungen der Dorsalwand, Abflachung des Klauenschuhs und Verbreiterung der weißen Linie (TOUSSAINT RAVEN 1989; OSSENT et al. 1997).

Eine Therapie besteht im akuten Fall darin, das Tier auf weichen Boden zu stellen und die Klauen zu kühlen. Zur Schmerzlinderung kann man nicht steroidale Antiphlogistika verabreichen (LISCHER u. OSSENT 1994).

In chronischen Fällen strebt man eine gleichmäßige Belastung der Lauffläche durch eine funktionelle Klauenpflege an, indem man das lose Horn entfernt und die Wanddefekte versorgt, um Infektionen vorzubeugen.

Prophylaktisch steht die Vermeidung der Ursachen im Vordergrund (LISCHER u.

OSSENT 1994).

2.3.2. Typisches Sohlengeschwür (Pododermatitis circumscripta, Rusterholzsches Sohlengeschwür, „typical sole ulcer“)

Das Rusterholzsche Sohlengeschwür ist eine umschriebene, eitrig-nekrotisierende Sohlenlederhautentzündung am axialen Übergang zwischen Sohlen- und Ballensegment. Die Erkrankung betrifft vorwiegend die lateralen Klauen der

(25)

Hintergliedmaßen, seltener die medialen Klauen der Vordergliedmaßen (JUNGE 1983; COLLICK et al. 1997; BLOWEY 1998).

Das Sohlengeschwür ist eines der am häufigsten vorkommenden Klauenprobleme weltweit (BECKER 1983). Sohlengeschwüre allgemein sind heutzutage nach CLARKSON et al. (1996) mit ca. 40 % die häufigste Lahmheitsursache der Milchkühe. Die höchsten Inzidenzen findet man laut MURRAY et al. (1996) während der Stallhaltungsperiode im Winter und bei feuchter Umgebung. Auch sind sie am häufigsten ein bis drei Monate nach dem Abkalben festzustellen (SMITS et al. 1992;

SMILIE et al. 1999; LISCHER u. OSSENT 2001).

Die Ursache liegt in einer Fehl- bzw. Überbelastung der Klauen (RUSTERHOLZ 1920). Andere Autoren sehen das Sohlengeschwür als eine Folgeerscheinung der Klauenrehe (NILSSON 1966; CHEW 1972) oder der Fäule (ANDERSON u.

LUNDSTROM 1981; NIELSEN u. SMEDEGARD 1984; ENEVOLDSEN et al. 1991b).

Prädisponierend wirken sich Stallklauen, Klauendeformationen, mangelnde Klauenpflege, schlechte Beinstellung und harte unebene Böden aus.

Durch die Überbelastung kommt es an einigen Stellen zu einer Quetschung der Lederhaut und dadurch zu einer Minderdurchblutung in diesem Bereich. Dies führt zur Bildung von Klauenhorn schlechterer Qualität. Das Horn ist weich und neigt schnell zu Defekten. Hierdurch können Bakterien leichter eindringen und im Extremfall eine Infektion hervorrufen, die bis in die Tiefe reicht und dort zu Schäden an der tiefen Beugesehne, dem Sesambein und dem Klauenbein sowie dem Klauengelenk führt (DIRKSEN 1978; TOUSSAINT RAVEN 1989; FESSL 1992). In minderschweren Fällen führt die Überbelastung der Außenklaue, an der Ansatzstelle der tiefen Beugesehne (Tuberculum flexorium; Beugeknorren), zu einem vermehrten Druck auf die Lederhaut in diesem Bereich. Hierdurch kommt es zu Knochenzubildungen am Beugeknorren des Klauenbeins, nekrotischen Veränderungen der Lederhaut, Vorfällen der Lederhaut und zur Bildung von Granulationsgewebe (WEAVER 2000). Klinisch zeigen die Tiere je nach Umfang der Veränderung leichte bis schwere Lahmheiten und versuchen die betroffene Klaue zu entlasten. Sind beide Gliedmaßen betroffen, so äußert sich die Lahmheit meist nur durch einen klammen Gang.

(26)

Die Behandlung bei noch intaktem Sohlenhorn und leichter Lahmheit besteht darin, die betroffene Klaue durch eine funktionelle Klauenpflege zu entlasten, d.h. die nicht betroffene höher zu belassen und den Druck auf die gesamte Sohlenfläche zu verteilen. Die Druckstelle darf nicht eröffnet werden, da sonst der Prozess aktiviert wird (CLEMENTE 1986).

Bei defektem Sohlenhorn muss die Umgebung des Defektes ausgedünnt werden, ohne die Lederhaut zu beschädigen. Ist eine Infektion bis in die Tiefe vorgedrungen, muss chirurgisch vorgegangen und Sehnen- und Knochenteile müssen entfernt werden (HOFMANN 1992).

Für eine größere Entlastung der betroffenen Klaue und eine schnellere Heilung kann auf die gegenüberliegende ein Klotz geklebt werden, wenn diese völlig gesund und belastbar ist.

Ein Verband soll nur bei tiefen Prozessen angelegt werden. In anderen Fällen wird durch den vermehrten Druck auf die geschädigte Klaue der Heilungsprozess gestört (WEAVER 2000).

Präventiv sollten die prädisponierenden Faktoren vermieden werden und durch funktionelle Klauenpflege eine optimale Klauenform hergestellt werden (WEAVER 2000).

2.3.3. Atypisches Sohlengeschwür (Pododermatitis circumscripta in untypischer Lokalisation)

Das atypische Sohlengeschwür kann im gesamten Sohlenbereich auftreten. Die Ursache liegt hier nicht in einer Fehlbelastung der Klaue wie beim Rusterholzschen Sohlengeschwür, sondern es entsteht durch traumatische Einwirkungen. Gründe hierfür sind eingetretene Fremdkörper, harter und rauer Bodenbelag, zu lange Klauen, Kotkanten oder eine grobe Behandlung der Kühe (COLLICK 1997;

GREENOUGH 1997; BLOWEY 1998; BLOWEY et al. 2000). Dies führt zu einer Verletzung des Hornschuhs, meist mit Perforation des Sohlenhorns oder einer Quetschung der Lederhaut sowie Hämorrhagien und Nekrosen (LISCHER u.

OSSENT 2001). Die Veränderungen an der Klaue und die Folgeerkrankungen

(27)

entsprechen denen des typischen Sohlengeschwürs. Auch die Behandlung ist auf dieselbe Weise durchzuführen.

2.3.4. Ballenhornfäule (Ballenhornerosionen, Erosio ungulae, „heel horn erosion“)

Ballenhornfäule ist eine Erkrankung, die zu den häufigsten Klauenläsionen zählt (ANDERSON u. LUNDSTRÖM 1981; ENEVOLDSEN et al. 1991a), und deren Auftreten von MANSKE et al. (2002) sogar mit 41 % angegeben wird. Bei der Ballenhornfäule kommt es zu einem unregelmäßigen Verlust des Ballenhorns, und der Ballen bekommt durch die multiplen Risse und Furchen ein kraterartiges Aussehen. Der Substanzverlust kann oberflächlich bleiben, betrifft jedoch auch tiefere Schichten und führt so zu mittel- bis hochgradiger Lahmheit. Im Gegensatz zur Dermatitis digitalis ist die Zwischenklauenhaut nicht Ausgangspunkt der Erkrankung, sondern ist nur bei schweren Fällen mitbetroffen. Nach neueren Untersuchungen ist die Ballenhornfäule vor allem als eine Sekundärerkrankung der Klauenrehe anzusehen (PHILLIPOT et al. 1990; GREENOUGH u. VERMUNT 1991,1994; MORTENSEN 1994; SMILIE et al. 1996; MANSKE et al. 2002). Durch diese kommt es zu Gefäßschädigungen, die wiederum zu einer schlechteren Blutversorgung und somit zur Bildung von qualitativ schlechterem, leicht gelblich verfärbtem Sohlen- und Ballenhorn führen. Prädisponierend wirken schlechte Haltungsbedingungen, v.a. feuchte und stark verschmutzte Laufflächen und eine mangelnde Klauenpflege (PETERSE 1986; WEAVER 1988; ENEVOLDSEN et al.

1991a; HULTGREN u. BERGSTEN 2001). Diese weichen das minderwertige Horn auf und ermöglichen das Eindringen von ubiquitären keratinolytischen und anaeroben Keimen, die das Horn weiter zersetzen (BECKER 1983; ESPINASSE et al. 1984; GÜNTHER 1991, FESSL 1992).

Die Erkrankung ist vor allem während der Stallhaltungsperiode im Winter aufgrund der meist hohen Besatzdichte stark verbreitet, wobei im Sommer auf der Weide häufig eine Selbstheilung stattfindet. Betroffen sind vor allem die Hintergliedmaßen.

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Prophylaktisch sollte man die hygienischen Bedingungen verbessern (COLLICK et al. 1997; BLOWEY 1998; WEAVER 2000). Als Therapie hilft eine regelmäßige Klauenpflege, wobei das veränderte Horn abgetragen werden muss. Es ist dabei auf eine gleichmäßige Gewichtsverteilung zu achten, um nicht durch ungleiche Druckverhältnisse sekundär eine Lederhautquetschung zu verursachen. Bei verstärktem Vorkommen im Betrieb kann man Klauenbäder mit 5 % Kupfersulfat anwenden.

2.3.5. Dermatitis digitalis (Mortellaro, Erdbeerkrankheit)

Es handelt sich um eine kontagiöse Klauenerkrankung, die erstmals in Italien beschrieben wird (CHELI u. MORTELLARO 1986). Später auch in Großbritannien (BLOWEY u. SHARP 1988), in Nordamerika (REBHUHN et al. 1980) und in Kalifornien (READ et al. 1992). Dermatitis digitalis gilt heute als eines der größten Probleme in der Milchviehhaltung weltweit (KOFLER 1997; LAVEN 1999), wobei sie in einigen Beständen und Regionen gehäuft auftritt (FRANKENA et al. 1990; SMITS et al. 1992; METZNER et al. 1995). Dies deutet darauf hin, dass es sich bei der Erkrankung um ein infektiöses Geschehen handelt, für das vor allem obligate Anaerobier (Porphyromonas levii und Spirochaeten) verantwortlich gemacht werden (READ et al. 1992; MORTELLARO 1994; DIETZ et al. 1995; GRUND et al. 1995;

NATTERMANN et al. 1996; DÖPFER et al. 1997). Aber es werden auch nichtinfektiöse Ursachen und ein multifaktorielles Geschehen (Fütterung, Haltung, Überbelegung, Hygiene, Klauenpflege) diskutiert (BLOWEY u. SHARP 1988;

MORTELLARO 1994; WATSON 1999; LUGINBÜHL u. KOLLBRUNNER 2000).

Allerdings ist die Ätiologie noch nicht vollständig geklärt (DÖPFER 1994; WATSON 1999; WOODWARD 1999).

Die Entzündung betrifft größtenteils die Haut unmittelbar über dem Ballen im Bereich der Fesselbeuge, seltener den Saumband- bzw. Zwischenklauenbereich. Die veränderten Stellen sind durch Nekrosen, Ulzerationen und schmierig stinkende Beläge gekennzeichnet (CHELI u. MORTELLARO 1986; DÖPFER 1994). Die Veränderungen sind anfangs nur oberflächlich, können aber bei Nichtbehandlung in

(29)

tiefere Schichten eindringen und dort schwere Schäden verursachen. Später entwickeln sich proliferativ-papillomatöse Zubildungen, was der Erkrankung den Namen „Erdbeerkrankheit“ eingebracht hat (REBHUHN et al. 1980; KOFLER 1997;

WEAVER 2000). Die erkrankten Bereiche sind hochgradig druck- und schmerzempfindlich, und die Tiere gehen meistens lahm (BLOWEY 1990). Betroffen sind vor allem die Hinterextremitäten (LAVEN 1999).

Therapeutisch sollte man früh eingreifen, um eine möglichst rasche Heilung zu erzielen und um schwere Läsionen und eine Ausbreitung in der Herde zu vermeiden.

In kleinen Herden sollten die betroffenen Extremitäten vorher einzeln gereinigt und desinfiziert werden und anschließend die Läsionen mit Oxytetra-/

Gentianaviolettsprays besprüht werden (READ u. WALKER 1998). Zusätzlich sollte das Tier möglichst sauber und trocken aufgestallt werden.

In großen Herden erfolgt die Behandlung mittels Fußbäder mit einer 5 % Kupfersulfat-, 4 % Formaldehyd- oder antibiotikahaltigen Lösung. Die Tiere werden täglich über drei Tage durch das Bad getrieben, welches regelmäßig zu wechseln ist (KOFLER 1997).

Zu achten ist zusätzlich auf eine hygienische Aufstallung, adäquate Belegungsdichte und eine Kontrolle der Zukauftiere, um eine Einschleppung zu verhindern (WEAVER 2000).

2.3.6. Dermatitis interdigitalis (Fäule)

Es handelt sich um eine oberflächliche bis tief greifende entzündliche Veränderung der Haut im Bereich des Zwischenklauenspaltes, die durch lang andauernde Irritationen zustande kommt und unter den heutigen Haltungsbedingungen weltweit stark verbreitet ist (ESPINASSE et al. 1984; GUARD 1995; BERGSTEN 1997). Die Angaben über das Auftreten dieser Erkrankung schwanken zwischen 4 % (MURRAY et al. 1996) und 16,7 % (RUSSELL et al. 1982). Prädisponierend wirken vor allem eine schmutzige und feuchte Umgebung (PETERSE 1986), aber auch sehr trockene Bedingungen (SMEDEGARD et al. 1982). Die Erkrankungsrate ist während der Stallhaltungsphase höher als bei Weidegang (BERGSTEN 1997).

(30)

Ätiologisch werden Mischinfektionen mit Fusobacterium necrophorum und Dichelobacter nodosus angesehen, bei denen es sich um weit verbreitete, anaerobe Umweltkeime handelt (PETERSE 1992; BLOWEY 1994; BERGSTEN 1997). In weniger ausgeprägten Fällen ist nur die Hautoberfläche betroffen. Diese ist gerötet und von einem serösen Exsudat überzogen, und es ist meist keine Lahmheit feststellbar (GUARD 1995). In chronischen Fällen kommt es zu Hämorrhagien, Nekrosen und Hornbildungsstörungen im Ballenbereich. Dabei entstehen Furchen und Hornkanten, deren Druck im Zusammenspiel mit bakteriell bedingten Entzündungen bei höhergradigen Erkrankungen zu Lahmheiten führt. Das Auftreten von Lahmheiten wird von GREENOUGH und VERMUNT (1994) jedoch mit weniger als 5 % angegeben.

Dermatitis digitalis lässt sich durch sachgerechte Klauenpflege mit Erhöhung des Ballenbereiches eindämmen (TOUSSAINT RAVEN 1989; KLOOSTERMANN 1997).

2.3.7. Phlegmona interdigitalis (Infektiöse Zwischenklauennekrose, Panaritium) Bei der Zwischenklauennekrose handelt es sich um eine akute oder subakute diffus eitrig-nekrotisierende Entzündung der Haut und Unterhaut. Diese kommt durch Einwanderung von Bakterien (Fusobacterium necrophorum, Prevotella melaninogenica, Arcanobacterium pyogenes (A.) u.a.) zustande, wenn die Zwischenklauenhaut durch Steine oder ähnliche Fremdkörper primär geschädigt wird. Eine feuchte Umgebung und schlechte Stallhygiene wirken sich zusätzlich negativ aus, da sie die Zwischenklauenhaut erweichen und die Infektionserreger in tiefere Gewebeschichten vordringen können (BECKER 1983; GÜNTHER 1991;

GRUNER 1992; PETERSE 1992). Eine Eintrittspforte ist oft nicht erkennbar. Die Bakterien wandern in das Unterhautgewebe, und die entstehende Schwellung (Phlegmone) breitet sich auf den Kronsaumbereich und den Bereich oberhalb des Ballens aus, und es kann zu nekrotischen Veränderungen kommen (ESPINASSE et al. 1984; BERGSTEN 1997). Typisch sind ein nekrotischer, schmieriger Belag und ein fauler Geruch und im Akutfall eine hochgradige Lahmheit mit gestörtem Allgemeinbefinden und einer Schwellung des gesamten Fußes (KOFLER 1997;

(31)

BERRY 2001). In schweren Fällen können andere Weichteile, Gelenke und Sehnenscheiden mitbetroffen sein, und es kann zu einer Pyämie und Septikämie kommen (NUSS u. SCHWARZMANN 2001). Die Hintergliedmaßen sind meist häufiger betroffen als die Vordergliedmaßen (FESSL 1992; BERRY 2001).

Als Therapie wird sowohl die lokale als auch die parenterale Antibiose empfohlen.

Nekrotisches Gewebe ist zu entfernen, und die Tiere sind sauber und trocken aufzustallen (BLOWEY 1998; WEAVER 2000).

2.3.8. Limax (Zwischenklauenwulst, Hyperplasia interdigitalis, Tylom) Unter Limax versteht man eine subakute bis chronisch proliferative Entzündung der Haut oder Unterhaut des Zwischenklauenbereiches. Sie tritt in Milchviehbetrieben nur sporadisch auf (BERRY 2001). Es entsteht eine Zubildung, die sehr groß werden kann und aus Epidermis, Lederhaut und lockerem Bindegewebe besteht (ESPINASSE et al. 1984; GÜNTHER 1991; COLLICK 1997). Sie tritt häufiger an den Hintergliedmaßen (BERRY 2001) als an den Vordergliedmaßen auf, und durch die Gewebsquetschung bei Belastung kann es zu Lahmheiten kommen. Sekundäre bakterielle Infektionen mit ubiquitär vorkommenden Keimen sind möglich und können das Krankheitsbild verschlimmern, da sich Ulzerationen, Nekrosen und Phlegmonen entwickeln können (BECKER 1983). Als Ursache werden schlechte Haltungsbedingungen und mangelhafte Klauenpflege angeführt (BECKER 1983;

COLLICK 1997). Durch eine dauernde unhygienische Umgebung kombiniert mit unebenen Böden, auf denen die Tiere ausrutschen und sich so vermehrt Läsionen zuziehen können, entstehen Entzündungen im Zwischenklauenbereich. Limax tritt verbreitet bei Spreizklauen auf, bedingt durch eine Schwäche des interdigitalen Bandapparates (COMBERG et al. 1968; WEGENER 1970; DIRKSEN 1978;

GÜNTHER 1991; FESSL 1992; BERGSTEN 1997).

Einer Behandlung bedarf es erst in schwereren Fällen, bei denen die Geschwulst chirurgisch entfernt wird (BAGGOT u. RUSSELL 1981; BLOWEY 1998; COLLICK et al. 1997).

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2.3.9. Eitrig hohle Wand (Pododermatitis septica circumscripta abaxialis,

“white line disease")

Die eitrig hohle Wand ist eine Erkrankung, die nachfolgend auf eine chronische Klauenrehe entsteht (NUSS u. SCHWARZMANN 2001) und dementsprechend relativ häufig vorkommt. MURRAY et al. (1996) sprechen von einer Inzidenz von 22 %.

Durch die Klauenrehe wird Horn schlechterer Qualität gebildet. Hierdurch und durch den speziellen, weichen Aufbau der weißen Linie bietet diese eine optimale Eintrittspforte für Fremdkörper und Bakterien (BLOWEY 1998; WEAVER 2000).

Klinisch zeigen sich zu Beginn Hämorrhagien in der Weißen Linie und der Sohle, gefolgt von kleinen und später größeren Zusammenhangstrennungen der Lederhaut von der Klauenwand (VanAMSTEL u. SHEARER 2001). Man spricht hier von der

„Losen Wand“. Durch Eintreten von Fremdkörpern kann es zu Infektionen mit Ansammlung von Eiter kommen, der nicht abfließen kann. Es bilden sich Abszesse in der Weißen Linie, v.a. im abaxialen Ballenbereich. Die Tiere haben Schmerzen und zeigen Lahmheit. In schweren Fällen und bei bakteriellen Sekundärinfektionen können tiefere Strukturen, wie die tiefe Beugesehne, Klauen- und Sesambein und das Klauengelenk, mit betroffen sein (WEAVER 2000; VanAMSTEL u. SHEARER 2001).

Die Therapie erfolgt durch Öffnung des Abszesses. Das Horn ist im verdächtigen Bereich vorsichtig zu entfernen, wobei ein besonderes Augenmerk auf Farbveränderungen der Weißen Linie zu legen ist. Das gelblich-bräunliche Exsudat soll abfließen können. In schweren Fällen kann durch Aufkleben eines Klotzes auf die gesunde Seite die erkrankte Klaue entlastet werden. Zusätzlich soll das Tier über mehrere Tage antibiotisch versorgt werden.

2.3.10. Septische Klauenlederhautentzündung (Pododermatitis septica) Die septische Klauenlederhautentzündung kann umschrieben oder diffus sein und wird durch Bakterien verursacht. Der Entzündung voraus geht eine Zusammenhangstrennung der Hornkapsel durch Fremdkörpereinwirkung oder zu starkes Kürzen der Klauenspitze oder durch eine zu starke Abnutzung des

(33)

Sohlenhorns (BECKER 1983; ESPINASSE et al. 1984; COLLICK 1997). Durch die Wunde dringen Bakterien (v.a. A. pyogenes) sekundär ein und führen entweder zu einer oberflächlichen Infektion (Pododermatitis superficialis) oder greifen auf tiefere Schichten über (Pododermatitis profunda). Wenn die Lederhaut oder tiefere Strukturen mit betroffen sind, führt dies zu einer mittel- bis hochgradigen Stützbeinlahmheit. Prädisponierend wirken feuchte und harte Böden, die zu kleinen Verletzungen führen, durch die Bakterien eindringen können.

Die Therapie in Form von funktioneller Klauenpflege, chirurgischem Eingreifen und Antibiose richtet sich nach Lokalisation und Ausdehnung der Erkrankung.

(34)

2.3.11. Anteil der verschiedenen Klauenerkrankungen

Das prozentuale Auftreten der verschiedenen Klauenerkrankungen ist in der Tabelle 1 dargestellt.

Tabelle 1 Anteile der einzelnen Klauenerkrankungen

Autoren SG

%

Rehe

%

Mortellaro

%

Limax

% DI

% Eros

%

WLD

%

Phleg

% BLOWEY et al. (2000) 15,9

EDDY u. SCOTT (1980)

11,0

COLLICK et al. (1989) 30,0

MURRAY et al. (1996) 28,0 2,0 8,0 5,0 4,0 4,0 22,0 5,0 BARKEMA et al.

(1994)

31,5 1,6 20,5 4,9 12,5

ROWLANDS et al.

(1983)

12,0 3,2 4,2 15,8 12,0

RUSSEL et al. (1982) 19,0 4,8 16,7 BAGGOTT u. RUS-

SELL (1981)

12,0 15,0

PHILLIPOT et al (1990)

11,0

MCLENNAN (1988) 8,4 15,0

SMITS et al. (1992) 5,5 17,6 83,1 4,5 0,4

SG=Sohlengeschwür; DI=Dermatitis interdigitalis; Eros=Ballenhornerosionen;

WLD=White Line Disease; Phleg=Phlegmona interdigitalis;

(35)

2.4. Die wirtschaftliche Bedeutung der Fruchtbarkeit

Eine profitable Milchproduktion ist abhängig von einem effizienten und kosten- effektiven Management. Eine schlechte Fruchtbarkeit ist in der heutigen modernen Hochleistungsmilchwirtschaft ein wichtiger produktionslimitierender Faktor (OPSOMER et al. 1996; GRÖHN u. RAJALA-SCHULTZ 2000). Bei einer Umfrage von LOTTHAMMER (1992) gaben von 1240 Milchviehhaltern über die Hälfte an, dass Fruchtbarkeitsstörungen das größte Problem im Betrieb darstellten. Einige Studien ergaben, dass ein Rückgang der Fruchtbarkeit in Herden weltweit zu verzeichnen ist. Laut BUTLER und SMITH (1989) und BUTLER et al. (1995) war die Konzeptionsrate bei Erstbesamung in den Jahren 1973–1995 jährlich um 0,4 % gefallen. ROYAL et al. (2000) sprachen sogar von einem jährlichen Abfall von 1 %, von 55,6 % (1982) auf 39,7 % (1998).

Der Anteil der Tiere, die wegen Unfruchtbarkeit gemerzt werden, wurde von vielen Autoren als sehr hoch eingeschätzt: AEHNELT et al. (1968) über 60 %; BEYNON und HOWE (1974) sowie YOUNG et al. (1983) 30 -33,8 %; BAYER (1983) und DAWSON (1986) 30 %; LOTTHAMMER (1980) 55 %; DOHOO und MARTIN (1984b) 17 – 35 %; LOTTHAMMER (1992) 33 %; ALBAN und AGGER (1996) 57,3 %;

ESSLEMONT und PEELER (1993) 10 %; ESSLEMONT und KOSSAIBATI (1997) 36,5 %; WHITAKER et al. (2000) 25 %; MAYNE et al. (2002) 26,8 %.

Reproduktionsprobleme erzeugten laut MILLER und DORN (1987) und KANEENE und HURD (1990) zusammen mit klinischen Mastitiden die höchsten Kosten. Sie machten 22 % der totalen Kosten pro Kuh und Jahr aus (REINSCH 1993) und be- liefen sich laut MILLER und DORN (1987) auf 2,11 $/Kuh/Jahr. REINSCH (1993) ermittelten einen Wert von 12,24 DM/Kuh/Jahr.

Die Kosten für jeden „leeren Tag“ oberhalb des idealen Konzeptionsdatums beliefen sich auf 1,18-3,00 $ pro Tag (OLDS et al. 1979; FERRIS 1985; BARTLETT et al.

1986) bzw. ca. 3,00 Pfund (ESSLEMONT u. PEELER 1993) oder bis zu 6,50 DM pro Tag (TENHAGEN u. HEUWIESER 1997).

(36)

Die höheren Ausgaben entstanden nicht nur durch direkte Behandlungskosten von Reproduktionsproblemen sondern auch durch deren negative Auswirkungen auf die produzierte Milchmenge und die Lebenserwartung der Kuh in der Herde, verlängerte Güst- und Zwischenkalbezeiten sowie durch Kosten für Aufzucht, Zukauf und Re- montierung (BORSBERRY u. DOBSON 1989; OLTENACU et al. 1990; PEELER et al. 1994; OPSOMER et al. 1996).

Eine Färse zu kaufen oder ein Tier bis zu einem Lebensalter von 2 Jahren aufzuziehen, kostete den Landwirt im Schnitt 1000 Pfund. Eine Kuh zum Schlachten zu verkaufen, brachte hingegen nur 400 Pfund (ESSLEMONT u. KOSSAIBATI 1997).

Die Gesamtkosten pro Trächtigkeit beliefen sich laut DRILLICH (1999) auf 152,21 – 162,65 €. KLINDWORTH (2000) errechnete einen Betrag zwischen 196,71 und 278,10 €, und SURHOLT (2001) kam sogar auf Kosten bis zu 308,74 € pro Tier und Trächtigkeit.

2.5. Faktoren der Fruchtbarkeit

Viele Autoren waren der Meinung, dass in der Milchviehhaltung die größten Gesundheitsprobleme während des Puerperiums bestanden. Dies war zum einen auf die leistungsorientierte Zuchtausrichtung zurückzuführen, die Gesundheitskriterien vernachlässigt, und zum anderen spielen Technopathien – hierzu zählen z.B.

Fütterungsmanagement oder die Aufstallungsform - in steigendem Maße eine Rolle, die zur Ausprägung von Überlastungskrankheiten führten (MIETH u. RIEBE 1959;

DIETZ 1970; DIETZ u. KOCH 1972; STÖBER 1983).

Laut ALBAN und AGGER (1996) haben sich die Krankheitsmuster in den letzten Jahrzehnten verändert, von damals hochkontagiöser Natur zu mehr multifaktoriellen Problemen nichtinfektiöser Natur. Diese Probleme könne man nicht beseitigen ohne Veränderungen im Produktionssystem. Nach LUCEY et al. (1986a) konnte eine schlechte Östruserkennung die Fruchtbarkeitsleistung stärker reduzieren als dies

(37)

durch andere Krankheiten möglich ist. Der Prozentsatz für nicht erkannte Brunst lag laut ESSLEMONT und KOSSAIBATI (1996) sogar bei 33,6 %.

Auch AEHNELT et al. (1974), MAYER und FRANCOS (1987) und BOSTEDT (1987) sahen schon 1974 bzw. 1987 als Ursache für stille Brunst und Sterilität, die sie mit 15-32 % angaben, Mängel in der Brunstbeobachtung, aber auch ungünstige Haltungsformen und die Intensivierung der Fütterung.

Auch die Aufstallungsform spielte eine Rolle. So wurden in der Laufstallhaltung bessere Fruchtbarkeitsergebnisse erzielt als in der Anbindehaltung (MARSCHANG 1985; ZEEB 1987). In Norwegen ermittelten VALDE et al. (1997), dass Kühe in Laufstallhaltung einen Fruchtbarkeitsindex von 82,2 hatten und dieser bei Anbindehaltung nur bei 67,3 lag. RATNAYAKE et al. (1998) fanden bei Untersuchungen in Schweden heraus, dass Laufstallhaltung einen positiven Effekt auf die Ovarfunktion hatte, denn diese Kühe hatten den ersten Ovulationsöstrus zwei Wochen früher als Tiere in Anbindehaltung. KINSEL und ETHERINGTON (1998) hingegen konnten keinen Unterschied in der Reproduktion zwischen Lauf- und Anbindestallhaltung feststellen.

Für Rinder wichtig war auch die richtige Fütterung mit ausreichender Versorgung von Rohfaser (BURGSTALLER 1986) und einem ausgewogenen Verhältnis aller Einzelkomponenten (KORIANTH et al. 1970). Vor allem mit Beginn der Milchproduktion nach dem Kalben stiegen die Ansprüche an die Fütterung (BUTLER 2000; ROCHE et al. 2000).

Ein Rohproteinüberschuß in der Frühlaktation hatte laut SWANSON (1989) einen negativen Einfluss auf die Fruchtbarkeit und kann zu Follikel- und Gelbkörperzysten (KALCHREUTNER 1985) und zu einer 42 % geringeren Konzeptionsrate (SASSER et al. 1989) führen. FRANCOS et al. (1999) kamen bei Untersuchungen in Israel zu ähnlichen Ergebnissen. Eine Fütterung in der Trockenstehzeit mit zu hohem Nettoenergiegehalt und zu hohem Rohproteingehalt endete häufig in einem niedrigeren Erstbesamungserfolg (35 zu 39 %), einer niedrigeren Konzeptionsrate (34 zu 41 %) und einer verlängerten Rast- und Güstzeit um ca. 37 Tage.

(38)

Auch ein zu geringer Energiegehalt im Futter wirkte sich nachteilig aus (LEE 1993;

MIETTINEN 1992). Untersuchungen in Schweden (PEHRSON et al. 1992) und den USA (MARSTON et al. 1995) ergaben, dass Kühe, denen in der Frühlaktation bzw.

vor dem Kalben vermehrt Energie gefüttert wird, ein signifikant kürzeres Intervall Kalbung – letzte Belegung, eine höhere Trächtigkeitsrate und eine um 11 % größere Fruchtbarkeitsrate aufwiesen als die Kontrolltiere.

Laut DE KRUIF und MIJTEN (1992) hingegen spielte die Fütterung in Ländern, in denen der landwirtschaftliche Standart hoch ist, nur eine untergeordnete Rolle bei der Subfertilitätsproblematik.

Ein weiteres Problem, das u.a. auch fütterungsbedingt sein kann, stellen die häufigen Stoffwechselentgleisungen der heutigen Hochleistungskühe dar. Diese haben einen negativen Einfluss auf den Puerperalverlauf und vermindern somit auch die Fruchtbarkeit. Laut MORROW et al. (1969) und BOSTEDT (1979) verlängerte sich nach Gebärparese die Involutionszeit, und dies hatte eine um sechs Tage verlängerte Rastzeit, eine Erhöhung des Besamungsindexes von 1,77 auf 2,01, einen verzögerten Zyklusbeginn von ca. 20 Tagen und eine Erhöhung der Güstzeit um durchschnittlich 17 Tage zur Folge. Dies deckt sich mit Aussagen von BORSBERRY und DOBSON (1989).

FOURICHON et al. (2000) konnten keinen Einfluss von Milchfieber auf die Reproduktion nachweisen. Für Ketose hingegen stellten sie bei Untersuchungen in Frankreich fest, dass diese die Rastzeit um durchschnittlich 2-3 Tage, die Güstzeit um 6-12 Tage verlängerte und die Konzeptionsrate bei Erstbesamung um 4-10 % verringerte. Auch weitere Autoren wiesen schon früher auf den negativen Einfluss der Ketose hin (HUBER 1982; BAIRD 1982; MIETTINEN 1991). Die negative Energiebilanz, die mit der Ketose einhergeht, verzögerte das Einsetzen der Ovarienaktivität und verminderte so die Fruchtbarkeit (LOTTHAMMER 1975;

MIETTINEN 1990). Laut COOK et al. (2001) hatten Kühe mit Ketose eine signifikant längere Güstzeit, und die Merzungsrate war in Bezug auf Konzeptionsprobleme erhöht. Nach HARMANN et al. (1996) hatte eine Erstkalbin, die in den ersten 120 Tagen p.p. eine Ketose hat, eine 20 % geringere Chance zu konzipieren im Vergleich zu einer Gesunden. Bei Untersuchungen an 732 Kühen in Norwegen ermittelten

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GILLUND et al. (2001), dass ketotische Tiere 1,6 mal schlechter konzipieren als nicht ketotische, und MIETTINEN (1995) in Finnland errechnete, dass nach Ketose die Rastzeit um neun Tage, die Güstzeit um 18 Tage verlängert war und die Trächtigkeitsrate nach Erstbesamung um 11 % vermindert war. Ebenso bestand nach GRÖHN et al. (1990) und ROINE und SALONIEMI (1978) eine positive Korrelation zwischen Ketose und stiller Brunst bzw. dem „repeat breeder syndrome“.

Andere Autoren hingegen sahen keinen direkten Zusammenhang zwischen Ketose und Fruchtbarkeit (MOLLER 1979; KAUPPINEN 1984; ANDERSON u.

EMANUELSON 1985).

Die Fruchtbarkeit wird nicht durch ein einzelnes Gen bestimmt, sondern durch endogene und exogene Faktoren beeinflusst (SCHAETZ u. BUSCH 1972). Einige Untersuchungen ergaben sogar, dass 80 % der Gesamtvarianz der Fruchtbarkeit umweltbedingt sind (SCHÖNMUTH et al. 1972; MERTEN 1980), und auch HAUSSMANN (1983) und SCHWENGER et al. (1989) schätzten den genetischen Einfluss auf die Fruchtbarkeit als eher gering ein.

ROYAL et al. (2000) hingegen berichteten, dass von 1975–1998 die Fruchtbarkeit allgemein zurückging und in dieser Periode der Anteil Holsteiner Gene in Milchviehherden in Großbritannien von 0 auf 80 % angestiegen war. Gleiches berichteten HOEKSTRA et al. (1994) aus den Niederlanden. Auch hier war durch die Hinzunahme von Holsteiner Genen die Milchproduktion angestiegen, aber die Fruchtbarkeit hatte abgenommen.

Einen weiteren, wenn auch relativ geringen Einfluss auf die Fruchtbarkeit hat das Alter. Ältere Kühe hatten eine etwas geringere Fruchtbarkeit, nahmen schlechter auf (MERKT et al. 1984; GRÖHN u. RAJALA-SCHULTZ 2000) und hatten eher Fertilitätsprobleme in Form von Ovarzysten und Nachgeburtsverhaltung (GRÖHN et al. 1990). Allerdings nahm die Zwischenkalbezeit mit steigender Laktationszahl leicht ab (MERKT et al. 1983). HULTGREN et al. (2004) stellten fest, dass bei Tieren in Laktation >2 der Erstbesamungserfolg 1,4 mal geringer war als bei Tieren in Laktation 1 und 1,6 mal niedriger war als bei Tieren in Laktation 2.

(40)

Ein weiteres Problem der heutigen intensiven Milchviehhaltung ist die Zucht auf hohe Milchleistung. Viele Autoren sahen eine negative Korrelation zwischen Milchleistung und Fruchtbarkeit (AEHNELT et al. 1968; DISTL et al. 1985; VIANA et al. 1988). Laut BUTLER und SMITH (1989) war in den Jahren zwischen 1951 und 1973 die Milchproduktion um 33 % gestiegen, aber die Konzeptionsrate hat um 16 % abgenommen, während sie bei den Erstkalbenden gleich geblieben war. MERKT et al. (1983, 1984) ermittelten mit zunehmender Laktationsleistung auch eine steigende Zwischenkalbezeit.

Bei neueren Untersuchungen in den USA und Finnland fanden GRÖHN et al. (1990, 1995) heraus, dass Kühe mit höherer Milchproduktion öfter Ovarzysten aufwiesen und häufiger eine stille Brunst zeigten. Auch DHALIWAL et al. (1996) wiesen darauf hin, dass es zu einem vermehrten Auftreten von Reproduktionsproblemen kam, die wiederum zu schlechterer Fruchtbarkeit führten. Bei Untersuchungen von 1,5 Millionen Laktationsaufzeichnungen der Jahre 1966-1984 durch BAGNATO und OLTENACU (1994) stellte sich heraus, dass höher produzierende Milchkühe einen um 15 % mal schlechteren Erstbesamungerfolg hatten, eine um 12 Tage verlängerte Rastzeit aufwiesen und 0,32 mal mehr Besamungen pro Konzeption benötigten.

Auch der Verlauf der Laktationskurve hatte einen Einfluss auf die Fruchtbarkeit. Kühe mit gleichmäßigem und flachem Kurvenverlauf konzipierten besser als solche mit unregelmäßigem Verlauf (AEHNELT u. KONERMANN 1963; LOTTHAMMER u.

AHLERS 1970).

Andere Autoren wiederum konnten keinen Zusammenhang (MÜLLER 1970;

SCHÖNMUTH et al. 1977; SCHULTE-COERNE et al. 1988; DARWASH et al. 1997) oder negativen Effekt (JORRITSMA et al. 2000) zwischen Milchproduktion und Fruchtbarkeit feststellen, und VALDE et al. (1997) ermittelten in Herden mit höherer Milchproduktion sogar einen höheren Fruchtbarkeitsindex.

Weitere fertilitätsreduzierende Problemkomplexe sind Geburtskomplikationen, Nachgeburtsverhaltung, Gebärmutterentzündung und Ovarzysten.

Laut WILHELM und EULENBERGER (1980) lag die Trächtigkeitsrate nach normaler Geburt bei 88 %. Nach einem Kaiserschnitt sank die Rate auf 75-80 % und nach

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verschleppter Geburt auf 68 %. Auch BERGER (1989) sah die Gesamtträchtigkeitsrate nach schweren Geburtskomplikationen mit 65-85 % als signifikant vermindert an, und auch die Trächtigkeitsrate nach Erstbesamung lag nur bei 30-50 %. Bei Tot- oder Zwillingsgeburten war die Zwischenkalbezeit um 18 bzw.

23 Tage verlängert und die Ausmerzungsrate um 14,6 bzw. 15,8 % erhöht (ESSLEMONT u. PEELER 1993).

Bei Schwergeburten kam es in 37 % der Fälle zu einer Nachgeburtsverhaltung, bei Mehrlingsgeburten sogar in 70 % der Fälle (CALLAHAN et al. 1971; MULLER u.

OWENS 1978; BOSTEDT 1982), und dies hatte wiederum einen negativen Einfluss auf die Fruchtbarkeit (GRUNERT 1987; GRUNERT u. GRUNERT 1990; AHLERS u.

GRUNERT 1993).

Schon in früheren Untersuchungen fanden DYRENDAHL et al. (1977), DE BOIS (1982) und HALPERN et al. (1985) heraus, dass nach einer Nachgeburtsverhaltung die Zeitabstände bis zur ersten Brunst, zur ersten Besamung und zur Konzeption verlängert waren und die Erst- und Gesamtkonzeptionsraten vermindert waren.

Grund hierfür war laut KUDLAC (1991) die nach Nachgeburtsverhaltung verzögerte Gebärmutterinvolution und der verspätete Eintritt der Ovartätigkeit, die zu einer schlechteren Konzeptionsfähigkeit und einer verlängerten Zwischenkalbezeit führten.

BOSTEDT (1979) sah den Grund für die verminderte Fruchtbarkeit vor allem in ovariellen Funktionsstörungen.

Nach FOURICHON et al. (2000) verlängerte sich bei einer Nachgeburtsverhaltung die Rastzeit um 2-3 und die Güstzeit um 6-12 Tage, der Erstbesamungserfolg verringerte sich um 4-10 %. BORSBERRY u. DOBSON (1989) gaben bei Untersuchungen in Großbritannien sogar eine Verlängerung der Güstzeit um 25 Tage an, und GRÖHN und RAJALA-SCHULTZ (2000) errechneten eine um 14 % verminderte Konzeptionsrate. Der Besamungsindex erhöhte sich von 1,58 auf 1,85 (KAY 1978) bzw. auf 2,36 (DE BOIS 1982), und die Zwischenkalbezeit verlängerte sich um 22 Tage (ESSLEMONT u. PEELER 1993).

ASLAN et al. (1989), MULLER und OWENS (1974) und PATTERSON et al. (1981) konnten keinen Einfluss von Nachgeburtsverhaltung auf die Fruchtbarkeit feststellen, und SANDALS et al. (1979) sah in einer Nachgeburtsverhaltung alleine keinen

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signifikanten Einfluss, wohl aber im Zusammenhang mit einer Endometritis. Hier konnte sich die Güstzeit um bis zu 51 Tage verlängern (BORSBERRY u. DOBSON 1989).

Bei einer Endometritis wurde die Rast- und auch die Güstzeit im Schnitt um 30 Tage (LOTTHAMMER 1982; BORSBERRY u. DOBSON 1989), laut anderen Untersuchungen um 7-19 Tage (FOURICHON et al. 2000) verlängert. Die Konzeptionsrate sank um 10-15 % (GRÖHN u. RAJALA-SCHULTZ 2000), bei Erstbesamung sogar um bis zu 20 % (FOURICHON et al. 2000; JORRITSMA et al.

2000). Laut ESSLEMONT und PEELER (1993) verlängerte sich die Zwischenkalbezeit um 18 Tage, und der Besamungsindex stieg von 1,8 auf 2,6 (KUDLAC 1973). Auch RAJALA und GRÖHN (1998) ermittelten bei Untersuchungen in den USA und Finnland, dass Endometritis ein Risiko für Anöstrus darstellte.

KINSEL und ETHERINGTON (1998) hingegen sahen keine Unterschiede in der Konzeptionsrate und errechneten sogar eine verkürzte Güstzeit.

Ovarzysten sind ein Risiko für schlechtere Fruchtbarkeit (BARTLETT et al. 1986;

LUCY 2001; MELENDEZ et al. 2003). Diese Aussage deckte sich mit denen von BARTOLOME et al. (2000) und HAMILTON et al. (1999) und war laut DOBSON und SMITH (2000) und GARVERICK (1997) dadurch zu erklären, dass Kühe mit Ovarzysten längere Intervalle zwischen den Follikelwachstumswellen hatten als gesunde Kühe.

Kühe mit Ovarzysten hatten eine geringere Konzeptionsrate (KINSEL u.

ETHERINGTON 1998; HOOIJER et al. 2001), sowie verlängerte Rast- und Güstzeiten (KINSEL u. ETHERINGTON 1998; KNUTTI et al. 2000). Die Konzeptionsrate kann bis zu 21 % vermindert sein (GRÖHN u. RAJALA-SCHULTZ 2000). Die Rastzeit verlängerte sich im Schnitt um 6-12 Tage (FOURICHON et al.

2000; HOOIJER et al. 2001), für die Güstzeit lagen verschiedene Ergebnisse vor:

FOURICHON et al. (2000) und HOOIJER et al. (2001) setzten die Verlängerung auf 20-30 Tage fest, BARTLETT et al. (1986) sprachen von 33 Tagen und BORSBERRY und DOBSON (1989) sogar von 64 Tagen.

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2.6. Parameter zur Beurteilung der Fruchtbarkeit

Laut MANSFELD und HEUWIESER (2003) sind „Fruchtbarkeitsparameter Indikatoren zur Bewertung der Herdenfruchtbarkeit und der Reproduktionsleistung.

Mit ihnen lassen sich reproduktionsbiologische Ereignisse und Zeiträume quantitativ beschreiben, um den aktuellen Fruchtbarkeitsstatus und Tendenzen in der Entwicklung des Reproduktionsgeschehens zu beurteilen“. Die wichtigsten sind:

Konzeptionsrate (KR), Gesamtträchtigkeitsrate (GTR), Erstbesamungsindex (EBI), Erstbesamungserfolg (EBE), Trächtigkeitsindex (TI), Güstzeit (GZ), Rastzeit (RZ) und Verzögerungszeit (VZ).

Unter der Konzeptionsrate versteht man den Anteil der tragenden Tiere durch die Anzahl aller künstlichen Besamungen mal 100 (FOLMANN et al. 1990). Sie entspricht dem reziproken Wert des Besamungsindexes (BI), dessen optimaler Wert nach TSAKALOF et al. (1991) bei 1,3 liegt. Nach STUDER (1998) lag die Konzeptionsrate vor 1960 bei 55 % und ist seitdem, mit der Zucht auf steigende Milchproduktion, auf 45 % gesunken. DRILLICH et al. (2002) ermitteln für Deutschland eine Rate von 45,8 %, ESSLEMONT und SPINCER (1993) für England 49 % und KINSEL und ETHERINGTON (1998) in Kanada 46,7 %.

Unter der Gesamtträchtigkeitsrate versteht man die Anzahl der tragenden Tiere durch die Anzahl aller besamten Tiere mal 100 (BERCHTOLD 1982). Sie liegt in den meisten Ländern zwischen 86 und 95 % (BADURA et al. 1992; COLLICK et al. 1989;

HOOIJER et al. 2001; KNUTTI et al. 2000).

Der Erstbesamungsindex ist der Quotient aus der Anzahl sämtlicher Besamungen und der Anzahl aller Erstbesamungen. Er ist vor allem dann aussagekräftig für eine Herde, wenn lückenlos alle Tiere erfasst werden. Für den Modellfall beträgt der EBI 1,65 (BERCHTOLD 1982).

Der Erstbesamungserfolg erfasst den Prozentsatz der tragenden Tiere nach Erstbesamung an der Gesamtzahl der Erstbesamungen. Er liegt im Mittel bei 56 %, und ein EBE über 55 % erfüllt die Anforderungen einer befriedigenden Herdenfruchtbarkeit (MANSFELD et al. 1999). Laut MAYNE et al. (2002) steigt die

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