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Biologischer Säureabbau – kontrolliert mitStarterkulturen

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SCHWEIZ. Z. OBST-WEINBAU Nr. 19/02

498

SIBYLLEKRIEGER, LALLEMANDS.A., RENNINGEN(DEUTSCHLAND)

M

oderne Weinbaubetriebe arbeiten heute unter rundum verbesserten hygienischen Bedingun- gen, bei denen nichts mehr dem Zufall überlassen wird; das heisst alle Prozesse werden kontrolliert, auch die Mikrobiologie. Am Anfang dieser Entwick- lung standen die Reinzuchthefen, die Ende der sieb- ziger Jahre eingeführt wurden und heute Standard in jeder Kellerei sind. Zu Beginn der neunziger Jahre wurden Milchsäurebakterien-Kulturen eingeführt, die nun auch den Kinderschuhen entwachsen sind.

In den vergangenen Jahren sind deutliche Fortschrit- te in der Vitalität und Aktivität von Starterkulturen, die den biologischen Säureabbau einleiten sollen, er- zielt worden. Durch entsprechende «Stress-Indukti- on» werden die Stämme bereits bei der Produktion an die ungünstigen Lebensbedingungen im Wein adap- tiert. Damit sind heute Starterkulturen verfügbar, die auch bei schwierigen Bedingungen direkt in den Wein geimpft werden können. Durch geeignete Stam- mauswahl, aber auch durch die Anwendung be- stimmter önologischer Massnahmen, kann der biolo- gische Säureabbau beeinflusst und damit nicht zu- letzt die Weinqualität in entscheidendem Masse ge- prägt werden.

Gefahr eines spontanen biologischen Säureabbaus

Während der biologische Säureabbau in Weisswein nach wie vor sehr gegensätzlich diskutiert wird, stellt sich diese Frage bei der Rotweinbereitung nicht. Al- lerdings wird im Rotwein häufig noch auf den Einsatz von Starterkulturen verzichtet und der spontane BSA gefördert. Unter den günstigen Voraussetzungen in Rotwein im Vergleich zu Weisswein (höhere pH-Wer- te, bessere Nährstoffversorgung, höhere Temperatu- ren) setzt der spontane Säureabbau meist auch nach einiger Zeit ein. Das Risiko eines spontanen Säureab-

baus wird aber vor allem in säurearmen Rotweinen mit hohen pH-Werten unterschätzt. Und säurearme Rotweine sind in jüngster Zeit eher die Regel als die Ausnahme. Unter diesen Bedingungen können sich vor allem auch unerwünschte Milchsäurebakterien wie heterofermentative Laktobazillen und Pediokok- ken vermehren, die zu deutlichen Qualitätseinbussen führen können. Setzen sich bei einem spontanen BSA die falschen Bakterien gegenüber den erwünschten Oenococcus oeniStämmen durch, kann dies zur Bil- dung von Fehltönen führen. Noch kritischer zu be- werten ist die Bildung gesundheitsschädigender Ne- benprodukte, wie biogene Amine oder Ethylcarba- mat. Viele Milchsäurebakterien können abhängig von der Bakterienart, aber auch stammabhängig biogene Amine wie Histamin, Tyramin, Putrescin und Cada- verin in unterschiedlichen Mengen erzeugen. Diese Substanzen können bei empfindlichen Personen al- lergische Reaktionen (Kopfschmerzen, Schwindel, Juckreiz) verursachen. Biogene Amine werden aus WEINBEREITUNG

Biologischer Säureabbau – kontrolliert mit Starterkulturen

In der Maische ist das Vorhandensein von Bakterien vom sanitären Zustand des Leseguts und von der Hygiene der Transporteinrichtungen und des Kellers abhängig. Man sollte daher besser von bakteriellen Gärungen im Plural und nicht nur von der malolaktischen Gärung (Biologischer Säureabbau, BSA) sprechen. Tatsächlich gibt es in Wirklichkeit eine Vielzahl verschiedener Bak- terienspezies, die in der Maische und im Wein leben, sich vermehren und aktiv werden und de- ren Stoffwechselprodukte die Qualität des Endprodukts beeinflussen, ohne dass der Önologe sie immer zu steuern vermag. Die Beobachtung eines Säureabbaus allein bedeutet daher nicht, dass der BSA problemlos verläuft.

Histamin (mg/l)

0 2 4 6 8 10 12 14

CARIGNAN BEAUJOLAIS

SPONTANFLORA STARTER 1 Uvaferm ALPHA

Abb. 1: Gehalt an Histamin in französischen Weinen nach spontanem BSA und gezielt eingeleitetem BSA mit Starterkulturen (H. Gerland 1999).

(2)

SCHWEIZ. Z. OBST-WEINBAU Nr. 19/02 499 Aminosäuren gebildet, die bereits in der Maische vor-

handen sind, oder im Verlauf der Weinbereitung, ins- besondere während der alkoholischen Gärung. Bak- terien mit erhöhtem Potenzial, diese biogenen Amine systematisch zu erzeugen, gehören zu den Pediokok- ken. Oft wird auch Lactobacillus brevisisoliert. Unter- suchungen mit aus spontanem BSA isolierten Oeno- coccus oeniStämmen ergaben, dass bestimmte Bakte- rien dieser Art auch biogene Amine erzeugen kön- nen, vor allem wiederum in Weinen mit erhöhten pH- Werten (pH > 3,6). Abbildung 1 zeigt den durch- schnittlichen Gehalt an Histamin in Weinen aus zwei verschiedenen Weinbaugebieten in Frankreich. Dies ist vor allem wichtig vor dem Hintergrund, dass in der Schweiz bereits ein gesetzlicher Grenzwert für Hista- min besteht und dass eine französische Handelskette intern Grenzwerte für biogene Amine in Lebensmit- teln festgelegt hat.

Setzt der spontane biologische Säureabbau bei er- höhten pH-Werten bereits während der alkoholi- schen Gärung ein, so kann dies zu einer Beeinflus- sung der alkoholischen Gärung bis hin zu völligen Gärstockungen unter Bildung von erhöhten Mengen an flüchtiger Säure führen. Die beteiligten heterofer- mentativen Laktobazillen können sich unter diesen Bedingungen genauso schnell wie die Hefen vermeh- ren. Edwards (1998) berichtete von einem Lactoba- cillus kunkeeiStamm, der bis zu 5 g/l flüchtige Säure bildete und die alkoholische Gärung völlig blockier- te. Ein frühzeitiges Einsetzen des spontanen BSA wur- de als Ursache bei zahlreichen stockenden Gärungen im Herbst 1999 in der Schweiz angesehen; auch hier waren heterofermentative Laktobazillen isoliert wor- den (persönliche Mitteilung Gafner).

Gezielte Einleitung und Lenkung des biologischen Säureabbaus

In der Maische ist das Vorhandensein von Bakterien vom sanitären Zustand des Leseguts und von der Hy- giene beim Transport und in der Traubenannahme abhängig. Im günstigsten Fall beträgt die Bakterien- population nur 102 bis 103 KBE/ml. Doch im Falle ei- nes schlechten Gesundheitszustands und bei unzu- reichenden hygienischen Bedingungen können bis zu 106 Keime/ml nachgewiesen werden. Das ist so viel wie eine Hefepopulation zu Beginn der alkoholi- schen Gärung, woraus eine schwierige Konkurrenz- situation entstehen kann. Zu Beginn der alkoholi- schen Gärung steigt die Bakteriengesamtzahl zunächst an (Abb. 2) und nimmt dann auf Grund des Wettbewerbs mit den Hefen wieder ab. Gegen Ende der alkoholischen Gärung werden die Bedingungen für ein erneutes Bakterienwachstum wieder günsti- ger, abhängig von den physikalisch-chemischen Merkmalen des Weins. Sind die Bedingungen zu güns- tig (geringe Säuregehalte, erhöhte Temperaturen) kann es hier zur Vermehrung einer unerwünschten Flora kommen. Durch Direktzusatz einer entspre- chend hoch dosierten Starterkultur mit mindestens 106 KBE/ml lässt sich folgendes vermeiden:

Die lange Vermehrungsphase, während derer die Bakterien eine Zunahme der flüchtigen Säure ver-

ursachen können (je mehr Wachstum, desto mehr Stoffwechselprodukte!). Auf diese Weise wird im Vergleich zum spontanen BSA deutlich weniger flüchtige Säure gebildet.

Die Vermehrung unerwünschter Bakterien (Vor- teil der zugesetzten Reinzucht-Bakterien in der Konkurrenz um Nährstoffe: Zucker, organische Säuren, Stickstoffquellen, Vitamine und Spuren- elemente).

In der Vergangenheit wurde als idealer Zeitpunkt für die Zugabe der Starterkulturen die Beimpfung in die abklingende Gärung beziehungsweise direkt nach Abschluss der alkoholischen Gärung in den Jungwein empfohlen. Auf diese Weise werden qualitätsmin- dernde Nebeneffekte, wie die Bildung von flüchtiger Säure aus dem Abbau von Restzucker, weitgehend vermieden. Diese Vorsichtsmassnahme bringt für die eingeimpften Bakterien den Nachteil, dass sie unter ungünstigen Lebensbedingungen einen Äpfelsäu- reabbau umgehend einleiten sollen. In Zusammenar- beit mit verschiedenen Forschungseinrichtungen weltweit haben wir das Risiko einer frühzeitigen Beimpfung mit Starterkulturen bereits zusammen mit der Hefe oder gegen Mitte der alkoholischen Gärung untersucht. Ein Teil der Untersuchungen in Deutsch- land wurde an der Forschungsanstalt Geisenheim durchgeführt. Die Ergebnisse, von Grossmann et al.

(2001) anlässlich des 6. Internationalen Symposiums

«Innovationen in der Kellerwirtschaft» vorgetragen, zeigten, dass bei einer Impfkonzentration von 2 x 106 KBE/ml (empfohlene Beimpfung der Hersteller) mit einer geringen Belastung an Wildstämmen gerechnet werden muss. Bei pH 3,7 erfolgte im Vergleich zur Spontanvariante eine schnelle Vermehrung der ein- geimpften Bakterien (Abb. 3), einhergehend mit ei- nem forcierten Malatabbau (Abb. 4).

Die schnelle Vermehrung der eingeimpften Bakte- rien verhindert die Entwicklung der Spontanflora.

«Die Zugabe der Starterkultur zum Most fördert damit die Mosthygiene unter Vermeidung des Wachstums potenziell schädlicher, mosteigener Bakterien» (Hof- mann et al. 2001). Die Zugabe von Milchsäurebakte- WEINBEREITUNG

107

105 104 103 102 106

10 108

Hefen

Oenococcus

Lactobacillus Pediococcus

Gluconobacter

Acetobacter SO2

Lebendkeimzahl/ml

ERNTE Trauben- annahme

ALKOHOL.

GÄRUNG

MALOLAKT.

FERMENT.

REIFUNG Beimpfung

Kulturen SO2

Abb. 2: Kontrollierter biologischer Säureabbau.

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SCHWEIZ. Z. OBST-WEINBAU Nr. 19/02

500

rien zum Most beinhaltet immer die Gefahr einer milchsauren Vergärung der Zucker unter Bildung von Essigsäure, wobei die Gefahr bei pH-Werten unter pH 3,4 eher minimal, bei pH-Werten über 3,6 eher hoch zu bewerten ist. In allen unseren Versuchsvarianten setzte der BSA erst nach der alkoholischen Gärung ein. Es wurden keine Unterschiede in den Gehalten an flüchtiger Säure zwischen den Varianten Beimp- fung zusammen mit der Hefe und Beimpfung nach der alkoholischen Gärung festgestellt. Diese Untersu- chungsergebnisse wurden in anderen Versuchen weltweit bestätigt. Im Rahmen des Forschungspro- jekts werden weitere Untersuchungen folgen, um vor allem das Risiko bei einer Beimpfung im Moststadium bei pH-Werten über pH 3,6 einzugrenzen.

Literatur

Gerland C.: Gestion de la flore bactérienne lactique: enjeu important pour l'élaboration de vins de qualité. Revue des Oenologues n° 96, 31–33, 1999.

Grossmann M., Jungwirt G., Muno J., Engel-Kristen K., Bercher D., Seckler K., Nygaard A., Krieger S. und Rauhut D.: Einfluss der Zell- konzentration bakterieller Starterkulturen, des Zugabezeitpunkts so- wie der Nährstoffversorgung in Weisswein auf die Qualität des bio- logischen Säureabbaus. 6. Internationales Symposium «Innovatio- nen in der Kellerwirtschaft», 218–227, Mai 2001.

Edwards, C.G., Haag, K.M. and Collins, M.D.: Identification and characterization of two lactic acid bacteria associated with slug- gish/stuck fermentations. Am. J. Enol. Vitic., Vol. 49, No. 4, 445–448, 1998.

WEINBEREITUNG

La fermentation malolactique contrôlée par des cultures de mise en œuvre

Dans le moût, la présence des bactéries dépend de l’état sanitaire de la vendange et de l’hygiène des équipements de transport et de la cave. C'est pourquoi on parle tout d’abord de fermentations bacté- riennes au pluriel, et pas seulement de fermentation malolactique. En effet, il existe en réalité un grand nombre d’espèces différentes de bactéries qui vivent, se multiplient et agissent sur le moût et sur le vin et dont le métabolisme influe sur la qualité du produit final sans que le vinificateur les contrôle toujours. Par exemple les amines biogènes (histamine, tyramine, putrescine…) sont pro- duites par les bactéries lactiques à des taux qui varient selon les espèces bactériennes mais également selon les souches. Ces substances pourraient causer des réactions allergiques chez les sujets sensibles.

L’apparition de ferments malolactiques lyophilisés directement inoculables dans les vins a considé- rablement simplifié la mise en œuvre de la FML. Avec cet outil, le contrôle des fermentations malo- lactiques est donc possible avec l’objectif de maximiser les avantages et de réduire les risques qui y sont attachés.

R

ÉSUMÉ

Lebendkeimzahl (KBE/ml)

0,E+00 1,E+06 2,E+06 3,E+06 4,E+06 5,E+06 6,E+06 7,E+06 8,E+06 9,E+06

0 5 10 15 20

Tage

Spontan BSA 2,00E+04 2,00E+05 2,00E+06

Äpfelsäure (g/l)

Zeit (Tage) 0

0,5 1,0 1,5 2,0 2,5 3,0 3,5 4,0 4,5 5,0

0 5 10 15 20 25

spontan APLHA 2x10e5 cfu/ml APLHA 2x10e6 cfu/ml

Abb. 3: Keimzahlent- wicklung in einem 2000er Riesling, di- rekt beimpft mit UVA- FERM ALPHA zu Be- ginn der alkoholi- schen Gärung bei pH 3,7 im Vergleich zur Spontanflora.

Abb. 4: Äpfelsäureabbau in einem 2000er Riesling direkt beimpft mit UVAFERM ALPHA in unterschiedlicher Beimpfungs- stärke zu Beginn der alkoholischen Gärung bei pH 3,7 im Ver- gleich zur Spontanflora.

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