• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Alkoholabhängigkeit: Männer und Frauen besser getrennt behandeln" (07.10.2011)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Alkoholabhängigkeit: Männer und Frauen besser getrennt behandeln" (07.10.2011)"

Copied!
1
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

A 2096 Deutsches Ärzteblatt

|

Jg. 108

|

Heft 40

|

7. Oktober 2011

ALKOHOLABHÄNGIGKEIT

Männer und Frauen besser getrennt behandeln

Alkohol ist nach wie vor die Suchterkrankung Nummer eins.

Es gibt zahlreiche Gründe dafür, die Betroffenen in geschlechtsspezifischen Kliniken zu entwöhnen.

R

und 9,5 Millionen Menschen hierzulande zeigen ein ris- kantes Trinkverhalten, etwa 1,3 Millionen Bundesbürger sind alko- holabhängig; vor allem die Alko- holexzesse von Jugendlichen mach- ten in letzter Zeit Schlagzeilen.

„Sorgen macht uns aber auch die steigende Rate an Frauen, die alko- holabhängig sind, weil sie vulne - rabler für Folgeschäden wie etwa eine Leberzirrhose sind“, erklärt Dr.

med. Norbert Spohr, Leiter von Gut Zissendorf, einer Fachklinik für suchtkranke Frauen in Hennef.

Lag das Verhältnis zwischen Männern und Frauen mit hohem Al- koholkonsum in den 60er Jahren noch bei etwa 1 : 10, so hat es sich mittlerweile auf 1 : 3,5 verschoben.

Das belegt unter anderem der epidemiologische Suchtsurvey des Institutes für Therapieforschung in München. In der Erhebung wurden mehr als 8 000 Personen im Alter zwischen 18 und 64 Jahren befragt.

Das Ergebnis: 29,7 Prozent der Männer und 7,9 Prozent der Frau- en gaben für die vorangegangenen 30 Tage einen riskanten Alkohol- konsum an.

Dies spiegelt sich in der Henne- fer Fachklinik wider: Alkohol steht mit 90 Prozent an der Spitze der Suchterkrankungen. „Wir sehen al- lerdings in zunehmendem Maße auch kombinierte Abhängigkeiten mit Medikamenten und/oder Can- nabis“, erklärt der leitende Sozialar- beiter der Klinik, Siegfried Pfanku- che-Klemenz. Nicht selten sei bei Frauen die Alkoholabhängigkeit zudem mit einer Essstörung kombi- niert – von der Anorexia nervosa über die Bulimie bis hin zur Adipo- sitas, berichtet Gabriele Bücher, die

als Psychologische Psychothera- peutin auf Gut Zissendorf arbeitet:

„Wir erleben es nicht selten, dass bei Frauen, die ihre Essstörung in den Griff bekommen, eine Alkohol- abhängigkeit manifest wird und umgekehrt.“

Geschützter Raum für die Suchtbehandlung

Die Kombination eines solchen Suchtverhaltens wird als ein Grund dafür angeführt wird, warum eine geschlechtsspezifische Suchtthera- pie sinnvoll ist. So manche Patien- tin hat zwar zunächst Vorbehalte gegenüber einer Klinik, in der aus- schließlich Frauen behandelt wer- den. Hinterher geben sie aber durchweg an, von der geschlechts- spezifischen Behandlung profitiert zu haben. „Das liegt unter anderem daran, dass sie in der Klinik einen geschützten Raum finden, in dem auch die für die Frauen brisanten Themen offen angesprochen wer- den können“, so Bücher. Immerhin haben nach ihren Aussagen rund 35 Prozent der Frauen, die auf Gut Zissendorf in Behandlung sind, ei- nen sexuellen Missbrauch erlebt.

„Viele Frauen, die zu uns kommen,

haben wenig Selbstvertrauen und mussten in ihrer Biografie leidvol- le Erfahrungen von Unterdrückung und Gewalt machen.“

Nach Gut Zissendorf können Frauen zudem ihre Kinder mitbrin- gen, die von Erzieherinnen qualifi- ziert betreut werden. Dadurch wird Mutter wie Kind eine schmerzhafte Trennung erspart. „Für manche be- ginnt ein ganz neues Kapitel auch im Familienleben“, betont Spohr.

Bei Männern ist die Situation kaum anders, wie Dr. med. Paul Hunold, Chefarzt der Eschenberg- Wildpark-Klinik, einer Fachklinik für suchtkranke Männer, darlegt.

„Wir beobachten in der täglichen Arbeit, dass Männern mit ihren Ge- fühlen, also zum Beispiel ihren Ängsten, aber auch mit Aggressio- nen und dem Thema Rivalität an- ders umgehen als Frauen“, sagt der Mediziner. „Männer kümmern sich weniger um ihre Gesundheit, bieten häufig ein süchtiges Arbeitsverhal- ten und verleugnen Risikosituatio- nen“, ergänzt er. In einer auf die Be- handlung von Männern spezialisier- ten Klinik kann nach Hunold auf diese besondere Situation besser eingegangen werden.

Das aber ist wichtig, weil die männliche Identitätsentwicklung meist eng mit dem Risiko einer Suchtentwicklung verknüpft ist.

Weitgehend unabhängig von einer Paarbildung können Männer in ei- ner geschlechtsspezifisch arbeiten- den Einrichtung somit ebenfalls eher einen geschützten Raum fin- den, in dem sie männerspezifische Kommunikation und Emanzipation einüben. „Nach unserer Erfahrung reden Männer anders, wenn sie un- ter sich sind“, so Hunold. „In einer Fachklinik für Männer haben sie eher die Chance, sich selbst in ih- rem Verhalten kennenzulernen und damit selbstbewusster und autono- mer zu werden.“

Für die getrennte Behandlung von Männern und Frauen spricht bei Suchterkrankungen noch ein weiteres Argument: Die Einrichtun- gen sind häufig kleiner und über- schaubarer; sie bieten damit eher den Rahmen für größere emotionale

Offenheit.

Christine Vetter Alkohol steht mit

90 Prozent an der Spitze der Suchter- krankungen.

Foto: iStockphoto

M E D I Z I N R E P O R T

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Da Gips und Verbän- de an den Endgliedmaßen schwer einsetzbar sind, lassen sich die verletzten Zehen nur schwer stabilisieren, und die Patienten können kaum ge- hen oder Sport

Schon vor mehr als 20 Jahren deuteten klinische Daten darauf hin, dass Frauen mit Diabetes mellitus Typ 2 eine höhere Gesamt- wie auch kardiovaskulär bedingte Sterblichkeit

Damit wird neben der Vielschichtigkeit von Migrantinnen (und Mi- granten) und ihren Familien auch die Pluralität ihrer Lebens- und Bewältigungsformen deutlich.. Es wird zudem

Eine Einschränkung der wissen- schaftlichen Nutzung ergibt sich aus der Tatsache, daß es sich um eine querschnittliche Dokumentation handelt und daher keine zeitliche Ver-

Die „Behandlung im Voraus zu planen“ be- deutet mehr als das Verfassen einer Voraus- verfügung: Der/die Interessent/in kann sich im dialogischen Prozess über eigene Präferenzen,

Während immer noch mehr Frauen als Männer Teilzeit arbeiten, ist der Unterschied zwischen den beiden Gruppen im Bundesdienst geringer als in der Privatwirtschaft.. 6,4 Prozent

e 800 m un tzen der Lä rläufe in de ei geringer ttkämpfe m deergebnis mpfe sind im Protoko en Läufe w alifikation e Finalläuf rungen wer ufe werden eldeter Sc mmer entfäl

Jahren, als Kieners Buch erschienen ist, die Herrenmode heute offener und bunter ist, wohingegen die Damenmode einfacher geworden ist. Der Druck auf die Frau, perfekt aussehen