P O L I T I K
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A2340 Deutsches ÄrzteblattJg. 100Heft 3712. September 2003
Die Vereinbarung von Qualitätssiche- rungsmaßnahmen unterscheidet sich von dem bisher schon Üblichen nur mar- ginal.Ambulantes Operieren bietet nach wie vor den Facharztstandard, der im Rahmen der persönlichen Leistungser- bringung von jedem niedergelassenen Vertrags- und Krankenhausarzt erfüllt werden muss. Neu dagegen ist das von den Vertragspartnern gewählte Verfah- ren zur Qualitätssicherung, bei dem ne- ben den üblichen Verfahren wie Bera- tungsgespräch und Begehung insbeson- dere eine datengestützte Qualitätssiche- rung eingeführt wird. Das ergebnisorien- tierte Verfahren lehnt sich an die bereits praktizierte Praxis der Qualitätssiche- rung bei stationären Operationen an, so- dass auch hier Transparenz und Ver- gleichbarkeit mit stationären Operatio- nen geschaffen wird. Ausgehend von fachgebietsspezifischen Dokumentati- onsdatensätzen, werden diese unter Fe- derführung der Bundesgeschäftsstelle Qualitätssicherung auf der Landesebene ausgewertet und dem Operateur (sei es am Krankenhaus oder in der Niederlas- sung) zuückgespiegelt.
Die Entwicklung dieser fachgebiets- spezifischen Dokumentationsdatensät-
ze, mit welcher im Übrigen eine Ver- pflichtung zur elektronischen Daten- übermittlung einhergeht, findet derzeit statt. Als Grundlage dienen dabei die bereits im stationären Versorgungsbe- reich vorhandenen fachgebietsspezifi- schen Dokumentationsbögen.
Damit wird erstmalig für einen re- levanten Bereich der ambulanten ver- tragsärztlichen Versorgung ein ergeb- nisorientiertes Verfahren der Quali- tätssicherung eingeführt, das einem Vergleich mit den Verfahren der Qua- litätssicherung im Krankenhaus stand- hält.
Verlagerungseffekte können bald exakt ermittelt werden
Die Verpflichtung, auf den Abrech- nungsunterlagen der Krankenhäuser und der Vertragsärzte die den Ein- griffen zugrunde liegenden Operations- schlüssel nach § 301 SGB V (OPS 301) und den Diagnoseschlüssel (ICD) ein- zutragen, mag zunächst bürokratisch erscheinen. Allerdings werden die Ver- tragspartner bis zum 30. Juni 2004 die relevanten Operationenschlüssel zu-
ordnen. Damit ist zum ersten Mal eine eindeutige Identifikation des operati- ven Geschehens sowohl im ambulan- ten als auch im stationären Versor- gungsbereich möglich. Verlagerungsef- fekte können exakt quantifiziert wer- den, sodass darauf aufbauend auch fi- nanzielle Fehlallokationen vermieden werden können. Die Angabe des Ope- rationenschlüssels und des Diagnose- schlüssels erfolgt bis zum 31. Dezem- ber 2004 freiwillig: danach ist sie zwin- gende Voraussetzung für die Leistungs- abrechnung.
Aufbauend auf diesen Klassifikati- onssystemen, werden die Vertragspart- ner im Jahre 2005 pauschalierte Ver- gütungsformen für die Eingriffe nach
§ 115b SGB V erarbeiten. Damit kann an der Schnittstelle zum stationären Be- reich ein zumindest dem Fallpauscha- lensystem ähnliches Entgeltsystem ent- wickelt werden, das möglicherweise den ersten Schritt zu einem durchgängi- gen Vergütungssystem ohne sektorale Budgetierungsmaßnahmen bedeutet.
Dr. med. Andreas Köhler Kassenärztliche Bundesvereinigung Herbert-Lewin-Straße 3, 50931 Köln E-Mail: AKoehler@kbv.de DÄ:Die Verhandlungen über den
neuen Vertrag zum ambulanten Ope- rieren haben sich lange hingezogen.
Wer sind denn jetzt die Gewinner?
Dr. Metke:Alle gewinnen – in erster Linie der Patient, da durch eine strikte Vorgabe, was ambulant ope- riert werden muss und nicht mehr stationär sein darf, eine stationäre Behandlung nur noch dann erfolgt, wenn diese unabdingbar notwendig ist. Weitere Gewinner sind die nie- dergelassenen, ambulanten Opera- teure, da die Zahl der Operationen, die ambulant zu erfolgen haben, nochmals deutlich ausgeweitet wur- de, verpflichtend für alle Beteiligten.
Gewinner sind auch die Krankenhäu- ser, da diese in einem offenen Wett- bewerb um den Patienten ambulant ohne Überweisungsvorbehalt operie- ren dürfen, respektive ambulant ope- rieren müssen, wo dies nicht mehr stationär sein darf.
DÄ:Was ist das eigentlich Neue an diesem dreiseitigen Vertrag?
Dr. Metke:Der Vertrag ist insofern revolutionär, als er die Verpflichtung be- inhaltet, ab dem 1. Januar 2005 auf ein pauschaliertes Entgeltsystem umzu- stellen und die Kompatibilität mit dem neu gefassten Kapitel „Ambulantes Operieren“ im EBM 2000plus herzu- stellen. Das heißt für den niedergelas-
senen Bereich, dass zum ersten Mal seit knapp 20 Jahren der Operateur wieder ein festes Honorar in Euro statt floaten- de Punktwerte für das Ambulante Ope- rieren erhält und sich nach der Devise Geld folgt der Leistung die Vergütung für dieselbe operative Leistung im
stationären und ambulanten Bereich zwangsweise wird annähern müssen.
DÄ:Kritiker wenden ein, dass die ambulanten Operationen nicht zu Einsparungen führen. Ein Nachweis sei bislang noch nicht gelungen.
Dr. Metke:Dies ist falsch. Die Tech- niker Krankenkasse Baden-Württem- berg hat die Zahl identischer Operatio- nen im stationären und ambulanten Bereich für die Jahre 2001 und 2002 verglichen und bewiesen, dass zum Beispiel der Anstieg phlebologischer Operationen im ambulanten Bereich mit einem gleichzeitigen Absinken der entsprechenden Operationen im sta- tionären Bereich einhergeht. Damit ist neben weiteren Daten der Beweis er- bracht, dass eine Förderung des ambu- lanten Operierens durch niedergelasse- ne Ärzte und durch das Krankenhaus mit einer Reduktion der stationären Be- handlungen einhergeht und damit zwangsweise zu Kosteneinsparungen führen muss. Dies bei nachgewiesener identischer Qualität im ambulanten und stationären Bereich. ) Nachgefragt
Dr. med.
Norbert Met- ke, KV Nord- Württemberg, war an den Verhandlun- gen zum ambulanten Operieren beteiligt.
Foto: KV NW