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FACHARTIKELStefan Grünwald
Software auf Knopfdruck
Service orientierte Architekturen versprechen viel, aber was bleibt beim Anwender übrig?
I.Situation
Service Orientierte Architekturen (SOA) sind in den letzten Jahren ein Trend im Entwickeln von (betrieb- lichen) Anwendungssystemen. SOA wird primär als Managementkonzept angesehen und erst sekundär als Me- thode zur Softwareentwicklung.
Au techni chem Blickwinkel bietet OA nichts neues, die Art der Software- entwicklung ist von komponentenba- sierter Entwicklung bekannt. Aus Ma- nagementsicht teht das Ver prechen, Unternehmen strategie, Geschäfts- prozesse und IT-Systeme näher anein- ander zu führen. Die Umsetzung der Strategie in Prozesse und letztlich in Anwendungssysteme ist ein komplexer Vorgang mit vielen organisatori chen Herausforderungen, weil unterschied- liche (Unternehmens-)Welten beteiligt sind: Top-Management, Fachbereiche, Organisation und Proze management owie Informations- und Kommuni- kationstechnologie. SOA ist in diesem Kontext angesiedelt, aus bestehenden
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Prozessen effizient em betriebliches Anwendungssystem abzuleiten und Bedarf dynamisch Änderungen vorzu- nehmen (AbbildungI).
Ausgehend von den in einer Pro- zessmanagementsoftware modellier- ten Prozessen werden IT-gestützt tech- nische Modelle (z. B. BPEL - Business Process Execution Language) abge- leitet, zusätzliche Modelle integriert (UML - Unified Modeling Language, Business Rules, etc.) und mit Services verknüpft (Abbildung 2). Services sind im Idealfall atomare, gekapselte Softwaremodule, die eine spezifische Aufgabe erfüllen (z. B. User Login).
Nachdem die Geschäftsprozesse in technische Modelle übergeführt wur- den, können die Prozesse als Work- flows auf einem Applikationsserver veröffentlicht werden.
2.Vision
Die Hersteller von Prozessmanage- ment- und Softwareentwicklungswerk- zeugen schüren die Erwartungen der
Anwender und zeigen die Vorteile von Service Orientierten Architekturen in Idealtypischen Umgebungen auf. Die Vision dabei ist, dass nach dem model- lieren der Prozesse und der Einbindung von standardisierten (Web-)Services die betriebliche Software auf Knopfdruck zur Verfügung steht.
Ein wesentlicher Vorteil wird auch in der mehrfachen Verwendung von Ser- vices gesehen, also dass fachliche Funk- tionalität in Services implementiert wird und von verschiedenen Anwen- dungssystemen genutzt werden kann.
SOA kann auch zu einer flexibleren IT- Landschaft führen, wenn es gelingt ein Pool von Webservices aufzubauen und neue Anwendungen daraus zusam- menzubauen. Die Zusammenstellung von Webservices geschieht in der Ent- wicklungsumgebung, d.h. es wird der technische Prozess (BPEL) mit Webser- vices verknüpft bzw. orchestriert. Da- mit wäre es möglich, auf dynamische Rahmenbedingungen, die eine Anpas- sung von Prozessen notwendig macht zu reagieren und die IT-Systeme effi-
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FACHARTIKEl '\T
ABBILDUNG 2: VOM PROZESSMODELL ZUM ANWENDUNGSSYSTEM
Mit fortschreitenden Praxiseinsatz werden die Herausforderungen von Service Orientierten Architekturen weitgehend gelöst werden, ob jedoch zukünftige betriebliche Anwendungs- systeme aus global zur Verfügung ge- stellten und standardisierten Services zusammengestellt werden können ist fraglich, weil wirtschaftliche Intere- sen von Softwareherstellern damit in Konflikt stehen. Vielleicht entwickeln sich neue Geschäftsmodelle, die gegen Entgelt Webservices für betriebliche Funktionen anbieten.
4. Ausblick
Ebenfalls gibt es noch einige Frage- stellungen im Bereich der Sicherheit bei verteilten Softwaresystemen zu beantworten. Einerseits organisato- rische Fragen, wie der Umgang mit unterschiedlichen User Identitäten, wenn ein Anwender von mehreren Applikationen Services bezieht, aber auch technische Sicherheitsfragen die bei global verteilten eventuell webba- sierten Systemen auftreten.
Eine weitere Herausforderung an Technik und Design von SOA ba- sierten Anwendungssystemen ist die Performance, die je nach eingesetz- ten Technologien und Ausmaß des Einsatzes von Services stark verbesse- rungswürdig ist.
abgelegt werden, jedoch gibt es noch kein praktikables Produkt, das einen offenen Entwicklungsprozess ohne Medienbrüche zulässt.
ABBILDUNG I: SERVICE ORIENTIERTE ARCHITEKTUREN IM BUSINESS SYSTEMS ENGINEERING KONTEXT
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Aus technischer Sicht gibt es heute noch einige Schnittstellenbrüche im Entwicklungsprozess. Einige Anbie- ter von Prozessmanagementsoftware arbeiten zwar mit Softwareanbietern an Lösungen bei denen die Prozess- modelle und Softwaremodelle in einem gemeinsamen Datenbestand und brauchbare Geschäftsmodelle dazu fehlen noch. Es gibt zwar freie Webservices von Anbietern im Web (z. B. Amazon u. a.), jedoch spielen diese für Untemehmenssoftware kei- ne große Rolle. Eine Welt mit global standardisierten Services ist für die nähere Zukunft unrealistisch.
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Der Vorteil der Wiederverwendbar- keit von (Web-)Services wird in der Praxis dadurch eingeschränkt, dass es für betriebliche Anwendungen keine standardisierten Services gibt. Soft- warehersteller haben wahrscheinlich kein Interesse daran, ihre Webser- vices zur freien Verfügung zu stellen Neben den erwarteten Vorteilen gilt es im Praxiseinsatz jedoch einige Hürden zu überwinden. Auch wenn es in absehbarer Zeit möglich sein wird, Änderungen an Prozessmodellen au- tomatisch in das Softwaredesign und auf die Anwendung überzuführen, ist es notwendig Gestaltungsrichtlinien für Prozesse zu entwickeln, die auch den Anforderungen hinsichtlich De- tailierungsgrad und Verwendbarkeit für die technischen Prozessmodelle genügen. Dazu müsste ein Prozessdesi- gner auch Basiswissen über Software- entwicklung haben bzw. Softwareent- wickler Prozessmodellierungswissen aufbauen. Ein gangbarer Weg wird die ModelIierung in Teams sein.
zient nachzuziehen. Bei bestehenden heterogenen IT-Infrastrukturen kann durch SOA eine verbesserte Integrati- on von Anwendungssystemen erreicht werden. Durch die Wiederverwendung von Code wird auch ein besserer Inves- titionsschutz gewährleistet.
3. Realität
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Autor
Stefan Grünwald, DI Dr. techno Stu- dium Wirtschaftsingenieurwesen Ma- schinenbau TU Graz (1999). Er ist seit August 2006 an der Fachhoch chule CAMPUS 02 am tudiengang Informa- tion technologien und IT-Marketing als tv. tudiengangsleiter, Verantwort- licher für den Fachbereich Wirtschafts- informatik sowie als Lektor tätig.
AbJänner 2004LeitungdesBu iness Solutions Lab am Institut für Maschi- nenbau- und Betriebsinformatik. Von 2000 bis 2003 war er Univer ität assis- tent am Institut für Unternehmungs- führung und Organisation an der TU Graz. Er verfasste seine Dissertation
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ufgrund zahlreicher organisato- rischer und personeller Ande- rungen beim WING, möchten wirüber Internettech- nik und Open Source Software und deren Einfluss auf die trategie und das Geschäfts- modell von Unter- nehmen.
Davor war er bei der Fa. UTA Telekom AG von 1998 bis 1999 in E-Business Pro- jekten tätig. Dr.
Grünwald ist Mitglied im Verband der österreich ischen Wirtschaftsinge- nieure (WING), von 2000 bis 2002 als Geschäftsführer des Verbandes, wei-
die Gelegenheit nutzen, Ihnen die WI G-Regionalkreisleiter vorzustel- len. Weitere Kontaktdaten erhalten
Dipl.-Ing. Dr. techno Stefan Grünwald
FHCAMPUS02ters ist er Mitglied der Association for Computing Machinery (ACM) und der Arbeitsgemeinschaft für Datenverar- beitung (ADV).
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