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Zu viele Gesetze: Es ist fünf vor zwölf! Verfassungsrechtler Rupert Scholz beim VFB-Delegiertenabend

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Bayerisches Ärzteblatt 3/2008 187

Varia

Bayern Verlierer der Gesundheitsreform

Verband Freier Berufe zum Antrittsbesuch bei Ministerpräsident Beckstein

Die bayerischen Gesundheitsberufe, aber auch die Arbeitgeber und alle Arbeitneh- mer werden die Verlierer der Gesundheits- reform sein. Das machte der Präsident des Verbandes Freier Berufe (VFB) in Bayern, Dr. Wolfgang Heubisch, gegenüber Mini- sterpräsident Dr. Günther Beckstein bei einem Antrittsbesuch der Verbandsspitze in der Bayerischen Staatskanzlei deutlich.

Zentrales Thema des Gesprächs waren die Aus- wirkungen des Gesundheitsfonds auf die baye- rischen Heilberufe und den Mittelstand. Beim Thema „Novellierung der Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ)“ erläuterte der Präsident des VFB die Bedeutung des Erhalts eines diffe- renzierten Systems einschließlich der Privaten Krankenversicherung anstelle einer Bürger- versicherung. Der aktuell drohende kollektive Ausstieg der Hausärzte aus dem Kassensystem wurde ebenso diskutiert wie die Problematik der Erbschaftssteuer- und Unternehmens- steuerreform. Auch auf das Bedürfnis nach einer angemessenen Honorar- und Gebühren- ordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) wurde hingewiesen. Außerdem appellierte Vi- zepräsident Dr. Fritz Kempter, die Gerichtsor-

ganisation in Bayern, insbesondere die Spezial- gerichte, beizubehalten.

Es zeigte sich, dass bei vielen Anliegen der Frei- en Berufe durchaus Übereinstimmung mit der Bayerischen Staatsregierung besteht. Minister- präsident Beckstein sagte zu, dass er die ange- sprochenen Themen auch in Berlin ansprechen werde. Heubisch wurde bei seinem Besuch be- gleitet von den Vizepräsidenten des VFB, Dr.

Fritz Kempter, Dr. Klaus Ottmann und Dr. Hart- mut Schwab sowie der neuen Geschäftsführe- rin des VFB, Julia Maßmann.

Auszug aus „Informationen“ des

Verbandes Freier Berufe in Bayern e. V., Heft 1/2008

Entspricht die Gesetzgebung der Vor- stellung der Bürger? Mit dieser Frage hat sich der ehemalige Bundesverteidigungs- minister und Verfassungsrechtler Ru- pert Scholz beim Delegiertenabend des Verbandes Freier Berufe (VFB) in Bayern auseinandergesetzt. Seine eindeutige Ant- wort: Nein.

Der Gesetzgeber macht nicht nur zu viele Gesetze, sie sind größtenteils auch qualita- tiv schlecht und behindern die Entwicklung Deutschlands, sagt Rupert Scholz. Der deutsche Gesetzgeber befindet sich in den Augen des Münchner Verfassungsrechtlers aber in einem Dilemma: Zum einen bestehe bei den Bürgern die Empfindung, dass es zu viele Gesetze, eine Überregulierung und Bevormundung durch die Gesetzgebung gibt. Zum anderen ertönt sofort der Ruf nach dem Staat, sobald der Bürger „auf irgendein Problem, auf irgendeine Gefahr, auf irgendein Risiko“ stößt. Für Scholz gibt es kei- nen Zweifel: „Vor allem der deutsche Bundestag produziert Gesetze buchstäblich am Fließband – immer schneller, immer mehr, immer hek- tischer, nur allzu oft auch immer unüberlegter.“

Allein das Bundesrecht umfasse rund 90 000 Paragrafen, allein das Umweltrecht 8500 Ge- setze. Die gesetzliche Überregulierung des Ar- beitsmarktes und des Arbeitsrechts in Deutsch- land sei nach einer Studie der Weltbank sogar katastrophal zu nennen, was den internationa- len Vergleich betrifft: „Von 175 untersuchten Staaten liegt Deutschland auf Platz 129! Zum Vergleich: Mongolei Platz 61, Usbekistan Platz 67, China Platz 68!“

Darüber hinaus bemängelt Scholz auch eine immer schwächer werdende Qualität der Ge- setzgebung, weil Gesetze – zu sehr einzelfall- bezogen – immer mehr zu „momentanen, also konkret situationsverhafteten Steuerungsmaß- nahmen verkommen“. Teilweise würden Ge- setze erlassen – Beispiel Gesundheitsreform –, die zum Zeitpunkt ihrer Verkündung schon vor der eigenen Reparatur stehen. Als Folgewir- kung dieser Entwicklung entstünden enorme Kosten.

Insgesamt habe die Politik das Problem zwar erkannt, es fehle aber all zu sehr an der po- litischen Kraft zur Umkehr. Aus der Sicht des Münchner Verfassungsrechtlers gibt es nur einen Weg: Der Gesetzgeber muss seinen Re-

gelungsaktionismus disziplinieren. Scholz hält eine Modernisierung für dringend notwendig und meint damit eine Rücknahme von Staat- lichkeit zugunsten von mehr privater Eigenver- antwortung. Diese Grundprinzipien seien zwar erkannt, „an der Umsetzung hapert es aber nach wie vor evident“.

Scholz empfiehlt, künftig eine „Gesetzesfol- genabschätzung“ vorzunehmen. Jedes Gesetz müsse einer Kosten-Nutzen-Analyse unter- zogen werden. Zum Beispiel: Geht das Gesetz zu Lasten von Arbeitsplätzen? Welche Wirkung hat das Gesetz? Gibt es Alternativen? Führt es zu mehr Bürokratie? Auch Verständlichkeit,

Bürgernähe und Praktikabilität seien Testkrite- rien für ein Gesetz.

Die Gesetzgebung müsse sich wieder auf das Wesentliche beschränken. Eine Gesetzesfolgen- abschätzung könnte die Qualität von Gesetzen erheblich steigern. Vor allem könnte es gelin- gen, unnötige, überregulierende, überbürokra- tisierende oder kostenmäßig nicht vertretbare Gesetze zu vermeiden. Für Scholz ist es höchste Zeit zu handeln, „buchstäblich fünf vor zwölf“.

So recht glauben will er aber nicht daran, dass sich die Politik dazu durchringen kann. Zu stark seien die beharrenden Kräfte.

Im Internet sind unter www.freieberufe- bayern.de immer aktuelle Nachrichten aus dem Verband Freier Berufe in Bayern e. V. und seinen Mitgliedsverbänden zu finden. Der Newsletter des Verbandes kann auch als E-Mail abonniert werden.

Zu viele Gesetze: Es ist fünf vor zwölf!

Verfassungsrechtler Rupert Scholz beim VFB-Delegiertenabend

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