7.1 Extremwertaufgaben mit Nebenbedingungen
Bemerkung 7.1. Wir behandeln das Problem: Gegeben ist eine zweimal stetig differen- zierbare Funktion f : R n → R und ein stetig differenzierbares Vektorfeld g : R n → R m , wobei m < n. Gesucht sind Maximal-/Minimalstellen x von f , wobei g(x) = 0 (Maxi- mierungs-/Minimierungsproblem mit Nebenbedingungen):
Minimiere/Maximiere f(x) wobei g(x) = 0. (O) In MaI, Kap. 8.4 wurden Extremwertaufgaben ohne Nebenbedingungen behandelt. In den ¨ Ubungen traten auch Ungleichungsnebenbedingungen auf, wenn die Menge, ¨ uber die man minimiert oder maximiert hat, abgeschlossen war (z.B. Aufgabe 12.2). In diesem Abschnitt sind nur Gleichheitsnebenbedingungen g(x) = 0 erlaubt.
In MaI, Satz 8.24 steht die notwendige Bedingung f¨ ur eine Extremalstelle:
Wenn x 0 ∈ R n eine lokale Extremalstelle von f ist, dann ist ∇f (x 0 ) = 0
(alle Punkte x mit ∇f (x) = 0 heißen kritische Punkte). In MaI, Satz 8.26 wurden im Fall n = 1 oder n = 2 hinreichende Bedingungen zweiter Ordnung formuliert:
F¨ ur n = 1 folgt aus f 00 (x 0 ) < 0, dass x 0 eine Maximalstelle ist, und aus f 00 (x 0 ) > 0 folgt, dass x 0 eine Minimalstelle ist.
F¨ ur n = 2 hatten wir eine Bedingungen f¨ ur die gemischten zweiten Ableitungen (d.h., f¨ ur die Eintr¨ age der Hesse-Matrix) aufgeschrieben.
Das Ziel in diesem Abschnitt ist es
(i) Bedingungen erster und zweiter Ordnung f¨ ur Minimierungs-/Maximierungsprobleme mit Nebenbedingungen zu formulieren.
(ii) Die hinreichenden Bedingungen zweiter Ordnung aus Ma1, Satz 8.26 f¨ ur beliebige
n ∈ N zu verallgemeinern,
7 Anwendungen der Linearen Algebra
Satz 7.2. (Notwendige Bedingung erster Ordnung) Es seien f : R n → R und g : R n → R m stetig differenzierbar, und x 0 ∈ R n erf¨ ulle
g(x 0 ) = 0 (Zul¨ assigkeit), Rang(∇g(x 0 )) = m.
Wenn x 0 eine L¨ osung des Optimierungsproblems (O) ist, dann muss
∇f (x 0 ) ∈ L(∇g(x o )) (K) gelten, d.h. es m¨ ussen Zahlen λ ˆ 1 , . . . , ˆ λ m existieren, so dass
∇f (x 0 ) =
m
X
k=1
ˆ λ k ∇g k (x 0 ).
Beispiel 7.3.
Definition 7.4. Die Funktion L : R n+m → R ,
L(x, λ) = L(x 1 , x 2 , . . . , x n , λ 1 , λ 2 , . . . , λ m ) = f(x) +
m
X
k=1
λ k g k (x)
heißt Lagrange-Funktion zum Optimierungsproblem (O). Punkte x 0 ∈ R n , die zul¨ assig
sind (d.h. g(x 0 ) = 0) und die Bedingung (K) erf¨ ullen, heißen kritische Punkte, und die
zugeh¨ origen Koeffizienten λ 1 , . . . λ m heißen Lagrange-Multiplikatoren von (O) in x 0 . Die
Zahlen λ k entsprechen jeweils − λ ˆ k aus Satz 7.2.
Bemerkung 7.5. (i) Die Bedingungen g(x 0 ) = 0, ∇f (x 0 ) + P m
k=1 λ k ∇g k (x 0 ) bilden ein System von n + m Gleichungen mit n + m Unbestimmten x 0 = (x 0,1 , . . . , x 0,n ), λ = (λ 1 , . . . , λ m ). Diese Gleichungen sind typischerweise nicht linear!
(ii) Mit der Lagrangefunktion L(x, λ) aus Def. 7.4 kann man die notwendigen Bedin- gungen aus Satz 7.2 kompakt schreiben als
∇L(x, λ) = 0 ∈ R n+m .
(iii) Extremwertaufgaben ohne Nebenbedingungen sind als Spezialfall von O mit m = 0 zu verstehen. Die Bedingung aus Satz 7.2 liefert dann
∇f(x 0 ) =
0
X
k=1
λ ˆ k ∇g k (x 0 ) = 0,
und das ist genau die Bedingung aus Ma1 Satz 8.26 (s.o.).
Satz 7.6 (Hinreichende Bedingung zweiter Ordnung). Es seien f : R n → R und g : R n → R m zweimal stetig differenzierbar, und x 0 ∈ R n sei ein kritischer Punkt zum Optimierungsproblem (O). Wenn die Hesse-Matrix von L bez¨ uglich x
H L x (x 0 ) =
d
2dx
21L(x 0 , λ 0 ) dx d
21
dx
2L(x 0 , λ 0 ) . . . dx d
21
dx
nL(x 0 , λ 0 )
d
2dx
2dx
1L(x 0 , λ 0 ) dx d
222
L(x 0 , λ 0 ) . . . dx d
22
dx
nL(x 0 , λ 0 )
.. . .. . .. .
d
2dx
ndx
1L(x 0 , λ 0 ) dx d
2n
dx
1L(x 0 , λ 0 ) . . . dx d
22n