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Transparenz und Öffentlichkeitsbeteiligung im Genehmigungsverfahren von neuen Klärschlammverbrennungsanlagen

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Academic year: 2021

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Rahmenbedingungen

Transparenz und Öffentlichkeitsbeteiligung im Genehmigungsverfahren

von neuen Klärschlammverbrennungsanlagen

– Zehn Thesen –

Stefan Kopp-Assenmacher

1. Die Neuordnung der Klärschlammverwertung zwingt zum Aufbau weiterer Verbrennungskapazitäten

Die neue Klärschlamm-Verordnung beendet mittelfristig die Praxis der Aufbringung von Klärschlammkompost auf landwirtschaftlichen Flächen und führt zu einem we- sentlich erhöhten Bedarf an Klärschlammverbrennungs- und Klärschlammmitverbren- nungskapazitäten. Die Umstrukturierung der Klärschlammentsorgung wird also einer neuen, speziellen Anlageninfrastruktur bedürfen, die heute in der gebotenen Tiefe und Breite noch gar nicht vorliegt. Hierzu gehören vornehmlich neue Verbrennungskapa- zitäten und Nachbehandlungsanlagen für Aschen aus der Klärschlammverbrennung.

2. Die Betreiber bestehender Anlagen und Vorhabenträger für neue Anlagen bedürfen Rechtssicherheit für ihre Investitionen

Aus Sicht der Klärschlammerzeuger und -entsorger bedarf es angesichts der mit der Neuordnung der Klärschlammverwertung verbundenen strukturellen Veränderungen Investitions- und Planungssicherheit. Aus rechtlicher Sicht bedeutet dies, dass Rechts- sicherheit für den Aufbau von weiteren Kapazitäten für die Klärschlammverbrennung und Klärschlammmitverbrennung geschaffen werden muss. Die notwendige Rechts- sicherheit ergibt sich im Ergebnis aus den erforderlichen Genehmigungsbescheiden.

Sie ist insofern materiell-rechtlich geprägt und nicht zuletzt auch anhand der in den Genehmigungen aufgestellten Nebenbestimmungen zu bewerten. Im Zentrum steht der rechtliche Prüfungsmaßstab, wie er sich aus der 17. BImSchV ergibt. Rechtssicherheit ergibt sich aber auch aus dem Genehmigungsverfahren. Sie hat insofern auch eine verfahrensförmliche Seite.

3. Transparenz und Öffentlichkeitsbeteiligung sind Teilaspekte einer ordnungs- gemäßen Verfahrensführung

Anlagen, wie beispielsweise eine neue Monoverbrennungsanlage für Klärschlämme oder die Erweiterung einer bestehenden Verbrennungsanlage zur Klärschlammmit- verbrennung bedürfen einer Reihe von umweltrechtlichen Prüfungen mit Blick auf die diversen berührten Umweltmedien Luft, Wasser, Boden, Natur sowie die menschliche Gesundheit. Im modernen Umweltrecht versteht sich diese Prüfung nicht mehr nur als Dialog zwischen Anlagenbetreiber bzw. Vorhabenträger und der zuständigen Ge- nehmigungsbehörde, sondern als Trialog zwischen den benannten Akteuren und der Öffentlichkeit. Die Öffentlichkeit ist hierdurch von Anfang an Teil des Verfahrens. Je mehr Anlagenbetreiber und Vorhabenträger dies außer Acht lassen, umso eher droht

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Stefan Kopp-Assenmacher

Rahmenbedingungen

4. 20 Jahre Aarhus – das Umweltrecht ist neu zu denken

Seit 1998 entfaltet die sogenannte Aarhus-Konvention ihre Wirkung auf umweltrecht- liche Verfahren und insbesondere Genehmigungsverfahren. Die völkerrechtliche Vereinbarung beinhaltet die drei Säulen des Informationszugangs, der Öffentlichkeits- beteiligung und des Zugangs zu den Gerichten. Der Kreis der Adressaten dieser Rechte ist bewusst weit gezogen. Ziel war es, dem Umweltrecht von der Straße her Geltung zu verschaffen und bewusst Instrumente für eine effektivere Kontrolle von Verwaltung und Unternehmen zu schaffen. Mittlerweile sind die drei Säulen in zahlreichen europäischen Richtlinien und nationalen Gesetzen (z.B. Umweltinformationsgesetz, Umweltrechts- behelfsgesetz, Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung) umgesetzt. Sie haben neues Recht geschaffen. Nachbarn, Bürgerinitiativen, anerkannte Umweltverbände, aber auch Wettbewerber nutzen verstärkt die neuen Rechte.

5. Die moderne Gesellschaft verlangt nach dem gläsernen Anlagenbetreiber

Die moderne Umweltgesetzgebung entspricht dem gesellschaftlichen Verlangen nach mehr Partizipation an umweltrelevanten Verfahren und Entscheidungen. Die medial bekannteste Vokabel hierzu lautet Stuttgart 21. Sowohl die nationale als auch die europäische Rechtsprechung verfolgen und bestärken diesen Trend. Die Anla- genbetreiber und Vorhabenträger zeigen sich vielfach überfordert im Umgang mit den Erwartungen der Öffentlichkeit. Schützenswerte Interessen von Unternehmen, wie etwa der Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen, unterliegen einem stärkeren Rechtfertigungsdruck als in früheren Jahren. In Genehmigungsverfahren (dies gilt aber auch für den laufenden Betrieb) wird dem Vorhabenträger abverlangt, sämtliche Details seines geplanten Vorhabens öffentlich zu machen und gegebenen- falls auch öffentlich zu diskutieren. Anlagenbetreiber und Vorhabenträger überfordert dies regelmäßig.

6. Schon geringfügige Verfahrensfehler können gravierendste Auswirkungen haben Im deutschen Verwaltungs- und insbesondere im Umweltrecht hat sich eine neue Fehlerkultur entwickelt. In der Vergangenheit kam es vornehmlich darauf an, dass die errichteten Anlagen technisch mit Blick auf die Umweltmedien einwandfrei funk- tionieren, also etwa alle Grenzwerte auf den Pfaden Luft oder Abwasser einhalten, nicht zu viel Transportverkehr erzeugt wird und Abfälle vermieden werden. Soweit dies gewährleistet war, kam es weniger darauf an, ob auf dem Weg dahin, also im Verwaltungsverfahren, alles richtig gelaufen war. Fehler etwa im Zusammenhang mit gebotenen Anhörungen oder Darstellungen konnten meistens noch nachträglich geheilt werden. Im jüngeren deutschen Umweltrecht, das stark europäisch geprägt ist, können auch schon geringfügige Verfahrensfehler zur Aufhebung eines Genehmi- gungsbescheids führen. Als fehleranfällig hat sich in jüngerer Vergangenheit vor allem die Umweltverträglichkeitsprüfung erwiesen.

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Rahmenbedingungen

7. Es genügt nicht mehr, sich auf die Rechtsauffassung der Genehmigungsbehörde zu verlassen

Das entstandene Dreieck zwischen Vorhabenträger bzw. Anlagenbetreiber, Behörde und Öffentlichkeit führt dazu, dass Absprachen mit oder Zusagen von der Behörde an Geltungskraft verlieren. Sie erweisen sich als stumpf, wenn sie von der interessierten Öffentlichkeit nicht mitgetragen werden. Dies ist besonders dann fatal, wenn sich der Vorhabenträger im Genehmigungsverfahren auf eine bestimmte Auslegung der Behör- de, etwa zur Notwendigkeit einer Umweltverträglichkeitsprüfung oder zum Umfang derselben, verlassen muss. Die Behörde führt zwar das Genehmigungsverfahren und bestimmt dadurch zuvörderst dessen Ablauf. Soweit sie jedoch in einer späteren ge- richtlichen Kontrolle des Genehmigungsbescheids mit ihrer Auffassung unterliegt, hat der Anlagenbetreiber den Schaden einer als rechtswidrig beurteilten Genehmigung.

Auch aus Sicht der Behörde erweist sich die Situation als misslich, muss sie doch ge- gebenenfalls Amtshaftungsansprüche des Anlagenbetreibers besorgen. In der Praxis führt dies nicht selten zur Lähmung und Mutlosigkeit in Genehmigungsverfahren.

8. Der Fortfall der materiell-rechtliche Präklusion erschwert Rechtssicherheit

Die jüngere europäische Rechtsprechung – und nunmehr nachfolgend die nationalen Gerichte und auch der Gesetzgeber – haben die frühere verwaltungsrechtliche Regel in Genehmigungsverfahren geschliffen, dass derjenige, der gegen eine Genehmigung vorgeht, bereits frühzeitig in einer vorgegebenen Frist sämtliche Gründe, die aus sei- ner Sicht gegen die Genehmigung stehen, darlegen musste (sog. materiell-rechtliche Präklusion). Dies führte in der Praxis dazu, dass ein Vorhabenträger, dessen Genehmi- gungsbescheid rechtlich bestritten wurde, bereits frühzeitig darum wusste, aus welchen Gründen seine Genehmigung angefochten wurde, und sich gegebenenfalls ebenfalls bereits frühzeitig auf eine entsprechende Ertüchtigung oder sonstige Alternativen zum beabsichtigten Betrieb einstellen konnte. Der Fortfall dieser sog. materiell-rechtlichen Präklusion führt nun dazu, dass sich gegebenenfalls erst im Laufe eines mehrjährigen Gerichtsverfahrens herausstellt, was an der beabsichtigten Anlage fehl sein soll.

9. Die Öffentlichkeit muss von Beginn einer Vorhabenplanung an mitbedacht werden Zur Vermeidung ganz erheblicher Risiken im Rahmen von Genehmigungsverfahren müssen heute Vorhabenträger und Anlagenbetreiber die Flanke der Öffentlichkeit bereits mit der Planung der zu genehmigenden Anlage oder Anlagenerweiterung mitdenken. Dies bedeutet, dass vor allem bei größeren und per se nicht unumstritte- nen Projekten wie Verbrennungsanlagen bereits zu Beginn der Planung und über den gesamten Prozess bis hin zur Realisierung neben einer einschlägigen technischen und juristischen Kompetenz auch eine kommunikative Kompetenz aufgestellt werden muss.

Gegebenenfalls hilft auch das Instrument der sog. frühen Öffentlichkeitsbeteiligung.

Nur auf diese Weise kann der Vorhabenträger frühzeitig erkennen (und justieren), auf welche Schwierigkeiten er im Detail im Rahmen des Genehmigungsverfahrens stoßen könnte, und er kann Vorsorge dafür treffen, dass sie sich nicht realisieren.

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Stefan Kopp-Assenmacher

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10. Transparenz und Öffentlichkeitsbeteiligung sind wesentliche Bausteine für ein erfolgreiches Genehmigungsverfahren

Die Transparenz von Verfahren, die Information und die Beteiligung der Öffentlich- keit stehen heute neben den technischen Anforderungen an einen ordnungsgemäßen Anlagenbetrieb im Fokus von – jedenfalls größeren – Genehmigungsverfahren. Der richtige Umgang mit der Öffentlichkeit erleichtert Genehmigungsverfahren. Es ist für Vorhabenträger nicht zielführend, sich dieser Entwicklung gegenüber zu verschließen.

Die praktische Erfahrung lehrt, dass sich Fehler im Umgang mit der Öffentlichkeit zu Beginn eines Verfahrens (und ggf. auch nur, um einer Auseinandersetzung aus dem Weg zu gehen) durch das gesamte Verfahren hindurch tragen und in einer dynamischen Welle zum Tsunami werden können. Vorhabenträger und Anlagenbetreiber müssen daher Strategien und Instrumente entwickeln, Transparenz und Öffentlichkeit aktiv mitzugestalten bei gleichzeitiger Wahrung ihrer Rechte und berechtigten Ansprüche, etwa auf einen rechtmäßigen Genehmigungsbescheid.

Ansprechpartner

Rechtsanwalt Stefan Kopp-Assenmacher

Kopp-Assenmacher & Nusser Rechtsanwälte PartGmbB Partner

Friedrichstraße 186 10117 Berlin, Deutschland +49 30 45086550

kopp@kn-law.de

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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar

Olaf Holm, Elisabeth Thomé-Kozmiensky, Peter Quicker, Stefan Kopp-Assenmacher (Hrsg.):

Verwertung von Klärschlamm

ISBN 978-3-944310-43-5 Thomé-Kozmiensky Verlag GmbH

Copyright: Elisabeth Thomé-Kozmiensky, M.Sc., Dr.-Ing. Olaf Holm Alle Rechte vorbehalten

Verlag: Thomé-Kozmiensky Verlag GmbH • Neuruppin 2018 Redaktion und Lektorat: Dr.-Ing. Olaf Holm, Elisabeth Thomé-Kozmiensky, M.Sc.

Erfassung und Layout: Janin Burbott-Seidel, Ginette Teske, Roland Richter, Sarah Pietsch, Cordula Müller, Gabi Spiegel

Druck: Beltz Grafische Betriebe GmbH, Bad Langensalza

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