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Fördertechnik: Digitale Lösungen für die Unternehmenslogistik

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Academic year: 2022

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Fördertechnik: Digitale Lösungen für die Unter- nehmenslogistik

Megatrend Digitalisierung

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Kurz & klar

Die deutschen Hersteller von Fördertechnik erleiden infolge von Corona den stärksten Produktionseinbruch seit der Finanzkrise. Der Ausblick für 2021 ist verhalten positiv.

Deutschland ist seit Jahren Exportweltmeister bei der Fördertechnik – dicht gefolgt von China. Die wichtigste Absatzregion ist die EU, wichtigster Einzelmarkt die USA.

Der Digitalisierungsprozess bei der Intralogistik / Fördertechnik ist in vollem Gange;

zentrale Rollen nehmen dabei die Robotik und fahrerlose Transportsysteme ein.

E-Commerce als Wachstumstreiber

Das Pandemiejahr 2020 hat bei den Herstellern der Fördertechnik tiefe Spuren hinterlas- sen. Die Produktion brach real um 14½% ein und damit um einen Prozentpunkt mehr als im gesamten Maschinenbau (siehe Grafik unten). Allerdings reagiert die Fördertechnik im Vergleich zur ohnehin spätzyklischen Gesamtbranche immer etwas zeitverzögert; so legte die Fördertechnik beispielsweise mit Beginn der Abschwungphase 2019 noch um 2,8% zu, während der gesamte Maschinenbau bereits um 2,9% schrumpfte. Ähnlich war es bei der internationalen Finanzkrise 2008/2009. Auch wenn die Produktion deutlich weniger schrumpfte als ursprünglich befürchtet, ist dies dennoch der stärkste Rückgang seit der Fi- nanzkrise. Insgesamt verbuchte die deutsche Intralogistikbranche, zu der die Fördertechnik einen wichtigen Beitrag leistet, 2020 einen Rückgang des Produktionsvolumens von ge- schätzt gut 9½% auf 22 Mrd. Euro (siehe obere Grafik nächste Seite). So war auch die Int- ralogistik mit Kurzarbeit, Engpässen bei der Materialbeschaffung und unterbrochenen Lie- ferketten konfrontiert. Hinzu kamen verschobene oder komplett abgesagte Messen (z.B.

LogiMAT, CeMAT). Ein positiver Treiber war 2020 allerdings der E-Commerce. Das durch die Pandemie generierte zusätzliche Onlinegeschäft mit Waren jeglicher Art sorgte für eine verstärkte Nachfrage nach hochautomatisierten Intralogistiklösungen.

Starker Produktionseinbruch infolge der Corona-Krise

Deutsche Fördertechnik- und Maschinenbauproduktion, Veränderung Produktionsindex in % (kalenderbereinigt, 2015 = 100)

Quellen: Destatis, BayernLB Research 7,4

-25,6 -1,9 17,2

5,6 -0,9 3,0 3,5 1,8 2,4 5,0

2,8 -14,5 4,2 5,6

-25,9

10,2 14,0 1,7 -1,2 1,2 -0,3

0,0 4,5 2,3 -2,9

-13,5 7,5

-30 -20 -10 0 10 20 30

Fördertechnik Maschinenbau gesamt

Internationale Finanzkrise Corona-Krise

Veränderung Jan-April

ggü. Vj.

Stärkster Produkti- onseinbruch seit Fi- nanzkrise

(3)

Deutlicher Rückgang auch bei deutscher Intralogistikbranche

Produktionsvolumen der deutschen Intralogistikbranche in Mrd. EUR und Veränderung ggü. dem Vorjahr in %

Quellen: VDMA, BayernLB Research

Der Begriff „Intralogistik“ ist noch vergleichsweise jung – er ist Anfang des Jahrtausends aus einer Initiative des VDMA-Fachverbandes Fördertechnik und Logistiksysteme sowie seiner Mitgliedsunternehmen unter Mitarbeit weiterer Fachverbände entstanden – und zielt darauf ab, logistische Prozesse, die innerhalb eines Unternehmens ablaufen, von externen Logistik-Vorgängen abzugrenzen. Gemäß der Definition des VDMA umfasst sie die „Orga- nisation, Steuerung, Durchführung und Optimierung des innerbetrieblichen Materialflusses, der Informationsströme sowie des Warenumschlags in Industrie, Handel und öffentlichen Einrichtungen“. Damit in einem Betrieb die notwendigen Waren zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort verfügbar sind, müssen Förder- und Lagertechnik, Sensorik, Identifikations-, Steuerungs- und Softwaresysteme sowie Planung, Dimensionierung und Prozessgestal- tung effektiv und auch möglichst effizient zusammenwirken (siehe Grafik unten). Von Sei- ten des Maschinenbaus wird der innerbetriebliche Materialfluss beispielsweise durch Krane und Hebezeuge (z.B. Ketten- oder Seilzug), Flurförderzeuge (z.B. Gabelstapler) oder Ste- tigförderer (z.B. Förderbänder) sichergestellt. Ein fester Bestandteil vollautomatisierter Int- ralogistiksysteme sind inzwischen auch fahrerlose Transportsysteme (FTS), da sie flexibel und effizient eingesetzt werden können. Intralogistische Systeme gibt es in fast allen Unter- nehmen, anschauliche Beispiele, besonders für die Aufgabe der Warenverteilung, finden sich in Distributionszentren wie See- und Flughäfen.

Fördertechnik als Teildisziplin der Intralogistik

Aufgaben der Intralogistik in einer Betriebseinheit

Quellen: Intralogistik BW, BayernLB Research

18,6 19,5 20,5 20,9 21,0 23,1 24,5 22,2 24,1

-15 -10 -5 0 5 10 15

-20 -10 0 10 20 30

2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020s 2021p

Produktion (lS) Veränderung ggü. Vorjahr (rS)

-9,4%

+8,6%

Intralogistik grenzt sich klar von exter- nen Transportvor- gängen ab

(4)

Aufwärtstrend (noch) intakt

Auftragseingang Fördertechnik, Wertindex (2015=100) ifo-Frühindikatoren Maschinenbau, Saldo aller Meldungen

Quellen: Destatis, ifo-institut, BayernLB Research

Konjunkturelle Aussichten verhalten positiv

Die Aussichten für die Intralogistik und die Fördertechnik im Speziellen sind für 2021 ver- halten positiv und hängen maßgeblich vom weiteren Verlauf des Infektionsgeschehens („Delta-Variante“) sowie der Impfkampagne ab. Für das laufende Jahr erwartet der Fach- verband ein Wachstum des Produktionsvolumens von gut 8½% auf 24,1 Mrd. Euro. Der Auftragseingang in der Fördertechnik weist seit Mitte vergangenen Jahres wieder einen Aufwärtstrend auf (siehe obere Grafik links). Der ifo-Geschäftsklimaindex für den gesamten Maschinenbau hat sich im Juni weiter aufgehellt, sowohl die Geschäftslage als auch die Geschäftserwartungen legten deutlich zu; noch von Dezember bis Februar hatten sich die Geschäftserwartungen lediglich seitwärts bewegt (siehe obere Grafik rechts). Sollte sich der Impffortschritt in Europa nochmals verzögern und erneute Lockdowns notwendig wer- den (wonach es momentan nicht aussieht), dürften die Nachrichten über leere Materialla- ger und Beschaffungsengpässe (weiter) zunehmen. Die Unternehmen klagen zudem über steigende Preise für Zwischenprodukte; in dem momentan angespannten gesamtwirt- schaftlichen Umfeld lassen sich Kostensteigerungen allerdings nur begrenzt an Kunden weitergeben. Ein wesentlicher Wachstumstreiber dürfte in jedem Fall der E-Commerce und die damit verbundene steigende Nachfrage nach Lagerautomatisierung bleiben. Größere Impulse werden auch vom Auslandsgeschäft, insbesondere mit China und den USA erwar- tet. Letztere speisen sich aus dem vom neuen US-Präsidenten aufgelegten und größten Konjunkturprogramm aller Zeiten sowie dem rasanten Impffortschritt.

Exporte in die EU brechen um knapp 18% ein

Das Exportgeschäft deutscher Hersteller von Fördertechnik verbuchte 2020 ebenfalls ein deutliches Minus: Insgesamt ging das Exportvolumen um ca. 15% auf 12,1 Mrd. Euro zu- rück. Die Ausfuhren in die EU, mit einem Anteil von knapp 50% an den Gesamtexporten der wichtigste Absatzmarkt (siehe linke obere Grafik nächste Seite) schrumpften um knapp 18%. Die wichtigsten Märkte innerhalb der EU waren 2020 Frankreich (Anteil: gut 7%), Ita- lien, die Niederlande und Österreich (Anteile jeweils zwischen 4% und 5%; siehe rechte obere Grafik nächste Seite). Im restlichen Europa ist das Vereinigte Königreich der wich- tigste Absatzmarkt; mit einem Rückgang von knapp einem Viertel verliert UK aber immer mehr an Bedeutung als Exportland für die deutsche Fördertechnik. Dies ist neben der Corona-Krise vor allem dem Brexit, der am 1. Januar 2021 endgültig vollzogen wurde, ge- schuldet. Der bedeutendste Einzelmarkt sind die USA, 2020 wurde Fördertechnik im Wert von 1,4 Mrd. Euro dorthin ausgeführt; dies entspricht einem Anteil von knapp 9½% an den

60 80 100 120 140 160

Insgesamt Inland

Ausland Ausland (Euro)

-80 -60 -40 -20 0 20 40 60

80 Geschäftklima

Geschäftslage Geschäftserwartungen

Positive Impulse vom Auslandsge- schäft

Bedeutendster Ein- zelmarkt sind die USA

(5)

Gesamtausfuhren. China rangiert mit 570 Mio. Euro auf Platz 7. Im Vergleich zu den ande- ren Ländern fiel der Rückgang des Exportgeschäfts mit China aber vergleichsweise gering aus (-10%), was der schnellen wirtschaftlichen Erholung der Volksrepublik im Krisenjahr 2020 geschuldet war. Russland, das 2019 nicht in den Top 10 der Exportdestinationen ver- treten war, ist das einzige Land, in das die deutschen Exporte 2020 ausgeweitet werden konnten (+9½%). Innerhalb der Fördertechnik waren die höchsten Rückgänge bei Kranen und Hebezeugen (knapp 20%) zu verzeichnen, gefolgt von Flurförderzeugen sowie Serien- hebezeugen, Hebebühnen und dergleichen (jeweils ca. 18%). Das Exportvolumen von Ste- tig-, Gleis- und Drahtseilförderern ging hingegen „nur“ um 11% zurück.

EU als wichtigster Absatzmarkt von deutscher Fördertechnik

Exporte dt. Fördertechnik nach Regionen, Anteile in % Top-10-Absatzmärkte dt. Fördertechnik-Hersteller (2020)

Quellen: Destatis, BayernLB Research

Deutschland ist Exportweltmeister in puncto Fördertechnik

Die deutsche Fördertechnik ist neben der Antriebstechnik und den Werkzeugmaschinen einer der größten Fachzweige im Maschinenbau. Mit einem Produktionswert von 16,9 Mrd.

Euro im Jahr 2020 betrug sein Anteil am Produktionswert des gesamten Maschinenbaus ca. 8½%. Deutsche Fördertechnik ist weltweit gefragt, was sich nicht zuletzt an der Export- statistik ablesen lässt. Mit einem Anteil an der Weltausfuhr von regelmäßig gut 18% be- legte Deutschland in der Vergangenheit durchweg die Spitzenposition unter den Exporteu- ren von Fördertechnik (siehe Grafiken unten). Wie der Maschinenbau insgesamt, ist auch die Firmenlandschaft der deutschen Fördertechnik von kleinen und mittelständischen Un- ternehmen geprägt: Mehr als zwei Drittel aller Betriebe haben weniger als 100 Beschäftigte Deutschland unter den Spitzenreitern im internationalen Ranking

Exporte Fördertechnik in Mio. EUR: Top-10-Länder (2018) Anteile der Fördertechnik-Exporte an Ausfuhren weltweit

Anmerkungen: CN: VR China, DE: Deutschland, IT: Italien, JP: Japan, US: USA JP: Japan Quellen: VDMA, BayernLB Research

48,1%

15,5%

1,9%

3,3%

13,0%

16,0%

2,4% EU-27

Sonstiges Europa Afrika Lateinamerika Nordamerika Asien Australien- Ozeanien Dt. Exporte

2020:

12,1 Mrd. €

407 419

520 569 580 590 677 685

1.025 1.355

0 500 1.000 1.500

Russland Belgien Polen VR China UK Österreich Niederlande Italien Frankreich USA

2.237 2.247 2.540

3.003 3.262

3.618 5.293

5.694

11.217 13.270

0 5.000 10.000 15.000 UK

Südkorea Kanada Frankreich Niederlande Japan Italien USA VR China

Deutschland Rang 2015 2016 2017 2018

Land DE DE DE DE

%-Anteil 17,9 18,0 18,7 18,5

Land CN CN CN CN

%-Anteil 15,7 16,4 15,1 15,7

Land US US US US

%-Anteil 10,4 8,7 8,1 8,0

Land IT IT IT IT

%-Anteil 6,5 6,8 7,4 7,4

Land JP JP JP JP

%-Anteil 5,8 5,4 5,2 5,1

Rang 4

Rang 5 Rang 1

Rang 2

Rang 3 Starke Abhängig-

keit kleiner Unter- nehmen

(6)

Kleinere Betriebe dominieren die Firmenlandschaft der deutschen Fördertechnik.

Anteile nach Betriebsgrößenklassen, dt. Fördertechnik (2019) Größte Hersteller von Flurförderzeugen weltweit

Anmerkungen: CN: VR China, DE: Deutschland, JP: Japan, SK: Südkorea, US: USA Quellen: Destatis, Statista, BayernLB Research

und gut ein Viertel zwischen 100 und 500 Mitarbeitern (siehe linke Grafik oben). Allerdings realisieren die wenigen großen Unternehmen über 40% des Umsatzes, wohingegen die kleinen Unternehmen gerade einmal auf 17% kommen. Dieses Ungleichgewicht führt zu einer starken Abhängigkeit der Kleinen im Wettbewerb mit den beiden anderen Gruppen sowie gegenüber ihren Kunden und Lieferanten; bei den mittelgroßen Unternehmen ist der Anteil an Betrieben und Umsatz hingegen deutlich ausgewogener. Mit der Kion Group und Jungheinrich befinden sich, gemessen am Umsatz, weltweit zwei der drei größten Unter- nehmen im Bereich Flurförderzeuge in Deutschland (siehe rechte Grafik oben). Ähnlich zu anderen Maschinenbaufachzweigen ist die Volksrepublik China in den vergangenen Jah- ren auch bei der Fördertechnik zu einem ernsthaften Konkurrenten für die traditionell füh- renden Exportnationen geworden. Mit einem Weltanteil von regelmäßig knapp 16% folgt China dicht hinter Deutschland. Bedeutende Unternehmen im Bereich Flurförderzeuge sind hier – gemessen am Umsatz – die Anhui Forklift Truck Group sowie die Hangcha Group.

Mit Anteilen zwischen 5% und 8% an der Weltausfuhr folgen die USA, Italien und Japan.

So befindet sich der größte Hersteller von Flurförderzeugen, Toyota Industries, in Japan.

Digitalisierungsprozess in vollem Gange

Die gesamte Fördertechnik und im weiteren Sinne die Intralogistik steckt mitten im Digitali- sierungsprozess, der durch die Corona-Krise und dem damit verbundenen Schub beim E- Commerce deutlich beschleunigt wird. In der Welt von Industrie 4.0 und „Smart Factories“

spielt die Intralogistik eine zentrale Rolle für die vernetzte Produktion. Hierzu gehören unter anderem immer kürzere Produktentwicklungszyklen sowie die Zunahme von Just-in-time- und Kleinstserienfertigung bis hin zur Losgröße 1. Im Kern geht es darum, sämtliche Intra- logistikvorgänge digital zu steuern, damit sie gleichzeitig flexibler zu handhaben sind und (noch) kosteneffizienter werden. Bereits heute sind Intralogistiksysteme zu einem Großteil automatisiert und können mit anderen Systemen vernetzt werden: Jedes Förderband und jeder (Gabel-)Stapler liefert unzählige Daten, beispielsweise über den Systemzustand oder die Auslastung – und das zunehmend in Echtzeit. Hapern tut es aber oftmals noch an der Kommunikation von Maschinen unterschiedlicher Hersteller sowie an der Auswertung bzw.

Nutzung der gesammelten Daten. Hinzu kommt die oftmals noch viel zu langsame Daten- übertragung. Wie in fast allen anderen Maschinenbaufachzweigen kommen somit der Ana- lyse der immensen Datenmengen (Big Data), der Auswertung über künstliche Intelligenz (KI) sowie der 5G-Technologie zur schnellen Datenübertragung entscheidende Rollen zu.

Zusätzlich ist der ökologische Aspekt, d.h. der Umwelt- bzw. Klimaschutz verstärkt in den 68%

28%

4%

25%

45%

30%

17%

41% 42%

0%

20%

40%

60%

80%

Unter 100 Beschäftigte

100 bis u.

500 Besch.

500 Besch.

u. mehr Betriebe Beschäftigte Umsatz

0,7 1,1 1,2 1,3

2,9 3,3

3,8 4,1

6,4

12,0

0 2 4 6 8 10 12 Clark M. H. (SK)

Doosan Ind. V. (SK) Hangcha Group (CN) Anhui F. T. G. (CN) Hypster-Yale (US) Crown Eq. Corp. (US) Mitsubishi L. (JP) Jungheinrich (DE) Kion Group (DE) Toyota Ind. (JP)

Umsatz in Mrd. Euro

(2019)

Intralogistik spielt für vernetzte Pro- duktion eine zent- rale Rolle

(7)

Vordergrund gerückt. Denn die digitale Transformation bedeutet besser aufeinander abge- stimmte Transportwege, weniger Leerfahrten und eine optimierte Streckenführung. In der Folge sinken sowohl Abgasbelastung als auch Energieverbrauch.

Fahrerlose Transportsysteme und Robotik essenziell für Digitalisierungsprozess Zentrale Rollen beim Digitalisierungsprozess der Intralogistik nehmen zum einen die Robo- tik und zum anderen fahrerlose Transportsysteme (FTS) ein. Letztere sind innerbetriebli- che, flurgebundene Fördersysteme mit automatisch gesteuerten Fahrzeugen, deren pri- märe Aufgabe der Materialtransport ist und die innerhalb von Gebäuden, im Außenbereich sowie in Außenlagern eingesetzt werden können. Der Einsatz von fahrerlosen Transport- systemen ist sowohl in Arbeitsbereichen mit Personenverkehr als auch in vollständig auto- matisierten Arbeitsbereichen möglich, womit sie in ihrer Ausgestaltung enorm flexibel sind.

Das Flurförderzeug kommt bereits seit vielen Jahren in unterschiedlichsten Ausführungen zum Einsatz – beispielsweise als Schlepper, Stapler oder als ganze Montage-Plattform – und war bisher mit unterschiedlichen Antrieben ausgestattet. Aus Umwelt- und Klima- schutzgründen bzw. zum Schutz der Gesundheit der Arbeiter in mäßig belüfteten Lagerhal- len werden für die modernen Systeme, die auf eine direkte menschliche Interaktion ver- zichten, fast ausschließlich Elektroantriebe verwendet. Die Vorteile fahrerloser Transport- systeme liegen auf der Hand: Durch den Abzug des Faktors „Mensch“ wird die Fehlerquote deutlich verringert und die Produktivität gesteigert: Fahrerlose Transportsysteme benötigen keine Pause und können im Idealfall rund um die Uhr eingesetzt werden. Sie können sich zudem problemlos in bestehende Lagerstrukturen integrieren, für den Transport unter- schiedlichster Güter mit verschiedenen Gewichten und Spezifikationen herangezogen wer- den und problemlos an variable Leistungsanforderungen angepasst werden. Ein Nachteil bestehender Systeme ist, dass diese (noch) nicht automatisch auf Betriebsstörungen rea- gieren (z.B. Hindernisse oder Beschädigungen), was wiederum zu erheblichen Zeitverzö- gerungen führen kann und manuelles Eingreifen erforderlich macht. Unter moralischen Ge- sichtspunkten ist auch das „Wegrationalisieren“ von Arbeitskräften problematisch.

Für den Erfolg des Einsatzes fahrerloser Transportsysteme spielen die Navigation, die räumliche Orientierung der Fahrzeuge sowie eine klare Kennzeichnung der Lager ent- scheidende Rollen. Hierfür gibt es unterschiedliche Ansätze: Die einfachste und kosten- günstigste Variante sind magnetische oder induktive Leitlinien im Bodenbereich. Allerdings können diese Systeme nur mit hohem Aufwand repariert oder geändert werden, was die Flexibilität bei Fahrkursänderungen erheblich einschränkt. Eine deutlich höhere Flexibilität bietet die Rasternavigation, bei der anhand von in den Boden eingelassenen Transpondern und Magneten optische Raster für die Flurförderzeuge („diskontinuierliche Leitlinie“) er- zeugt werden. Zwar ist dieses System in der Investition teurer als die reinen Leitlinien, es bietet aber neben der höheren Flexibilität den Vorteil, dass Änderungen und Wartungen während des laufenden Betriebs vorgenommen werden können. Die modernste, aber auch teuerste Form der Navigation bei Indoor-Anwendungen basiert auf Lastertechnik. Hierbei wird das fahrerlose Transportsystem mit Laserscannern ausgestattet, die mithilfe von stati- onären Referenzpunkten in der Lagerhalle eine einfache und sehr exakte Navigation er- laubt. Die Flexibilität ist hier äußerst hoch, Fahrkursänderungen sind einfach und mit gerin- gem Aufwand möglich. Der hohe Kostenaufwand macht den Einsatz von Lasersystemen allerdings überwiegend in großen Lagerhallen bzw. Unternehmen möglich. Für Lagerflä- chen im Freien kommen zudem GPS-basierte Navigationssysteme in Frage, die ähnlich flexibel wie Laser-basierte Systeme sind. Ein anschauliches Beispiel für den Einsatz fah- rerloser Transportsysteme in der Intralogistik bietet Amazon mit seinem Kiva-System. Der weltweit größte Versandhändler übernahm im Jahr 2012 das Unternehmen Kiva Robotics, ein damals bereits führendes Unternehmen für Lagerrobotik, das seither gezielt an Intralo- gistik-Lösungen für Amazon arbeitet. Die Kiva-Flurförderzeuge suchen selbstständig nach Fahrerlose Trans-

portsysteme sind in ihrer Ausgestaltung extrem flexibel

Art Navigation ent- scheidend für Flexi- bilität

(8)

eingelagerten Waren, die nicht an vorher fest definierten Orten gelagert werden, und brin- gen diese zum nächsten verfügbaren Lagermitarbeiter. Nach Angaben von Amazon sind die Lagerroboter im Vergleich zum Menschen bis zu viermal effektiver.

Neben den fahrerlosen Transportsystemen spielt die Robotik bei der Intralogistik eine im- mer bedeutendere Rolle – flexible und individualisierte Lösungen gewinnen zunehmend an Bedeutung. Serviceroboter und kollaborative Roboter, sogenannte Cobots, gehen dem Menschen bei körperlich belastenden oder monotonen Arbeiten zur Hand und unterstützen ihn. Dabei sind der Phantasie keine Grenzen gesetzt: So können auch Serviceroboter oder Cobots sozusagen „Hand in Hand“ mit einem fahrerlosen Transportsystem arbeiten, bei- spielsweise indem sie Waren in Empfang nehmen und in einem Hochregal ein- oder ausla- gern. Ebenso möglich sind integrierte Systeme: Ist das fahrerlose Flurfördergerät gar mit einem Manipulator – z.B. einem Roboterarm, der bestimmte Tätigkeiten ausführen kann – sowie mit entsprechenden Sensorik- und Kamerasystemen ausgestattet, kann die kombi- nierte Einheit an der angesteuerten Position nicht nur Objekte (ab-)laden, sondern zusätzli- che Arbeitsschritte, wie etwa Mess-, Prüf- und Sortieraufgaben oder das Labeln von Waren oder Paketen, ausführen.

Elektrisch betriebene Flurförderzeuge in Europa klar vorn

Auftragseingänge von Flurförderzeugen nach Antriebsart und Regionen (2020), Anteile in %

Anmerkungen: E-Stapler mit Fahrerkabine umfassen sowohl (Gabel-)Stapler mit und ohne Gegengewicht; Beispiele für E-Stapler ohne Fahrerkabine: Hand-, Hoch- oder Gabelhubwagen Quellen: WITS/FEM, BayernLB Research

In puncto Nachhaltigkeit gewinnen bei der Fördertechnik alternative Antriebslösungen zu- nehmend an Bedeutung. Immer mehr Unternehmen entscheiden sich, Flurförderzeuge (z.B. Gabelstapler) mit Verbrennungsmotor durch elektrische zu ersetzen. Zu den Um- stiegskriterien zählen neben der Emissionsfreiheit niedrigere Betriebskosten sowie die Re- duzierung von Geräusch- und Vibrationsgrenzwerten im Vergleich zu Flurförderzeugen mit Verbrennungsmotor, was zu einer deutlichen Verbesserung der Sicherheit und des Wohl- befindens der Bediener beiträgt. Integrierte Lithium-Ionen-Batterien gehören zu den belieb- testen Antriebslösungen, da diese nicht mehr ersetzt oder gewechselt werden müssen. So können Kunden den Einsatz ihrer Flurförderzeuge im Mehrschichtbetrieb optimieren. Mit über 85% war der Anteil an Bestellungen für elektrisch betriebene Flurförderzeuge im Jahr 2020 in Europa am höchsten, darauf folgte der amerikanische Kontinent mit einem Anteil von ca. zwei Dritteln (siehe Grafik oben). In Asien hielten sich hingegen die Bestellungen für Flurförderzeuge mit Verbrennungsmotoren und elektrischem Antrieb genau die Waage.

26% 30%

18% 20% 26% 23%

61%

37%

32% 23%

30% 41%

13%

32%

50% 58% 43% 36%

0%

20%

40%

60%

80%

100%

Europa Amerika Asien Afrika Ozeanien Welt

E-Stapler mit Fahrerkabine E-Stapler ohne Fahrerkabine Stapler mit Verbrennungsmotor Hoher Stellenwert

von Servicerobo- tern und Cobots

Trend zu elektrisch betriebenen Flurför- derzeugen

(9)

Herausforderungen bleiben groß

Das Thema Industrie 4.0 ist in der Intralogistik bzw. der Fördertechnik mittlerweile auf na- hezu allen Ebenen angekommen. Äquivalent zum gesamten Maschinenbau befindet sich die Intralogistik in einem fundamentalen Wandel, sie muss hochgradig automatisiert ablau- fen und gleichzeitig dem Gedanken der Nachhaltigkeit Rechnung tragen. Die Corona-Krise hat diesen Wandel zweifelsohne beschleunigt. Ein Hauptproblemfeld bei der Umsetzung smarter Logistikkonzepte besteht nach wie vor im Bereich der Schnittstellen. Noch ist es schwer möglich, ältere Anlagen mit der „neuen“ Technologie zu verknüpfen; unterschiedli- che Programmiersprachen verschiedener Elemente der Fördertechnik machen eine Ver- netzung kompliziert und teilweise unmöglich. Aber auch hier gibt es Fortschritte: So hat beispielsweise der VDMA Fördertechnik und Intralogistik Mitte 2017 gemeinsam mit dem Verband der Automobilindustrie (VDA) ein Projekt ins Leben gerufen, das sich der Entwick- lung einer neuen Schnittstelle, mit der fahrerlose Transportsysteme und Steuerungssoft- ware herstellerunabhängig miteinander kommunizieren können, verschrieben hat. Ein ers- ter Entwurf wurde im Herbst 2019 vorgelegt, eine erste Version folgte im Sommer

vergangenen Jahres. Im Frühjahr 2021 wurde schließlich der erste Praxistest der Schnitt- stelle erfolgreich absolviert.

alexander.kalb@bayernlb.de

(10)

Ihre Ansprechpartner in der BayernLB

Dr. Jürgen Michels, Chefvolkswirt und Leiter Research, -21750 Anna Maria Frank, -21751; Sekretariat

Ingo Bothner, -21787; Medienfachwirt, Business Management Christoph Gmeinwieser, -27053; CIIA, Business Management Dr. Ulrich Horstmann, -21873; CEFA, Business Management Hans-Peter Reichhuber, -21780; Business Management

Länderrisiko- und Branchenanalyse Investment Research

Hubert Siply, -21307 Emanuel Teuber, -27070

Manuel Schimm, - 26845 Green Finance, Covered Bonds, Banken

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Gebhard Stadler, CFA, -28891 USA, Fed, UK, Schweiz, FX, Gold Euro-Raum, DE, EZB, Nord/Osteuropa Wolfgang Kiener, -27058

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USA, Fed, Kanada, GUS Manfred Bucher, CFA, -21713

Verena Strobel, -21320 Zins- & Aktienstrategie, Asset Allokation Südeuropa, Naher und Mittlerer Osten, Afrika Dieter Münchow, -23384

Dr. Alexander Kalb, -22858 Value Investing & Behavioral Finance Maschinen-/Anlagenbau, Westeuropa, Südamerika Alfred Anner, CEFA, -27072

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Bau und Grundstoffe Matthias Gmeinwieser, CIIA, -26323

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Technologie Christian Strätz, CEFA, CIIA, -27068

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Diese Publikation ist lediglich eine unverbindliche Stellungnahme zu den Marktverhältnissen und den ange- sprochenen Anlageinstrumenten zum Zeitpunkt der Herausgabe der vorliegenden Information am

26.07.2021. Die vorliegende Publikation beruht unserer Auffassung nach auf als zuverlässig und genau geltenden allgemein zugänglichen Quellen, ohne dass wir jedoch eine Gewähr für die Vollständigkeit und Richtigkeit der herangezogenen Quellen übernehmen können. Dieser Research-Bericht ist eine rein ökonomische Analyse, und kein Teil davon ist als Wertpapieranalyse oder Empfehlung zu verste- hen. Insbesondere sind die dieser Publikation zugrunde liegenden Informationen weder auf ihre Richtigkeit noch auf ihre Vollständigkeit (und Aktualität) überprüft worden. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Voll- ständigkeit können wir daher nicht übernehmen. Die vorliegende Veröffentlichung dient ferner lediglich ei- ner allgemeinen Information und ersetzt keinesfalls die persönliche anleger- und objektgerechte Beratung.

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Impressum

Megatrend Digitalisierung abgeschlossen am: 26. Juli 2021 BayernLB Research

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