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Editorial. Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen Sehr geehrte Damen und Herren

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sQmh/GQMG/ASQS-MAGAZIN Ausgabe 4–2021

Editorial

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen Sehr geehrte Damen und Herren

In eigener Sache – Ich durfte das sQmh-MAGAZIN vor vielen Jahren mit „aus der Wiege heben“ und bis

zu dieser Ausgabe als Hauptverantwortlicher für das Magazin des Vorstandes mit grosser Genugtuung be- gleiten. Das bedeutet, das dies „meine“ letzte Ausgabe sein wird und ich die Geschehnisse des Magazins, wie auch meine Vorstandstätigkeit per Ende dieses Jahrs in neue kompetente Hände übergeben werde. Die Arbeit hat mir viel Freude bereitet und ich möchte ihnen diese Freude weitergeben und Sie als Leserinnen und Leser ermuntern das Magazin weiterhin aufmerksam zu lesen und aktiv mitzugestalten!

Nun wie gewohnt einige Dinge zum vorliegenden Magazin-Inhalt: Die Kosten im Gesundheitswesen

gelten in vielen Ländern als grosses Problem. Dabei geht es sowohl um die Kosten für das Individuum als auch für die Gesellschaften insgesamt. Gleichzeitig müssen Krisen wie die Corona-Pandemie, die enorme Arbeitsbelastung der Beschäftigten und der chronische Personalmangel bewältigt werden. Als ein Mittel zur Begrenzung der Gesundheitskosten wird die Verlagerung bestimmter Leistungen vom stationären in den ambulanten Sektor gesehen. Dies ist eine generelle Überlegung, die aber von Land zu Land auf höchst unterschiedliche Versorgungs- und Vergütungsstrukturen trifft. In der Titelstory geht es daher um einige Grundfragen von ‹Ambulant vor Stationär› und um Beispiele aus der Schweiz, Deutschland, den Nieder- landen, Italien und Frankreich.

In der Rubrik ‹Mitteilungen der Fachgesellschaften› ist diesmal ein ausführlicher Bericht der sQmh-Veran- staltung, der Lesung von Gerd Gigerenzer, Autor des Buches «Klick», am 28. September 2021 in der histori- schen Aula des Schulhauses Hirschengraben in Zürich.

Themen der ‹Fundsachen›:

Aktueller Stand der Forschung an Medikamenten gegen Covid-19

Das ‘Aus’ für den elektronischen Impfausweis in der Schweiz

Kampf der Wissenschaft um die eigene Glaubwürdigkeit

Die Rezensionen im MAGAZIN umfassen wie immer ein breites Themenspektrum. Besprochen und analy- siert werden Originalarbeiten über Studien aus internationalen Fachzeitschriften des Gesundheitswesens.

In dieser Ausgabe sind Rezensionen zu folgenden Studienthemen enthalten:

Entwicklung einer Systematik von Audit-Verfahren im Krankenhaus

Bewertung der Inhalte und Methoden von öffentlich geförderten Qualitätsinitiativen durch Mana- ger und Mitarbeitende

Simulationsstudie zum Einsatz von Checklisten im Notfall

Selbstauskunft-Fragebögen bei Spitaleintritt über den Notfall

Beobachtungsstudie zum Patienten-Pflegekraftverhältnis in US-Kliniken

Eine anregende Lektüre wünscht Ihnen

(in der Funktion als Verantwortlicher für das sQmh-MAGAZIN zum letzten Mal)

Ivo Betschart

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Inhalt

Titelstory

Ambulant vor Stationär

5

Aspekte von Effizienz und Qualität

Mitteilungen der Fachgesellschaften

Rückschau auf die Veranstaltung der sQmh

am 28. September 2021 in Zürich

12

Lesung von Gerd Gigerenzer aus seinem neuen „Buch „Klick“

Fundsachen aus aller Welt

Zum Stand der Forschung an Medikamenten gegen COVID-19

15

Das Aus für den elektronischen Impfausweis

16

Wie konnte es dazu kommen?

Wissenschaft will verlorenes Vertrauen wiedergewinnen

17

Rezensionen

Understanding how and why audits work in improving the quality of hospital

care: A systematic realist review

19

NL: Literaturstudie (85 Studien involviert) zur Frage: Welche Audits tragen zur Qualitäts- verbesserung im Krankenhaus bei? Entwicklung einer Audit-Systematik.

A decade of commitment to hospital quality of care: overview of and percepti- ons on multicomponent quality improvement policies involving accreditation, public reporting, inspection and pay-for-performance

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Belgien: Multimethoden-Studie zu öffentlich geförderten Qualitäts-Initiativen, zu ihren Inhalten und zur Nachhaltigkeit. Auswertung von Akkreditierungen, Online-Survey unter Krankenhaus-Managern, plus Befragung von Krankenhaus-Mitarbeitenden.

Medical crisis checklists in the emergency department: a simulation based multi-institutional randomised controlled trial

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Schweden: Simulationsstudie zum Einsatz von Checklisten bei acht typischen Krisen im Notfall. (138 TN in 41 Notfallteams mit 76 Simulationen; 38 mit und 38 ohne Checklisten).

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Express check-in: developing a personal health record for patients admitted to hos- pital with medical emergencies: a mixed-method feasibility study

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UK: Prospektive iterative Studie zu Entwicklung und Einsatz persönlicher Selbstauskunfts-Frage- bögen durch Patienten bei Spitaleintritt über den Notfall (100 TN in einem Lehrkrankenhaus). So sollte ein «Express-Check-In» besser gelingen.

Chronic hospital nurse understaffing meets COVID-19: an observational study

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USA: Analyse der personellen Ausstattung in Kliniken (in New York und Illinois) im Verhältnis zum Behandlungsergebnis. Nur ein US-Staat legt Standards für das Verhältnis von Patienten zu Pflegepersonal fest. Burnout und Überarbeitung schon vor der COVID-19 Pandemie.

Telehealth to support referral management in a universal health system: a before-

and-after study

29

Brasilien: Vorher-Nachher-Studie zur Frage, welche Auswirkungen die Implementierung zentra- lisierter Telemedizin beim sektorübergreifenden Patientenmanagement (Wartelisten und Warte- zeiten) innerhalb des nationalen Gesundheitssystems hatte.

Impressum und Kontakt

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Inhalt

sQmh/GQMG/ASQS-MAGAZIN Ausgabe 4–2021

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Bild: © Alexius-Kommunikation

Die Versorgung der Bevölkerung mit Gesundheitsdienstleistungen gehört in vielen Staaten zu einer gesetzlich garantierten Grundver- sorgung. Gesundheitsdienstleis-

tungen sollen für alle Bevölke- rungskreise zugänglich sein, sich auf das medizinisch Notwendige ausrichten und dabei bestimm- ten Wirtschaftlichkeitskriterien entsprechen. Vergütungsrege-

lungen sollen die Gesundheits- versorgung sicherstellen und die Dienstleistungen sowohl für Leis- tungserbringer und Leistungsbe- zieher wirtschaftlich tragbar ma- chen. Dabei gibt es von Land zu

Land grosse Unterschiede. Diese

Unterschiede können die recht- liche und vertragliche Stellung von Ärztinnen und Ärzten, die Vergütung anhand von Leistungs- katalogen, Pauschalen oder Ein- zelvergütungen, eventuell vorhan- dene Mengenbegrenzungen oder Globalbudgets oderspezielle Ver- gütungsregelungen für bestimmte Versorgungsziele betreffen.

Die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung wird in verschiede- nen Sektoren erbracht. Die sekto-

rale Gliederung von Gesundheits- leistungen dient vor allem der Kostentransparenz. Traditionell

wird das Gesundheitswesen in die Sektoren Gesundheitsschutz (mit den für die Gesundheitsversor- gung zuständigen Ämtern etc.),

ambulante Gesundheitsversor-

gung (Arztpraxen, nichtärztliche

medizinische Dienstleister, Apo- theken, ambulante Pflege etc.),

stationäre und teilstationäre Ver- sorgung (Krankenhäuser, Rehabi-

litation etc.), Krankentransporte/

Rettungsdienste, Verwaltung, sonstige Einrichtungen und Ein- richtungen im Ausland unterteilt.

Die strikte Trennung in diese Sektoren wird immer wieder kri- tisiert, weil sie an institutionellen bzw. wirtschaftlichen Kriterien ausgerichtet ist und nicht immer der bestmöglichen Patientenver- sorgung dient. Eine umfassende

Patientenorientierung müsste sektorenübergreifend über den gesamten Behandlungspfad unter qualitativen Gesichtspunkten erfolgen. Schwierig wäre dabei die Frage der Kostenzuordnung zu den einzelnen Leistungser- bringern. Für eine echte sekto-

renübergreifende Versorgung werden von Verbänden, Inte- ressensgruppen oder Parteien immer wieder neue Modelle prä- sentiert.

Die medizinische Leistung soll im Gesundheitswesen bestenfalls dort erfolgen, wo sie am günstigs- ten erbracht werden kann. Doch einerseits ist der Vergleich der medizinischen Leistungen hin- sichtlich Wirksamkeit, Qualität und Kosten generell schwierig.

Andererseits bieten die Gesund- heitssysteme mit ihren Vergü- tungsrichtlinien kaum die richti-

gen Anreize für eine am Patienten orientierte optimale und kosten- günstige Versorgung.

Den grössten Anteil an den Ge- sundheitsausgaben haben meist die stationären Einrichtungen.

Daher erscheint es aus Kosten- sicht folgerichtig, Leistungen vom stationären in den ambulanten Bereich zu verlagern. Die Erwar- tungen an mögliche Kostendämp- fungseffekte sind teilweise hoch, werden von Fachleuten aber auch in Frage gestellt.

Aktuelle Entwicklungen in der Schweiz

Die stetig steigenden Kosten im Ge- sundheitswesen belasten die Ver- sicherten in der obligatorischen Krankenversicherung, die Zusatz- versicherten, die Krankenkassen, die Kantone und privaten Träger von Krankenhäusern und Privatkli- niken. Die Kritik an den steigenden Kosten reisst nicht ab. Die jährlich

Ambulant vor Stationär

Aspekte von Effizienz und Qualität

Titelstory

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steigenden Krankenkassenprämien führen zu Unmut. Viele Versicher- te sind auf kantonale Prämienre- duktion angewiesen, weil sie sich die hohen Prämien kaum leisten können. Dies betrifft aufgrund der zu zahlenden Kopfpauschalen vor allem Familien mit mehreren Kin- dern. Nach Abzug der von den Ver- sicherten zu zahlenden Kosten tra- gen die Kantone derzeit 55 Prozent der Kosten, die in der stationären Versorgung von Versicherten anfal- len. Die restlichen 45 Prozent zah- len die Krankenversicherungen. Die Kosten der ambulanten Versorgung werden dagegen von den Kranken- versicherungen getragen. So ist es wenig verwunderlich, dass den Kantonen an einer Verlagerung der medizinischen Leistungen von sta- tionär zu ambulant gelegen ist.

Seit Januar 2019 werden folgen- de sechs Gruppen von elektiven, nicht dringlichen Eingriffen nur noch bei ambulanter Durchfüh- rung von der obligatorischen Krankenversicherung erstattet:

• Krampfaderoperationen der Beine

• Eingriffe an Hämorrhoiden

• Einseitige Leistenhernienope- rationen

• Untersuchungen/Eingriffe am Gebärmutterhals oder an der Gebärmutter

• Kniearthroskopien inkl. arthro- skopische Eingriffe am Menis- kus

• Eingriffe an Tonsillen und Ade- noiden

Seit Januar 2020 gelten in zwölf Schweizer Kantonen zusätzliche

Listen mit ambulant zu erbringen- den Leistungen. Diese Listen sind untereinander nicht deckungs- gleich. Vorreiter war der Konton Lu- zern, der folgende Leistungen/Ope- rationen über die Schweizweiten Regelungen hinaus als ambulant durchzuführend festgelegt hat:

• Katarakt

• kleine Eingriffe an der Hand (z.B. Karpaltunnel)

• Fusschirurgie (exkl. Hallus val- gus)

• Osteosynsthesematerialentfer- nungen

• Kardiologische Untersuchungs- verfahren (PTCA)

• Herzschrittmacher inkl. Wech- sel

• Perkutane transluminale An- gioplastik (PTA)

• Extrakorporelle Stosswellenlit- hotripsie (ESWL)

Zukunftsszenarien sehen aller- dings viel mehr Möglichkeiten am- bulant zu erbringender Leistungen im Gesundheitswesen. Wesentli- cher Motor dieser Entwicklung ist dabei in erster Linie die Kosten- dämpfung im Gesundheitswesen.

Ein Monitoring soll sicherstellen, dass sich tatsächlich kostendämp- fende Effekte der Verschiebung von stationär zu ambulant ergeben. Da- bei soll auch die Qualität der medi- zinischen Versorgung kontrolliert werden.

Die Schweizerische Vereinigung der Ärztinnen und Ärzte, FMH nimmt zu ambulant vor stationär Stellung:

«Es ist wichtig, die Verschiebungs- prozesse von stationären zu am- bulanten Ein griffen künftig auch anhand routinemässig erhobener Administrativdaten über mehrere

Jahre hinweg zu verfolgen. Ebenso ist es zentral, mittels solcher Daten zu überprüfen, welchen Effekt die Einführung der Listen auf die Kom- plikationsrate hat. Nur wenn diese mit der vermehrten Verschiebung von stationär nach ambulant nicht ansteigt, ist die Massnahme auch im Hinblick auf die Patientensicherheit zielführend.»

(Schweizerische Ärztezeitung 2020;101(36):S. 1063)

Die aktuelle Situation in Deutschland

Die Vergütung ambulant erbrachter Leistungen ist im deutschen Ge- sundheitswesen fragmentiert. Am- bulante Leistungen, die privat Versicherten oder Selbstzahlern in Rechnung gestellt werden, bringen wesentlich höhere Er- träge als dies bei den gesetzlich Versicherten der Fall ist. Zudem werden gleiche Leistungen je nach Sektor (im Krankenhaus oder beim niedergelassenen Arzt erbracht) unterschiedlich vergütet. Die Be- darfsplanung der medizinischen Versorgung basiert allein auf er- mächtigte Krankenhausärzte, die privatärztlichen Praxen werden dabei nicht berücksichtigt. Ein neu zu gestaltendes Vergütungssystem

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Titelstory

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müsse gleiche Vergütung für medi- zinische Leistungen und Leistungs- erbringer unabhängig vom jeweili- gen Sektor vorsehen.

Eine sektorenübergreifende Qua- litätssicherung wurde bereits 2012 beschlossen und 2019 in die Richtlinie zur datengestütz- ten einrichtungsübergreifenden Qualitätssicherung (DeQS-RL) überführt. Sektorenübergreifen- de Qualitätskriterien könnten zu- künftig Voraussetzung für die Ab- rechnung ambulant zu erbringende Leistungen sein.

«Denkbar sind z. B. einzeln oder in Kombination

• die Bindung an das Vorliegen einer persönlichen Weiterbil- dungsbefugnis im Fachgebiet des Arztes

• der Nachweis von Mindestmen- gen bei nachweisbarer Evidenz- basierung

• die Anbindung an spezialisierte Netzwerke, Zentren, Mindest- kooperationen etc.

(…) Sowohl zur Garantie eines fai- ren Wettbewerbs als auch im Sinne der Transparenz für die Patienten sind einheitliche Qualitätsanforde- rungen über die Sektoren der Leis- tungserbringer hinaus unabding-

bar.»

(Berteslmann Stifung, Vergütung am- bulanter und ambulant derbringbarer Leistungen, 2019, S. 67)

Exkurs:

Internationaler Vergleich Ambulant vor Stationär

Länder: Schweiz, Niederlande, Frankreich, Italien. Interessant kann der internationale Vergleich von stationären und ambulanten Sektoren sein. Zwischen den natio- nalen Gesundheitssystemen gibt es viele Gemeinsamkeiten aber auch strukturelle Unterschiede. In die- sem Exkurs stehen Aspekte der historischen Entwicklung, der kom- plexen Vertragsstrukturen und der Bemühungen um Qualitätskontrol- le und Wirtschaftlichkeit im Mittel- punkt.

Schweiz: Gesundheitskosten CHF 80‘499 Mio. im Jahr 2016, davon CHF 21‘422 Mio (27%) für am- bulante Leistungen. Im Jahr 2017 waren in der Schweiz 18‘858 Ärzte im ambulanten Bereich tätig, diese Zahl hat sich in den letzten 30 Jahren verdoppelt. Es besteht eine Pflicht zur Krankenversicherung in der Schweiz für alle dort Wohnenden.

Versicherte zahlen eine einkom- mensunabhängige «Kopf»-Prämie.

Zur Finanzierung der Krankenver- sicherungsleistungen kommen im Wesentlichen noch ein Selbstbehalt der Versicherten sowie Gelder des Bundes und der Kantone (z.B. in Form von Prämienverbilligungen).

Im Dezember 2015 wurden DRG

für die Abrechnung stationärer Kosten eingeführt. Die Kranken- versicherungen übernehmen nur Kosten, die wirksam, zweckmässig und wirtschaftlich sind. Spitalärz- te können ambulante Leistungen anbieten und mit den Kosten- trägern abrechnen. Die für den ambulanten Bereich gültige Ta- rifstruktur TARMED enthält etwa 4‘500 Leistungspositionen. Darin sollten alle Arztleistungen aufge- listet sein. Es besteht kein Rechts- anspruch seitens der Ärzteschaft auf ein standesgemässes Mindest- einkommen. Ärzte müssen als freie Unternehmer selbst durch Effizienz und Auslastung im Rahmen der bestehenden Gesetze und Rege- lungen für ein Einkommen sorgen, dass ihren Lebensunterhalt sichert.

Der Bund ist verantwortlich für die Qualitätssicherung, die Stif- tung Patientensicherheit führt die entsprechenden Programme durch. Im Fokus der Patienten- sicherheit stehen die notwendi- gen Qualifikationen der Ärztinnen und Ärzte. Die ärztlichen Fachge- sellschaften geben Empfehlungen und Standards vor. Der ambulante TARMED-Tarif gilt als veraltet, aber über neue Strukturen sind sich die Parteien und Fachgremien uneinig.

Ambulante Leistungen werden ent- weder zu hoch oder viel zu niedrig abgegolten. «Doch was das richtige Preismodell ist, daran scheiden sich die Geister im Gesundheitswesen.

Retrospektives oder prospektives System? Kostenverantwortung für die Leistungserbringer oder die Versicherer? Auch Gesundheitsöko- nomen sind sich da nicht einig, was oder welche Mischung besser wäre

Titelstory

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– oder was für Anreize wie über- wiegen sollten.» (www.medinside.

ch; 09.07.2021)

Das neue Tarifmodell sollte der TARDOC werden, der mit einem stark überarbeiteten Einzelleis- tungstarif sogar Kostenneutrali- tät durch eine Minderung aller abrechenbaren Positionen um 14 Prozent in den ersten zwei Jah- ren sichern soll. Die Reduktion des Leistungskatalogs von 4‘500 auf 2‘700 Tarifziffern soll mehr Über- sichtlichkeit schaffen. Bisher schei- terte TARDOC jedoch am Bundes- rat, dem Spitalverband H+ und dem Krankenkassenverband Santésu- isse. Gesundheitsminister Alain Berset hat den Tarifparteien bis Ende 2021 Zeit gegeben, den ein- gereichten Tarif nachzubessern.

Niederlande: Auch in den Nie- derlanden besteht eine Versiche- rungspflicht für die Kranken- versicherung. Alle volljährigen Versicherten bezahlen eine nomi- nale Prämie plus einen Selbst- behalt. Für Einkommensschwache gibt es Unterstützung für die Prä- mien. Arbeitgeber zahlen zudem einkommensabhängige Beiträge in einen Gesundheitsfonds (v.a. für die Versorgung von Minderjährigen).

Die Verträge zwischen Versicherun- gen und Versicherten basiert auf dem Vertragsrecht. Die Versicherer sind zur Aufnahme von Versicher- ten verpflichtet, zur Minderung von Risiken gibt es ein Risikoaus- gleichsystem. Eine unabhängige staatliche Institution (Nederlandse Zorgautoriteit – NZa) ist für die Auf-

sicht des Krankenversicherungs- systems zuständig. Dem Staat ob- liegt die Verantwortung für das gesamte Gesundheitssystem und die Qualitätsanforderun- gen. Versicherte habe Anspruch auf Gesundheitsleistungen aus einem Basispaket, das ambulante ärztliche Versorgung, Arzneimit- tel, Medizinprodukte, Heilmittel, stationäre Behandlung, Pflegeleis- tungen sowie Krankentransport umfasst. Leistungen können ab- gelehnt werden, denn es gilt, dass die Versicherten Leistungen erhal- ten sollen, die wirksam, notwendig und wirtschaftlich sind. Private Zusatzversorgung spielt nur eine untergeordnete Rolle (ca. 4,4%

der Gesamtausgaben) und betrifft überwiegend die zahnärztliche Versorgung. Zur Begrenzung von Ausgaben wurden seit 2012 mehr- jährige Rahmenvereinbarungen zwischen dem Ministerium und den Verbänden der Leistungserbringer geschlossen. So wurden jüngst etwa mehr Gelder in die haus- ärztliche Versorgung geschoben. Im Jahr 2005 wurden Fallpauscha- len (Diagnose Behandeling Combi- natie – DBC) für die stationäre Be- handlung eingeführt, die für mehr Kostentransparenz und Steuerung der Behandlungskosten sorgen soll- ten. In dem Tarifsystem können mit einer DBC allerdings auch Facharztkosten für die Nachsor- ge enthalten sein (oft in Form von Kooperationsvereinbarun- gen). Trotz mancher politischen Vorstösse, die Fachärzte stärker zu reglementieren, blieb der Konsens bestehen, dass staatliche Eingriffe in die Selbständigkeit und die Ein-

kommenshöhe der Fachärzte nicht gewollt und nicht durchsetzbar sind. 2015 wurde ein gemeinsames Vergütungsmodell für die medizi- nische Versorgung geschaffen, wo- mit der Leistungskatalog neu ge- fasst und mit Höchstpreisten für einzelne Leistungen in Euro ver- sehen wurde. Seither gibt es eine einheitliche Vergütung von me- dizinischen Leistungen für Kran- kenhäuser und Fachärzte. Laut Amt für Statistik waren 2017 in den Niederlanden 15‘600 Fachärz- te tätig, davon 8‘800 als Angestell- te, das Durchschnittseinkommen lag bei 181‘000 € für Selbständige und 167‘000 € für Angestellte. Der- zeit gibt es trotz genereller Bestre- bungen zur Kostenreduktionwenig kaum Reformbemühungen, da die letzten Reformen im niederländi- schen Gesundheitswesen nicht all- zu lange zurückliegen.

Frankreich: Die Grundversorgung basiert in Frankreich auf Sozial- versicherungen, die nach Perso- nengruppen differenziert ist (z.

B. Angestellte, landwirtschaftlich Tätige, Selbständige). Seit 2016 besteht mit dem PUMA (protec- tion universelle maladie) ein um- fassender staatlicher Schutz im

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Titelstory

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Krankheitsfall. Es gibt eine Natio- nale Krankenkasse und etwas über 100 Primärkrankenkassen (dies entspricht räumlich nahezu den französischen Departementen) so- wie diverse Zusatzversicherer. Die Zusatzversicherungen dienen in erster Linie nicht der Vergütung zusätzlicher Leistungen, sondern der Erstattung der Eigenbeteili- gung der Versicherten, die einen erheblichen Teil der Kosten aus- machen. Die Arbeitgeber müssen Ihren Angestellten einen solchen Vertrag anbieten und sich an den Prämien beteiligen. Im allgemeinen Krankenversicherungssystem sind im Wesentlichen die betrieblich Be- schäftigen, Selbständige, Bezieher von Sozialleistungen und ihre Fa- milienangehörigen versichert (das waren im Jahr 2017 mehr als 92%

der Bevölkerung).

Grundsätzlich kann die ärztliche Tätigkeit selbständig, angestellt in Praxen oder angestellt in Kranken- häusern erfolgen. Ärztinnen und Ärzte sind in Listen der Departe- mente nach ihren Fachrichtungen sortiert eingetragen. Kranken- hausärzte können sich in be- grenztem zeitlichen Umfang auch an der ambulanten Versorgung beteiligen. Viele Ärztinnen und Ärzte arbeiten in Kooperationen verschiedener Rechtsformen (da- runter sind öffentliche Dienstzen- tren, interdisziplinäre Häuser der Gesundheit oder Gesundheitszen- tren). Durch gesetzliche Regelun- gen aus den Jahren 2014 und 2019 wurde die rechtliche Stellung der Gesundheitszentren gestärkt, sie

gehören grundsätzlich dem Kran- kenhaussektor an, können selbstän- dig betrieben werden und es gelten einheitliche Vergütungsregeln. Der Schutz der Krankenversiche- rung umfasst die Kosten stationärer Behandlung, Transportkosten, prä- ventive Massnahmen, allgemein- und fachärztliche Behandlung, Zahnpflege und Zahnersatz, Kos- ten für Medikamente und Heilmit- tel und Rehabilitation. Vergütba- re Leistungen müssen auf einer Positivliste eingetragen sein, die von Fachkommissionen unter- schiedlicher Bereiche (auch un- ter Einbeziehung von Leistungs- erbringern) festgelegt werden.

Zur Kostendämpfung sind seit 2004 alle über 16-Jährigen verpflichtet, einen Arzt als «Gatekeeper» zu wählen. Dieser erste Ansprech- partner kann sowohl ein Hausarzt als auch ein Facharzt sein; werden Behandlungen ohne Konsultation des Gatekeepers in Anspruch ge- nommen, reduziert sich die Kosten- erstattung durch die Krankenkasse von 70% auf 30%. Patienten müs- sen einen festen Betrag (derzeit 1

€) für ambulante und stationäre Behandlung als Eigenanteil bezah- len sowie einen prozentuellen va- riablen Anteil an der Behandlung.

Die Vergütung beruht wesentlich auf Eizellleistungen der Leistungs- erbringer, Festbeträge und leis- tungsbezogene Bestandteile spie- len nur eine untergeordnete Rolle.

Zur besseren Steuerung und für mehr Leistungsgerechtigkeit gibt es Festbeträge für die Beratung in der Praxis (23 €), kleine Zuschläge gibt es für Kinder- und Hausärzte sowie für die Patientenkoordination als

betreuender Arzt. Darüber hinaus gibt es Ansätze für die Vergütung der ärztlichen Tätigkeit in Form von monatlichen Festbeträgen auf frei- williger Basis.

Reformbemühungen sind insbe- sondere auf die Kostendämpfung im gesamten Gesundheitssystem ausgerichtet, doch deren Umset- zung zieht sich hin. Es gibt weder eine Mengenbegrenzung noch eine strenge Reglementierung für die Aufnahme neuer Leis- tungen in den Leistungskatalog.

Qualitätssicherung erfolgt in erster Linie durch die Honorierung von Struktur- und Prozessfaktoren (z.

B. Zuschläge zu den Pauschalen für Hausärzte), nicht anhand von Be- handlungsergebnissen. Weitere Zu- schläge gibt es z. B. für die Moderni- sierung von Praxen oder für längere Praxisöffnungszeiten und für Ärzte in unterversorgten Regionen.

Italien: Seit der Verfassungsreform von 2001 ist der Staat verantwort- lich für den nationalen Gesund- heitsdienst (Servizio Sanitario Nezionale – SSN), das Gesundheits- ministerium muss die Dienste koor- dinieren und die Regionen sind für die Umsetzung zuständig. Dadurch gibt es grosse regionale Unterschie- de der medizinischen Versorgung in

Titelstory

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Italien. Der SSN soll den allgemei- nen Zugang zur medizinischen Versorgung der gesamten Bevöl- kerung mit Wohnsitz in Italien ohne Rücksicht auf individuelle oder soziale Umstände sicher- stellen. In den Regionen haben sich lokale Gesundheitsagenturen (Aziende sanitarie locali – ASL) ge- bildet (Stand 2018: 101 ASL). Der SSN wird aus staatlichen Steuern finanziert, jährlich wird die Höhe des nationalen Gesundheits- fonds im Parlament beschlossen (z. B. im Jahr 2018 in Höhe von 112 Mrd. €). Dieser Fonds wird dann auf die Regionen und autonomen Provinzen aufgeteilt. Ein nationaler Gesundheitsplan (Piano sanitario nazionale) bestimmt die im gesam- ten Staatsgebiet zu erbringenden Leistungsebenen; die Regionen können zusätzliche Leistungen vorsehen. Zu garantieren sind: kol- lektive Prävention und öffentliche Gesundheit, Bezirksleistungen (vor allem ambulante haus- und fach- ärztliche Versorgung, Rettungs- dienste, Pharmazie, ambulante Pflege) sowie Krankenhausleistun- gen. Krankenhausärzte können je nach Vertrag mit dem SSN auch am- bulante Leistungen erbringen. Jede

Person mit Wohnsitz in Italien hat einen Hausarzt, der bei Be- darf Überweisung zu Fachärzten vornimmt. Abweichungen hiervon werden nicht vergütet. Ärzte arbei- ten als sogenannte Vertragsärzte, deren Dienstleistungen und Vergü- tungen in einem nationalen Kollek- tivvertrag geregelt sind. Haus- und Kinderärzte sollen maximal 1‘500 erwachsene Patienten bzw. 800 Kinder behandeln. Der Bedarf an ärztlichem Personal (nur bezo- gen auf die Aus- und Weiterbil- dung), berechnet nach Regionen, wird jährlich durch das Gesund- heitsministerium in Absprache mit der ständigen Konferenz der Regionen und autonomen Pro- vinzen sowie mit den Standes- organisationen festgelegt.

Patienten müssen pro Behandlung einen Eigenanteil entrichten, der in den Regionen sehr unterschied- lich ist und teilweise vom individu- ellen Einkommen, dem Alter oder den medizinischen Umständen ab- hängig gemacht wird. Ärzte, die im Rahmen einer Anstellung beim SSN tätig sind, erhalten eine feste mo- natliche Vergütung plus Festbeträge für Spezialisierung, Alter, Leitungs- funktion. Allgemeinärzte erhalten Festbeträge nach Patienten und/

oder Stunden plus Zuschläge für die Verbesserung von Strukturen, die Zusammenarbeit in Gruppen etc.

Die Vergütungsverträge sollen alle drei Jahre angepasst werden, aller- dings können sich die Verhandlun- gen darüber sehr lange hinziehen.

Die Deckelung der Ausgaben im öffentlichen Dienst sowie die Fi- nanzkrise machen die Steuerung des italienischen Gesundheits- wesens sehr schwierig. Die finan-

zielle Belastung für die Patienten steigt und die geringe Vergütung und nicht besetzte Stellen ma- chen die Arbeit im Gesundheits- wesen unattraktiver.

(Quelle: Vergütung ambulanter ärztlicher Leistungen im Rechtsver- gleich. Gutachten im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit.

Ulrich Becker, 2019)

Qualität und Patienten- sicherheit

Bei allen Bestrebungen, die Kosten im Gesundheitswesen zu begren- zen und darum den ambulanten Be- reich zu stärken, steht die Frage der Qualität und Patientensicherheit nicht an vorderster Stelle. Der Ge- danke einer sektorenübergreifen- den, patientenorientierten und auf Behandlungsqualität ausgerichte- ten medizinischen Versorgung soll- te aber bei den Bemühungen um Kostendämpfung im Vordergrund stehen.

Grundsätzlich sollte es keinen Unterschied in der Qualität der medizinischen Versorgung ma- chen, an welchem Ort eine Be- handlung durchgeführt wird.

Allerdings stellen elektive, nicht notfallmässige ambulante Ein- griffe eine Übertragung von mehr Verantwortung auf die Patienten und deren Angehörige dar. Nach einem ambulanten Eingriff muss durch den Patienten die Betreuung in seinem privaten Umfeld sicher- gestellt werden, um bei eventu- ell auftretenden Komplikationen schnell reagieren zu können. Diese Verschiebung in die Verantwortung

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Titelstory

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der Patienten und/oder Angehöri- gen ist ein nicht zu unterschätzen- der Aspekt. Einen grossen Einfluss auf die Verschiebung von Eingriffen in den ambulanten Bereich wird vermutlich ein massiver Ausbau telemedizinischer Angebote mit sich bringen. Auch hier gilt: die Vergütung für die medizinischen Dienstleister muss stimmen, damit gut ausgebildete Menschen in aus- reichender Anzahl die medizinische Versorgung auf hohem Qualitäts- niveau sicherstellen.

Fazit

I. Die gewachsenen Strukturen der unterschiedlichen Gesund- heitssysteme sind in aller Re- gel sehr langlebig. Strukturelle Veränderungen brauchen daher Zeit. Viele der systemimma- nenten und auch viele externe Akteure wehren sich gegen tief- greifende Veränderungen. Die Gründe sind oft Besitzstands- wahrung, diffuse Ängste oder das Festhalten an liebgeworde- nen Routinen.

II. Bei Systemwechseln im Ge- sundheitswesen gibt es immer meist Gewinner und Verlierer, denn in der Regel werden vor- handene Mittel innerhalb der Systemgrenzen umverteilt, als dass neue Mittel in grossem Umfang hineingepumpt wer- den.

III. Es scheint nicht den einen bes- ten Strukturansatz für die Res- sourcenverteilung zwischen ambulantem und stationärem

Sektor zu geben. Die Strukturen der Kostenträger spielen eine entscheidende Rolle. Medizi- nischer Fortschritt, Mobilität der Bevölkerung, demografi- sche Entwicklungen und sekto- renübergreifende Vernetzung können zu Verschiebungen der Ressourcen führen. Diese Ver- änderungen führen in wohlha- benden Industrieländern am ehesten zu mehr Zentrumsme- dizin bei gleichzeitigem Aus- bau ambulanter spezialisierter medizinischer Angebote. Pro- blematisch kann dies für die flächendeckende medizinische Grundversorgung sein.

IV. Es ist noch nicht entschieden, ob eine Verschiebung von am- bulant zu stationär tatsächlich zu einer Senkung der Gesund- heitskosten insgesamt führen kann. Vielfach kommt es nur zu Verschiebung der Kosten inner- halb des Systems.

V. Unter qualitativen Gesichts- punkten spielt die Frage der am- bulanten oder stationären Ver- sorgung keine grundsätzliche Rolle, sofern die Entscheidun- gen über die Versorgungsart na h sorgfältigen medizinischen Erwägungen erfolgt und beide Sektoren über ausreichende Ressourcen verfügen.

VI. Das Gezerre um die Gelder, das gut ausgebildete Personal und um die Patienten zwischen den Sektoren ambulant und statio- när ist kaum ein Zeichen qua- litäts- und innovationsfördern- den Wettbewerbs.

Link zur Studie «Vergütung ambulanter ärztlicher Leistungen im Rechtsvergleich»

im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit, 2019; pdf 125 Seiten:

https://www.bundesgesundheitsministerium.

de/fileadmin/Dateien/5_Publikationen/Minis- terium/Berichte/Gutachten_Becker_-_int_Ver- gleich_jur.pdf

Link zur Publikation von PwC, Ambulationie- rung: das Gesundheitswesen im radikalen Wandel. 2019, pdf, 12 Seiten:

https://www.pwc.ch/de/publications/2019/Am- bulantisierung-das-Gesundheitswesen.pdf Link zur Publikation des Obsan, Die Ent- wicklung der ambulanten Versorgung in den Kantonen, Bulletin 1/2019,pdf, 8 Seiten:

https://www.obsan.admin.ch/sites/default/

files/publications/2019/obsan_bulletin_2019- 01_d_0.pdf

Link zum BAG, Ambulant vor Stationär:

https://www.bag.admin.ch/bag/de/home/

versicherungen/krankenversicherung/kran- kenversicherung-leistungen-tarife/Aerztliche- Leistungen-in-der-Krankenversicherung/ambu- lant-vor-stationaer.html

Link zur Schweizerischen Konferenz der Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren, Empfehlungen der GDK zur Erlassung von Listen von ambulant durchzuführenden Unter- suchungen und Behandlungen:

https://www.gdk-cds.ch/fileadmin/docs/public/

gdk/aktuelles/stellungn/SN_2018/DC_Empf_

kantonale_Liste_AvoS_20180118_d.pdf Link zur Publikation der Berteslmann Stifung, Vergütung ambulanter und ambulant derbring- barer Leistungen, 2019, pdf, 128 Seiten:

https://www.bertelsmann-stiftung.de/fileadmin/

files/BSt/Publikationen/GrauePublikationen/

AmbulanteVergu__tung_13lay.pdf

Titelstory

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Foto: Lesung von Gerd Gigerenzer am 28.09.2021 in Zürich

Rückschau auf die Veranstaltung der sQmh am 28. September 2021 in Zürich

Lesung von Gerd Gigerenzer aus seinem neuen „Buch „Klick“

Warum das neueste Buch «Klick»

Herr Gerd Gigerenzer?

«Ich habe dieses Buch geschrieben, um Leserinnen, Leser in die Lage zu ver- setzen, realistisch einzuschätzen, was KI (Künstliche Intelligenz, A.d.Red.) leis- ten kann und wie sie verwendet wird, um uns zu beeinflussen.» so Gerd Gige- renzer. Er löst diesen Anspruch bei der Buchbesprechung am 28. September in der historischen Aula des Schulhauses Hirschengraben in Zürich absolut ein.

«Das Buch handelt von der Beziehung des Menschen zur KI: von Vertrauen,

Täuschung, Verständnis, Sucht und persönlichem wie sozialem Wandel.»

«Klick» bietet eine Anleitung zum Umgang mit Digitalisierung. Gigerenzer geht der Frage nach, was ein Algorith- mus besser kann als ein Mensch. Zum Schreiben motiviert haben ihn Redner an populären Big Data-Veranstal- tungen. «Denn er war erstaunt, wie Redner blind dargestellt haben, was künstliche Intelligenz besser kann als der Mensch.» Auch wenn es kommerzielle Redner waren, die ihre Produkte verkaufen wollten, war diese Fest- stellung doch bedenklich. Das Buch sollte Wirkung entfalten: «Die Menschen sollten den Mut haben, ihre fern- gesteuerten Emotionen wieder in die Hand zu nehmen, selbst zu kontrollieren.» Sie würden dadurch wertvolle Zeit gewinnen und die Abhängigkeit würde ihre Macht verlieren.

Wie also soll der Mensch mi KI umgehen? Statt in den sozialen Medien nur Bilder von «niedlichen Katzenbil- dern» zu zeigen, sollen sie sich mit der Digitalisierung auseinandersetzen. Wir müssen uns bewusst sein, was be- sonders wichtig ist: Wir verändern uns durch die Digitalisierung. Zwei Beispiele können das veranschaulichen:

«Gratis Café»

Es gibt ein gratis Café in Ihrer Stadt. «Dort ist der Kaffee gratis. Alle gehen hin. Sie treffen Freunde und verbringen viele schöne Stunden im Café.» Alle anderen Cafés gehen Konkurs. Doch während Sie die Stunden plaudernd mit Ihren Freundinnen verbringen, zeichnen Wanzen und Kameras, die in Tische und Wände verkabelt sind, Ihre Gespräche auf und halten fest, mit wem Sie dort sitzen und welche Themen Sie beschäftigen. Ausserdem ist der Raum voller Verkäufer, die ihren Kaffee bezahlen und Sie ständig unterbrechen, um Ihnen personalisierte Pro- dukte und Dienstleistungen anzupreisen. In diesem Café sind die Verkäufer die Kunden, nicht Sie und Ihre Freun- de. Hinter diesem Geschäftsmodell bezahlen Sie nicht mit Geld, sondern mit Ihren Daten, die sie im Gespräch preisgeben. Nach diesem Muster funktionieren Social-Media-Plattformen wie Facebook und andere.. «Soziale

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Medien wären weniger destruktiv, wenn sie sich an das Geschäftsmodell von echten Cafés oder von Fernsehen, Rundfunk oder anderen Dienstleistern halten würden, bei dem Sie als Kundin, als Kunde für die Dienstleistung»

zum Preis von ein paar Euros pro Monat statt mit Ihren Daten bezahlen müssten.

Das elektronische Patientinnendossier

Das Patientendossier enthält alle relevanten Informationen über die Krankengeschichte eines Menschen: Test- ergebnisse, Diagnose(n), Behandlungsergebnisse, Berichte, sprich alles, was mit der Krankengeschichte des Menschen zu tun hat. Es kann elektronisch oder als Papierdokumente geführt werden. Papierdokumente haben vor allem den Nachteil, dass sie im Bedarfsfall oft nicht rechtzeitig beschafft werden können. Deshalb kann es immer wieder vorkommen, dass Untersuchungen unnötig wiederholt werden oder unverträgliche Medikament verordnet werden. Damit kann die Sicherheit der Patientinnen und Patienten gefährdet werden. Eine Lösung der Probleme mit der Krankengeschichte auf Papier wird mit dem elektronischen Patientendossier versprochen.

Es wird als effizientes Werkzeug für den schnellen Zugang zur Information angepriesen.

«Connecting for Health»

Sowohl Grossbritannien mit dem Projekt «Connecting for Health» wie auch die USA wollten mit der Digitalisie- rung des gesamten Gesundheitssystems Kosten sparen und die Qualität verbessern. Das Resultat war ernüch- ternd, denn das Gegenteil war der Fall: Die Kosten in den Spitälern mit elektronischen Patientinnendossiers stiegen an. Zudem hätten sich die Qualität und die Effizienz des Gesundheitssystems, wenn überhaupt, so nur marginal verbessert. «Warum trug eine so gute Idee so wenig Früchte? Die Antwort lautet: Das System wurde missbraucht.»

Die Hoffnung auf Kostenersparnis

Der Plan war, dass der leichter Zugang zu früheren Tests die unnötige Wiederholung von Test verringern würde.

Tatsächlich aber schlug die Software jedes Mal, wenn ein Arzt Daten in die Akte eingab, automatisch neue Ver- fahren vor. Das führte konsequenterweise in der Regel zu mehr Untersuchungen. Fast alle diese automatischen Warnungen scheinen Fehlalarme gewesen zu sein. Unternehmen missbrauchten die Software als Werbeplatt- form, um ihren Profit und die Kosten im Gesundheitswesen in die Höhe zu treiben.

Die Erwartungen an das elektronische Dossier in den USA waren hoch

Der Plan war, dass elektronische Dossiers Ärzten und Patientinnen rasch und jederzeit Zugriff auf alle erfor- derlichen Gesundheitsinformationen ermöglichen. Die grosszügige finanzielle Forderung führte zur Konkurrenz unter den Unternehmen. Daher waren die verschiedenen, installierten Systeme «proprietär, das heisst, sie ver- wendeten «inkompatible Formate und nicht nachvollziehbare geheime Algorithmen, die nicht dazu bestimmt waren, mit anderen Systemen zu kommunizieren.» Der Zugang war beschränkt, nicht universell – «so wie man das Ladekabel eines Macs nicht für einen PC nutzen kann.» Die konkurrenzierenden Software-Unternehmen hatten die «staatlichen Fördergelder dazu verwendet, ihre Gewinne zu vermehren.» Das vorrangige Ziel war Markentreue und nicht die angestrebte Erhöhung der Patientensicherheit.

Besonders gravierend war der fehlende Beweis, dass das elektronische Patientinnendossier tatsächlich zu Ver- besserungen führte. «Einige Softwaresysteme veranlassen Ärzte sogar, die Diagnose zu verschlimmern, was sich in Abrechnung und Gewinn niederschlägt und zu weiteren Tests und Therapien führt.» Das «weckt bei den Pa- tientinnen und Patienten Ängste aus, die nicht wissen, dass ihre schwerwiegende Diagnose möglicherweise nur im Interesse der Abrechnung gestellt wurde.» «Nicht alle Ärztinnen und Ärzte sind sich dieser Probleme be-

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Foto: „Klick“, das neue Buch von Gerd Gigerenzer

wusst.» Wie sich in den USA zeigt, ist ein Grund, «dass die Verkäufer von elektronischen Patientenakten sich der Haftung durch Vertraulichkeitsvereinbarung in ihren Verträgen entziehen können. Das heisst, es ist Ärzten und Kliniken verboten, über Mängel die in der Software entdecken, in offenen Foren berichten.»

Die traurige Wahrheit ist, dass elektronische Patientendossier von Software-Unternehmen zur Maximierung der Abrechnung und nicht zum Wohl der Patienten entwickelt wurden. Dazu kommen Sicherheitsprobleme.

Dieser Sicherheitsmangel und der Umstand, dass das elektronische Dossier den Ärzten noch weniger Zeit für die Patienten lässt, sind ernstzunehmende Probleme. Doch diese zu beheben, setzt zunächst die Lösung des grundlegenden Problems voraus, dass der potenzielle Nutzen elektronischer Patientendossiers von einem pri- mär profitorientierten System aufgefressen wird. Um die Früchte der digitalen Gesundheit zu ernten, brauchen wir Gesundheitssysteme, die zuerst und vor allem den Patienten dienen. Anderenfalls verkommt die digitale Gesundheit bestenfalls zur Notlösung oder wird

das Problem noch verschlimmern.

Wie weit die Probleme auf die Schweiz zutref- fen, ist eine offene Frage, der nachzugehen, es sich auf jeden Fall lohnt.

Allein die beiden Themen «Gratis Café» und das «elektronische Patientendossier» wären abendfüllend gewesen. Auch die Fragen der Teil- nehmenden anlässlich der Buchbesprechung reihten sich nahtlos aneinander. Wir empfehlen das Buch dringend. Bezogen werden kann es so- lange vorrätig für CHF 25.00 über die Geschäfts- stelle der sQmh. Wer sofort mehr wissen möch- te: Gerd Gigerenzer war am 28. September Gast in der Sendung Tagesgespräch.

Wohl niemand verliess die rundum erfolgreiche Buchbesprechung der Schweizerischen Gesell- schaft für Qualitätsmanagement im Gesund- heitswesen (sQmh) mit Gerd Gigerenzer nicht ohne Selbstkritik, nicht ohne Mit- und Nachden- ken über den eigenen Umgang mit der Digitali- sierung. Das war ein weiteres wertvolles, indivi- duelles Geschenk zum mit nach Hause nehmen.

Zürich, Aarau, Erika Ziltener, Rolf Prions

Link:

https://www.srf.ch/audio/rendez-vous/tagesgespraech-gerd-gigerenzer-und-die-kontrolle-in-einer-digitalen-welt?partId=12063684

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In den letzten zwei Jahren wurde fieberhaft nach wirksamen Medi- kamenten gegen SARS-CoV-2 ge- forscht. Doch obwohl in unglaubli- chem Tempo wirksame Impfstoffe mit unterschiedlichen Wirkmecha- nismen entwickelt und zugelassen wurden, gibt es derzeit nur wenige Substanzen mit nachgewiesenem, wenn auch begrenztem Nutzen.

Dabei wurden Hunderte Impfstof- fe gegen Corona erprobt oder neu entwickelt. Das Coronavirus scha- det dem menschlichen Körper nach einer Infektion auf verschiedene Weise und in unterschiedlichen Phasen. Daher werden Medika- mente gesucht, die entweder auf den Wirkmechanismus oder auf die Zeitphase einer Infektion zielen. In der Erprobung sind v. a. antivirale Medikamente, Thrombosemittel und Herz-Kreislauf-Medikamente, Immundämpfer sowie Medikamen- te gegen Lungenschäden.

Immer wieder tauchen Gerüchte um potenziell wirksame Mittel ge- gen Corona auf, die von den verant- wortlichen Institutionen und Be- hörden korrigiert werden müssen.

So sah sich z. B. die amerikanische Aufsichtsbehörde FDA kürzlich ge- nötigt, gegen das in den USA immer beliebter werdende Anti-Wurm- mittel Ivermectin vorzugehen. In den sozialen Medien wird ein regel-

rechter Hype um diesen Mittel ge- macht. Die Menschen besorgen sich das recht günstige Ivermectin bei Tierärzten, doch es gibt bisher zu wenig klinische Studien zu dessen Wirksamkeit.

Remdesivir, der ursprünglich ge- gen Ebola- und Marburgfieber ent- wickelte RNA-Polymerase-(RdRp-) Inhibitor, ist eines der bekanntesten Medikamente auf dem Markt. Aller- dings wirkt Remdesivir vermutlich nur in der Frühphase einer Infekti- on, 5-7 Tage nach Symptombeginn und nur bei erwachsenen Patienten mit einer Low-Flow-Sauerstoffthe- rapie. Das Breitspektrum-Nukleo- sid-Analogon Molnupiravir könnte im Herbst 2021 eine Notzulassung in den USA erhalten, sofern die ak- tuellen Studien bei nicht hospitali- sierten Patienten positiv ausfallen.

Ein weiterer bedingt erfolgverspre- chender Kandidat ist das inhalati- ve Kortikosteroid Budesonid, das eine Reduktion der Hospitalisie- rungsrate bewirken könnte.

«Eine Option für die frühe (virale) Phase der COVID-19-Erkrankung sind SARS-CoV-2-neutralisieren- de Antikörper. Für die passive Im- munisierung mit Rekonvaleszen- tenplasma (RKP) gibt es Hinweise

auf eine mögliche schnellere Besse- rung und eine geringere Progressi- on von COVID-19 bei Patienten mit Risiko für einen schweren Verlauf, vorausgesetzt, die wiederholte An- wendung setzt binnen 3 Tagen nach Symptombeginn ein. Der Nutzen hängt von einem hohen Titer ge- eigneter Antikörper ab, eine virale Gensequenzierung wird empfoh- len. Gegen die neuen Virusvarian- ten hilft das derzeit verfügbare RKP nicht. Vielversprechender stellt sich der Einsatz gentechnisch her- gestellter monoklonaler Antikörper dar. Kandidaten für die frühzeitig einzusetzende Therapie sind (…) ambulante Patienten, insbesondere ungeimpfte Risikopatienten höhe- ren Alters.» (aerztblatt.de 37/2021)

Das einzige Medikament, das Mortalität durch symptomatische Behandlung verhindern kann, ist derzeit Dexamethason, das bei sauerstoffpflichtigen Patienten mit mehr als 7-tägiger Krankheits- dauer zum Einsatz kommt.

Es bleibt vorerst dabei: Die Wun- derpille gegen SARS-CoV-2 ist noch nicht gefunden und den besten Schutz bietet die Impfung.

Zum Stand der Forschung an Medikamenten gegen COVID-19

Quellen: aerzteblatt.de 37/2021; Süddeutsche Zeitung 18.08., 10.09.2021; zdf 07.02.2021; SRF News 13.10.2021

Fundsachen aus aller Welt

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Der elektronische Impfausweis sollte das altehrwürdige Impfbüch- lein in die digitale Zukunft führen.

Alle Informationen zu gemachten Impfungen würden digital auf der Plattform meineimpfungen.ch ge- speichert und abrufbar sein. Die Plattform meineimpfungen.ch wur- de von der Stiftung meineimpfun- gen betrieben. Sie hat einige Jahre in einer digitalen Nische existiert und bis zum ‘Aus’ der Plattform die Daten von rund 450‘000 regis- trierten Personen verwaltet. Das Bundesamt für Gesundheit hat im Rahmen der Schweizer Impfstra- tegie stark auf diese Plattform der Betreiberfirma Arpage gesetzt, ob- wohl es Alternativen gegeben hätte, die aber vom BAG nicht in Betracht gezogen wurden. Die digitale Ge- sundheitsstrategie kommt offen- sichtlich nicht so recht vom Fleck.

Schon das mit vielen Hoffnungen für den Ausbau der digitalen Ge- sundheitsfürsorge belegte elektro- nische Patientendossier verpasst den geplanten Starttermin März 2020. Noch im November 2019 nahm der Bundesrat Stellung zu einer Anfrage der SP bezüglich der dauerhaften und sicheren Finanzie- rung der Stiftung, der elektronische

Impfausweis ermögliche den Bür- gerinnen und Bürgern die sichere Verwahrung ihrer Impfdaten und die Finanzierung der Infrastruktur werde mit den Kantonen geklärt.

(https://www.parlament.ch/de/ratsbe- trieb/suche-curia-vista/geschaeft?Af- fairId=20191050)

Ins Trudeln kam der elektronische Impfausweis durch die harsche Kri- tik an der fehlenden Datensicher- heit von meineimpfungen.ch, vor allem durch Recherchen von repu- blik.ch. Die gravierendsten Sicher- heitsmängel waren demnach:

Zugriff auf Impfdaten war durch jeden registrierten Nutzer mög- lich.

Mit wenigen Tricks konnte sich quasi jede/r als Fachperson regist- rieren lassen.

Der Datenzugriff auf pdf-Impfaus- weise bestimmter Personen war für Hacker ohne grosse Mühen machbar.

Im Mai 2021 wurde die Plattform eingestellt, es wurde ein Verfahren gegen die Betreiber eingeleitet.

Die Daten der bereits registrier- ten PatientInnen sind angeblich sicher verwahrt, werden aber nicht mehr gepflegt und sind auch nicht mehr zugänglich. We- gen fehlender finanzieller Mittel

hat der Stiftungsrat im September 2021 die Liquidation der Stiftung meineimpfungen beantragt. Jahre- lang hatte die Stiftung hohe Geld- beträge des Bundes und von Phar- mafirmen erhalten. Der Bericht des Datenschutzbeauftragten Adrian Lobsiger zeigte, dass die Impfdaten auf der Plattform keineswegs sicher vor unberechtigtem Zugriff und vor Manipulationen waren. Unsicher ist auch, ob es in der Vergangenheit zu entsprechendem Missbrauch gekommen ist. Für die Zukunft ist eine digitale Lösung gesucht, die fälschungssicher, international an- erkannt, datenschutzkonform ist und lokale Überprüfungen ermög- licht. (republik, 23.03.2021)

Auf der Website der Bundespu- blikationen (admin.ch) hiess es noch Anfang 2021 zum elektroni- schen Impfausweis:

Screenshot: Stiftung meineimpfungen.ch

Das Aus für den elektronischen Impfausweis

Wie konnte es dazu kommen?

Quellen: NZZ vom 24.03., 25.08., 10.09.2021; SRF vom 23.03.2021; republik.

ch vom 23.03.2021

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IHRE IMPFDATEN –

sicher aufbewahrt und jederzeit verfügbar Das Impfbüchlein kann im Laufe der Jah- re irgendwann verloren gehen. Deshalb ist es viel praktischer, Ihre Impfdaten auf www.meineimpfungen.ch zu speichern.

Jederzeit Zugriff – Der elektronische Impfausweis kann jederzeit ausgedruckt oder online aufgerufen werden, so z.B.

auch auf Reisen. Notfallsituationen – Dank der sofortigen Verfügbarkeit kön- nen in einer Notfallsituation unnötige Doppelimpfungen vermieden werden.

Impfausweis-App – Die Daten können nicht nur über die Website, sondern auch über die App MyViavac abgerufen werden.

IMPFCHECK –

immer auf dem aktuellen Stand

Sind Ihre Impfungen à jour? Ein grosser Vorteil des elektronischen Impfausweises ist, dass er einen einfachen Überblick über die aktuelle Impfabdeckung bietet und konkrete, auf Ihre persönliche Si- tuation abgestimmte Empfehlungen für weitere Impfungen abgibt.

Abgleich mit Schweizerischem Impfplan – Nach der Erfassung der bisherigen Impfungen wird Ihre Impfsituation basierend auf den Empfehlungen des Schweizerischen Impfplans überprüft. Ak- tuelle Impfabdeckung – Dank dem Impf- check ist für Sie rasch ersichtlich, welche Impfungen nicht mehr aktuell sind. Be- nachrichtigung – Sie können sich per SMS oder E-Mail daran erinnern lassen, wenn eine Impf-Auffrischung nötig ist. So entfallen z.B. Notfall-Impf-Übungen kurz vor einer Reise. Selbstbestimmung – Wenn Sie auf gewisse Impfungen generell verzichten möchten, können Sie dies entsprechend vermerken.

(https://www.bundespublika- tionen.admin.ch/cshop_mimes_

bbl/8C/8CDCD4590EE41EE891DFAE- 2CECF57ACF.pdf)

Ohne Vertrauen funktioniert eine Gesellschaft nicht. Verlorenes Ver- trauen wiederzugewinnen ist ein harter Job. (Siehe hierzu auch die Ti- telstory des MAGAZIN 1-2021 «Ver- trauen. Ein Essay».)

Grundsätzlich ist Skepsis nichts Negatives. Im Gegenteil, denn Miss- trauen führt auch zu Kontrolle von Politik, Gesellschaft, Wissenschaft, Institutionen. Die Medien spielen im Gleichgewicht von Vertrauen und Skepsis eine wichtige Rolle.

Politiker und Politikerinnen gehö- ren zu den Berufsgruppen, denen wenig Vertrauen entgegengebracht wird. Aber Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, wieso er- fährt diese Berufsgruppe so viel Gegenwind? Brauchen wir denn in einer hochkomplexen und vernetz- ten Welt mit globalen Problemen wie dem Klimawandel, der Corona- Pandemie oder der Energiewende nicht genau diese Wissenschaft- lerinnen und Wissenschaftler, um mit dem (Informations-)Chaos um- gehen zu können? Wichtige politi- sche Entscheidungen sollten nicht nur auf Gefühlen basieren, sondern auch auf wissenschaftlichen Er- kenntnissen beruhen. Die Wissen- schaftskommunikation spielt dabei eine grosse Rolle. «Nicht alle poli-

tischen Handlungsempfehlungen lassen sich in ihrer Wirksamkeit wissenschaftlich unterfüttern. Und selbst wo dies der Fall ist, bleibt immer ein normatives, nicht auf wissenschaftliche Evidenz rück- führbares Element, das politisches Handeln unweigerlich mit sich bringt – sei es darüber, was das Ziel ist, oder wer oder was auf dem Weg dahin möglicherweise auf der Strecke bleiben darf.» (Cicero.de, 05.05.2021)

Vertrauen verloren?

Aber trotz der hohen Anteile gut gebildeter Menschen in den In- dustrieländern, trotz aller Wissen- schaftskommunikation und trotz aller augenfälligen wissenschaftli- chen und technischen Fortschritte hat die Wissenschaft, so die viel- fach publizierte Meinung, an Ver- trauen verloren. Daraus ist noch längst kein generelles Misstrauen gegenüber den Wissenschaften entstanden. Die Menschen, die den Wissenschaften misstrauen, sind allerdings eine sehr lautstarke Min- derheit.

«Dass es der Wissenschaft in spektakulär kurzer Zeit gelang, gleich mehrere hochwirksame Covid-Impfstoffe zu entwickeln,

Wissenschaft will verlorenes Vertrauen wiedergewinnen

Quellen: Süddeutsche Zeitung, 19.07.2021; Deutschlandfunk Kultur, 05.07.2021; zeit.de, 28.07.2021; ethz.ch, 18.06.2021;

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macht auf einen grossen Teil der Bevölkerungen des Westens wenig Eindruck. Bis vor Kurzem in den USA und mehr denn je in Polen und Ungarn gibt es offen wissenschafts- feindliche Regierungen, die mit

‹mittelgrossen Lügen› (Timothy Snider) erfolgreich alternative Rea- litäten etablieren, um ihre Macht zu sichern.» (SZ, 19.07.2021)

Die Trump-Regierung hat in den USA vier Jahre lang geradezu einen Feldzug gegen die freien Wissen- schaften geführt. «Wo immer dem Präsidenten die Forschung ideo- logisch nicht passte, haben seine Leute gestrichen, gekürzt und ge- trickst, bis Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aufgegeben haben. Und nicht nur das: Sie blo- ckierten auch den internationalen Austausch, so gut sie nur konnten, sodass weniger ausländische Ta- lente an amerikanische Universitä- ten kommen wollten. ‹Trump hat das Vertrauen in die Wissenschaft auf so vielen Ebenen zerstört, dass die Folgen lange Zeit anhalten wer- den›, sagt John Krige, emeritierter Professor am Georgia Institute of Technology in Atlanta, der viel zu der historischen Rolle Amerikas in der weltweiten Wissenschaft ge- forscht hat. Trumps Regierung sei

‹komplett wissenschaftsfeindlich gewesen, mit Auswirkungen, die noch schlimmer sind als erwartet›.

(…) Forscher kämpfen nun mit den Nachwirkungen dieses Krieges.»

(zeit.de, 28.07.2021)

«Wir müssen den längst überall sichtbar werdenden Verlust von

Vertrauen in Rationalität und Wis- senschaft wieder wettmachen. Klar, das wird eine Menge Arbeit und einen interdisziplinären Ansatz er- fordern, der weit über das Feld me- dizinischer Probleme hinausgeht und letztlich eine nationale und internationale Aufgabe sein wird.

Stellen wir uns dem nicht, dann droht die Gefahr, tief im Postfakti- schen zu versinken oder unter dem steigenden Meeresspiegel.» (spekt- rum.de, 20.04.2021)

Der Anteil der Wissenschaft selbst

Aber bei aller Kritik an einer unsachlichen, häufig politisch motivierten Fundamentalkritik an ‹der› Wissenschaft darf nicht ausser Acht gelassen werden, wie sehr der heutige Wissenschafts- betrieb selbst für das Misstrauen sorgt. Zum Misstrauen gegenüber dem Wissenschaftsbetrieb tragen die nicht klar deklarierten Auftrags- arbeiten für die unterschiedlichs- ten Ingteressensgruppen bei, die Unzahl wissenschaftlicher Publika- tionen mit durchaus zweifelhafter Qualität oder die massenhafte Pro- duktion von Studien mit aufgebla- senen Statistiken zur Beförderung der eigenen wissenschaftlichen Karriere. Der Psychoanalytiker und Kolumnist Peter Schneider, Autor von ‹Follow the Science? › kritisiert, dass sich sehr viele statistisch signifikante Studienergebnisse durch Wiederholungen nicht be- stätigen lassen: «Denn ganz offen- bar lassen sich mit einem streng wissenschaftlichen Vorgehen sig-

nifikante Ergebnisse formulieren, die schlichtweg derartiger Bullshit sind, dass nicht einmal ihr Gegen- teil wahr wäre.» (SZ, 19.07.2021) Um der Pseudowissenschaft und dem Vertrauensverlust entgegenzu- wirken müsste auf den Forschenden ein geringerer Publikationsdruck lasten. Wissenschaft ist keine Faktenfabrikation. «Wissenschaft allerdings auch als soziale Methode zu begreifen, um unter der Bedin- gung zunehmender weltanschau- licher Pluralität kontrolliert skep- tisch die Erkundung der kleinsten gemeinsamen Wirklichkeit zu wa- gen, ist nötiger denn je. Vielleicht ist es sogar unsere letzte Hoffnung.»

(SZ, 19.07.2021)

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Lisanne Hut-Mossel, Kees Ahaus et al.

Understanding how and why audits work in improving the quality of hos- pital care: A systematic realist review

Quelle: PLOS ONE ; DOI: 10.1371/journal.pone.0248677

NL: Literaturstudie (85 Studien involviert) zur Frage: Welche Audits tragen zur Qualitätsverbes- serung im Krankenhaus bei? Entwicklung einer Audit-Systematik.

Inhalt

Es gibt viele Arten von Audits, die zur Qualitätsverbesserung (QV) im Krankenhaus beitragen sollen. Audits werden seit Jahren favorisiert, um QV systematisch zu evaluieren. Doch trotz aller Evaluationen fehlen Studien zur Wirksamkeit der unterschiedlichen Mechanismen im jeweiligen Kontext. Generell lassen sich drei Arten von Audits im Kontext von QV im Gesundheitswesen unterscheiden: (a) externe Audits, um das Befolgen von bestimmten Qualitätskriterien im jeweiligen Krankenhaus zu untersuchen (z. B. Akkreditierung, Zertifizierung, externe Peer Reviews); (b) interne Audits, oft als Vorbereitung von externen Audits; (c) klinische Audits vom medizinischen Personal als lokale Initiative durch- geführt.

Aufgrund der grossen Heterogenität der Audit-Verfahren, der häufigen Unklarheit über ihren theoretischen Hinter- grund und der Unterschiede der spezifischen Settings, in denen sie durchgeführt werden, gibt es wenig Erkenntnisse über die Mechanismen, die über Erfolg und Misserfolg von Audits entscheiden. Diese Literaturstudie wollte Antwor- ten auf diese zwei Fragen finden:

Durch welche Mechanismen bewirken Audits ihre intendierten Ergebnisse?

Welche Kontextfaktoren sind verantwortlich dafür, ob der gewählte Audit-Mechanismus das gewünschte Ergebnis liefert?

In der systematischen Literaturanalyse kam eine «realistic review» zum Einsatz. Dieser theoretische Ansatz fokussiert mehr auf die Art und Weise, wie Ergebnisse zustande kommen, als nur auf die Wirkung selbst. Die «realistic review»

untersucht die Interaktion zwischen einer Intervention, dem jewieligen Kontext, dem Mechanismus, mit dem Mit- wirkende die vorhandenen Ressourcen einsetzen und den gewünschten und unerwünschten Ergebnissen. Diese Me- thode wird CMOcs genannt (context–mechanism–outcome configurations). Die systematische Suche nach geeigneten Studienartikeln erfolgte in den einschlägigen Datenbanken (MEDLINE, Embase, PsycINFO, Academic Search Premier, Business Source Premier, Emerald Insight, Cochrane Library, Web of Science) über die Periode von Januar 2005 bis August 2020. Einbezogen wurden empirische Studien in englischer Sprache, die Effekte von Audits im Krankenhaus- Setting in Ländern mit hohem Einkommen untersuchten. Von 13‘709 potentiell geeigneten Artikeln erfüllten 85 die gewünschten Einschlusskriterien (davon 61 Studien zu klinischen Audits, 17 zu Akkreditierung/Zertifizierung, 7 Peer Reviews), wobei lediglich 41 Artikel als von guter Qualität befunden wurden.

Ergebnisse

Die Analyse der 85 in dieser Studie berücksichtigten Artikel machte deutlich, mit welchen Mechanismen Audits initiiert werden und wie sie wirken:

• extern initiierte Audits schaffen ein Bewusstsein für Qualitätsverbesserung, aber ihr Einfluss schwindet im Verlauf der Zeit;

• ein Gefühl der Dringlichkeit bringt das medizinische Personal dazu, Audits durchzuführen oder durchführen zu lassen;

• die Orientierung an erfolgreichen Protagonisten ‹local champions› reicht den Verantwortlichen, um den Aufwand eines Au-

Rezensionen

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dits in Kauf zu nehmen;

• Bottom-up-Audits bewirken mit grösserer Wahrscheinlichkeit dauerhafte Veränderungen;

• das Teilen von Erkenntnissen innerhalb externer Audits bewirkt eine Beteiligung der Mitarbeitenden;

• die Ergebnisse von Audits unterstützen das medizinische Personal dabei, ihre Anliegen besser bei den Führungspersonen vorzubringen;

• Audits legitimieren Feedback an die Kollegen, was zum Abflachen wahrgenommener Hierarchien beiträgt und eine konstruk- tive Zusammenarbeit fördert.

Die vertieften Analysen vorgenommener Audits zeigte, dass mit jedem Jahr, in dem Organisationen an extern initiier- ten Audits teilnehmen, QV nach und nach zurückgehen, dass die initiale Lernkurve über die Zeit stark sinkt. Die Ver- mutung liegt nahe, dass es sich hier um eine Art ‹Audit-Müdigkeit› der Mitwirkenden handeln könnte.

Die Studienautoren empfehlen vier Massnahmen, um Audits effektiv zu machen:

• Audits sollten im Teamwork entwickelt und alle betroffenen Mitarbeitenden sollten involviert werden. Bottom-up initiierte Audits basieren auf den eigenen Erfahrungen und Verbesserungsbedürfnissen und machen die Beteiligten zu Besitzern des gesamten Audit-Prozesses.

• Bei extern motivierten Audits sollten die Beteiligten auf das Teilen von Wissen und Erkenntnissen fokussieren. So können externe Audits als Möglichkeit zum Lernen genutzt werden. Dies setzt voraus, dass für die Lern- und Diskussionsprozesse aus- reichend Zeit eingeräumt wird.

• Die Orientierung an lokalen ‹Champions› oder Meinungsführern kann den Audit-Prozess und die daraus resultierenden Ver- besserungsprozesse promoten.

• Während des Audit-Prozesses sollte das Feedback zwischen allen Beteiligten auf allen Organisationsebenen gefördert wer- den. Alle Beteiligten sollten dabei das Gefühl haben, dass Feedback auf allen Hierarchieebenen sicher und erwünscht ist.

Kommentar

Diese von den Studienautoren betitelte «realistische» Literaturstudie untersuchte die Mechanismen, mit denen Audits zur Qualitätsverbesserung (QV) im Krankenhaus beitragen (können). Dies ist ein langer Artikel (25 Seiten mit weiteren Anhängen) mit zahlreichen Tabellen und Diagrammen. Es ist von grossem Vorteil, dass die theoretische Grundlage dieser Analyse von Audits, die «realistic review» ausführlich erklärt und anhand von Textbeispielen aus den unter- suchten Studienartikeln, in einer Tabelle übersichtlich angeordnet, ausgeführt wird. Als ein zentrales Ergebnis wird hier die Einordnung von Audit-Prozessen in sieben Kategorien präsentiert. Dies trägt sicherlich zu mehr Einblick in die Strukturen der heterogenen Audit-Landschaft bei. Eher unklar bleibt in dieser Analyse, ob es möglich ist, Effekte von Audits auf QV nachvollziehbarer und objektiv messbar zu machen. Die Heterogenität der Audit-Prozesse schlägt sich offensichtlich auch in der Heterogenität der einschlägigen Studienliteratur nieder. Von den hier untersuchten 85 Stu- dienartikeln waren nach Einschätzung der Studienautoren nur 41 von guter Qualität. Dies schränkt die Rückschlüsse auf messbare Ergebnisqualität von Audits im Krankenhaus noch weiter ein. Entsprechend sind die Ratschläge, wie die Effektivität von Audits im Krankenhaus verbessert werden könnte, sehr überschaubar und von allgemeiner Art: Besser bottom-up initiieren als extern initiiert, angstfreies Feedback über alle Hierarchieebenen garantieren, Orientierung an lokalen ‹Champions›, um die Mühen eines Audits für gewinnbringend zu halten.

Informationen über die Autoren:

Lisanne Hut-Mossel, Centre of Expertise on Quality and Safety, University Medical Centre Groningen, University of Groningen, Groningen, The Netherlands,

Kees Ahaus, Department Health Services Management & Organisation, Erasmus School of Health Policy & Manage- ment, Erasmus University, Rotterdam, The Netherlands

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Rezensionen

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Astrid Van Wilder, Jonas Brouwers et al.

A decade of commitment to hospital quality of care: overview of and per- ceptions on multicomponent quality improvement policies involving ac- creditation, public reporting, inspection and pay-for-performance

Quelle: BMC Health Services Research; DOI:10.1186/s12913-021-07007-w

Belgien: Multimethoden-Studie zu öffentlich geförderten Qualitäts-Initiativen, zu ihren Inhalten und zur Nachhaltigkeit. Auswertung von Akkreditierungen, Online-Survey unter Krankenhaus- Managern, plus Befragung von Krankenhaus-Mitarbeitenden.

Inhalt

Zahlenmässig sind Qualitätsinitiativen (QI) im Krankenhausbereich global stark angestiegen, vor allem im letzten Jahr- zehnt. Art und Umfang dieser Initiativen variiert dabei sehr. QI zielen in erster Linie auf die Verbesserung der Patien- tensicherheit. Angesicht der Vielzahl implementierter Qualitätsoffensiven müsste sich die Patientensicherheit in den letzten Jahren messbar verbessert haben. Das scheint aber nicht der Fall zu sein. Daher lohnt es sich immer wieder, Zielsetzung, Methodik und Umsetzung von QI zu untersuchen.

In der belgischen Region Flandern wurde 2009 die ‹Quality-of-care Triad› für Spitäler etabliert. Diese Triade umfasst 1) freiwillige Spital-Akkreditierung, 2) freiwillige Veröffentlichung von Qualitätsindikatoren, 3) verpflichtende Inspek- tion durch flämische Regionalbehörden. Akutspitäler werden darüber hinaus finanziell belohnt (das läuft seit 2018 unter dem Titel P4P), wenn sie QI zur Verbesserung der Patientensicherheit implementieren. Allerdings beklagen die Akutspitäler seit 2019 öffentlich eine «Müdigkeit» der Akkreditierungen und Qualitätsbemühungen und eine Arbeitsüberlastung durch die behördlichen Vorgaben. Dabei wird der administrative Aufwand als bürokratisch und zeitaufwendig, wenig marktorientiert, teuer und unwirksam beklagt, die Publikation von Qualitätsindikatoren gilt vie- len zudem als risikobehaftet.

Diese Studie sollte Aufschluss darüber geben, welche extern angeleiteten bzw. behördlich angeordneten QI in den flämischen Akutspitälern zwischen 2008 und 2019 umgesetzt wurden und wie die aktuelle Krankenhauspolitik bezüg- lich QI durch die verschiedenen Akteure beurteilt wurden. Zu diesem Zweck wurden retrospektiv die QI der regionalen Akutspitäler (2008: n = 62; 2019: n = 53 nach einigen Zusammenschlüssen) aus diversen Quellen zusammengetragen.

Dabei wurden die Art der QI, die Anzahl der Akkreditierungs-Zyklen und die globalen Bewertungsergebnisse erfasst.

Dazu kamen die Daten der veröffentlichten Qualitätsindikatoren, die Ergebnisse der behördlichen Inspektionen sowie die Ergebnisse der jährlichen Bestandsaufnahme der Patientensicherheit (2008 – 2017) bzw. der Pay-for-Performance (ab 2018). Zusätzlich zur Sammlung und Auswertung dieser Daten wurden Spitalmitarbeitende in einer grossen On- line-Umfrage zu ihren Ansichten bezüglich der vielen Qualitätsbemühungen befragt und eine Fokusgruppe mit 22 Krankenhausexperten aus unterschiedlichen Spitzenpositionen diskutierte die wichtigsten Aspekte der aktuellen QI- Politik.

Ergebnisse

Bis auf ein Krankenhaus hatten alle Häuser zum Zeitpunkt der Erhebung einen Akkreditierungsprozess durchlaufen (entweder das US-basierte Joint Commission International (JCI, n = 22) oder den Dutch Qualicor Europe (Qualicor, n

= 31)) , die meisten hatten sich für den Vier-Jahres-Zyklus von Qualicor entschieden (Qualicor); in fünf Spitälern stand eine Re-Akkreditierung noch aus und drei Häuser hatten eine erneute Akkreditierung abgelehnt. Alle Spitäler hatten bis 2010 der behördlichen Vereinbarung zur Patientensicherheit zugestimmt. Neunzig Prozent der Spitäler publizierten ihre Qualitätsindikatoren jährlich. Die Akkreditierungs-Scores lagen zwischen 90 und 98 Prozent und nur wenige der

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Referenzen

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