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Predigt zur Feier der Osternacht (TV-Gottesdienst aus der Linzer Priesterseminarkirche)

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Auferstehung mitten im Alltag

Predigt zur Feier der Osternacht (TV-Gottesdienst)

11. April 2020, Priesterseminarkirche, Linz

Ostern als Gedächtnis des Todes und der Auferstehung Jesu ist die zentrale Feier im christlich gestalteten Jahreskreis. Das Fest spannt den Bogen von der Schöpfung über den Exodus, die Befreiung des Volkes Israel, zum Neuen Bund, zur Auferstehung Jesu und zur Hoffnung auf die Vollendung aller. Diese Ereignisse sind nicht bloß Geschichte. Ihre Erzählung nicht bloßes Ritual. Beim jüdischen Passah-Mahl spricht der Hausvater: „Ein jedermann aus jedem Geschlecht muss sich betrachten, als wäre er persönlich aus Ägypten gezogen: ‚Und an die- sem Tage musst du deinem Sohn erzählen: Dies geschieht um dessentwillen, was der Herr für mich getan hat, als ich aus Ägypten zog.’ Darum müssen wir ihm, der all diese Wunder für uns und unsere Väter getan hat, danken und ihn preisen, loben und verherrlichen. Er hat uns aus der Sklaverei zur Freiheit geführt, aus dem Elend in die Freude, aus dem Schmerz zu diesem Tag, aus der Finsternis in helles Licht und aus der Unterwerfung zur Erlösung.“

Es wird unsere Sache abgehandelt, es geht um unser Leben, unser Glück, unsere Freiheit, unseren Sinn, unsere Beziehung, unsere Gemeinschaft. Pessach – Ostern heißt Verscho- nung, Überschreitung, Befreiung, Verwandlung, Aufbruch. All das bündelt sich im Taufge- dächtnis: Wir sind Gottes gelungene Schöpfung, wir sind von ihm beim Namen gerufen, zur Freiheit geführt. Die Auferstehung Jesu ist der große Wendepunkt unseres Lebens, ist der entscheidende Durchbruch vom Tod zum Leben, von der Resignation zur Hoffnung, von der Gewalt zum Frieden, von der Knechtschaft zur Freiheit.

Der Durchbruch, die Wende für immer, ist sichtbar geworden, wo die Herrlichkeit Gottes am Ostermorgen erstrahlt und Jesus auferweckt worden ist vom Vater, auferweckt von den Toten.

Der Tod hat für immer keine Macht mehr über ihn und über uns. „Der Tod, er ist der letzte Feind des Menschen, er ist für immer überwunden" (vgl. Kol 2,9–15). Der Tod ist mit seiner Wurzel ausgerissen worden. Gott ist ein Freund des Lebens. Er ist der, der die Toten lebendig machen kann. Kirche ist ein Ausrufezeichen für das Leben und macht zugleich ein Fragezei- chen, ob das Leben mit alldem schon ausgeschöpft ist, was sich unmittelbar darbietet, oder ob es nicht doch auch erlaubt ist, auf tiefere Dimensionen hinzuweisen und einzugehen.

Braucht es in dieser Welt nicht Menschen, die sich weigern, nicht zu hoffen?

Hoffnungsgeschichten

Ein Mann brauchte seit zwei Jahren Sauerstoff und lag im Hospiz im Sterben. Kannst du we- nigstens noch etwas spazieren gehen? So hat ihn ein Freund in einem Brief gefragt. Er kann es nicht mehr. Dafür hat er keine Kraft. Aber, so hat er geantwortet: Ich bin viel unterwegs in meinem Inneren, auf den Wegen meiner Lebensgeschichte, auf den Straßen, auf den Geraden und kurvenreichen Wegen, Umwegen und Sackgassen meiner Seele. Und das ist ein Weg voller Überraschungen. Da sind viele Zweifel und Ängste, da ist die Scham für Fehler und Schwächen. Manche Abschnitte sind geprägt vom Zweifel und von der Verzweiflung an Gott.

Und doch: Es ist ein Weg der Dankbarkeit. Ich kann sagen: Deo gratias. Dank sei Gott.

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Ist Auferstehung nur eine Grenzerfahrung, die im Alltag nicht vorkommt? Ein Auferstehungs- erlebnis hat mir vor Kurzem ein Freund erzählt: „Nach einem sehr heftigen tiefgehenden Streit am Abend mit meiner Frau war der zärtliche Kuss am nächsten Morgen für mich so eine Auf- erstehungserfahrung.“ „Es ist gut, den Morgen immer mit einem Kuss zu beginnen und jeden Abend einander zu segnen, auf den anderen zu warten und ihn zu empfangen, wenn er an- kommt, manchmal zusammen auszugehen und die häuslichen Arbeiten gemeinsam zu erle- digen.“ (Franziskus, Amoris Laetitia Nr. 226)

Was unsere Gesellschaft oft kalt und unbarmherzig macht, ist die Tatsache, dass in ihr Men- schen an den Rand gedrückt werden: die Arbeitslosen (Arbeitslosigkeit führt nicht selten zu Beziehungskrisen), die psychisch Kranken, die Asylwerber, die Flüchtlinge usw. Positiv ist demgegenüber das Signal: „Du bist kein Außenseiter!“ „Du gehörst zu uns!“ Du gehörst dazu, ihr gehört dazu! Kinder und Jugendliche sind im Gottesdienst willkommen, ohne sich in allem anpassen zu müssen. Ihr gehört zu uns, das kann heißen, dass die Familien die größte Pfle- geeinrichtung im Land sind. Ihr gehört dazu, das sollen in den Pfarren und in der Kirche auch jene hören, deren Beziehung gescheitert und deren Ehen zerbrochen sind. Du gehörst dazu, das gilt vor allem auch für Frauen, die ihre Kinder alleine großziehen. Auferstehung: Du bist nicht allein, nicht im Stich gelassen, du gehörst dazu.

+ Manfred Scheuer Bischof von Linz

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