Valentina Stache-Rosen (1925-1980)
Von Ernst Waldschmidt, Göttingen
Im Alter von nur 55 Jahren erlag am 20. Oktober 1980 einer unheil¬
baren Krankheit die Indologin und Sinologin Valentina Stache-
Rosen, eine Enkelin des langjährigen ersten Vorsitzenden und Ehren¬
mitgliedes der DMG Dr. Friedrich Rosen, der als Berufsdiplomat
1921 zum Reichsaußenminister im ersten Kabinett Wirth aufstieg und
vorher und nachher wichtige Aufgaben im Dienste des Auswärtigen
Amtes wahrnahm. Ich erinnere mich lebhaft an diesen hochgewach¬
senen Mann von wuchtigem Körperbau mit einem spitz auslaufenden
Vollbart. Er war als Konsul, Gesandter und Botschafter ein geschickter
Vertreter des Reiches im Ausland, hauptsächlich im Orient, und gleich¬
zeitig ein Orientalist aus Neigung mit umfassendem Wissen auf dem
Gebiet des Arabischen, Persischen und Hindustani. Schon sein Vater,
Dr. Georg Rosen (1820-1891), der in Preußischen Diensten eine
ähnliche berufliche Laufbahn durchschritt, verfaßte namhafte orientali¬
stische Werke. Friedrichs, seines Sohnes, zahlreiche Publikationen
hat Enno Littmann in einem Nachruf auf diesen seinen langjährigen
Freund in ZDMG 89 (1935), S. 391-400, besprochen. Heimat der
Familie Rosen war die lippische Stadt Detmold, wo Friedrichs Gro߬
vater, Valentinas UrUrgroßvater, Fürstlich Lippischer Kanzler
gewesen war und Georg Rosen, Valentinas Urgroßvater, geboren
wurde und starb.
Valentina führte die orientalistische Familientradition fort. Als sie
am 28. April 1925 in Kopenhagen/Dänemark zur Welt kam, war ihr
Vater, Dr. Georg Rosen jun., der als Orientalist nicht hervorgetreten
ist, dort Legationssekretär; ihre Mutter Agnes war eine geb. Klipfel.
Versetzungen des Vaters brachten es mit sich, daß das Diplomatenkind
seine Jugend bald hier, bald da verlebte. Die ersten schulischen
Stationen waren 1932 bzw. 1933-1937 die deutschen Schulen in Reval
und Peking. Die Jugendjahre in Ostasien haben Valentina nachhaltig
beeinflußt und ihr späteres Studium des Chinesischen bewirkt. In ihrer
Pekinger Zeit verstarb am 27. 1. 1935 im dortigen deutschen Kranken¬
haus ihr Großvater Friedrich mit 79 Jahren bei einem Besuch seines
Sohnes Georg.
Valentina Staclie-Rosen 28. 4. 1925-20. 10. 1980
^
Valentina Stache-Rosen (1925-1980) 23
Valentina wuchs mit den Jahren zu einer imponierenden Körper¬
größe heran. Sie ähnelte in ihrer Erscheinung ihrem Großvater; dabei
war ihre Stimme außer bei Vorträgen leise, und sie war bescheiden,
wußte sich selbst primitiven Lebensverhältnissen anzupassen, wenn sie
auch, wie es in späteren Jahren oft not tat, zu repräsentieren verstand.
Hier stichwortartig ihr Ausbildungsgang! Ostern 1942 Ablegung der
Reifeprüfung nach dem Besuch der Staatlichen Gertraudenschule
(Oberschule für Mädchen) in Berlin-Dahlem von 1937 bis 1942; danach
Ableistung des Arbeitsdienstes und eines Kriegshilfsdienstes; Sommer¬
semester 1944 Inskription bei der Philosophischen Fakultät der Georg-
August-Universität zu Göttingen: Studium der Fächer Chinesisch,
Sanskrit und Englisch. Nach dem Zusammenbruch 1945 ein Jahr
Landeinsatz und zwei Jahre lang Dolmetschertätigkeit bei der
britischen Militärregierung in Detmold; WS 1947 Wiederaufnahme des
Studiums in Göttingen, jetzt mit den Fächern Sanskrit, Chinesisch und
Urgeschichte; 1950-1952 Aufenthalt in London: Besuch von archäolo¬
gischen Vorlesungen an der School of Oriental and African Studies;
darauf Rückkehr nach Göttingen und Fertigstellung ihrer Dissertation
Der Vinayavibhanga zum Bhik^uprätimoksa der Sarvästivädins; 26. 7.
1954 Rigorosum in den Fächern Sankrit, Chinesisch und Urgeschichte;
1959 Erscheinen der Dissertation im Akademie-Verlag in Berlin als
Bd. II der von E. Waldschmidt herausgegebenen Reihe: Sanskrit¬
texte aus den Turfanfunden. — Grundlage dieser tüchtigen Arbeit war
die Herausgabe von vorher unbekannten Sanskritbruchstücken aus
dem Kommentar ( Vinayavibhariga) zum Beichtformular [Prätimolcsa]
für buddhistische Mönche unter Zuhilfenahme einer in chinesischer
Übersetzung erhaltenen vollständigen Fassung dieses Textes aus der
hinayänistischen Schule der Sarvästivädins. Über die unmittelbaren
Parallelen hinaus gab Valentina eine Analyse des gesamten chine¬
sischen Textes, mit Ausnahme der „vielen" minder bedeutsamen
Regeln für das anstänchge körperliche Gebaren der Mönche, der sog.
Saiksa-dharmas.
Ende 1954 erhielt Valentina ein Stipendium der inchschen Regie¬
rung zur Weiterbildung im Lande und verließ Göttingen für über zwei
Jahre, um am Deccan College zu Poona, einer berühmten Institution
mit alten Beziehungen zu Göttingen, zu studieren und an Ausgrabungen
teilzunehmen, die von Poonaer Professoren unternommen wurden.
Nebenher lemte sie auf ausgedehnten Reisen weite Teile Indiens
kennen. Nach ihrer Rückkehr aus Poona nahm Valentina in
Göttingen ihre zweite Arbeit an Sanskritbruchstücken aus Zentralasien
in Angrilf; diesmal waren Fragmente des Sangitisütra, einer Sammlung
24 Ernst Waldschmidt
von Reihen dogmatischer buddhistischer Begriffe, Gegenstand ihrer
Bemühungen. Daneben beteihgte sie sich im Indologischen Seminar an
der Verzettelung des Wortschatzes der Turfanfragmente für einen
Generalindex. Zeitweilig war sie auch Mitarbeiterin am Museum liir
Völkerkunde (Museum für Indische Kunst) in Berlin-Dahlem.
Im Sommmer 1956 hatte sich Valentina in Indien mit Dr. phil.
Wilfried Stäche aus Göttingen verlobt, der ebenfalls ein Stipendium
der indischen Regierung innehatte und sich zu der Zeit am Maharaja's
College in Mysore betätigte. Er war Assistent des Philosophen Nicolai
Hartmann am Philosophischen Seminar der Universität Göttingen
gewesen. Zur Heirat der beiden jungen Gelehrten kam es erst im
Spätherbst 1960, nachdem die Zentrale des Goethe-Instituts in
München Dr. Stäche angestellt und zum Leiter von Goethe-Instituten
im Orient ausersehen hatte. Im Laufe der Jahre stand er mit seiner
Gattin vier Goethe-Instituten vor: a) 1961-1964 dem in Djakarta, Indo¬
nesien, b) 1965-1968 dem in Karachi, Pakistan, c) Sept. 1968-1971
dem in Teheran, Persien, d) Herbst 1971-1979/80 dem in Bangalore,
Südindien. An allen vier Plätzen waren ähnliche Aufgaben zu erfüllen.
Dazu gehörten nicht nur das Erteilen und die Organisation von
Deutsch-Unterricht, sondern auch die Veranstaltung von Ausstel¬
lungen, die Betreuung von deutschen Vortragenden und Künstlern
(meist Musiker) , welche die betreffenden Länder besuchten, um durch
ihre Kunst Sympathien für Deutschland zu erwecken, sowie die Einla¬
dung und Hilfeleistung für prominente Deutsche, welche Dienstreisen
durch die orientalischen Lande unternahmen. Valentina als
Gastgeberin oblag stets die Sorge für das leibliche Wohl, und sie schrieb
mir einmal im Scherz, sie frage sich gelegentlich, ob sie nicht statt
Sanskrit zu studieren besser eine Hotelfachschule besucht hätte. Im
ganzen machte ihr die Aufgabe aber Freude, und es war eine gute Gele¬
genheit, geistig oder politisch führende Menschen kennen zu lemen.
Während des Urlaubs und bei „Flauten" im Dienst blieb genügend Zeit,
um im Verlauf der Jahre ausgedehnte Reisen im gesamten Orient zu
untemehmen.
Gern waren Staches in Indonesien gewesen, Teheran lag ihnen nicht
so sehr. In die Aufenthaltsjahre in Karachi fiel die Drucklegung der
oben erwähnten Arbeit über das Sangitisütra, die 1968 erschien unter
dem Titel Dogmatische Begriffsreihen im älteren Buddhismus. II: Das
Sangitisütra und sein Kommentar Sahgitiparyäya. Nach Vorarbeiten
von KusuM MiTTAL bearbeitet von Valentina Stache-Rosen im
Akademie-Verlag, Berlin, in zwei Teilen als Band IX der vom Verfasser
dieses Nachrufs herausgegebenen Sanskrittexte aus den Turfanfunden.
Valentina Stache-Rosen (1925-1980) 26
Im ersten Teil dieses umfangreichen Werkes ist das Sangitisütra im
Sanskrittext und in deutscher Übersetzung bis auf geringe Lücken
herausgegeben und als Vorstufe des Abhidharma dargestellt worden.
Wertvoll ist die Publikation durch die Beigabe einer vollständigen
Übersetzung des im Chinesischen vorhandenen Sangiliparyäya, des
ersten der sieben von Takakusu schon 1904 analysierten Abhidharma-
werke der Sarvästivädins. Es war schon von mir als Kommentar zum
Sangitisütra erkannt worden. Beigegeben sind von Frau Stache-
Rosen im zweiten Teil ihrer Arbeit Glossare (Sanskrit-Chinesisch-
Deutsch, Chinesisch-Sanskrit-Deutsch) und ein Anmerkungsapparat,
in welchem zahlreiche Zitate aus Päli- und sonstigen Parallelen
enthalten sind. Ich hatte zusammen mit D. Schlingloff dem
Manuskript die „letzte Ölung" zu erteilen gehabt und bei der Druck¬
legung wirkten auch noch die Herren Ch. Tbipäthi und W. Clawiter
mit. Die räumliche Entfemung der Autorin und der komplizierte Satz
gestalteten die Fertigstellung der Publikation durch den Verlag sehr
mühevoll.
Mit der Versetzung Dr. Staches von Teheran nach Bangalore, um
die er sich bemüht hatte, begann 1971 für Valentina ein neuer
Lebensabschnitt. Sie war ja nun in dem Lande, das sie bereits durch den
früheren Aufenthalt als Stipendiatin kannte und fiir das sie durch ihr
Studium bestens vorbereitet war. Bis zur Pensionierung 1979/80
konnte ihr Gatte Dr. Stäche die Verlängerung seiner Verträge
daselbst erreichen. Für Valentina ergab der Aufenthalt in Bangalore
bald eine Erweitemng ihrer wissenschaftlichen Interessen in Richtung
auf das Volksleben und die Volkskunst, alles immer unter dem
Gesichtswinkel des Fortbestandes alter Traditionen und historischer
Bräuche. S. dazu ihre Beobachtungen in Survival of some ancient forms
of audiovisual education in present-day India. In: Acharya Raghu Vira
Commemoration Volume = Studies in Indo-Asian Art and Culture 5
(1977), p. 141-156. Nicht selten gelang es ihr, mit wissenschaftlichem
Spürsinn und ihrer photographischen Fähigkeit Erzeugnisse verbor¬
gener Künste ans Licht zu ziehen. Sie erwarb nach und nach eine
sehenswerte Sammlung von Sehattenspielfiguren, Marionetten und
volkstümlichen Malereien. Das Schattenspiel hatte sie als erstes
gefesselt. Eine Publikation darüber mit einer Übersicht über die
früheren Forschungen und die Literatur über das Thema erschien 1976
unter dem Titel Schattenspiele und Bildervorfühmngen. Zwei Formen der
religiösen Volksunterhaltung in Indien. In: ZDMG 126 (1976), p. 136-
148; englisch: Shadowplayers andPictureshowmen. In: Quarterly Joumal
ofthe Mythic Society 66, 3/4 (1975. '77), p. 43-55; umgearbeitet und
26 Ernst Waldschmidt
betitelt: On the Shadow Theatre in India. In: German Scholars on India.
Contributions to Indian Studies. Vol. 2. Bombay 1976, p. 276-285. Ein
anderes Thema, über das Valentina in den gleichen Jahren arbeitete,
war ein indischer doppelköpfiger Vogel, von der Art der doppel¬
köpfigen Adler, Wappentiere der Habsburger, Hanse usw. im euro¬
päischen Raum. Ein Artikel darüber aus dem Jahre 1977 findet sich
unter dem Titel GanxktbheruTida. Zur Tradition des doppelköpfigen Vogels
in Südindien. In: Beiträge zur Indienforschung. Berlin 1977, p. 489-510;
englisch in: Quarterly Journal of the Mythic Society 67 (1976. '78),
p. 1-24. Eine Gelegenheitsarbeit sind die Bemerkungen über einen
Yogini-Tempel in Südindien: A Note on the so-called 'Yogini Temple of
Coimbatore'. In: Quarterly Joumal ofthe Mythic Society 69 (1978. '79),
p. 48-53. — Zu einer Ausstellung, veranstaltet 1978 von dem Ehepaar
Stäche im Max Mueller Bhavan/Bangalore (Goethe-Institute Banga¬
lore) „to contribute to the appreciation of Indian folklore", steuerte sie
die Photographien und den Text unter dem Titel Bhutas and Teyyams. \
Spiritworship and Ritual Dances in South Kanara and North Malabar.
Bangalore 1978, p. 1-32, bei. Der Redaktion von Artibus Asiae heferte
sie einen Aufsatz über die Chitrakathis von Pinguli/Savantwadi ein, der ]
noch nicht erschienen ist. Im Rahmen ihrer Tätigkeit am Goethe-
Institut liegt die Zusammenstellung von 150 Kurzbiographien von
deutsch sprechenden Indologen, die des Dmckes harrt; Titel: German \
Indologists. Biographies of Scholars in Indian Studies writing in German, '
with a Summary on Indology in German speaking Countries.
Jahre hindurch unterhielt Valentina Beziehungen zu den in Süd- I
indien angesiedelten Gmppen von tibetischen Flüchtlingen, s. dazu [
ihren Artikel Tibetans in South India. In: Studien zum Jainismus und I
Buddhismus. Gedenkschrift für Ludwig Alsdorf.W\esh&den\%%\,Tp. 261- ;
281. Diesen Kontakten vorauf gingen Reisen nach Ladakh und Nepal
und zwei Aufsätze von ihr über Gunavarman. A comparative Analysis of
the Biographies found in the Chinese Tripitaka. In: Bulletin of Tibetology
10 (Gangtok, Sikkim 1973), p. 5-54, und über The Temptation of the
Buddha, ebda 12 (1975), p. 5-24.
Der im voraufgehenden skizzierten popularisierenden Richtung ihrer
Forschungen stehen strenger philologisch ausgerichtete Publikationen
oder zur Publikation heranstehende Manuskripte gegenüber, die sich \
hauptsächlich aus ihrer fmchtbaren Zusammenarbeit mit D. Schling- j
LOFF ergaben. Mit ihm bereitete sie eine Publikation Die Jätaka-
Dichtung des Sahghasena vor, die auf der Palmblatt-Sanskrit-Hand-
schrift 26 (Lüders-Nr. 1096) aus den Turfansammlungen bemht und
deren chinesische Version Valentina zu übersetzen übemommen
Valentina Stache-Rosen (1925-1980) 27
hatte. Im Rahmen der Neuinterpretation der Ajantä-Malereien durch
D. Schlingloff machte sich Valentina auch an die Übersetzung
und Analyse chinesischer Quellen zur Buddhalegende und zu Jätakas
und Avadänas im chinesischen Tripitaka. — Schließlich wandte sich
Valentina in den letzten Jahren noch einmal der Mönchsdisziplin
{Vinayd) zu, mit dessen Thematik sie ihre Gelehrtenlaufbahn
begonnen hatte. Ein in chinesischer Übersetzung vollständig vor¬
handener Text, das Upälipariprcchäsätra, von welchem auch bruch¬
stückhafte Sanskrit-Entsprechungen existieren, vrarde von ihr studiert.
Bei einem Symposion zur Buddhismusforschung in Göttingen, ist über
das Werk gesprochen worden, und in dem Bericht über das Symposion
mit dem Titel BuddJiism in Ceylon and Studies on Religious Syncretism in
Buddhist Countries. Hrsg. von Heinz Bechert. Göttingen 1978.
(Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen.
Nr. 108) gab Valentina p. 58-60 eine „Zusammenfasung", über¬
schrieben Das Upälipariprcchäsütra. Ein Text zur buddhistischen Ordens¬
disziplin. Sie konstatiert (I.e., p. 58), daß jeder Abschmtt des Werkes
eine „wörtliche Parallele im Päli hat, allerdings nicht als zusammen¬
hängender Text". Diese Parallelen finden sich im Päli im Upälipaficaka
des Parivära und an anderen Stellen des Parivära, d.h. des letzten
Vinaya-Teils im Päli-Kanon. Frau Stäche soll eine Übersetzung des
gesamten chinesischen Textes angefertigt und darin die einzelnen
Abschnitte den Textentsprechungen im Parivära gegenübergestellt
haben. Nach Publikation dieser Arbeit wird sich wohl entscheiden
lassen, ob sich eine stärkere Abhängigkeit des Chinesischen vom Päli
ergibt als sie bei Sanskrit- bzw. chinesischen und Päli-Fassungen der
gleichen Werke auch sonst zu beobachten ist.
Das Voraufstehende zeigt, daß Frau Stäche sich bei ihrem Tode auf
einem Höhepunkt ihres Schaffens befand. Zum weiteren äußeren
Verlauf ihres Lebens ist folgendes zu sagen: Nach der Pensionierung
ihres Mannes siedelten Staches 1980 mit der einzigen Tochter Agnes
(geb. 11. 1. 1962) von Bangalore nach München über, in dessen Nähe
(Grafing) das Ehepaar ein Haus erworben hatte, das man mit großen
Erwartungen bezog. Schon in Indien hatte Valentina sich in der
letzten Zeit häufig unwohl gefühlt. Die dortigen Ärzte erkannten den
Ernst ihrer Krankheit leider nicht voll. Erst genaue klinische üntersu-
chungen in München ergaben den traurigen Befund: nicht mehr zu
operierender Leberkrebs. Valentina kannte seither ihren Zustand
genau und sah dem Ende klaren Blicks entgegen. Man gestattete ihr,
noeh einige Monate in ihrer neuen Wohnung mit dem Gatten und der
Tochter gemeinsam zu verbringen, bis sie nicht mehr ansprechbar
28 Ernst Waldschmidt, Valentina Stache-Rosen (1925-1980)
wurde, ins Krankenhaus mußte und dort bald verstarb. Wie die Familie
hat mich ihr frühes Ende schwer erschüttert, da sie mir stets nicht nur
eine hochbegabte, sondem auch eine sehr anhängliche liebe Schülerin
war. Zum letzten Mal sah ich sie an meinem 80. Geburtstag 1977 im
Schwarzwald, wo mir die ganze Familie Stäche ihre Glückwünsche
darbrachte und Tochter Agnes, welche die indische traditionelle Tanz¬
kunst erlemt hatte, mich durch eine tänzerische Darbietung erfreute.
Agnes Stäche studiert nun in München Indologie und Völkerkunde,
und so besteht die Hoffnung, daß sie einmal das Erbe der Mutter in
seiner ganzen Breite antritt.
Die Entwicklung des Derivationsmorphems der ^-Stämme im Semitischen
Von Wekner Diem, Köln
Inhalt
I. Einleitung
§ 1 Einleitendes — § 2 Ziel der Arbeit — § 3 Prinzip der Rekonstruktion — § 4 Formale Hinweise und Abkürzungen — §5 Reflexivität und Reziprozität
II. Die Rekonstruktion von us. T
§ 6 Die Reflexe von us. T — § 7 /ta/ vs. /t/— § 8 Die Aufspaltung von us. /ta/ in /ta/ und /</— § 9 Die Aufspaltung der verbalen Basen von 1 1 und tä 1 — § 10 tl yattalid, yattasir, yattahid— § 11 Präfigierung vs. Infigierung — § 12 Die
Metathesistheorie — §13 Unzulänglichkeit der Metathesistheorie — § 14
Rekonstruktion zweier einzelsprachlicher Haupttypen — § 15 Der ursemi¬
tische Ausgangspunkt der einzelsprachlichen Entwicklung — § 16 Die urse¬
mitische Aufspaltung der /-Stämme in täl, tl und t2, t3 — § 17 Auflösung
anlautender Doppelkonsonanz — §18 Assimilationserscheinungen bei ///
und Rl — §19 Zusammenfassung der ursemitischen Entwicklung — §20
Theorien zum Urspnmg von US. //a/— §21 Das Verhältnis von//o/und/?i<x/
im Ui semitischen
III. Die einzelsprachliche Entwicklung
a) Allgemeines
§22 Die untersuchten Sprachen — §23 Die Entwicklungsmöglichkeiten b) Das Altäthiopische
§ 24 Südostsemitische Periode und äthiopische Periode — § 25 Das altäthio¬
pische morphologische System — §26 Die Funktionen c) Das Syrische
§27 Die Entstehung des aramäischen Systems — §28 der prothetische
Vokal — §29 Die Allomorphe von syr. T — §30 Phonologische Regeln
d) Das Arabische
§31 Morphologische Typen — §32 Unterscheidungskriterien — §33 taqattal yataqattal vs. itqattal yatqattal — § 34 iqtatal vs. itqatal — § 35 staqtal vs.
tsaqtal— § 36 saqtal— § 37 1 1 i'addar ya'addir— § 38 Das urarabische System
der /-Stämme — §39 Bemerkungen zu den Funktionen
e) Das Akkadische
§40 Vorgeschichte — §41 Historische Einzelanalyse der /-Stämme — §42
Synchronische Analyse — § 43 Morphemabgrenzung — § 44 Rückblick auf
die historische Entwicklung von us. t,„( ™ Akkadischen