Die dreisprachige Gründungsinschrift des
„Gelben Tempels" zu Peking aus dem Jahre 1651
Von Herbert Franke, München
WoLroANG Batter hat in seiner Arbeit Zwei mehrsprachige Gedicht¬
inschriften Kaiser ChHen-lungs aus dem „Gelben Tempel" zu Peking,
einem Beitrag zur Festschrift für Erich Haenisch {Studia Sino-Altaica,
Wiesbaden 1961, S. 21—30), von den fünf Steinüischriften des „Gelben
Tempels" diejenigen aus den Jahren 1764 und 1780 bearbeitet und damit
die Erschließung des polyglotten Inschriftenmaterials der Sammlung von
O. Franke und B. Laufeb (Epigraphische Denkmäler aus China, Erster
Teil, Berlin-Hamburg 1914) weiter gefördert. Im folgenden soll die
Gründungsinschrift dieses Tempels aus dem Jahre 1651 behandelt wer¬
den (Feanke-Laufer, Tafeln 8 und 9). Bekanntlich ist dieser Tempel
anläßlich des Besuchs des ,, Großen Fünften" Dalai-Lama Nag-dban
blo-bcan (1617—1682) in Peking erbaut worden. Einen kurzen Überblick
über die Baugeschichte sowie Literatur- bzw. Abbildungsnachweise findet
man bei Bauer (op. cit. S. 21 und 22), so daß an dieser Stelle eine
Wiederholung der diesbezüglichen Angaben sich erübrigt. Dagegen sollen
aus den chinesischen historischen Quellen noch einige Einzelheiten zum
Besuch des Dalai-Lamas ergänzend gebracht werden, die zu der bisher
ausführlichsten Arbeit über diese für den weiteren Gang der Geschichte
wichtige Begegnung zwischen dem Oberhaupt der Gelben Sekte und
dem Mandschuherrscher, nämlich W. W. Rockhills The Dalai Lamas
of Lhasa and their relations with the Manchu emperors of China 1644 — 1908
(T'oung Pao XI, 1910, S. 1—104) noch nachgetragen werden können.
Wir wenden uns zunächst der Inschrift selbst zu.
Der im östlichen Pavillon aufgestellte Stein trägt auf Vorder- und
Rückseite je eine Inschrift; die Vorderseite enthält die eigentliche
Inschrift und die Namen der an ihrem Zustandekommen beteiligten
Personen, während die Rückseite uns die Namen der Bauleiter, Hand¬
werker und Künstler nennt, die den Tempel und seine Einrichtung
geschaffen haben, und damit ein wichtiges Dokument zur Baugeschichte
darstellt. Der ursprüngliche Text der dreisprachigen Inschrift ist der
chinesische, wie einwandfrei aus dem Text selbst hervorgeht, wonach
der chinesische Wortlaut von Ning Wan-wo stammt und die Übersetzung
ins Mandschurische und Mongolische dem Hife verdankt wird. Über
diese und die anderen in den Inschriften genaimten Personen wird weiter
unten noch einiges zu sagen sein (S. 403—406).
392 Hebbebt Fbanke
1. Text
Der Inschrifttext ist in Prosa gehalten und zwar in allen drei Sprachen.
Jeder einzelsprachliche Text umfaßt acht Zeilen, wovon freilich im
chinesischen Text eine Zeile auf die nur zwei Schriftzeichen der Eingangs¬
formel entfällt. Auch sonst entsprechen sich die Zeileninhalte nicht, was
ja auch angesichts der so verschiedenen verwendeten Sprachen nicht
Wunder nehmen kann. Man kann also nicht eine genaue Parallelität
des Inhalts durch Aufgliederung nach Zeilen in den drei Sprachen her¬
stellen. Deshalb ist bei der unten folgenden Wiedergabe bzw. Umschrift
des Textes zu beachten, daß die Zeilenzählung nach dem Mandschu¬
rischen und Mongolischen vorgenommen wurde (die sich aber in Z. 1
und 2 auch nicht genau entsprechen; der mo. Text von 1 bringt Stellen,
die im ma. erst in 2 erscheinen) und daß der chinesische Text von mir
so verteilt wurde, daß er in etwa dem Inhalt der mandschurischen
Fassung parallel geht. Im Original ist der chinesische Text nicht inter¬
pungiert; er weist zwar Abstände innerhalb der Zeilen auf, die aber
nur den Respektlücken vor der Nennung des Kaisers entsprechen. Der
mandschurische und der mongolische Text weisen dagegen eine Inter¬
punktion mit Punkten, Doppelstrichen und dem vierfachen Punkt
(dörbeljin 6eg, durch :: wiedergegeben) auf. Ein Siegel findet sich, im
Gegensatz zu den Ch'ien-lung-Inschriften, nicht. Einen Unterschied
gegenüber den späteren Inschriften bietet auch die Anordnung : Während
die chinesischen Texte von 1764 imd 1780 rechts stehen, hat die In¬
schrift von 1651 den chinesischen Text links, den mandschurischen in
der Mitte und den mongolischen rechts, und zwar sowohl auf der Vorder¬
seite wie auch der Rückseite mit ihrer Namensliste.
a) Vorderseite der Inschrift (Feanke-Laufbe Tafel 8)
i.S'fi ^Jit:#ttB5t
Howangdi banjitai gosin hiyooiungga :
Tngri dede Jayay-a tu törölki ürüsiyenggüi takimdaqu
qamuy i engke amuyulang bolya yöi
2.5^m±^ :t±^m&:i>immmB'mi^mKi^±,^Bm
^^mmi^^
abkai salgabuha tayifin obure ejen : beye dasan be aliha oi
ebsi jing irgen be gosire ujire be gonime ofi toondo edun
aga erin de acabure sakda yaya jaka ambula elgiyen oho .
boyda qayan :yeke törö yi hariysan aöa inaysi : ürgüljide
ulus irgen i ürüsiyen tedkün sedkikü yin tulada :
tegüber kei qur-a öay-iyar boluyad : aliba jüil kereg tü
ed ayurasun ülemji elbeg bolba :
Die dreisprachige Gründungsinschrift des „Gelben Tempels" zu Peking 393
3. ^>t^mmit^mm'4immmm^-'^ki>j.mmmm
abkai gosire mujilen be ede getuken saci ombi : wargi
gru"un i lama fucihi tacihiyan i dorgideri
tngri yin ibegekü yi egüber ilede medebesü bolumu j-a :
töbed ulus un lam-a : burqan u sasin i suryayuli ber :
4. Mmm^t^^-^mmm^m
han i doro de ayisilame subarhan miyoo arafi gurun be
adahana irgen de tusa obuki seme wasimbure jakade .
qayan u törö dür tusa bolqu süme suhurya bayiyulju : ulus
irgen i egüride engkejigül ün tusalasuyai kemen ayiladqaysan
dur :
ß. m ^)r^M^^Rmi^miitmiii^m^i&m^i^\^
7K?f PM±^tm^^m^f^unix^\i ^j&m
dergi hese unenggi gurun irgen de tusa oci . bi ore udu tumen
yan i ulin be ajdnu hayirambi sefi . lama de nomon han i gebu
bufi . jing hecen i amargi de eyiten be elhe obure oron arame
deribufi udu inenggi dolo uthai sanggaha ::
degedü yin jarliy . ulus irgen dür tusa bolqu mayad bolbasu :
bi ene nigen kedün tümen lang yin ed i yayun u tulada qayiralamu
kemen : lama dur nomun qayan öula ögcü bürün : Jing qotan u
umara tu eteged tür : qamuy i amuyuluyöi oron i egüsken
bayiyulju : nigen kedün edür un jayura bütügebei :
6. E 1^ [fff :^ ;i fB
hese wasimbufi bithe arafi bei ilibuha :
Jarliy iyar bei öilayun dur biöig öaböiju bayayulbai ::
7. p^m^^%mm^mi^^±^m^'&
dorgi han lin selgiyere yamun i aliha bithei da Hife . manju
monggu gisun i ubaliyambuha :
dotoyatu qan lin üliger qauli yi aldarsiyulqu yamun i teri¬
gülügöi erkin tüsimel Gibe . manju ba . mongyol un keleber
oröiyulba :
f^mnmäim±m±m%nmx
dorgi gurun i suduri yamun i aliha bithei da Ning Wan 0
nikan bithe banjibume araha :
dotoyatu ulus un sudur un yamun terigülügöi erkin tüsimel
Ning Wan 0 . kitad un keleber jokiyaba :
m^^^nm-Mm^mm^
taciha hafan Lomin manju bithe araha .
394 Hebbebt Franke
taöiqa qavan Lomin manju biöig biöibe :
m^miü>s.^m'Mmii^
ejeku hafan Biliktu monggu bithe araha :
ejeku qavan Biligtü mongyol biöig biöibe :
mmmmmmum^
diyan jl hafan Yang Jen Lin nikan bithe araha :
diyan ji qavan Yang Jen Lin . kitad biöig biöibe ::
s.izmmmA^M'X^^n^^^ bal
Dayicing gurun i ijishön dasan i jaköci aniya äahön
gölmahon : tuweri ujui biyai sayin inenggi ilibuha :
dayiöing ulus un eye ber jasayöi yin naimaduyar on .
öayayöin taulai jil un ebül ün terigün sara yin sayin
edür bayayulbai ::
b) Rückseite der Inschrift (Feanke-Laufer Tafel 9)
i.&^mmm
bashö ergi ashan i amban Losö
jegün yar un ded tüiimel Lo§o
2.m^^m^±'f-±%xu^i']mmw.m
tulergi fucihi soorin be uheri tuwame weyilebuha weyilere
jurgan i tayize tayiboo aliha amban Jang Fung Ciyang
yadaya-tu burqan u süme yi bayiyulqui dur . bügüde yi
üjejü üiledgegülügöi üile yin yabudal un tayize tayiboo
erkin tüsimel Jang Vung Ciyang :
s.^^'.mß:mm
mujilen bahabuko Udari
seibin duradqayöi Udari 4. «ä±^^jl
zung li tayigiyan loi Yoo zung li tayigiyan loi Yoo
5. ^ÜA ±*
bosome weliyebuha icihiyara hafan Usiba
icihiyara hafan Togui
Jakiröu üiledgegülügöi iöigiyara qavan Usiba
iöigiyara qavan Togui 6. ^mn^m^W}v^:fj^^
durun jorüia bayitalabure hafan Moodan
kemjiye jiyayöi bayitalabure qavan Moodan
Die dreisprachige Gründungsinschrift des „Gelben Tempels" zu Peking 395
7. a) ilEuS S^?^
h-owa jiyang ni da Joo Siyoo Ji
Jiruyayöi yin terigün Joo Siyoo Ji
b) tKEbS
mo jiyang ni da Zoo Deng
moduöin u terigün Zoo Deng
c) mi^mm.^■Mi^L1^Mm
fucihi beye ilibuha faksi Lubzang Braii gelong
burqan u beye yi bayiyuluyöi uran Lubsang Bra§i gelong
d) m^:e is^^m
durun joriha faksi Gurusigiu
kemjiye jiyayöi uran Gürüsgiü
e) mm\s.m I'm
foloro faksi da loi Ming
seyilgüriöi urad im terigün loi Ming
f ) % E m I +a
wa jiang ni da Wang Siyang
toyosqaöin u terigün Wang Siyang
g) ^ E sifl ?S M
wehe faksi da Jang Li
öilayuöin u terigün Jang Li ::
2. Übersetzung (Vorderseite)
Da die chinesische Fassung, wenn auch nicht ihrem Sinn im großen
nach, von der schlichteren mandschurisch-mongolischen Fassung etwas
abweicht, werden hier zwei Übersetzungen geboten.
a) Chinesische Fassung
Ehrfurchtsvoll wird verkündet: Der erhabene Kaiser hat seine
menschenfreundliche und pietätvolle Wesensart zur Vollendung gebracht
und ihm ist vom Himmel gewährt worden, ein Herrscher des allgemeinen
Friedens zu sein. Seit er persönlich die Regierung übernommen hat,
bemühte er sich ständig, die liebende Sorge für dieses sein Volk in
seinen Gedanken zu tragen. Dadurch gab es Regen und Sonnenschein
zur rechten Zeit und die jährlichen Ernten pries man als von großer
FüHe. Wenn man nach der Gesinnung des Himmels Ausschau hält, so
ist dies alles ein klarer Beweis für sie. Nun gab es einen Lama aus den
Westlanden, der den Wunsch hatte, mit der Lehre Buddhas die erhabenen
Absichten des Kaisers zu fördern und zu unterstützen. Er bat, daß man
einen Stupa errichten und einen Tempel bauen sollte, um dem Staat
langes Leben zu verleihen und dem Volk Segen zu bringen. So erging
396 Hebbeet Fbanke
ein Erlaß: „Wenn dies wirklich für Staat und Volk Vorteil bringt,
warum sollten Wir da geizen mit ein paar Zehntausend Goldmünzen?"
Aus diesem Anlaß wurde (dem Lama) der Titel „Herrscher der Lehre"
verliehen, und im Norden der Mauer der Hauptstadt baute man den
„Buddhatempel der Umfassenden Ruhe". Man schaffte Material herbei
und versammelte Arbeiter, so daß in wenigen Tagen die Vollendung
gemeldet wurde. Daraufhin erging an uns Beamte Befehl, hierüber eine
Inschrift zu verfassen.
Der Chef der Halle der Ausbreitung der Literatur in der Inneren Han¬
lin-Akademie, der Großgelehrte Hsi-fu hat sie verglichen und aufgesetzt.
Der Großgelehrte der Halle der Reichsgeschichte der Inneren Han¬
lin-Akademie, Ning Wan-wo hat den Text verfaßt.
Der fa-chH-ha ha-jan Lo Mi hat die mandschmische Schrift ge¬
schrieben.
Der e-cM-Fu Pi-li-t'u hat die mongolische Schrift geschrieben.
Der Archivar Yang Chen-lin hat die chinesische Schrift geschrieben.
Errichtet an einem glückbringenden Tag im ersten Wintermonat des
8. Jahres (der Regierungsperiode) , .Willfährige Regierimg" der Großen Ch'ing, mit den Zykluszeichen Hsin-mao.
b) Mandschurisch-mongolische Fassung
Der heilige Herrscher, vom Himmel vorbestimmt und von Natur aus
voll Liebe und Pietät hat allen beständigen Frieden gegeben. Seit er
in Person die Regierung übernommen hat, hatte er unaufhörlich im
Sinne, das Vok seines Reichs zu lieben und zu beschätzen. Aus diesem
Grunde sind Wind und Regen zur rechten Zeit gekommen und alle
Arten von notwendigen Gütern waren im Überfluß vorhanden. Die
hilfreiche Gesinnung des Himmels mag hieraus klar zu erkennen sein.
Nun hat der Lama aus Tibet folgendes gesagt und gemeldet: ,,Da durch
die Lehren der buddhistischen Religion der Regierung des Herrschers
Vorteil erwächst, möchte ich durch den Bau von einem Kloster und
Stupa dem Volk des Reiches auf ewig Segen gewähren und ihm Vorteil
bringen." Darauf erging ein erhabener Erlaß: ,,Wenn dies wirklich für
das Volk des Reichs von Vorteil ist, warum sollte mich eine Summe von
einem oder mehreren Zehntausenden Unzen gereuen?" Dem Lama
verlieh man den Titel ,, Herrscher der Lehre" und auf dem ,, Platze der
allen Frieden bringt", in einer Gegend nördlich der Residenzstadt, ließ
man den Bau beginnen, welcher innerhalb einiger Tage vollendet wurde.
Auf kaiserlichen Befehl hin wurde angeordnet, diese Inschrift auf einem
Stein einzumeißeln.
Die dreispreichige Gründungsinschrift des „Gelben Tempels" zu Peking 397
Der Großbeamte und Chef des Yamen zur Ausbreitung der vorbild¬
haften Traditionen in der Inneren Han-lin, Hife, hat dies in die mand¬
schurische und mongolische Sprache übersetzt.
Der Großbeamte und Chef des Yamen der Bücher des Mittelreichs,
Ning Wan Wo hat (den Text) in chinesischer Sprache verfaßt.
Der Lehrbeamte Lomin hat die mandschurische Schrift geschrieben.
Der Registrator Yang Chen-lin hat die chinesische Schrift geschrieben.
Im 8. Jahre der „Willfährigen Regierung" des großen Ch'ing-Reichs,
an einem glückbringenden Tag des ersten Wintermonats im weißlichen
Hasen-Jahr errichtet.
3. Erläuterungen
Z. 1. In mo. tngri deüe haben wir eine Kombination des vorklassischen
Dativ-Lokativs mit dem Ablativ-Suffix -6e "which sometimes occurs in
the pre-classical language" (Poppe, Grammar of Written Mongolian,
Wiesbaden 1954, § 300). —• Die chinesische Einleitungsformel kung-wei
fehlt im ma. und mo. Text.
2. chin. t'ien-tsung „vom Himmel gewährt", sicherlich eine Anlehnung
an Lun-yü IX, 6; Wilhelm, S. 88: ,,Wenn ihm der Himmel Gelegenheit
gibt, wird er sich als Genie beweisen." Etwas anders Waley, Analects
S. 139 : "Heaven certainly intended him to become a Sage". Die ent¬
sprechende Stelle lautet in der Mandschufassung des Lun-yü (die ja 1651
noch nicht vorlag) yala abkai fulingga enduringge (H. C. von der
Gabelentz, Sse-schu, Schu-king, Schi-king in mandschuischer Über¬
setzung, Leipzig 1864, Abh. d. DMG III, 1, S. 34).
Statt des ma. tayißn, einer lautlichen Wiedergabe des chin. fai-ping
,, Großer Friede" umschreibt das mo. qamuy i engke amuyulang bolyayti
„welcher allen beständigen Frieden bewirkt".
ma. jing irgen „Volk der Hauptstadt", mo. ulus irgen „Volk des
Reichs", ch. ssu-min „dieses Volks", mit der archaisierenden Partikel ssu.
chin. ch'üan-ch'üan ,,sich ständig bemühen, festhalten" ist Anspielung
auf Chung-yung, B 2; Wilhelm, Li Gi S. 5 ,,wenn er ein Gutes erlangt
hatte, so hielt er es mit beiden Händen in seinem Busen fest". Das
ma. Chung-yung hat hier (von der Gabelentz, op. cit. S. 9 Abschn. 7)
memereme memereme gonin de tebufi. Der ma. Text der Inschrift hat
keine rechte Entsprechung für chin. ch'üan-ch'üan, der mo. Text hat
ürgüljide ,, unaufhörlich".
chin. yü-yang shih-jo ,, Regen und Sonnenschein zur rechten Zeit"
ist ein Zitat aus Shu-ching, Kap. Hung-fan; Karlgren, Book of Docu¬
ments, Stockholm 1950, S. 31 und 33, Abschnitt 26—28 "seasonable
rain . . . seasonable sunshine" etc., innerhalb einer Aufzählung der
glückverheißenden Naturphänomene. Ma. und mo. haben beide ,,Wind"
398 Herbert Fbanke
{edun, kei) anstatt „Sonnenschein" des chin. Textes. Im ma. Shu-ching
(von deb Gabelentz, op. cit. S. 185 heißt es Abschn. 28 erileme agambi.
erin de fiyakiyambi, erileme edun dambi ; erin de bietet auch der ma. In¬
schrifttext.
chin. ta-yu „Große Fülle". Dies ist der Name des Hexagramm Nr. 14
des I-ching; Wilhelm, / Ging S. 43 ,,der Besitz von Großem". Dem
chin. ta-yu entspricht ziemlich wörtlich das ma. ambula elgihen, während
der mo. Text wortreich umschreibt ,,alle Arten von notwendigen Gütern
waren im Überfluß vorhanden". In der ma. Übersetzung des I-ching
heißt das Hexagramm Nr. 14 ambula bisire (Ch. de Hablez, Le Yi¬
king .. . avec la version mandchoue, Paris 1897, S. 163).
Z. 3. chin. Pien-hsin ist ein Ausdruck, der in dem apokryphen Kapitel
Hsien yu i te des Shu-ching vorkommt (Legge VI, II, 3, S. 245 "the
mind of Heaven"). Ma. Text abkai gosire mujilen ,, liebende Gesinnung
des Himmels", mo. tngri yin ibegekü ,, Schutz des Himmels". Im ma.
Shu-ching (von der Gabelentz, op. oit. S. 171, III, 6) finden wir für
unsere Stelle ein abkai mujilen.
chin. chüan-ku ist eine Ellipse für eine Stelle aus dem Buch der Lieder,
Shih-ching Ode Nr. 241 Huang-i, Vers 1 a. E. ; Karlgren, Book of Odes,
Stockholm, 1950, S. 193—194: "He looked about and turned his gaze
to the West, and here he gave an abode". Mit großer Subtilität hat hier
der Verfasser einen Ausdruck gewählt, der sowohl einen Blick nach
Westen (von wo der Dalai-Lama kommt) und die Gewährung des
Obdachs (den Bau des Tempels) angedeutet. Diese Feinheit ist sowohl
im ma. wie im mo. Text unberücksichtigt geblieben. Das ma. Shih-ching
übersetzt die beiden Verse (von der Gabelentz, op. cit. S. 279, III, 1,7);
tuttu gosime wargi tuwafi ubabe bufi tebuhe.
chin. hsi-yü für Tibet ist ungewöhnlich, da sonst hsi-yü eher Zentralasien
bedeutet. Ma. wargi gurun ist genaue Übersetzung des chin. Ausdrucks,
während die mo. Fassung den Landesnamen töbed, Tibet direkt nennt.
chin. yin-tsan, ,, heimlich helfen", vgl. Dai Kanwa Jiten 11, S. 845 IV.
Ma. dorgideri ayisilame, im mo. ohne Entsprechung für dorgideri,
chin. yin.
chin. huang-yu , .Kaiserliche Absicht, Plan", ma. han i doro ,,Weg des Kaisers", mo. qayan u törö, , .Regierung des Kaisers". Der chin. Ausdruck
ist vielfach belegt, vgl. P'ei-wen yün-fu ed. Comm. Press S. 1318 I und
Dai Kanwa Jiten 8, S. 73 II, jedoch erst seit dem 6. Jahrh.
Z. 4. Ma. subarhan, mit gegenüber dem mo. veränderten Vokal der
zweiten Silbe, miyoo ,, Tempel" ist lautliche Wiedergabe des chin. miao,
während im mo. das einheimische Wort süme steht.
chin. shou-kuo yu-min ,,dem Staat langes Leben verleihen und dem
Volk Segen bringen", also zwei parallele Satzglieder, sind im mo. Text
Die dreisprachige Gründlingsinschrift des „Gelben Tempels" zu Peking 399
zusammengezogen, während der ma. Text noch den Parallelismus erken¬
nen läßt, shou-kuo kommt schon im Lü-shih ch'un-ch'iu ch. 22 Abschn. 6
{ch'iu-jen) vor ; Wilhelm, Frühling und Herbst des Lü Bu We S. 397:
,,Nun gibt es ein Mittel, um Staaten langlebig zu machen". Ein weiterer
Beleg findet sich Kuan-tzu ch. 9, Abschn. 23 {pa-yen), ed. Kambun Taikei
S. 10 : „Mit einem einzigen Wort dem Staat langes Leben verleihen".
Z. 5. chin. nao-mu-han ist lautliche Wiedergabe des mo. nomu{n) qan
, .Herrscher der Lehre" (im Text nomun qayan), welches dem skr. dhar-
niaräja, entspricht.
Für das chin. chin-ch'ien, wört. „Goldmünzen" hat ma. yan „Unze",
wolil ein Lehnwort aus chin. liang. Der mo. Text hat die genauere
Umsclirift lang.
Im chin. Namen des Tempels P'u-ching ch'an-lin ist ch'an-lin „Hain
der Meditation" eine Umschreibung für Tempel oder Kloster, wofür
ma. und mo. das farblosere oron ,, Stelle, Ort, Platz" haben. Die beiden
Kolonialsprachen geben dem Tempelnamen also die Bedeutung ,, Stätte,
welche allen Frieden bringt".
chin. p'i-ts'ai chiu-kung, ,, Material herbeischafiFen und Arbeiter ver¬
sammeln", also zwei grammatisch parallele Ausdrücke, werden im
ma. Text nur mit arame deribufi ,,mit der Arbeit angefangen habend"
wiedergegeben. Auch der mo. Text hat nur egüsken bayiyulju „beginnend
bauen" für die chin. Stelle, die ihrerseits ein sprachlich archaisches
Gepräge trägt und wohl auf zwei Tso-chuan-SteUen beruht. Hsiang .5
heißt es (Couveeür, Tch'ouen Ts'iou et Tso Tchouan, 11, 213): p'i
chia-ch'i ,, richtete die Gerätschaften des Hauses her" (,, donna tout ce
qui se trouvait dans la maison"). Ferner Yin 8 ,,er sammelte sein Volk"
(CouvEEUR I, 47 ,,a r6uni leurs habitants"), ma. Tso-chuan ed. W. Bauer,
Tsch'un-ts'iu m. d. drei Komm. Tso-tschuan, Kung-yang-tschuan u. Ku-
liang-tschuan in mandschuischer Übs., AKM XXXIII, 1, Wiesb. 1959
S. 33 : tesei irgen be tohorombuhangge.
chin. pu-jih ,,in wenigen Tagen", ma. udu inenggi dolo, mo. nigen
kedün edür ün jayura. Auch hier ist vom Verfasser des chinesischen
Textes mit Bedacht ein Ausdruck gewählt, der eine Beziehung zum
Tempelbau herstellt, pu-jih ist sicherlich eine Anspielung auf die Verse
shu-min kung-chih, pu-jih ch'eng-chih im Buch der Lieder, Shih-ching
Ode Nr. 242 {Ling-t'ai), Karlgren, op. cit. S. 196—197: "The people
worked at it, in less than a day they achieved it." Wenn im obigen das
pu-jih mit ,,in wenigen Tagen" übersetzt wurde, so findet das nicht nur
eine Stütze in den Bedeutungsangaben der Wörterbücher sondern auch
im ma. und mo. Text. Auch das ma. Shih-ching schreibt von ,, wenigen
Tagen"; von der Gabelentz, op.cit. S. 280, III, 1, 8: arara weilerede
geren irgen weilenjifi udu ingenggi ohako sanggaha.
400 Hebbert Franke
Z. 6. ma. bei „Inschriftstein", von chin. pei, dass. mo. bei iilayun, eig. ,, Inschriftstein-Stein". Im chin. Text steht als Äquivalent nur chi ,, Inschrift, Aufschrift, Bericht".
Z. 7. Der ma. Name Hife (ma. ,, Hafer") erscheint im chin. als Hsi-fu,
im mo. als Gibe, da das mo. Alphabet (außer etwa im Galik für tib.
und skr. Worte) keinen Buchstaben für h hat, und auch nicht für /.
Die Originalbezeichnung des Beamtentitels ist chin.; die beiden an¬
deren Sprachen übersetzen ihn, wobei nur Han-lin lautlich umschrieben
wird. Zum Titel selbst vgl. Mayers, Chin. Government, Shanghai 1896
5. 26 Nr. 202, Brunneet-Hagelstrom, Present Day Political Organi¬
zation of China, 1911, S. 72—73, Nr. 192.
Die Reihenfolge der in dieser Zeile aufgeführten Beamten richtet sich
nach dem Rang und nicht nach der Tätigkeit, so daß der Übersetzer
vor dem Autor erscheint, chin. chiao-ting ,,Text festsetzen, vergleichen, kollationieren" ist im ma. und mo. Text durch das deutlichere ubaliyam¬
buha bzw. or6iyulba ,,hat übersetzt" wiedergegeben.
Ning Wan-wo: Der Name ist chin., ma. und mo. Text bieten eine
recht genaue Umschrift. Auch sein Titel ist chin. ; ma. und mo. Text über¬
setzen ihn.
Lo Mi: ma. und mo. Lomin. Chin. und mo. Text bieten eine lautliche
Umschreibimg des ma. Titels taciha hafan, ,, Lohr-Beamter", was dem
chin. po-shih entspricht (Hauer, Wörterbuch S. 876: ,, Sekretär der
6. Rangstufe"). Im mo. qavan für ma. hafan ist / durch v wiedergegeben
statt wie oben bei Hife und Gibe durch b.
Pi-li-t'u ist eine annähernde Umschreibung des mo. Biligtü ,,mit
Weisheit begabt". Auch hier haben der mo. und chin. Text das ma. ejeku
hafan ,, Ratgeber-Beamter" lautlich umschrieben. Hauer, Wörterbuch
S. 236: Titel des Lektors (shih-tu) der Han-lin-Akademie.
Der chin. Name Yang Chen-lin wird im ma. und mo. Text lautlich
umschrieben, der chin. Titel tien-chi gleichfalls, jedoch unter Hinzu-
fügimg von hafan ,, Beamter". Zum Titel vgl. Mayers, Chin. Gov. S. 29,
Nr. 241 „recorder" ; Brunnert-Hagelstroem, Pol. Org. S. 137,Nr. 412 A,
6 „Sub-Archivist".
Z. 8. Die Datumsangabe zeigt keine Abweichungen der 3 Texte von¬
einander, außer daß die Angabe des Zyklusjahres hsin-mao in den beiden
Kolonialsprachen durch die übliche Kombination von Farbbezeichnung
und Zodiakal-Tier (weißlicher Hase) ersetzt ist.
4. Übersetzung (Rückseite) 1. Lo Shao, Vizeminister zur Linken.
2. Chang Feng-hsiang, Oberkommissar für den auswärtigen Buddha¬
tempel, Groß-Tutor des Kronprinzen und Arbeitsminister.
Die dreisprachige Gründungsinschrift des „Gelben Tempels" zu Peking 401
3. Udari, Instruktor.
4. Yü Yo, Generalintendant (Ober-Eunuch ?).
5. Usiba luid Togui, mit der Aufsicht über die Arbeiten beauftragte
Beamte des Kaiserlichen Hausministeriums.
6. Mao Tan, mit dem Entwurf beauftragter Beamter.
7. a) Chao Hsüeh-chi, Oberster der Maler.
b) Ts'ao Teng, Oberster der Zimmerleute.
c) Lubsang Brasi gelong, Hersteller der Buddhabilder.
d) Gürüsgiü, Entwurfzeichner.
e) Yü Ming, Oberster der Schnitzer.
f ) Wang Hsiang, Oberster der Ziegeleiarbeiter.
g) Chang Li, Oberster der Steinmetzen.
5. Erläuterungen
1. Lo Shao : der Name kann vielleicht chinesisch sein. Allerdings schreiben
der ma. und mo. Text Loso in einem Wort, was gegen das Chinesische
sprechen würde. Vizeminister, tso shih-lang, wird im ma. und mo. Text
übersetzt. Das ,,Vize-" wird nur im mo. ausgedrückt, ded.
2. Der chin. Titel wird im ma. und mo. Text übersetzt, mit Ausnahme
des in Umschreibung gebrachten fai-tzu Cai-pao ,, Groß-Tutor des
Kronprinzen". Unklar bleibt, warum der Minister Chang hinter
einem Vizeminister aufgeführt ist. Etwa weil Lo Shao vielleicht
Mandschure war ?
3. Der Name Udari ist sicher mandschurisch (mit uda- ,, kaufen" zu¬
sammenhängend ?), erscheint jedoch im chin. Text in einer sinisierten
Form, die unter Verwendung eines chin. Familiennamens (Wu) und
sinnvoller Zeichen (Ta-li ,, Kenner der Riten"). Der chin. Titel ist
im ma. Text ziemlich genau übersetzt, im mo. dagegen mehr dem
Sinne nach wiedergegeben. Zu ch'i-hsin lang vgl. Dai Kanwa Jiten 2,
1064 II: Zu Beginn der Djmastie den einzelnen Ministerien zugeteilte
Beamtenstellen zur Beratung der Prinzen des kaiserlichen Hauses,
1658 abgeschafft. Hauee, Wörterbuch S. 673: „Informator".
4. Der ma. und mo. Text umschreiben den chin. Titel lautlich. Zu
fai-chien vgl. Beünneet-Hagelsteom, S. 11 Nr. 55 ,, Eunuch".
5. Die Namen Usiba und Togui klingen mandschurisch. Im chin. Text
ist als Funktion nur angegeben li-shih kuan. Dies ist nach Hauee,
Wörterbuch S. 485 ein ,, ständiger Kommissar des Ministeriums des
Kaiserlichen Hauses", ma. tefi, icihiyara hafan. icihiyara hafan ist
sonst die Wiedergabe des chin. lang-chung, Ministerialrat (ib.). Zu
li-shih kuan vgl. Mayees, S. 6, Nr. 60 „Commissary", Beünneet-
Hagelsteom, S. 12 Nr. 67 „Administrator".
27 ZDMO 114/2
402 Herbert Frauke
ma. icihiyara ist durch mo. itigiyara wiedergegeben, mit g statt h
analog der Schreibung Gibe für ma. Hife.
6. Mao Tan ist ein chin. Name, obwohl im ma. und mo. Text entgegen
der sonstigen Übung in unserer Inschrift in einem Wort geschrieben.
Dabei ist im chin. hafan mit ha-fang umschrieben (entgegen dem
korrekteren ha-fan in der chin. Fassung des Titels des Lomi(n) in Z. 7
der Vorderseite der Inschrift). Das ma. bayitalabure hafan erscheint
im mo. und chin. Text in lautlicher Umschrift. Für bayitalabure gibt
Hauer, Wb. S. 70 die Bedeutung „erblicher Titel der 7. Rangstufe".
7. a) Chao Hsüeh-chi ist Chinese. Ma. umschreibt das chin. hua-chiang
,, Maler" lautlich, während mo. übersetzt, firuyayti.
b) Auch hier umschreibt das ma. lautlich, während mo. übersetzt,
modwbin. Der Chef der Zimmer leute war Chinese.
c) Ma. und mo. übersetzen die Funktion. Der Betreffende war buddhis¬
tischer Mönch mit einem tibetischen Namen, Lubsang gleich tib.
bh bcan „Weisheit", gelong gleich tib. dge-slon, d. i. vollgeweihter Mönch, skr. bhiksu. Für Bra§i könnte ein tib. bkra-Sis ,, Segen"
zugrunde gelegen haben.
d) Der Name Gurusigiu (Gürüsgiü) ist seltsam, und es ist schwer zu
sagen, ob er mo. oder tib. ist. Ein ,,Kürüski" war um 1718 Schreiber
im Tümet-Banner, vgl. W. Heissig, Pekinger lamaistische Block¬
drucke S. 42.
e) Der Chef der Bildschnitzer ist Chinese. Im chin. Text ist dem
Schreiber ein Lapsus unterlaufen. Statt des sinnlosen ^ luMn im
Text der Inschrift ist sicher zu lesen ^ tso ,, schnitzen, meißeln".
f) Für Ziegelarbeiter, Maurer, chin. wa-chiang, gibt der mo. Text die
Übersetzung toyosqaöin, während ma. den chin. Ausdruck lautlich
umschreibt. Wang Hsiang ist dem Namen nach Chinese.
g) Auch der oberste Steinmetz ist Chinese. Die ma. und mo. Fassung
übersetzen ,, Steinmetz" wehe faksi bzw. 6ilayu6in.
Insgesamt zeigt ein Vergleich der drei Fassungen unserer Inschrift,
daß die stilistischen Eigentümlichkeiten des chinesischen Textes, etwa
die vielen bewußt verwendeten altertümlichen, der klassichen Literatur
entlehnten Formulierungen mit ihren sinnvollen Anspielungen im Mon¬
golischen und Mandschmischen nicht zum Ausdruck gebracht werden
und wohl auch nicht gebracht werden konnten. Vielmehr bieten die
beiden nichtchinesischen Fassungen eher eine Paraphrase als eine genaue
Übersetzung. Dabei geht der mandschurische Text, abgesehen von
belanglosen Einzelheiten, dem mongolischen recht genau parallel. Die
beiden Fassungen stammen ja auch vom gleichen Übersetzer, dem
Hanlin-Präsidenten Hife, als dessen Muttersprache das Mandschurische
angesehen werden muß. Auffallend ist weiterhin, wie schwankend damals
Die dreisprachige Gründungsinschrift des „Gelben Tempels" zu Peking 403
1651, also nur 7 Jahre nach der Errichtung der Herrschaft über China,
der Sprachgebrauch bei der Wiedergabe chinesischer Beamtentitel noch
ist. In manchen Fällen wird einfach lautlich das Chinesische umschrieben,
wälirend in wiederum anderen Fällen das Chinesische einen Mandschu-
Titel phonetisch wiederzugeben sucht. Es kommt sogar vor, daß ein
und dasselbe mandschurische Wort im Chinesischen mit verschiedener
Orthographie erscheint, (ma. hafan = chin. ha-fan, ha-fang). Auffallend
ist auch, daß auf der Rückseite der Inschrift mehrfach das Mandschu¬
rische die chinesische Bezeichnung lautlich wiedergibt, während im
Mongolischen übersetzt wird, obwohl doch sicherlich für Ausdrücke wie
Maurer, Zimmerleute oder Maler mandschurische Äquivalente zur Ver¬
fügung gestanden hätten. Man darf vielleicht auch hierin Anzeichen für
ein frühes Stadium des Mandschurischen als Schriftsprache sehen.
6. Personen
Einige der in der Inschrift auftauchenden Personen können identifiziert
werden. Der Übersetzer ins Mandschurische und Mongolische, Hife, ein
Abkömmling des Stammes Heäeri, war Großvater des bekannten Staats¬
mannes Songgotu und ist als solcher in Songgotus Biographie bei
Hummel, Eminent Chinese of the Ch'ing Period II, 663 erwähnt. Dort
ist auch die Rede davon, daß er im Mongolischen und Mandschurischen
ebenso zuhause war wie im Chinesischen und bereits unter Nurhaci als
literarischer Ratgeber diente. 1644 fiel er in Ungnade wurde jedoch 1651
wieder als Hanlin-Präsident berufen und erhielt kurz vor seinem Tode
(1652) der erblichen Grafentitel des dritten Ranges. Den Rang, mit dem
er in der Inschrift erscheint, hatte er kurz zuvor erhalten, nämlich am
1. Mai 1651 (III. Monat, chi-ch'ou, vgl. Shih-lu, Shun-chih 8, ch. 55, 9b).
Die biographischen Quellen für Hife werden im Harvard-Yenching-Index
{Index to Thirty-three CoUections of Ch'ing Dynasty Biographies, Sinol¬
ogical Index Series No. 9) S. 171 I aufgeführt. Zu ihnen tritt jetzt noch
die Biographie in der neuen Geschichte der Ch'ing-Dynastie, Ch'ing-shih,
T'ai-pei 1961, ch. 232 S. 3661—3662. Erwähnt sei noch, daß Hife auch
beteiligt war an einem der frühen Übersetzungsunternehmen, nämlich
der teilweisen Übertragung von Liao-shih, Chin-shih und Yüan-shih ins
Mandschurische (1646).
Auch Ning Wan-wo (f 1665) ist eine bekannte Persönlichkeit. Ihm
ist in Hümmels Eminent Chinese eino eigene Biographie eingeräumt
(I, 592—593). Er war ein Chinese aus dem an die Mandschurei grenzenden
Gebiet von Liao-tung und schloß sich schon früh, unter Nurhaci, den
Mandschu an. Sowohl auf militärischem wie zivilem und literarischem
Gebiet machte er sich den Mandschuherrschern nützlich. Unter ihm
wurde die Kompilation der Reichsgeschichte der Ming in Angrifi" ge-
27*
404 Hebbeet Fbanke
nommen ; ferner war er an der Redaktion der Regesten des Kaisers Abahai
(T'ai-tsung shih-lu) und der Übersetzung mehrerer chinesischer Werke ins
Mandschu beteihgt (San-kuo chih, Hung-wu pao-hsün). Auch seine Lauf¬
bahn war wie die des Hife gelegentlich unterbrochen, doch konnte er sein
Leben im Glänze der kaiserlichen Gnade beschließen. 1658 wurde er mit
Ehren entlassen und erhielt unter K'ang-hsi einen posthumen Ehrentitel.
Den Rang als Präsident des Geschichtsamts (kuo-shih yüan), mit dem er
in der Inschrift des ,, Gelben Tempels" auftritt, hatte auch er erst kurz
zuvor verliehen bekommen, nämlich am gleichen Tage wie Hife den
seinen, am 1. Mai 1651 (Shih-lu, loc. cit.). Die biographischen Quellen für
Ning Wan-wo sind im Harvard-Yenching-Index S. 105 I angeführt; dazu
kommt noch die Biographie im neuen Ch'ing-shih ch. 232, S. 3666—3668.
Über den Kalligraphen der mandschurischen Inschrift, Lomi(n), war
nichts zu ermitteln. Der Schreiber der mongolischen Fassung, Biliktü,
wird nur mit seinem mandschurischen Titel taciha hafan bezeichnet.
Vielleicht ist er identisch mit dem Biliktü (chin. Pi-li-k'o-t'u), der am
18. Februar 1652 (Shih-lu, Shun-chih 9, 1. Monat, hsin-ssu, ch. 62, 2b—3a)
zum Vorleser (shih-tu hsüeh-shih) im Geschichtsamt (kuo-shih yüan)
befördert wurde. Unter dem gleichen Tage wird ein (chin. anders ge¬
schriebener!) Pi-li-k'o-t'u (Biliktü) zum Vorleser im Hung-wen jman,
also der von Hife geleiteten Behörde ernannt. Es ist nicht ausgeschlossen,
daß es sich bei den beiden in den Shih-lu erwähnten Personen namens
Biliktü um den gleichen Beamten handelt.
Über Yang Chen-lin, den Kalligraphen der chinesischen Inschrift war
nichts ausfindig zu machen.
Von den auf der Rückseite der Inschrift genannten Personen sind nur
Chang Feng-hsiang und Udari zu identifizieren. Chang Feng-hsiang hat
eine kurze Biographie im Ch'ing-shih lieh-chuan (ed. Chung-hua shu-chü
1928) ch. 79, 18a—b, sowie auch im Erh-ch'en chuan (ed. Pan-sung
chü-shih) ch. 9,1a — 2b. Schon die Aufnahme in das Erh-ch'en chuan
,, Biographien von Beamten, die zwei Dynastien dienten" zeigt, daß er,
entgegen dem konfuzianischen Beamtenethos, sich nach dem Untergang
der Ming den neuen Herren zur Verfügung gestellt hat. In der Tat ist
seine Laufbahn bemerkenswert. Er stammte aus T'ang-i (Shantung) und
war bereits 1601, unmittelbar nach bestandenem chin-shih-lExamen
Untersuchungsbeamter (fui-kuan) für den Bezirk Kuan-p'ing (d. i. Pe¬
king). Nach verschiedenen Ministerialfunktionen wurde er schließlich
1629 Arbeitsminister (kung-pu shang-shu), fiel vorübergehend in Ungnade
und saß sogar im Gefängnis, wurde aber 1631 rehabilitiert und zwar
als Rat im Kriegsministerium. Im 3. Monat 1644 wurde er von dem
Rebellenführer Li Tzu-ch'eng gefangen genommen und mißhandelt,
konnte aber fiiehen und begab sich nach Fukien, wo er, noch nach der
Die dreisprachige Gründungsinschrift des „Gelben Tempels" zu Peking 405
formellen Errichtung der Mandschudynastie, dem Ming-Prätendenten
Chu Yü-chien (1602—1646) diente. Erst 1646 ergab er sich den Man¬
dschuren und erhielt sofort wieder ein Amt, nämlich das eines Vize¬
ministers zur Rechten im Finanzministerium. 1648 finden wir ihn als
Vizeminister zur Linken im Beamtenministerium. Nach vorübergehender
Verwendung im Zensorat wird er schließlich am 10. April 1651 (II, Schalt¬
monat, mou-ch'en, vgl. Shih-lu Shun-chih 8, ch. 54, 18b) Arbeitsminister.
Als solcher hat er den Bau des ,, Gelben Tempels" der Inschrift zufolge
geleitet. Es dürfte wohl einmalig sein, daß oüi Staatsdiener unter zwei
verschiedenen Dynastien das gleiche hohe Amt, nämlich das des Ministers
für öffentliche Arbeiten bekleidet hat.
Man wird hieraus wohl auf eine besonders geartete Persönlichkeit
schließen dürfen, deren Eindruck auf die neuen Herren Chinas stark
gewesen sein muß. Leider gestatten die Quellen es nicht, über diese
kargen Daten hinaus ein genaueres Bild von seinen Leistungen zu
entwerfen. Am 26. Februar (I. Monat, ping-shen) 1653 bat er altershalber
um Amtsentlassung {Shih-lu, Shun-chih 10, ch. 71, 25a) und starb einige
Jahre später, 1657, in seiner Heimat. Er war auch schriftstellerisch tätig
und zwar verdankt man ihm einen Kommentar zum Zeremonialbuch
I-li {Li-ching chi-chu in 17 Kapiteln) und einen zu den Resten des
„Klassikers der Musik" (Yo-ching chi-chu), in 2 Kapiteln). Beide Werke
werden aber von den Verfassern des Kaiserlichen Kataloges (Ssu-k'u
ch'üan-shu tsung-mu t'i-yao) recht negativ beurteilt, so daß sie in dieser
Bibliographie nur imter den „dem Titel nach" verzeichneten Werken
' (ts'un-mu) erscheinen (ed. Comm. Press, in 4 Bd., I, 464—5 und 824). Mir
scheint es nicht ausgeschlossen, daß zu dieser Einschätzung auch die
Tatsache beigetragen hat, daß er eben ein erh-ch'en war, der zween
Herren gedient hat, denn von einem Kommentator der Klassiker durfte
man füglich eine einwandfreie konfuzianische Haltung voraussetzen. Die
Verfasserschaft langweiliger Glossen allein kann so schwer nicht gewogen
haben, wenn man bedenkt, was sonst unbeanstandet im Kaiserhchen
Katalog erscheint.
Udari war trotz seines in der Orthographie so sinisierten Namens
reiner Mandschure, ein jüngerer Sohn des Ajuhu, und stammte aus dem
Klan Nara. Er gehörte dem ungeränderten Blauen Banner an und
zeichnete sich in den Eroberungskriegen auf verschiedenen Schauplätzen
aus. 1644 wechselte er in eine zivile Laufbahn über als Instruktor (ch'i-
hsin lang) im Arbeitsministerium, eine Funktion, der er wohl seine
Nennung auf der Inschrift verdankt. Um die gleiche Zeit herum (die
Inschrift ist ja nur nach dem Monat, nicht mit genauer Tagesangabe
datiert) übernahm er die gleiche Tätigkeit im Justizministerium (25. No¬
vember 1651, X. Monat, ting-ssu, vgl. Shih-lu, Shun-chih 8, ch. 61, 2b).
406 Hebbeet Fbanke
Seine weiteren Beförderungen spielten sich alle in den hauptstädtischen
Behörden ab. Er übernahm xmter Kaiser K'ang-hsi 1675 das Justiz¬
ministerium, 1677 das Ritenministerium und beendete seine Laufbahn
als Beamtenminister. 1681 erhielt er seine Entlassung, starb aber schon
wenige Monate später, im V. Monat 1681. Eine Biographie, der die
obigen Daten entnommen sind, enthält das Man-chou ming-ch^en chuan
, .Biographien berühmter mandschurischer Beamter" (ed. Chü-hua shu-
shih) ch. 8, 44 a — 46 a.
7. Zum Besuch des Dalai Lama
Soweit zu sehen, stellt die Arbeit von W. W. Rockhill, The Dalai
Lamas of Lhasa and their relations with the Manchu Emperors of China
1644—1908, T'oung Pao XI (1910) 1—104 für den Besuch des 5. Dalai
Lamas in China die immer noch ausführlichste Behandlung in einer
westlichen Sprache auf Grund der chinesischen Quellen dar (op. cit.
S. 6—18). Fast gleichzeitig mit Rockhills Aufsatz erschien das Werk
von Maurice Courant, L'Asie Centrale auz XVII" et XVIII" siecles,
Lyon-Paris 1912, wo auf S. 24—25 der Besuch ebenfalls kurz beschrieben
wird. Während Coubant sich ausschließlich auf das Tung-hua lu stützt,
verwertet Rockhill außer dem Tung-hua lu auch noch das Sheng-wu chi.
Eine auf Grund der Forschungen namentlich Rockhills beruhende
sekundäre Zusammenfassung gab ferner Günther Schulemann, Ge¬
schichte der Dalai Lamas, 2. Aufl. Leipz. 1958, S. 245—249 (dort auch
S. 247 Anm. 416 Literatur über den ,, Gelben Tempel"). Im folgenden
soll zu der Arbeit von Rockhill einiges ergänzende Material vorgelegt
werden und zwar auf Grund der Regesten der Mandschu-Djmastie
(shih-lu). Dabei kann es sich nur um zweitrangige Einzelheiten handeln,
da der Ablauf der Ereignisse im Großen bereits durch Rockhill heraus¬
gearbeitet worden ist. Wir geben hier eine freie Übersetzung der ein¬
schlägigen Stellen aus den Regesten und zwar mit den genauen Tages¬
daten, die bei Rockhill fehlen. Man wird dabei feststellen, daß vom
Bau des Tempels für den Dalai Lama in den Shih-lu nicht die Rede ist.
Wir setzen mit der chronologischen Abfolge der Stellen im Jahre 1650
ein. Für die vorhergehende Zeit und die allgemeinen politischen Ver¬
hältnisse, die zur Einladung des Dalai Lama führten, wird auf Rockhill,
und Schulemann verwiesen. — Chinesische Monate sind mit römischen
Ziffern bezeiehnet; THL bedeutet Tung-hua lu (ed. Wang Hsien-ch'ien
1884); Kapitel- imd Seitenzahlen ohne Zusatz beziehen sich auf die
Shnn-chih-Shih-lu des photolithographischen Nachdrucks Tokyo 1937
(Ta Ch'ing li-ch'ao shih-lu).
3. August 1650 (Vll/mou-wu, ch. 46, 13b. THL —): Der Dalai Lama
des Tangut (sie !)-Reiches schickte Gesandte, die Reliquien übereichten.
Die dreisprachige Gründungsinschrift des „Gelben Tempels" zu Peking 407
15. März 1651 (Il/jen-yin, ch. 53, 25b. THL —): Der Kaiser gewährte
den Gesandten des Dalai Lama ein Bankett im Ritenministerium.
27. April 1651 (111/i-yu, ch. 55, 7a = THL 16, 21b): Es werden
Beamte mit einem Kaiserlichen Schreiben und Geschenken ausgeschickt,
um den Dalai Lama einzuladen.
7. Mai 1651 (Ill/i-wei, ch. 55, 16a = THL 16, 24a): Der Dalai Lama
und der Guäri Khan schicken jeder Gesandte mit Tributgegenständen
ihrer Gegend. Ihnen wird entsprechend den üblichen Vorschriften ein
Bankett gegeben.
19. Mai 1651 (IV/ting-wei, ch. 56, lb. THL —): To-pu-tsang ku-hsi
^ h j'Ä ^ ^"^^ andere werden mit einem Kaiserlichen Schreiben
und Geschenken ausgeschickt, um den Dalai Lama einzuladen.
10. Februar 1652 (Neujahrstag, ch. 62, lb—2a. THL —): Der Dalai
Lama des Tangut-Stammes" meldet, daß er zur Audienz kommen werde
und teilt den Tag des Antritts seiner Reise mit. Der Pancen Qutuqtu
Diba und der Gusri Khan der ölet und andere melden, daß sie dem Dalai
Lama auf seiner Reise Geleit geben. Sie bringen Erzeugnisse ihrer
Gegend als Tribut.
14. März 1652 (Il/ting-wei, ch. 63, 2b. THL —): Der Vizeminister
des Außenamts {li-fan yüan shih-lang) Sha-chi-ta-la fp ^ wird
zusammen mit Delegierten der Ministerien der Finanzen, der Riten, des
Militärwesens und der öffentlichen Arbeiten ausgesandt, um den Dalai
Lama des Tangut-Stammes zu empfangen. Dem Dalai Lama werden
(vom Kaiser) geschenkt eine Robe mit Mütze, ein gesatteltes Pferd sowie
mit Perlen und Edelsteinen verzierte Gegenstände. Weil der Diba
Nomunhan (d. i. wohl der Panöen Qutuqtu) den Dalai Lama auf seiner
Reise zur Audienz begleitet, wird auch er beschenkt mit Robe, Mütze,
gesatteltem Pferd, einem Anhängemesser aus Ling-lung-Stein (eine Art
Jade 1) sowie anderen Gegenständen.
25. März 1652 (Il/mou-wu, ch. 63, 3b. THL —): Dem Gesandten des
Dalai Lama Ch'e-ch'en nang-so E ^ ^i^d Genossen wird ein
Bankett im Ritenministerium gegeben.
^ Der Name körmte vielleicht verschrieben sein, aus Lo-pu-tsang Ku-hsi,
welches einem tib. Blo-bcan gu-si entspräche ; gu-si ist wohl Wiedergabe des
chin. Titels kuo-shih ,,Reiehslehrer", einer häufigen Ehrenbezeichnung für buddhistische Geistliche.
2 Hier ist im Text der nicht sehr höfliehe Ausdruck pu-lo „Stamm" ver¬
wendet; oben, 1651, hieß es kuo ,,Land, Reich".
^ Sha-ehi-ta-la (Sajidara ?) warVizeminister im Außenamt von 1646—1654;
1654 übernahm er als Präsident {shang-shu) die Leitung des Außenamts, wurde
aber schon 1655 wegen Krankheit pensioniert. Ch'ing-shih ch. 179, 2515ff.
* Der Name ist mongolisch-tibetisch. Ch'e-ch'en ist gleieh mo. Ceöen
(Seöen) ,, weise", nang-so ist ein tib. Titel, nah-so, vgl. L. Petech, China
and Tibet in the Early 18th Century, Leiden 1950, S. 226.
408 Hebbebt Fbanke
1. September 1652 (Vll/mou-hsü, ch. 66, 19b—20a. THL —): (Die
Geschenke für die Gesandten des Dalai Lama werden im einzelnen fest¬
gelegt).
1. Oktober 1652 (Vlll/mou-ch'an, ch. 67, 26a—b = THL 19, 6a):
Der Dalai Lama schlägt als Ort der Zusammenliunft entweder Kuei-hua
ch'eng oder die Gegend von Tai-ka ^ 1!^ vor. (Vgl. Rockhill, op. cit.
S. 14). Der Kaiser läßt ihm mitteilen: Im Südwesten des Reichs herrscht
noch Krieg und unablässig gehen die Eilschreiben in wichtigen Militär¬
angelegenheiten hin und her. Wir können deshalb nicht zu einem Treff¬
punkt außerhalb der Grenzen kommen, sondern einen Prinzen von
Geblüt und hohe Beamte eigens entsenden, um (den Dalai Lama) zu
treffen. Wir selbst können erst kommen, wenn die Räuber befriedet sind
und keine Staatsaktionen mehr im Gang sind. Ein Zusammen troffen ist
bis dahin nur in einer näher gelegenen Gegend dos Binnenreichs möglich.
5. Oktober 1652 (IX/jen-shen, ch. 68, lb—3a = THL 19, 6a—b):
(Diese interessante Stelle, die die Auseinandersetzungen im Kronrat
wegen des Besuchs des Dalai Lama wiedergibt, ist bereits bei Rockhill,
op. cit. S. 14—15 übersetzt).
13. Oktober 1652 (IX/keng-ch'en, = THL 19, 7a): Der Kaiser läßt
dem Dalai Lama mitteilen: ,,lm Binnenreich herrschen Epidemien, so
daß ein Treffen außerhalb der Grenze zweckmäßiger ist. Wir werden uns
deshalb nach jenseits der Grenze nach der Gegend von Tai-ka begeben
und Euch dort erwarten".
23. Oktober 1652 (IX/keng-yin, ch. 68, 25a = THL 19, 7a—b): Der
Dalai Lama meldet: ,,Die Kaiserlichen Belohnungen und Schreiben sind
eingetroffen. Ich werde mit verdoppelter Geschwindigkeit Weiterreisen,
bis ich die Tai-ka-Gegend erreicht habe. Es gibt auch noch Dinge, die
geheim zu melden sind."
8. November 1652 (X/ping-wu, ch. 69, 6a—b. THL —): Der Dalai
Lama meldet: ,,Ich habe gehört, daß der Kaiser eine Begegnung in der
Gegend von Tai-ka wünscht, worüber ich mich unaussprechlich freue.
Ich werde also mit verdoppelter Geschwindigkeit Weiterreisen. Außerdem
gibt es noch geheime Mitteilungen, die persönlich vorzutragen sind."^
14. Januar 1653 (Xll/kuei-ch'ou, ch. 70, 20a—b = THL 19, 15a):
Der Dalai Lama ist eingetroffen und besucht den Kaiser im Südpark
(Nan-yüan). Der Kaiser gewährt ihm die Gnade, sich niederzusetzen,
sowie ein Bankett. Der Dalai Lama überreicht Pferde und Erzeugnisse
seines Landes, welche sämtlich akzeptiert werden.
23. Januar 1653 (Xlll/jen-hsü, ch. 70 26b = ZHL 19, 16b): Der
Guäri Klian des ölet-Stammes übergibt Tributgeschenke seiner
1 Der Dalai Lama hat also hintereinander zwei fast gleichlautende
Schreiben an den Pekinger Hof geschickt.
Die dreisprachige Gründungsinschrift des „Gelben Tempels" zu Peking 409
Gegend und bittet gleichzeitig, den Dalai Lama in sein Land heim¬
zugeleiten.
8. Februar 1653 (I/mou-yin, ch. 71, IIa. THL —): Der Kaiser begibt
sich in die Halle der Großen Harmonie (T'ai-ho tien) und beehrt den
Dalai Lama nebst Begleitung mit einem Bankett.
13. Februar 1653 (1/kuei-wei, ch. 71, 16b. THL —): Dem Dalai Lama
und seiner Begleitung wird cin Bankett in der Halle der Großen Harmonie
gegeben. Sie werden beschenkt mit Goldgefäßen, buntem StofF, ge¬
sattelten Pferden und anderen Gegenständen je nach Rang.
14. Pebruar 1653 (1/chia-shen, ch. 71, 16b. THL —): Das Riten¬
ministerium meldet: ,,Wenn ausländische Häuptlinge oder zu Gast
weilende Untertanen erstmalig in die Hauptstadt kommen, wurde
gelegentlich durch Erlaß angeordnet, daß die Prinzen von Geblüt den
Gästen cin Festmahl geben sollten. Nun ist der Dalai Lama erstmalig
in der Hauptstadt; sollen nun die Prinzen ein Mahl geben oder nicht ?"
Es erging ein Erlaß: ,,Die Prinzen sollen der Reihenfolge ihres Ranges
entsprechend Gastmähler geben und sich in die Unterkunft (des Dalai
Lama) begeben, um dort Besuch zu machen."
18. Februar 1653 (1/mou-tzu, ch. 71, 2a—b = THL 20, 6b): Der
Dalai Lama meldet: ,, Diese Gegend (Peking) sagt mir nicht zu; ich selbst
und Leute meines Gefolges sind krank geworden. Ich bitte, meine Heim¬
reise ankündigen zu dürfen." Der Kaiser holte Rat bei den regierenden
Prinzen ein. Ihr Vorschlag lautete: ,,Man hat ursprünglich den Dalai
Lama eigens eingeladen und sollte sich deshalb durch eine Nachfrage
nach seinem Befinden erkundigen. Wenn seine Äußerungen für uns
günstig sind, sollte man ihm willfahren, wenn nicht, unterbleibe alles
weitere. Wenn man sich nicht wenigstens einmal nach ihm erkundigt,
ist das Resultat, daß er sich beleidigt fühlt und abreist. In diesem Fall
werden die ausländischen Khalkha und ölet bestimmt rebellieren."
Ein anderer Vorschlag lautete: ,,Es ist nicht angebracht, sich beim
Dalai Lama zu erkundigen. Wenn man nachfragt und auf seine Worte
nicht eingeht, ist er bestimmt erst recht beleidigt und reist ab. Als unsere
Dynastie den Beistand des Himmels empfing, alle Gfegenden unterwarf
imd damit das große Gründungswerk vollendete, da gab es in jenen
Jahren überhaupt keinen Lama. Jetzt, wo man ihn einmal eingeladen
hat, sollte man ihn mit Gold, Silber und Textilien beschenken, ihm einen
Titel verleihen und ein Siegel aushändigen, sich aber nicht nach seinem
Befinden erkundigen."
Der Kaiser befahl: ,,Es ist nicht unbedingt nötig, daß Wir uns nach
seinem Befinden erkundigen. Man beauftrage vielmehr Ministerial-
beamte, dem Lama folgendes mitzuteilen: ,Ihr habt gesagt, daß das
Klima Euch nicht zusage, was ja durchaus zutreffen mag. Aber als Wir
410 Herbert Fbankb
zuerst hier ankamen, wurden auch Wir krank, weil Uns das Klima nicht
bekam. Später ist es Uns dann besser bekommen. Nachdem der Dalai
Lama gekommen ist und sich hier aufgehalten hat, möge er nach seinem
eigenen Belieben nach Tai-ka gehen und dort warten, bis das Gras
wieder grün wird. Überdies werden Wir die Fürsten und Großen
der ausländischen Barbaren bitten, sich dort mit dem Dalai Lama zu
treffen.'"
17. März 1653 (Il/i-mao, ch. 72, 10b = THL 20, IIb): Der Kaiser
beehrt zum Abschied den Dalai Lama mit einem Bankett in der Halle
der Großen Harmonie und schenkt ihm gesattelte Pferde, Gold, Silber,
Perlen, Jade, Textilien etc.
19. März 1653 (ll/ting-ssu, ch. 72, 12a—b = THL 20, 12): Der Dalai
Lama nimmt Abschied vor seiner Heimreise. Der Hosoi Ch'eng-tse ch'in-
wang Shih-sai ^ ^ (Sosc)i erhält Befehl, zusammen mit den Guäan
Beise Ku-erh-ma-himg M W (Gurmahün)" und dem Wu-ta-hai
^ 3^ (Udahai)* an der Spitze von Beamten und Militär der Acht
Banner den Dalai Lama nach der Gegend von Tai-ka zu geleiten.
Ferner werden der Kaiserliche Onkel Hosoi Cheng ch'in-wang Chi-
erh-ha-lang M "p ßl> (Jirgalang)* und der Ritenminister Gioro Lang-
ch'iu ^[5 ^ (Langen?)^ angewiesen, am Ch'ing-ho ein Abschiedsmahl
zu geben.
18. Mai 16.53 (IV/ting-ssu, ch. 74, 18a—19a = THL 20, 22a—b): Es
werden ausgeschickt der Ritenminister Gioro Lang-ch'iu und der Vize¬
minister im Außenamt (li-fan yüan shih-lang) Hsi-ta-li ^ ^ jji^
(Hidari)* sowie andere, um dem Dalai Lama zwecks Belehmmg eine
Goldtafel und ein Goldsiegel in der Gegend von Tai-ka zu überreichen.
Für den Text wurden mandschurische, chinesische und tibetische
Schriftzeichen genommen. Der Text der Tafel lautete :
1 Sose, gest. 1654, war der 5. Sohn des Kaisers T'ai-tsung (Abahai), vgl.
ChHng-shih kao (ed. in 2 Bd., o.O.u.J.) ch. 225, II, 1000 I—II, sowie
ch. 169, I, 654, I.
2 Auoh Gurmahün gehörte der Kaisersippe an. Er war ein Sohn des Amin
(über diesen s. Hummel, Em. Chin. 8—9) und zeichnete sich unter seinem
Onkel Jirgalang in den Chinafeldzügen aus. Gurmahün starb 1681, vgl.
ChHng-shih kao cb. 221, II, 987 III.
' Udahai war von 1644 bis 1650 Justizminister, vgl. ChHng-shih kao,
ch. 185, I, 766—767; ChHng-shih, 2513ff.
* Über diesen bedeutenden Heerführer und Politiker vgl. die ausführliche
Biographie bei Hummel, Em. Chin. 397—398. Er lebte 1599—1655.
5 Lang-ch'iu, ein Mandschure wie alle die hier aufgeführten Prinzen und
Würdenträger, war 1644—1655 Ritenminister und wurde 1656 Beamten¬
minister, vgl. ChHng-shih kao eh. 185, I, 766—767; ChHng-shih, 2513ff.
* Hidari war von 1647 bis 1661 Vizeminister des Außenamts, vgl. Ch'ing- shih, 2516—2530.
Die dreispracliige Gründungsinschrift des „Gelben Tempels" zu Peking 411
,, Wir, der Kaiser haben gehört : Die sittliche Pflicht, die Ursprünge zu
eröffnen' ist nicht die gleiche, je nach dem ob man allgemein Gutes tut
oder einem einzelnen. Ebenso ist der Weg, eine Lehre zu begründen,
verschieden je nach dem ob man die Welt verlassen hat oder in ihr lebt.
In beiden Fällen aber laufen sie darin auf eines hinaus, daß man sein
Herz klären und seine angestammte Natur zur Erscheinung bringen
soll, um der Welt zu helfen und das Volk zu erwecken. Du nun, Lo-pu-
tsang cha-pu-so (Blo-bcah rgya-mts'o) bist in Deinen inneren Gefühlen
klar und rein und Deine Tugend ist tief und weit. Du hast alle Deine
Einsichten befestigt und die Leere der Erscheinungswelt insgesamt über¬
wunden. Dadurch brachtest Du es fertig, die Religion des Buddha zu
verbreiten und die unerleuchteten Toren lehrend anzuleiten. Als Folge
davon hat sich die westliche Weltgegend bekehrt und Dein Ruhm ist
rasch bis in die östlichen Lande gelangt. Unser Erhabener verstorbener
Vater, T'ai-tsung Wen-huang-ti hatte dies vernommen und freudig zu
schätzen gewußt, so daß er eigens Gesandte schickte, um Dich einzuladen.
Du hast somit schon früher die himmlische Gesinnung (des Kaisers)
kennen gelernt, die Dir erlaubte, in einem früheren cÄ'en-Jahre" (1640),
zur Audienz zu kommen. Als Wir selbst das Mandat des Himmels über¬
nahmen und Wir das ganze Weltreich in Frieden inne hatten, hast Du
nun in der Tat wie verabredet der Einladung entsprochen imd bist
gekommen. Die Regeln für das Zeremoniell waren freundschaftlich und
ob man redete oder schwieg, hatte alles sein rechtes Maß. Du bist in das
Gefilde der allumfassenden Weisheit (pan-jo, skr. prajnä) gelangt und
hast das Tor der Spendung von Mitleid und Erbarmen verbreitert gleich¬
sam als eine Leiter oder ein Boot auf dem Pfade zur Erleuchtung und als
ein Muster, zu dem man in allen Klöstern aufschaut. Dies alles hat Uns
zur großen Freude gereicht und Wir belehnen Dich deshalb mit dieser
goldenen Tafel und goldenem Siegel als ,,lm Westlichen Himmel als
Vorzüglichster von selbst Existierender Buddha Führer der Buddha-
Lehre in der ganzen Welt, Universaler Vajradhära Dalai Lama". Möch¬
test Du in diesem Kalpa und Deiner jetzigen Existenz die Bekehrung
zu Buddha fördern und entsprechend den Gegebenheiten das Gesetz
predigen zu Nutz und Frommen aller Lebewesen ohne Ende".
Die Inschrift auf dem Siegel lautete: ,, Siegel des Im Westlichen
Himmel" etc. (weiter wie oben).
1 Sicher eine Anspielung auf den Titel des ersten Abschnitts im Hsiao-ching,
k'ai-tsung ming-i |^] ^ flfl
2 Hier wird angespielt auf die bereits im Jahre 1640 dureh T'ai-tsung
ausgesprochene Einladung an den Dalai Lama, nach China zu kommen,
vgl. Rockhill, op. eit. S. 9. 1640 war ein Jahr mit dem Zykluszeichen ch'en.
412 H. Fbanke, Die dreispraehige Gründungsinschrift
5. Juni 1653 (V/i-hai, ch. 75, IIb = THL 20, 26b): Der Dalai Lama
bricht von Tai-ka aus zur Rückreise in sein Land auf. Der Guäan Beise
Udahai wird beauftragt, ihm ein Abschiedsessen zu geben.
6. Juli 1653 (Vl/ping-wu, ch. 76, 5a = THL 20, 30a: Der Dalai Lama
meldet in einer Dankadresse den Empfang von Schrifttafel, Siegel und
Titel. Er sendet gleichzeitig als Geschenk Pferde, Bernstein imd ähnliches.
Die obigen Exzerpte aus den Regesten der Mandschudynastie zeigen,
wie unbequem der Besuch des tibetischen Kirchenfürsten dem Kaiserhof
im Grunde war, worauf auch schon Rockhill hingewiesen hatte. Eine
tiefere Beziehung zum Lamaismus war jedenfalls nicht die Folge des
Besuchs, der wohl nur dem Zwecke diente, die dem Lamaismus anhängen¬
den mongolischen Stämme, insbesondere die Qosot (ölet) unter Gusri
Khan bei guter Stimmung zu halten. Der Guäri Khan erscheint während
des Besuchs des Dalai Lama als eine Art weltlicher Steigbügelhalter,
dessen Stratordienste man in Peking mit Unbehagen verfolgte. Der
Kaiser Shun-chih selbst, der dem Dalai Lama manchmal geradezu
schnippische Antworten erteilt, war jedenfalls von den Begegnungen
nicht weiter beeindruckt. Die Ironie des Schicksals wollte es, daß er
in späteren Jahren sich gerade derjenigen buddhistischen Richtung zu¬
wandte, die in allem das Gegenteil des Lamaismus darstellt, nämlich
der Ch'an-Sekte.' Daß die Errichtung des ,, Gelben Tempels" in den
Regesten nicht erwähnt wird, mag schließlich auch auf die innere Ab¬
neigung der Hof kreise, namentlich der chinesischen, gegen den Besuch
zurückzuführen sein. Auch darf nicht vergessen werden, daß in den
Jahren 1651—53 die Befriedung Süd- und Südwestchinas für das Kaiser¬
haus eine mindestens ebenso dringliche Aufgabe darstellte wie die
Wahrung des Friedens an der Nordwestgrenze. Angesichts der noch
nicht abgeschlossenen Eroberung Chinas hegte man zu Peking verständ¬
liche Reserven gegenüber der Einladung eines so heiklen Gastes wie des
Dalai Lama. Eine falsche Behandlung oder auch nur ein Mißverständnis
hätte eine gefährliche Verschlechterung des Verhältnisses zu den Mon¬
golen zur Folge haben können. Nur aus dieser Einstellung heraus erklären
sich die Äußerungen der Hof beamten, ob man überhaupt auf die — echte
oder vorgeschützte — Krankheit des Dalai Lama reagieren solle.
1 Vgl. Hummel, Em. Chin. 256—257.
WISSENSCHAFTLICHE NACHRICHTEN Berichtigungen
Auf dem Titelblatt des Buches Kirghiz Manual (Indiana University-
Publications, Volmne 33 ofthe Uralic and Altaic Series, Indiana University,
Bloomington, Mouton and Co., The Hague, The Netherlands, 1963) sind
infolge eines Versehens als Verfasser Herr Raymond J. Hebert und der
Unterzeichnete genannt. Hiermit sei bekanntgegeben, daß Herr Hebert der
alleinige Verfasser des Buehes ist, während der Unterzeiehnete ihm bei seiner
Arbeit bloß geholfen und nur einige Teile überwacht hat. Das Buch stellt
eine selbständige Arbeit Hebebts dar, was im Namen der Gerechtigkeit
hier erklärt wird. Außerdem soll hier bemerkt werden, daß der Unter¬
zeichnete keine Korrekturen dieses Buches gesehen hat und aus diesem
Grunde jegliche Verantwortung für die leider zahlreichen Druekfehler und
andere Mängel ablehnt. Zu den bedeutendsten Fehlern gehören z. B. kerege
,, Holzrahmen" (S. 121) statt „Wand"; üydögü „Gatte" (S. 145) statt ,, Gattin, Ehefrau"; iSota Rustaveli „kirgisischer Schriftsteller" (S. 148) statt „georgischer Schriftsteller".
Seattle, d. 15. April 1964 Nikolaus Poppe
Im Aufsatz „Ketsehua II" von J. Bouda, ZDMG 113/3/1964, ist zu lesen:
S. 620, Z. 8; qajwi L,
S. 621, Z. 6 v.u.: „Feuerstahl ... zu schaben":
S. 622, Z. 5: Nr. 4.
Helmuth von Glasenapp-Stiftung
Die Stiftung wird erstmalig im Spätsommer 1965 Mittel für den Stiftungs¬
zweck ausschütten. Über die Verteilung der Mittel hat der Verwaltungsrat zu befinden (vgl. ZDMG 114/1 S. *9*f.).
Aufgabe der Stiftung ist es, der Förderung der deutsehen Indienforsohung
zu dienen, insbesondere den Druck von kulturhistorischen Werken zu ermög¬
lichen und finanzielle Beihilfen für Studienreisen zu gewähren.
Bewerbungen oder Anträge für die Ausschüttung 1965 können bis zum
31. März 196 5 an die Oeschäftsstelle der Stiftung, 62 Wiesbaden, Bahnhof -
Straße 39 (Steiner-Haus) gerichtet werden. Insbesondere jüngere Bewerberwer¬
den um Angabe solcher Persönlichkeiten gebeten, die über ihre wissenschaftliche Qualifikation Auskunft geben können.