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(1)

Der Begriff „Religion" in der Septuaginta.

Von Georg Bertram.

Im hellenistischen Zeitalter hat das Judentum an dem

allgemeinen Austausch zwischen Orient und Okzident leben¬

digen Anteil genommen und sich im Nehmen und Geben als

weltoffene und anpassungsfähige, als heilsgewisse und lebens¬

gewandte universalistische Missionsreligion erwiesen. Zeugnis

der neuen religionsgeschichtlich bedeutsamen Entwicklungs¬

stufe ist die griechische Übersetzung des Alten Testaments,

die Septuaginta, in der mit der sprachlichen Umgießung zu¬

gleich eine religiöse Umprägung im Geiste des hellenistischen

Judentums sich vollzieht. Trotz der Ansätze zu individuali¬

stischer Frömmigkeit, wie sie seit Jeremia und Ezechiel zu

beobachten sind, bleibt der objektive Charakter der alttesta¬

mentlichen Offenbarung gewahrt. Gott ist der Herr; seinem

Gebot beugt sich der Mensch in Gehorsam als der Knecht.

Im hellenistischen Judentum setzt sich gegenüber dem abso¬

luten, theozentrischen Charakter der alttestamentlichen

Offenbarung eine durch den griechischen Geist beeinflußte

anthropozentrische Haltung durch. Es entsteht die ,, religiöse

Überzeugung", die das eigene fromme Bewußtsein, ohne es

zu merken, zum Maßstab der Offenbarung macht, und damit

an deren Stelle das setzt, was wir als „Religion" bezeichnen.

Gewiß bleibt auch hier das semitische Gefühl des Abstandes

des Menschen von der Gottheit erhalten, ja es prägt sich

theologisch deutbcher aus in dem Begriff der Sünde und des

Sünders, den die Septuaginta verhältnismäßig häufig ohne

Grundlage im masoretischen Text jieu einführt i). So spricht

1) Vgl. meinen Artikel: Theologische Prägungen von äiiccgrla in

LXX, in: Theologisches Wörterbuch zum Neuen Testament, hrsg. von

Gerhard Kittel. Stuttgart, Kohlhammer 1932, S. 288tf.

Zeitschrift d. D. M. G. Neue Folge Bd. XU (Bd. 87) 1

1 •

(2)

2 G. Bebtbam, Der Begriff „Religion" in der Septuaginta

die Septuaginta Dt. 30, 3 von der Heilung der Sünde, während

der masoretische Text von der Wendung des Schicksales

redet. Ist hier die Sünde als Krankheit aufgefaßt, so ent¬

spricht das der Ubersetzung von Jes. 53, 4, wo die Septua¬

ginta den Begriff ,, Krankheit" durch den Begriff ,, Sünde"

ersetzt. Mehrfach und an ganz verschiedenen Stellen ver¬

meidet es die Septuaginta, die ja häufig Anthropomorphismen

und Anthropopathismen der Gottesvorstellung beseitigt, vom

Zorne Gottes zu reden. Sie vergißt über der Furcht vor dem

Anthropopathismus die theologische Bedeutung der ,, Offen¬

barung des Zornes Gottes" (Paulus: Rom. 1, 18) und führt

an deren Stelle, psychologisch und anthropozentrisch orien¬

tiert, den Begriff der menschlichen Verfehlung, der Sünde

ein (vgl. Num. 1,53; Jes. 57, 17, dazu 2. Kor. 7, 9f.; Hiob

42, 7; 1. Esra 6, 14 = Esra 5, 12). Man beschäftigt sich mit

dem Menschen und seiner Sünde; an die Stelle der Offen¬

barung Gottes tritt das religiöse Bemühen des Menschen um

Gott, tritt die ,, Religion". 1st die Sache auch hier und da

schon in der ursprünglichen hebräischen Überlieferung des

Alten Testaments vorhanden, den Begriff ,, Religion" jeden¬

falls hat erst die Septuaginta in den biblischen Sprachgebrauch eingeführt.

Der Begriff ,,Rebgion" bezeichnet eine Erlebnissphäre,

die unter dem Einfluß eines Heiligen steht, das durch die

Erkenntnis bejaht wird. Der Einfluß wirkt sich in kultischen

Handlungen und in sittlicher Lebenshaltung aus. Einen zu¬

sammenfassenden Begriff dieses Inhaltes kennt das hebräische

Alte Testament nicht. Zwar werden gewöhnlich alttestament¬

liche Begriffe wie ,, Furcht Gottes", ,,Bund Gottes" oder

,, Recht Gottes" als Ersatzworte für ,, Religion" verstanden,

aber eigentlich ist mit diesen Genitivverbindungen nicht die

Erlebnissphäre des Menschen, sondern vielmehr die Wirkens¬

weise Gottes umschrieben. Es handelt sich also um objektive

,, Religion", um Offenbarung. In der Septuaginta aber ist in

den verschiedensten Ausdrücken von der Erlebnissphäre des

Menschen, von der subjektiven ReUgion, die Rede. So kann

der Begriff ,, Wahrheit" im griechischen Alten Testament

1 *

(3)

G. Bertkam, Der Begriff ,, Religion" in der Septuaginta J;

geradezu den Sinn von ,, Religion" annehmen (vgl. die An¬

wendung des Begriffes im Johannes-Evangelium). Wahrheit,

kann dabei sowohl im Sinne von Aufrichtigkeit (Ps. 84 [83], 12)

ein menschliches Verhalten bezeichnen, als auch kann der

Begriff in intellektualistischem Sinne die Offenbarung ge¬

wissermaßen vor das Forum der menschhchen Vernunft

ziehen. So bezeichnet der Begriff ,, Wahrheit" in der Legende

von dem Wettstreit der drei Pagen des Darius um die Be¬

antwortung der Frage, was das Mächtigste auf Erden sei,

offenbar die jüdische Rehgion (L Esra 3, 12; vgl. 4. Mak.

17, 15; Sap. 10, 12). Gelegenthch ist der Begriff der Wahrheit

{äXrjß'eia.) mit anderen Begriffen ähnlich zusammenfassenden

Inhalts verbunden, so mit dem der Barmherzigkeit (ekeog)

(Ps. 84 [83], 12) oder mit dem der Gerechtigkeit (dixaioavvrj)

(Jes. 26, 10), wie ja ,, Gerechtigkeit" namentlich bei Deutero- jesaja bereits im masoretischen Text im Sinne von ,, Religion"

gebraucht wird. Selbständig verfährt die Septuaginta dabei

an folgenden Stellen: Jes. 33, 6; Hiob 22,28; Hiob 24, 13;

Prov. 1, 22. Der masoretische Text ist an den genannten

Stellen in der Septuaginta kaum noch wiederzuerkennen. Im

Buche Tobit erscheinen Barmherzigkeit, Gerechtigkeit und

Wahrheit (Wahrhaftigkeit) als die konstitutiven Begriffe der

religiösen Lebenshaltung. Die Bezeichnung Jerusalems als

,, Ruhstatt der Gerechtigkeit" in Baruch 5, 4 entspricht den

eschatologischen Erwartungen in Jes. 62, 1 — 3. Im ganzen ist

das Wesen des Judentums der hellenistischen Periode durch

die Anwendung der Begriffe „Wahrheit", ,, Gerechtigkeit",

,, Barmherzigkeit" und anderer ähnlicher nach der Seite der

religiös begründeten sittlichen Lebenshaltung bestimmt.

Neben dieser sittlich-gesetzlichen Seite fehlt aber auch

im hebräischen Alten Testament keineswegs das von Rudolf

Otto sogenannte numinose Element in der Religion und die

Septuaginta hat dafür geradezu eine religionspsychologische

Terminologie ausgebildet. Zwar ist der dem Alten Testament

eigentümliche Begriff der Gottesfurcht auch in der Septua¬

ginta meist in ethischem Sinne zu verstehen, daneben aber

hat die Septuaginta die Begriffe der religiösen Scheu, des

(4)

4 G. Bertram, Der Begriff ,, Religion" in der Septuaginta

Staunens und Erschreckens im Sinne des Mysterium tre-

mendum ausgeprägt und z. T. neu in den Textzusammenhang

eingefügt. Unter den charakteristischen Termini q>ößog, ^avfia,

ixaraaig u. a. greifen wir den letzteren zur Veranschau¬

lichung heraus. In Ex. 19, 18 stellt die Septuaginta an die

Stelle der im masoretischen Text erwähnten Naturerschei¬

nung eines Erdbebens ein numinoses Erlebnis des Volkes

unter dem Eindruck der GottesofTenbarung. Auch in 1. Reg.

(Sam.) 14, 15 und Hab. 3, 2 liegen ähnbche Änderungen vor.

Zweimal (Ex. 18, 9 und Lev. 9, 23. 24) tritt das Staunen vor

der Wundermacht Gottes für Ausdrücke der Freude im maso¬

retischen Text ein. Der Gebrauch der griechischen Vokabeln

exaraaiQ und i^iardvai (das Substantivum tritt an 24 Stellen

für 11 verschiedene hebräische Vokabeln ein, das Verbum an

65 Stellen für 30 verschiedene hebräische Stämme) zeigt, wie

sehr die Septuaginta hier einen bestimmten Sprachgebrauch

durchsetzt. Unzweifelhaft ist damit die Terminologie des

numinosen Erlebnisses im wesentlichen ausgebildet, die das

Neue Testament verwendet.

Den Begriff ,, Religion" mit dem Nebensinn der numi¬

nosen Gottesscheu geben in der Septuaginta am deutlichsten

die Vokabeln evkdßeia, evaeßeia und '&soaeßeia wieder. Nur

an ganz wenigen Stellen haben diese Vokabeln eine Grundlage

im hebräischen Text. In den meisten Fällen sind sie als Ein¬

dringlinge und als charakteristische Termini der Frömmigkeit

des hellenistischen Judentums zu verstehen. Auffallend häufig

treten sie nur im 4. Makkabäerbuch auf, um dann sofort wieder

so gut wie völlig aus dem biblischen Sprachgebrauch zu ver¬

schwinden. Auch im Neuen Testament haben sie, wie der vom

Menschen her geprägte Begriff „ReUgion" überhaupt, keine

Stätte und kommen nur ganz vereinzelt vor.

Dasselbe gilt von den Vokabeln kaTgeia und &Qr]axeia,

die mehrfach in der Septuaginta ,, Religion" mit dem Neben¬

sinn von ,, Kultus" bedeuten. Wenn ^grjaxeia zweimal in

Sapientia Salomonis vom Götzendienst und zweimal im

4. Makkabäerbuch im Mund von heidnischen Fürsten mit

Bezug auf die jüdische Religion gebraucht wird, so zeigt das

(5)

G. Bertram, Der Begriff „Religion" in der Septuaginta 5

noch einmal deutlich, daß der Begriff ,, Religion" in dieser

wie in den vorher behandelten Formulierungen von außen her

in den biblischen Sprachgebrauch eingedrungen ist. Dieses

Eindringen ist also ein besonders merkwürdiges Beispiel für

die Hellenisierung der alttestamentlichen Offenbarungs¬

religion.

(6)

Die islamischen Futuwwabünde.

Das Problem ihrer Entstehung und die Grundlinien ihrer Geschichte.^) Von Franz Taeschner.

Inhaltsübersicht:

I. Der Begriff des Fatä bei den altarabischen Dichtern. — II. Die

Fityänkorporationen in den ersten Jahrhunderten des Islam. —

III. Die Aufstellung des ethischen Begriffes der Futuwwa durch den

Süfismus. — IV. Die Reorganisation der Futuwwabünde durch den

Chalifen an-Näsir; die höfische Futuwwa. — V. Die Verbürgerlichung

der Futuwwa: die Achibünde im türkischen Anatolien der spät- und

nachseldschukischen Zeit. — VI. Die Futuwwabünde als Zünfte.

In der Futuwwa hat die islamische Zivilisation des

Mittelalters eine soziologische Erscheinung gezeitigt, die sich

als ein typisches Beispiel für jene Männerbünde darstellt,

von denen der Völkerkunde aus allen Gebieten menschlichen

Kulturlebens viele Beispiele bekannt sind. Wie bei den

meisten dieser Bünde, ist auch bei der Futuwwa der Ge¬

selligkeitstrieb der männlichen Gesellschaft das treibende

Motiv, und die Freundschaft das hervorstechendste Ideal;

m. a. W. der Bundesgedanke ist im letzten Grunde Selbst¬

zweck. Doch wie bei vielen anderen derartigen Bünden, ist

dieser Selbstzweck bemäntelt durch sekundäre Zwecksetzun¬

gen, die aus dem ethischen und religiösen Bereiche entliehen

sind. Durch diese sekundären Zwecksetzungen steht die Fu¬

tuwwa in Verbindung mit anderen, anders orientierten sozio¬

logischen Erscheinungen, und das Wie dieser Verbindung,

das Verhältnis des ursprünglichen Selbstzweckes der Fu¬

ll Vortrag, gehalten an der Mitgliederversammlung der D. M. G.

in Halle am 27. September 1932 (vgl. ZDMG. 86, N. F. 11,1933, S. »16»).

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