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Der Beschwerdeführer legte seinem Antrag auch diverse ärztliche Atteste und Berichte bei.

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Gericht BVwG

Entscheidungsdatum 24.04.2014

Geschäftszahl I401 2003049-1

Spruch

I401 2003049-1/3E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gerhard AUER, als Vorsitzenden und den Richter Mag. Philipp CEDE, LL.M., sowie die fachkundige Laienrichterin Mag. Heike MORODER als Beisitzerin über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, XXXX, dieser vertreten durch die Vogl Rechtsanwalt GmbH, Hirschgraben 4, 6800 Feldkirch, vom 31.12.2013 gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen (Landesstelle Vorarlberg) vom 21.11.2013 (ohne Geschäftszahl) beschlossen:

A)

Der angefochtene Bescheid wird gemäß § 28 Abs. 3 des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG) aufgehoben und die Angelegenheit wird zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Vorarlberg, zurückverwiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang

1.1. Mit einem (über www.bundessozialamt.gv.at zur Verfügung gestellten) an das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Vorarlberg (in der Folge als Bundessozialamt oder als belangte Behörde bezeichnet), gerichteten formularmäßigen Vordruck vom 20.03.2013 stellte Herr XXXX (in der Folge als Beschwerdeführer bezeichnet), den Antrag auf Feststellung der Zugehörigkeit zum Personenkreis der begünstigten Behinderten gemäß §§ 2 und 14 des Behinderteneinstellungsgesetzes (BEinstG).

Der Beschwerdeführer legte seinem Antrag auch diverse ärztliche Atteste und Berichte bei.

1.2. In der Folge beauftragte das Bundessozialamt einen Facharzt für Innere Medizin mit der Erstellung eines Gutachtens.

1.3. Vor der Erstellung des in Auftrag gegebenen fachärztlichen Gutachtens stellte der Beschwerdeführer mit einem weiteren formularmäßigen Vordruck vom 28.06.2013 denselben Antrag und schloss diesem einen

"Anamnese/Status-Ausdruck" und einen "Diagnose Text" an.

1.4. Der ärztliche Sachverständige für Innere Medizin gab nach der Untersuchung des Beschwerdeführers und mit Bezugnahme auf die mit dem ersten Antrag vorgelegten Unterlagen (jene vom zweiten Antrag wurden ihm

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nicht übermittelt) in seinem Sachverständigengutachten vom 24.07.2013 den "Gesamtgrad der Behinderung"

(GdB) mit "30 v.H."

an.

Zu dieser Bewertung des Gesamtgrades der Behinderung führte er begründend aus, mittels Goldstandard (Herzkatheteruntersuchung) 2009 sei eine Zunahme der KHK (= koronaren Herzerkrankung) ausgeschlossen worden. Die damals beschriebenen Beschwerden entsprächen den aktuell vom Patienten geäußerten. Es bestehe somit eine KHK mit erfolgreicher Gefäßdehnung ohne abgelaufenen Infarkt. Die vom Patienten angegebene Depressio bedürfe aktuell auf Grund der vom Patienten angegebenen Symptomatik und der aktuell fehlenden Beurteilung von psychiatrischer Seite / fachärztlich medikamentöser Einstellung der Einschätzung durch einen Facharzt für Psychiatrie. Daher werde von ihm als Sachverständiger für Innere Medizin diesbezüglich kein GdB angegeben.

Zu der standardisierten Vorgabe im zu erstellenden Gutachten, eine "Stellungnahme zu Vorgutachten"

abzugeben, kreuzte der ärztliche Sachverständige den Punkt "Nachuntersuchung" an und begründete dies damit, dass eine fachärztlich psychiatrische Einschätzung erfolgen solle.

2.1. Das vom Bundessozialamt in der Folge an einen Facharzt für Psychiatrie gerichtete Schreiben mit dem Auftrag zur Begutachtung des Beschwerdeführers vom 03.09.2013 sandte der beauftragte Sachverständige mit dem Vermerk "Antrag zurückgezogen" zurück und merkte an, das Telefonat mit dem Beschwerdeführer sei "1 Woche vor Termin" (= vereinbarter Termin: 04.10.2013) geführt worden.

2.2. Mit Schreiben vom 10.10.2013 ersuchte das Bundessozialamt den Beschwerdeführer unter Hinweis auf dieses geführte Telefonat um schriftliche Mitteilung, dass er den Antrag zurückziehen möchte, wobei es ihm eine Frist von zwei Wochen einräumte.

Auf dieses Schreiben erfolgte durch den Beschwerdeführer weder eine schriftliche, noch eine mündliche Reaktion.

2.3. Das Bundessozialamt räumte dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 05.11.2013 Parteiengehör zu dem vom Facharzt für Innere Medizin erstellten Gutachten ein, welches von ihm jedoch ungenutzt blieb.

Eine nochmalige Befassung des Facharztes für Psychiatrie mit der Erstellung eines Gutachtens unterblieb.

3. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 21.11.2013 wies das Bundesozialamt den Antrag des Beschwerdeführers "auf Feststellung der Zugehörigkeit zum Personenkreis der begünstigten Behinderten" mit der Begründung ab, dass nach dem Gutachten eines ärztlichen Sachverständigen (zu ergänzen: für Innere Medizin) der Grad der Behinderung 30 v.H. betrage und die wesentlichen Ergebnisse des ärztlichen Begutachtungsverfahrens dem (einen integrierenden Bestandteil der Begründung bildenden) Beiblatt zu entnehmen seien.

4. Mit dem am 31.12.2013 (per E-Mail) eingebrachten Anbringen vom selben Tag erhob der nunmehr rechtsfreundlich vertretene Beschwerdeführer Berufung und begründete diese - zusammengefasst - wie folgt:

Eine getrennte Beurteilung der im Rahmen der Untersuchung vom 18.07.2013 festgestellten koronaren Herzerkrankung mit Z. n. Stentimplantation 2007 und 2008 (und eines Bluthochdruckes) sowie des Diabetes Mellitus Typ 2 sei gegenständlich unumgänglich, weil bei der Gesamteinschätzung der beiden Leidenszustände die mit dem Diabetes Mellitus Typ 2 verbundenen Folgeerkrankungen, wie Herzinfarkt, Schlaganfall, Nierenerkrankungen, Augenkrankheiten, Nervenschädigungen, Geschwüre am Bein, Potenzstörungen, Wundheilungsstörungen und Zuckerkoma, völlig negiert worden seien. Das habe beim Beschwerdeführer zu einer Fehleinschätzung des GdB geführt.

Darüber hinaus brachte der Beschwerdeführer vor, das Bundesozialamt hätte einen Facharzt für Psychiatrie mit der Erstattung eines Befundes und Gutachtens beauftragen müssen, um zu einem objektiven und vollständigen Bild zu kommen. Im Beiblatt zum Gutachten sei explizit ausgeführt worden, dass "eine Nachuntersuchung, weil eine fachärztliche psychiatrische Einschätzung erfolgen sollte", durchzuführen sei. Der Bescheid sei ohne Einschätzung eines Neurologen / Psychiaters unvollständig, mangelhaft und rechtswidrig.

Neben dem Antrag, den Bescheid vom 21.11.2013 aufzuheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und - unter Einholung eines weiteren Gutachtens aus dem Bereich Neurologie / Psychiatrie - Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundessozialamt zurückzuverweisen, stellte der Beschwerdeführer den

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Eventualantrag, den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern, dass der Grad der Behinderung mit mindestens 50 von Hundert eingeschätzt und damit die Zugehörigkeit zum Personenkreis der begünstigten Behinderten festgestellt wird.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Zu Spruchpunkt A):

1.1. Zur Entscheidung über die Rechtssache ist das Bundesverwaltungsgericht berufen. Gemäß Art. 151 Abs. 51 Z 8 B-VG werden die in der Anlage (zum B-VG) genannten Verwaltungsbehörden ("sonstige unabhängige Verwaltungsbehörden") aufgelöst und geht die Zuständigkeit zur Weiterführung der mit Ablauf des 31.

Dezember 2013 bei diesen Behörden anhängigen Verfahren auf die Verwaltungsgerichte über; dies gilt auch für die bei sonstigen Behörden anhängigen Verfahren, in denen diese Behörden sachlich in Betracht kommende Oberbehörde oder im Instanzenzug übergeordnete Behörde sind, mit Ausnahme von Organen der Gemeinde.

Nach Abschnitt A. Z 15 der Anlage zum B-VG zählt die "Berufungskommission gemäß § 13a des Behinderteneinstellungsgesetzes (BEinstG), BGBl. Nr. 22/1970", zu den aufgelösten Behörden.

Nach § 19a Abs. 1 des Behinderteneinstellungsgesetzes (BEinstG) in der bis zum Verwaltungsgerichtsbarkeits- Anpassungsgesetz - Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz, BGBl. I Nr. 71/2013, geltenden Fassung war die Bundesberufungskommission nach dem Bundesberufungskommissionsgesetz, BGBl.

I Nr. 150/2002, zur Entscheidung über Berufungen gegen Bescheide des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen in Durchführung dieses Bundesgesetzes, soweit dieses Bundesgesetz nichts anderes bestimmt, zuständig.

Das Bundesberufungskommissionsgesetz ist mit Art. 2 des Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetzes - Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz, BGBl. I Nr. 71/2013, aufgehoben worden.

Daraus ergibt sich, dass die Zuständigkeit zur Entscheidung über die am 31.12.2013 per

E-Mail eingebrachte Berufung mit 01.01.2014 auf das Verwaltungsgericht übergegangen ist.

Aus § 19b Abs. 1 BEinstG (in der seit 01.01.2014 geltenden Fassung) ergibt sich die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts. Die Berufung ist vom Bundesverwaltungsgericht als "Beschwerde" zu behandeln.

Auch wenn der Wortlaut der in § 3 des Bundesgesetzes betreffend den Übergang zur zweistufigen Verwaltungsgerichtsbarkeit (Verwaltungsgerichtsbarkeit-Übergangsgesetz - VwGbk-ÜG), BGBl. I Nr. 33/2013 in der Fassung BGBl. I Nr. 122/2013, enthaltenen Anordnung, wonach Berufungen nunmehr als Beschwerden zu gelten haben, auf solche "Berufungen", die bereits vor dem bzw. am 31.12.2013 erhoben worden sind, nicht anwendbar ist (zumal sich diese Regelung auf Fälle beschränkt, in denen gegen einen vor dem 31.12.2013 erlassenen Bescheid nicht bereits bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 Berufung erhoben worden ist), muss - in Ermangelung anderer Einordnungsmöglichkeiten - davon ausgegangen werden, dass eine Berufung, zu deren Erledigung das Verwaltungsgericht gemäß Art. 151 Abs. 51 Z 8 B-VG mit 01.01.2014 zuständig geworden ist, ab dem 01.01.2014 als "Beschwerde" im Sinne von Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG einzuordnen und zu behandeln ist.

1.2. Über die Beschwerde hat ein aus einem fachkundigen Laien- und zwei Berufsrichtern zusammengesetzter Senat zu entscheiden. §19b Abs. 1 BEinstG bestimmt, dass die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts in Verfahren über Beschwerden in Rechtssachen in den Angelegenheiten der §§ 8, 9, 9a und 14 Abs. 2 durch den Senat zu erfolgen hat. Nach § 7 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, besteht der Senat aus einem Mitglied als Vorsitzendem und zwei weiteren Mitgliedern als Beisitzern. Ist in Bundes- oder Landesgesetzen die Mitwirkung fachkundiger Laienrichter an der Rechtsprechung vorgesehen, sind diese anstelle der Mitglieder nach Maßgabe der Geschäftsverteilung als Beisitzer heranzuziehen (§ 7 Abs. 2 BVwGG).

Nach § 19b Abs. 6 BEinstG hat bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß § 14 Abs. 2 eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken.

1.3. Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl I Nr. 33/2013 in der Fassung BGBl I Nr. 122/2013, geregelt (§ 1 leg. cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

(4)

Nach Art. 130 Abs. 4 B-VG hat das Verwaltungsgericht in Rechtssachen nach Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG (außer Verwaltungsstrafsachen) dann in der Sache zu entscheiden, wenn (1.) der maßgebliche Sachverhalt feststeht, oder wenn (2.) die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

§ 28 Abs. 2 VwGVG wiederholt diese Anordnung auf einfachgesetzlicher Ebene.

§ 28 Abs. 3 erster Satz VwGVG sieht die Entscheidung in der Sache vor, wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vorliegen, sofern nicht die belangte Behörde einer Entscheidung in der Sache bei Vorlage der Beschwerde (unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung und Beschleunigung des Verfahrens) widerspricht. § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG normiert, dass das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen kann, wenn die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen hat.

2.1. § 14 Abs. 2 BEinstG (in der seit 01.01.2011 unverändert geltenden Fassung BGBl I Nr. 111/2010) lautet (auszugsweise):

Liegt ein Nachweis im Sinne des Abs. 1 nicht vor, hat auf Antrag des Menschen mit Behinderung das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen den Grad der Behinderung nach den Bestimmungen der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) einzuschätzen und bei Zutreffen der im § 2 Abs. 1 angeführten sonstigen Voraussetzungen die Zugehörigkeit zum Kreis der nach diesem Bundesgesetz begünstigten Behinderten (§ 2) sowie den Grad der Behinderung festzustellen. Hinsichtlich der ärztlichen Sachverständigen ist § 90 des Kriegsopfer-versorgungsgesetzes 1957, BGBl. Nr. 152, anzuwenden. Die Begünstigungen nach diesem Bundesgesetz werden mit dem Zutreffen der Voraussetzungen, frühestens mit dem Tag des Einlangens des Antrages beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen wirksam. Sie werden jedoch mit dem Ersten des Monates wirksam, in dem der Antrag eingelangt ist, wenn dieser unverzüglich nach dem Eintritt der Behinderung (Abs. 3) gestellt wird.

Nähere Regelungen über die Feststellung des Grades Behinderung trifft die Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz, BGBl. II Nr. 261/2010 (Einschätzungsverordnung).

§ 3 dieser Einschätzungsverordnung sieht Folgendes vor:

Abs. 1: Eine Einschätzung des Gesamtgrades der Behinderung ist dann vorzunehmen, wenn mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen. Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung sind die einzelnen Werte der Funktionsbeeinträchtigungen nicht zu addieren. Maßgebend sind die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander.

Abs. 2: Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung ist zunächst von jener Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, für die der höchste Wert festgestellt wurde. In der Folge ist zu prüfen, ob und inwieweit dieser durch die weiteren Funktionsbeeinträchtigungen erhöht wird. Gesundheitsschädigungen mit einem Ausmaß von weniger als 20 vH sind außer Betracht zu lassen, sofern eine solche Gesundheitsschädigung im Zusammenwirken mit einer anderen Gesundheitsschädigung keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung verursacht. Bei Überschneidungen von Funktionsbeeinträchtigungen ist grundsätzlich vom höheren Grad der Behinderung auszugehen.

Abs. 3: Eine wechselseitige Beeinflussung der Funktionsbeeinträchtigungen, die geeignet ist, eine Erhöhung des Grades der Behinderung zu bewirken, liegt vor, wenn

sich eine Funktionsbeeinträchtigung auf eine andere besonders nachteilig auswirkt,

zwei oder mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen, die gemeinsam zu einer wesentlichen Funktionsbeeinträchtigung führen.

Nach § 4 Abs. 1 der Einschätzungsverordnung bildet die Grundlage für die Einschätzung des Grades der Behinderung die Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen im körperlichen, geistigen, psychischen Bereich oder in der Sinneswahrnehmung in Form eines ärztlichen Sachverständigengutachtens. Erforderlichenfalls sind Experten aus anderen Fachbereichen - beispielsweise Psychologen - zur ganzheitlichen Beurteilung heran zu ziehen.

(5)

Nach § 4 Abs. 2 leg. cit. hat das Gutachten neben den persönlichen Daten die Anamnese, den Untersuchungsbefund, die Diagnosen, die Einschätzung des Grades der Behinderung, eine Begründung für die Einschätzung des Grades der Behinderung innerhalb eines Rahmensatzes sowie die Erstellung des Gesamtgrades der Behinderung und dessen Begründung zu enthalten.

2.2. In dem Erkenntnis vom 30.09.2011, Zl. 2009/11/0009, führt der Verwaltungsgerichtshof unter anderem aus, dass die Aufnahme in den Kreis der begünstigten Behinderten aus dem Blickwinkel der öffentlichen Interessen erfolgt, vor allem unter Berücksichtigung der persönlichen Betroffenheit, sohin der persönlichen Interessen des Behinderten (mit Hinweis auf das Erkenntnis des VwGH vom 30.01.2002, Zl. 96/08/0313, das Urteil des OGH vom 08.07.1998, Zl. 9 ObA 104/98d, beide unter Hinweis auf das Erkenntnis des VfGH vom 13.12.1988, VfSlg.

11.934). Das Recht, dem Kreis der begünstigten Behinderten anzugehören, ist ein subjektiv-öffentliches Recht des Behinderten.

2.3. Der Verwaltungsgerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung die Rechtsansicht, dass die Gesamteinschätzung mehrerer Leidenszustände nicht im Wege der Addition der aus den Richtsatzpositionen sich ergebenden Hundertsätze zu erfolgen hat, vielmehr bei Zusammentreffen mehrerer Leiden zunächst von der Gesundheitsschädigung auszugehen ist, die die höchste Minderung der Erwerbsfähigkeit verursacht, und dann zu prüfen ist, ob und inwieweit durch das Zusammenwirken aller zu berücksichtigenden Gesundheitsschädigungen eine höhere Einschätzung der Minderung der Erwerbsfähigkeit gerechtfertigt ist, wobei die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigung auf die Erwerbsfähigkeit im Vordergrund zu stehen haben. Bei ihrer Beurteilung hat sich die Behörde eines oder mehrerer Sachverständiger zu bedienen (vgl. die Erkenntnisse des VwGH vom 22.01.2013, Zl. 2011/11/0209, vom 23.05.2013, Zl. 2012/11/0009, vom 24.07.2013, Zl. 2010/11/0040; u.a.).

2.4. Zu Recht macht der Beschwerdeführer (als Verfahrensmangel) geltend, das Bundesozialamt hätte eine Fachärztin oder einen Facharzt für Psychiatrie mit der Erstellung eines Befundes und Gutachtens beauftragen müssen, um zu einem objektiven und vollständigen Bild und - allenfalls - zu einem günstigeren Ergebnis zu kommen. Der Umstand, dass das Bundessozialamt ein solches Gutachten einholen wollte, die Erstellung des psychiatrischen Gutachtens jedoch aus in der Sphäre des Beschwerdeführers liegenden Gründen unterblieb, kann daran nichts ändern. Das Schreiben der belangten Behörde vom 10.10.2013 war nur darauf gerichtet, den Beschwerdeführer aufzufordern, seine gegenüber dem Gutachter fernmündlich abgegebene Erklärung (einer möglichen Antragszurücknahme) schriftlich zu tätigen. Damit hat die belangte Behörde offenkundig einen Schritt gesetzt, um in Bezug auf die gegenüber dem Sachverständigen fernmündlich geäußerte Rückmeldung des Beschwerdeführers "durch Herbeiführung einer entsprechenden Erklärung den wahren Willen des Einschreiters festzustellen, diesen also zu Präzisierung aufzufordern bzw. zum Inhalt einzuvernehmen" (vgl. das Erkenntnis des VwGH vom 15.11.2007, Zl. 2006/12/0193). Dass der Beschwerdeführer schon anlässlich der ersten Ladung zum Sachverständigen für Psychiatrie auf die Säumnisfolgen des § 14 Abs. 6 BEinstG aufmerksam gemacht worden wäre, ist nicht aktenkundig. Es war daher nicht rechtswidrig, dass die belangte Behörde das Verfahren nicht schon auf Grund der vom Gutachter übermittelten Information über das mit dem Beschwerdeführer geführte Gespräch eingestellt hat. Die inhaltliche Erledigung des Verfahrens ohne (nochmalige) vorherige Einholung des psychiatrischen Gutachtens war jedoch rechtswidrig, auch wenn der Beschwerdeführer auf das Ersuchen der Behörde, seinen Antrag schriftlich zurückzunehmen, nicht reagiert hat. Die belangte Behörde hätte dem Beschwerdeführer nicht Parteiengehör zum (amts-) ärztlichen Gutachten des Facharztes für Innere Medizin gewähren dürfen, sondern sie hätte, was auch im fortzusetzenden Verfahren zu beachten sein wird, - unter Hinweis auf § 14 Abs. 6 BEinstG, dass das ungerechtfertigte Fernbleiben von zumutbaren ärztlichen Untersuchungen oder deren Verweigerung die Einstellung des Verfahrens nach sich zieht (vgl. das Erkenntnis des VwGH vom 30.09.2011, Zl. 2009/11/0009), - neuerlich die Erstellung eines Gutachtens aus dem Fachbereich der Psychiatrie veranlassen müssen. Nur in einem solchen Fall lässt sich, wenn der Beschwerdeführer der ergänzenden Begutachtung Folge leistet, unter Beachtung einer - allfälligen - Wechselbeziehung der einzelnen Leiden beurteilen, welchen Gesamtgrad der Behinderung der Beschwerdeführer aufweist und ob er - wenn der Grad der Behinderung von 50. v.H. erreicht wird - dem Personenkreis der begünstigten Behinderten angehört.

Im konkreten Fall kann nicht ausgeschlossen werden, dass die belangte Behörde bei Einholung eines psychiatrischen Gutachtens (bei Berücksichtigung der dem zweiten ["identen"] Antrag des Beschwerdeführers vom 28.06.2013 beigefügten Unterlagen ("Anamnese/Status-Ausdruck" und "Diagnose Text") zu einer anderen Einschätzung des Gesamtgrades der Behinderung gelangt wäre.

Die belangte Behörde hat dadurch insgesamt im Sinne des § 28 Abs. 3 VwGVG "notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen".

2.5. Was das in der "Berufung" getätigte Vorbringen, eine getrennte Beurteilung der im Rahmen der Untersuchung vom 18.07.2013 festgestellten koronaren Herzerkrankung mit Z. n. Stentimplantation 2007 und 2008 sowie des Diabetes Mellitus Typ 2 sei unumgänglich, weil bei der Gesamteinschätzung der beiden

(6)

Leidenszustände die mit dem Diabetes Mellitus Typ 2 verbundenen (beispielhaft angeführten) Folgeerkrankungen völlig negiert worden seien, betrifft, ist zum einen darauf hinzuweisen, dass Mutmaßungen über - allenfalls - eintretende Folgeerkrankungen des Diabetes Mellitus Typ 2, für die es nach dem von der belangten Behörde zu Grunde gelegten Sachverständigengutachten des Facharztes für Innere Medizin, (noch) keine Anhaltspunkte gibt, bei der Beurteilung des Gesamtgrades der Behinderung nach dem BEinstG keine Grundlage bilden. Zum anderen sei erwähnt, dass den Ausführungen der Sachverständigen in der Regel nur auf der gleichen fachlichen Ebene entgegengetreten werden kann.

3. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen (§ 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG). Die Voraussetzungen des § 28 Abs. 2 VwGVG sind nicht erfüllt, weil der Sachverhalt weder feststeht noch seine Feststellung durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden wäre: Es gibt im Beschwerdefall keinen Anhaltspunkt dafür, dass die Einholung eines ergänzenden Gutachtens und die allenfalls sonst noch erforderlichen Erhebungsschritte sowie die Einräumung von Parteiengehör durch das Verwaltungsgericht selbst rascher wären als die Vornahme dieser Schritte durch die belangte Behörde.

4. Dieser Beschluss kann gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG ohne mündliche Verhandlung getroffen werden.

Zu Spruchpunkt B):

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil sich die gegenständliche Entscheidung zu den wesentlichen Fragen der Beurteilung des Gesamtgrades Behinderung durch einen oder mehrere Sachverständige(n) und der Wechselbeziehung der einzelnen Leiden sowie der ungerechtfertigte Verweigerung des Antragstellers von zumutbaren ärztlichen Untersuchungen auf eine einheitliche höchstgerichtliche Rechtsprechung stützen kann und die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt (vgl. die zitierte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes). Weder weicht diese Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann auch nicht als uneinheitlich angesehen werden. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

European Case Law Identifier ECLI:AT:BVWG:2014:I401.2003049.1.00

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