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lauf! Sie ist allein. Nur einer ist da. Die Jagd beginnt DAS VERFLUCHTE HAUS Es war der Traum der Familie. Dann kamen die Briefe

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Academic year: 2022

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l a u f !

Sie ist allein. Nur einer ist da.

Die Jagd beginnt

//

Nr.23

LADY KALASCHNIKOW

Sie wollte nicht mehr dienen.

Sie wollte herrschen DAS

VERFLUCHTE HAUS Es war der Traum

der Familie.

Dann kamen die Briefe

DAS GRAUEN NEBENAN Gespräch mit einer Kinderschutz-

Kommissarin

FEBRUAR   / MÄRZ 2019 DEUTSCHLAND €  5,80/ ÖSTERREICH €  6,60 / SCHWEIZ CHF   9,50 / BENELUX €  7,10 / ITALIEN, SPANIEN, FRANKREICH, PORTUGAL (cont.) €  7,90 /DÄNEMARK DKR   69,95 / TSCHECHIEN CZK   220

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… ist nicht nur bei Ermittlern das, worauf es ankommt. Als vor Weih- nachten publik wurde, dass etliche Reportagen des „Spiegel“-Autors Claas Relotius auf ausgedachten Figuren und Ereignissen basieren, wurden wir wie viele andere Kollegen sehr nachdenklich.

Es freut uns, dass die Leser den literarischen Stil unseres Heftes schätzen. Wichtig ist uns aber dies: Auch wenn unsere Texte sich wie Erzählungen lesen, gilt für uns die journalistische Pflicht zur Wahrheit.

Ob wir Szenen rekonstruieren oder die Innenwelt von Tätern und Opfern ausleuchten: Alles muss auf Fakten basieren. Deshalb betreibt die stern- Dokumentation für Crime ein aufwendiges Fact-Checking. Wenn unser Kollege in „Asche zu Asche“ erzählt, wie ein Mädchen eine Katze strei- chelt, muss er belegen, woher er das weiß: Der Moment ist damals von einer Zeugin beobachtet worden. Auf Basis ihres Vernehmungsprotokolls lässt sich auch so eindringlich schildern, wie das Kind sich überlegt, dem Heizer ihrer Schule die Katze mitzubringen. Das Mädchen selbst hat das der Zeugin erzählt, und die hat es der Polizei berichtet.

Dass Verbrechen meist in Akten und anderen Berichten dokumentiert sind, macht es unseren Fact-Checkern leichter. Wenn aber ein Reporter Dinge beschreibt, die er bei der Recherche gesehen oder gehört hat, lässt sich das nur auf Plausibilität und Glaubwürdigkeit hin überprüfen. Wir sind nicht so vermessen zu behaupten, dass wir Schwindler sofort erkennen oder uns keine Fehler unterlaufen können.

Auch wir haben in unserer zweiten Ausgabe einen Text von Claas Relotius gedruckt, über den Fall der „Craigslist“-Morde. Wir haben ihn nun nochmals überprüft. Relotius hat sich, was bei einem so umfassend dokumentierten Fall legitim ist, bei seiner Rekonstruktion zum größten Teil auf Literatur und Archiv-Artikel gestützt. Ein paar Details haben wir allerdings nirgendwo sonst gefun- den: Zum Beispiel pfeift der Täter im Text ein Lied – und es gehört zur Handschrift des Betrügers Relotius, dass bei ihm Menschen oft singen.

Diese mögliche Fälschung mag eine Petitesse betreffen. Dennoch ärgert sie uns. Und das motiviert uns, noch mehr darauf zu achten, dass unsere Texte sowohl eindringlich als auch wahr sind.

DIE WAHRHEIT …

Foto: Andra stern-Crime, Ausgabe 2, August 2015: Claas Relotius über einen Serienmörder in Ohio

Mit dieser Ausgabe haben wir den Preis für stern  Crime im Einzelverkauf um 30 Cent erhöht. Durch die steigen- den Produktionskosten und den hohen Qualitätsanspruch an unsere Geschichten ließ sich diese Anpassung nicht ver- meiden. Wir hoffen, Sie bleiben uns weiterhin gewogen.

// editorial

Giuseppe Di Grazia, Crime-Redaktionsleiter

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34 / EINE SPEZIALISTIN Die Zeit verwischt alle Spuren.

Fast alle. DNA-Expertin Eva Gäbl 36 / DER KORSE

Er fing bei der „French Connection”

an. Lernte im Urwald Kolumbiens.

Wurde der beste Kokain-Kocher der Welt. Gespräch mit Laurent Fiocconi 48 / ASCHE ZU ASCHE

Zwei Mädchen. Zwei Männer, die sie begehren. Sie haben beide denselben Beruf: Die Männer sind Heizer

56/ DER STAAT TEXAS VS. MARVIN Unsere Autorin war eine junge Anwältin, als sie ihre schwerste Auf- gabe übernahm: ihrem Mandanten das Leben zu retten

64 / MEIN BILD

Manchmal offenbart sich der Schre- cken erst, wenn alle Spuren beseitigt werden. Ein Foto von Sascha Ditscher 68/ EIN UNPERFEKTER MORD Der Bauer wollte seinen Sohn loswerden. Aber Töten ist schwer 06 / FRIEDE WAHREN

Eine Horde Besoffener. Und niemand, der sie stoppen kann. Essay über die Herausforderung des Schweigens 08 / LAUF!

Frauen verschwinden. Ihre Leichen findet man in der Wildnis. Nur einer weiß, was ihnen widerfuhr. Der Jäger 22 / EIN EISKALTER FALL

Sie suchten den Mörder jahrzehnte- lang. Und fanden einen Mann, wie er

ihnen nie zuvor begegnet war Fotos: Gerald Slota; Arnau Bach; Marcel Maffei; Katharina Gschwendtner; Michael Graczyk/AP Sie haben schon länger ein Auge auf das Haus geworfen.

Aber einer hat es noch länger im Blick: der Wächter

102

36

Laurent Fiocconi war irre und verwegen. Darum nannte man ihn „den Verrückten”. Und darum

konnte er überleben

004 // crime 23

// inhalt

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76 / EWIGE RUHE

Einsame Orte können sehr schön sein.

Man kann dort auch leicht Menschen verschwinden lassen. Ein Fotoprojekt 94 / DAS GRAUEN NEBENAN Ein Gespräch mit Gina Graichen, die Deutschlands erstes Kinderschutz- Kommissariat leitete

102 / DER WÄCHTER

Die Familie hatte immer von einem Haus wie diesem geträumt. Als sie es hatte, begann der Albtraum

114 / LADY KALASCHNIKOW Man kann nur Herrin sein oder Untertanin. Dienen oder führen.

Sie hat sich entschieden

126 / AUS DER ASSERVATENKAMMER Manchmal gilt auch ein Körperteil als Beweisstück, das archiviert werden muss. Der Kopf der Nitribitt

128 / „ICH LEBE VON MEINEN SCHULDGEFÜHLEN”

Ein Werkstattgespräch mit Bestseller-Autor Till Raether

133 / BÜCHER UND FILME 138 / DER PROMINENTE FALL Als harter Rapper muss man sich mit harten Jungs umgeben. Genau die brachten 6IX9INE zu Fall:

die Gangster, die er rief

003/ EDITORIAL 134/ LESERBRIEFE

136 / MITARBEITER, IMPRESSUM Der Polizeifotograf hielt die Szenerie für die Akten fest.

Eine stille Winternacht. Und ein brutaler Mord

22

Die Flammen im Kessel können alles verzehren, das wusste der Heizer

48

Manche Strafen sind unwiderrufbar

56

(6)

T

ätowierungen und Narben glänzen auf rasierten Köp- fen. Ein gutes Dutzend Män- ner macht sich an einem Vormittag im Dezember auf den Weg nach Mallorca, um mit ihrem Kumpel Andreas* Junggesellenabschied zu feiern. Die schwarzen T-Shirts, die sie sich extra haben machen lassen, geben den auftrainierten Kerlen etwas „parami- litärisches“, wie eine Stewardess später sagen wird. Da sind die gut zwei Stunden Flug nach Palma schon vorbei. Zwei Stunden, in denen die Regeln eines fried- lichen Miteinanders außer Kraft gesetzt waren. In denen Andreas und seine Freunde Mannschaft und Passagiere eines voll besetzten Billigfliegers dazu brachten, sich ihnen zu unterwerfen. Weil sie Gewaltbereitschaft ausstrahlten, weil sie besoffen und aggressiv waren, weil

sich alle weggeduckt haben. Eine kompetente Crew sorgte dafür, dass die Lage nicht außer Kontrolle geriet und der Flug pünktlich ans Ziel kam.

Es ging nicht um Leben und Tod auf diesem Flug, sondern um den Wert des Anstands und die Kraft der Zivilisation.

Auch darum, was man hinnehmen muss und wann es Zeit ist, der Barbarei entgegenzutreten: nämlich spätestens nach der Landung.

Andreas ist der Einzige der Gruppe, der nicht das schwar- ze Shirt mit dem Aufdruck „Andreas heiratet“ trägt. Er trägt Rosa. Auf seinem Hemd steht: „Scheiße ich bin Andreas.“ Im

Mittelgang reißt er sich das Leibchen über den Kopf. Der Bauch und die großflächig tätowierte Brust schwingen frei im Gang. Er lacht, grölt, klatscht sich mit anderen ab. Ruft nach mehr Bier. Dann: „Ich will ’ne Stulle. Digga, hab ich Hunger.

Scheiße.“ Wenn seine Frau sich an gleicher Stelle auch so ein Riesentattoo machen lassen würde, über Berg und Tal, das fände er großartig. „Die Vollendung. Digga, oh Mann, Digga, Digga.“ Sein Gegenüber beginnt jetzt sich mit der flachen lin- ken Hand auf Daumen und Zeigefinger der geballten rechten zu schlagen. Tak, tak, tak, tak, tak. Immer schneller. Immer schneller. Er denkt offenbar an den Vollzug der künftigen Ehe.

* Vorname geändert Sie haben Muskeln und Tattoos, tragen

schwarze T-Shirts. 14 Männer, die keinen Widerspruch dulden und in 10 000 Meter Höhe zwei Stunden ihre Macht genießen

von STEFAN SCHMITZ

UNTERWERFUNG

Im Billigflieger nach Mallorca. Eine Gruppe besoffener, aggressiver Kerle

schüchtert Passagiere und Crew ein. Ist es feige zu schweigen? Oder die einzige Lösung?

006

// essay

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Aus einer hinteren Reihe ruft es Andreas entgegen: „Könnt ihr etwas langsamer machen?“

Er: „Leck mich am Arsch.“

Die Antwort, eher leise: „Ihr seid nicht alleine hier.“

Andreas: „Wir sind 14.“

Dann stellt er sich in den Gang und hält seinen Hintern dem Zwischenrufer sehr nah ans Gesicht. Regelmäßig lässt er durchzählen, dann rufen die Jungs: „Eins, zwei, drei, vier ...“

Eine asiatische Frau muss zur Toilette. Im Gang stehen Andreas‘ Freunde. Sie machen gerade so viel Platz, dass die sehr schlanke und völlig verängstigte Frau durchschlüpfen kann. „Nicht furzen jetzt“, grölt einer von ihnen. Brüllendes Gelächter.

Eine Frau mit einer Tasche der Gewerkschaft Verdi schaut dazu angestrengt aus dem Fenster. Der kräftige Hipster in der Reihe vor ihr hat Kopfhörer im Ohr und sieht auf seinem Smartphone „Meuterei auf der Bounty“. Seine attraktive Be- gleiterin steckt sich die Sonnenbrille ins Gesicht. Der Fußraum unter dem Vordersitz scheint Blicke magisch anzuziehen.

Als ob sich da die Lösung auf drängende Fragen verstecke:

Aufstehen? Etwas tun? Ist es feige zu schweigen? Oder die einzige Lösung? Gibt es vielleicht gar keinen Grund sich an- zustellen, nur weil ein paar Betrunkene zusammen feiern?

Niemand muckt auf. Die Stewardessen wiegeln ab. Ja, sagt eine, sie gebe der Gruppe weiter Bier – sonst „gehen die rich- tig ab“; und auf ein oder zwei Dosen käme es bei denen be- stimmt nicht an. Die jüngere Stewardess trägt einen Dutt, engen blauen Rock, blaue Bluse. Sie wird nicht betatscht, aber begafft. Sie muss immer wieder durch den Gang. Sie schwitzt.

Eine Frau fordert die Stewardess auf, den Piloten um eine klare Durchsage zu bitten, dass dieses Verhalten nicht toleriert werde. Sie fühle sich von der Besatzung im Stich ge- lassen. „In 30 000 Fuß Höhe können Sie nicht die Polizei ru- fen“, sagt die Stewardess. Und es sei nicht so schlimm, dass sie die Guardia Civil zum Gate in Palma bestellen oder gar den Flug unterbrechen müssten.

Die IATA, der Dachverband der Fluggesellschaften, hat klare Richtlinien zum Umgang mit sogenannten unruly Pass- engers entwickelt. Dabei steht immer die Sicherheit des Flug- verkehrs im Vordergrund, es geht um Deeskalation und Kon- fliktmanagement – und nicht vorrangig darum, Passagieren elende Gefühle zu ersparen. In vier Kategorien werden die Fälle eingeteilt, von verbalen Entgleisungen gegenüber den Flugbegleitern bis zum Versuch, gewaltsam in das Cockpit vorzudringen. Zehntausende Fälle registrierte der Verband in den vergangenen Jahren. Das Problem scheint zu wach- sen. 2016 war jeder 1424. Flug betroffen. Im Jahr 2017 war

es einer von gut 1000 Flügen. Andreas und Freunde werden nicht in diese Statistik eingehen. Der Pressesprecher der Fluggesellschaft teilt Tage später mit: „Cockpitcrew und Kabinencrew haben übereinstimmend bestätigt, dass die Reisegruppe aufgrund ihres Aussehens und etwas lauteren Verhaltens an Bord zwar etwas einschüchternd gewirkt hat, die Reisenden aber keine Bedrohung für die sichere Durch- führung des Fluges darstellten“. Er verweist darauf, dass sie der Crew gegenüber nicht übergriffig geworden seien und sich sogar noch verabschiedet hätten. „Ich mache das schon ein paar Tage“, sagte die Kabinenchefin unmittelbar nach der Landung. „Das war doch Kindergarten.“

Tatsächlich war nie die Sicherheit des Fluges gefährdet.

Die Besoffenen wollten nicht die Cockpittür aufbrechen, sie wollten nicht einmal eine Schlägerei. Aber sie wussten, dass sie 14 waren, martialisch aussahen und sich ihnen niemand entgegenstellen würde. Dass sie andere demütigen durften, dass sie grölen durften, dass sie Brusttattoos vorführen durf- ten. Dass sie die Macht hatten, denn wer immer sich ihnen wirklich in den Weg gestellt hätte, musste mit ernsthaften Folgen rechnen.

D

ie Airline hätte bei einer klaren Forderung nach einer Verhaltensänderung riskiert, dass sie am Ende auf den Kosten einer Zwischenlandung sitzen bleibt, der Flugplan durcheinander gerät und die Besatzung nicht mehr nach Hause kommt. Andere Passagiere hätten sich, um die Gruppe zu beruhigen, auf eine Konfrontation einlassen müssen, die schon am Boden Ausdruck von verzweifeltem Heldenmut gewesen wäre und während eines Fluges völlig unverantwortlich. Denn Zivilcourage, die am Ende denen schadet, die geschützt werden sollen, ist keine.

Aus Sicht der Fluggesellschaft ist es zwingend, den zwar nicht alltäglichen, aber auch nicht besonders ungewöhnli- chen Vorfall so zu sehen wie der Pressesprecher, der die De- eskalation durch das Kabinenpersonal lobt. Aber eine Ge- sellschaft, in der das Recht gilt, darf keine Grauzonen zulassen, in denen die Stärkeren die Oberhand haben. Wenn solche Grauzonen an Bord eines Fluges nicht zu verhindern sind, muss sie dafür sorgen, dass das Verhalten der Regel- brecher danach nicht ohne Folgen bleibt und zumindest eine Wiederholung verhindert wird.

„Fahrt doch nach Sylt“, brüllte einer der Männer in die Rei- hen mit den drangsalierten Normalos. Er feierte die Verschie- bung der gewohnten Ordnung. Die Mittelschichtfamilien saßen stumm in ihren Reihen. In vielen Gesichtern war nach der Landung Erleichterung und Entsetzen zu lesen. Barbarei und Zivilisation liegen eben dicht beieinander, Digga.

schüchtert Passagiere und Crew ein. Ist es feige zu schweigen? Oder die einzige Lösung?

stern-Autor Stefan Schmitz war einer der Passa- giere. Er hat schon öfter erlebt, dass auf dem Weg nach Mallorca bereits ausgelassen gefeiert wird.

Das stört ihn nicht, denn er weiß, dass es ohne Party-Touristen keine billigen Flüge gäbe

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d e r j ä g e r

Frauen verschwinden. Ihre Leichen

// crime 23 008

(9)

findet man in der Wildnis. Nur einer weiß, was ihnen widerfuhr

von NICOLAS BÜCHSE foto PABLO TWOSE

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Aber es war nicht seine Schuld. Es war die Schuld der Frauen, wenn es aus dem Ruder lief.

Er hatte sein Flugzeug auf einer Sandbank am Knik River gelandet. In dieser Wildnis Alaskas, die er so liebt. Schon oft war er hierhergekommen. Hatte Elche gejagt, Bären oder Wölfe.

Letzte Woche hatte er eine Frau mitgebracht. Hatte ge- kriegt, was er wollte und sie zurückgeflogen nach Anchorage.

Es hätte also nicht so kommen müssen.

Die Frau, die er an diesem Tag gefesselt hinter seinen Pi- lotensitz gepackt hatte, war daran schuld, dass es schieflief.

Mach keine Dummheiten, hatte er noch gesagt, als er das Flugzeug geparkt und ihre Fesseln gelöst hatte.

Gerade hatte er sie zu einer Hütte führen wollen, in der Jäger wie er das Elchfleisch an einem Gestell zum Trocknen aufhängen. Da kreiste ein Flugzeug über ihnen, er dachte schon, es würde hier landen.

Er hatte die Frau am Arm gepackt.

Sag kein verdammtes Wort zu ihm. Wenn du einen Aufstand

machst, muss ich den Hurensohn erschießen, und wenn ich ihn erschieße, dann muss ich auch dich erschießen, und das willst du nicht, oder?

Nein, nein, nein, nein.

Er hatte sie mit den Händen hinter dem Rücken am Ge- stell in der Hütte festgebunden. War aus der Hütte heraus- getreten und hatte dem Piloten zugewinkt, hatte wieder Angst bekommen, er würde landen, doch dann war er zu- rückgeflogen, den Fluss hinunter.

Bis dieses verdammte Flugzeug kam, war alles gut ge- laufen.

Er ging zu seiner Piper Super Cub und holte das Gewehr, Kaliber 223. Eines seiner bevorzugten Jagdgewehre. Er lehnte es an die Hütte.

Als er die Frau losmachte, schlug sie auf ihn ein und schrie:

Du wirst mich umbringen!

Er wollte sie beruhigen, doch sie riss sich los und lief aus der Hütte. Nach einigen Metern hatte er sie eingeholt, er packte sie an der Schulter und schüttelte sie.

e s h ä t t e n i c h t s o k o m m e n m ü s s e n .

010 // crime 23

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Alles ist gut. Der Typ ist weg.

Nein, du wirst mich umbringen!

Sie war hysterisch geworden, hatte um sich geschlagen, sich losgerissen, war weggerannt.

Dieses Mal lief er nicht sofort hinterher. Er rannte zur Hütte und holte sein Gewehr.

Als er die Frau einholte, bekam er ihr T-Shirt zu fassen, es riss entzwei, als sie auf ihre Knie fiel.

Mach die Sache nicht schlimmer, sagte er, sein Stottern war wieder heftig. Wie immer, wenn er das Gefühl hatte, die Kontrolle zu verlieren. Die Frau schlug nur noch um sich und schrie.

Du wirst mich umbringen.

Da hatte er sie losgelassen. Sie war davongestolpert, so schnell sie konnte.

Er war stehen geblieben.

Sie lief um ihr Leben, hatte fast das Dickicht des Waldes erreicht. Die Kugel traf Paula Goulding ins Herz, noch bevor sie den Schuss hören konnte.

Es hätte nicht so kommen müssen, wenn Alaskas Polizei und Justiz Prostituierte, Nackttänzerinnen und strauchelnde jun- ge Frauen schon früher ernst genommen hätten. Wenn sie den Schwachen Schutz gewährt hätten und die Abgründe der angesehenen Bürger hätten ergründen wollen.

So dauerte es bis zum Sommer 1983, bis Polizisten endlich klar wurde, dass Anchorage zu einem gefährlichen Ort für Frauen aus dem Milieu geworden war. Schon immer war die Stadt ein rauer Ort gewesen, hatten hier weit mehr Männer als Frauen gelebt. Anchorage erlebte seit Mitte der 70er Jah- re einen Boom, wie es ihn seit dem Goldrausch nicht gegeben hatte. Das neue Gold war schwarz. An der über tausend Ki- lometer langen Pipeline zum Ölfeld an der Nordküste Alaskas schufteten 30 000 Arbeiter. Und mit ihnen kamen Tausende weitere Glückssucher nach Alaska, die meisten von ihnen strömten nach Anchorage.

Dort, in der Fourth und der Fifth Avenue, schossen schä- bige Striptease-Clubs aus dem Boden. Das „Booby Trap“, das

„Wild Cherry“, die „Great Alaskan Bush Company“.

Fotos: Alaska State Troopers; excerpt from Pablo Twose

Die Fundorte der Frauen wurden auf Luftaufnahmen markiert. Man kommt in diese Gegend nur mit dem Helikopter oder mit einem Flugzeug

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Seit drei Jahren aber verschwanden auffallend viele Tänzerinnen aus diesen Clubs. Sie waren nicht die einzigen Vermissten in den schier unendlichen Weiten Alaskas.

200 Menschen standen in diesen Jahren auf der Liste, die Hälfte von ihnen Frauen. Vermisste Jäger, Trapper, Fischer, Buschpiloten, Abenteurer und Ausreißer.

Die Polizei ging davon aus, dass die Dunkelziffer noch viel höher lag. Auch bei den verschwundenen Stripperinnen.

Neun Namen standen auf der Tafel im Gebäude der Alaska State Trooper. Drei von ihnen nicht unter der Kate- gorie „Vermisst“. Sherry Morrow, eine Tänzerin aus dem „Wild Cherry“, ihre Leiche hatten Elchjäger am Ufer des Knik River gefunden. Eklutna Annie, eine Unbekannte, deren Körper 1980 gefunden worden war, man hatte sie nach dem Ablageort an einem See benannt. Und Joanna Messina, ihren verscharrten Leichnam fand man in Seward, gut zweieinhalb Auto- stunden südlich von Anchorage.

In Sherry Morrows Körper steckte eine Gewehrku- gel Kaliber 223. Annie war erstochen wurden. Joanna Messina starb durch zwei Kugeln Kaliber 22. Die Waf- fen verbanden die drei Morde nicht miteinander, doch die Opfer waren alle attraktive, junge Frauen, deren Körper jemand in flachen Gräbern verscharrt hatte.

Und es stellte sich längst die Frage, ob die Namen unter der Überschrift „Vermisst“ auf der Tafel nicht auch in die Rubrik „Getötet“ gehörten.

Ende April 1983 schreibt der diensthabende Sergeant der Alaska State Trooper einen weiteren Namen auf die Liste der Vermissten: Paula Goulding.

Paula Goulding arbeitet erst wenige Tage in der „Great Alas- kan Bush Company“, als sie am Abend des 24. April 1983 die Bühne betritt. Sie ist noch etwas unsicher, aber ehrgeizig.

Am Ende ihrer Show zieht sie langsam den G-String von ihren kreisenden Hüften hinunter und hofft auf großes Trinkgeld.

Paula Goulding ist eine hübsche Frau, 30 Jahre alt, sie ist aus dem Städtchen Fairbanks nach Anchorage gekommen, der Traum vom großen Geld lockte sie hierher, ihr Sekretä- rinnenjob hatte sie nicht träumen lassen.

Als sie, nun völlig entkleidet, die Dollarscheine, die ihr die Männer zugeworfen haben, aufsammelt, steht ein Mann Mitte 40 mit Pockennarben im Gesicht vor ihr, eine Stunde lang hat er in der dunkelsten Ecke des Clubs an seinem Bier genuckelt und die Tänzerinnen angestarrt wie ein Jäger seine Beute. Der Mann will sie am nächsten Tag treffen. Er bietet 300 Dollar.

Am Morgen wartet er dann schon an der Shoppingmall, als sie kommt. So macht er das immer. Er will sehen, ob die Frauen allein erscheinen. Wenn jemand bei ihnen ist, fährt er weg.

Paula Goulding kommt allein.

Er steigt aus und hält ihr die Beifahrertür auf. Fährt auf den Highway, die Frau entspannt sich. Er biegt auf einen ein- samen Parkplatz, legt den Arm hinter sie und spielt mit den Fingern an ihrem Haar. Mit der linken Hand greift er unter den Sitz, zieht mit einem Ruck an ihrem Schopf und hält ihr die Pistole ins Gesicht.

Du tust, was ich dir sage. Ich bin gut in dem hier. Ich habe das schon oft gemacht. Verstehen wir uns?

Der Schreck lähmt die Frau. Er zwingt sie auf den Boden vor dem Sitz, fesselt ihre Hände hinter den Rücken. Er fährt zum Merrill-Field-Flugplatz, dicht an ein Flugzeug heran. Er be- fiehlt ihr, sich auf den Boden hinter dem Pilotensitz zu hocken.

Ich muss das Auto ein paar Meter wegfahren. Versuch nicht, aus dem Flugzeug zu gehen, ich beobachte dich. Ich fände es schade, wenn ich ein paar Einschusslöcher in die Maschine ballere, wenn ich auf dich schieße.

Die Frau sagt: Ich mache keinen Ärger! Tu mir nichts.

Er ist nicht dumm. Er weiß, es gibt zwei Typen von Frau- en. Die Guten. Die behandelt er mit Respekt. Und es gibt die Verdorbenen. Freiwild.

Er startet das Flugzeug.

E

r k a n n s i c h n i c h t g e n a u e r k l ä r e n

was es ist, doch irgendwas zieht ihn immer wieder hierhin, in die Fifth Avenue. Er schiebt sich Süßigkeiten in den Mund und starrt die Huren an. So häufig cruist er durch die Gegend, dass er langsam Angst bekommt, aufzufallen. Er trägt bei seinen Besuchen im Rotlichtmilieu deshalb manchmal einen falschen Bart und Baseballcaps.

Und er hat es auch auf anderen Wegen versucht. Hat eine Kontaktanzeige in der Zeitung aufgegeben. Er sehne sich nach einer Frau, mit der er eine ernst gemeinte, ehrliche Be- ziehung eingehen könne. Die gern angle, zelte und in die Wildnis fliege: „Das Leben ist schön, aber viel erfüllter, wenn man es teilt. Aktuelles Foto erbeten.“

Es ist der frühe Morgen des 13. Juni 1983. Er ist wieder auf der Jagd.

Paula Goulding

012 // crime 23

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Seine Frau ist mit dem zwölfjährigen Sohn und der acht- jährigen Tochter in Europa. Die Reise war seine Idee gewe- sen. Er hatte gesagt, er selbst könne nicht fort von der Bäckerei. Und nur daran gedacht, dass er das Haus für sich selbst brauchte und die Frauen von der Kontaktanzeige.

Und für die Hure, die er heute mitnehmen würde.

Cindy Paulson ist 19 Jahre alt und steht um Mitternacht an der Ecke Fifth Avenue und Denali Street, die Straße ist leer, sie kann das gut überblicken, denn es wird nicht dunkel im Sommer in Alaska.

Ein grüner Buick Century nähert sich, sie beugt sich durch das Beifahrerfenster in den Wagen. Am Steuer sitzt ein Mann, er trägt Jeans, braunes T-Shirt, grüne Jacke und Baseball- cap. Er starrt sie durch seine Brillengläser an, sie bemerkt die Pockennarben in seinem Gesicht.

Ich will einen Blowjob.

Das kostet 300.

Zu viel. 150.

Eher 250.

Ich zieh ein Gummi an.

Okay. 200.

Gut, steig ein.

Er steuert den Wagen auf einen Parkplatz, und gerade als sie dabei ist, reißt er ihren Kopf an den Haaren nach oben und hält ihr eine Pistole ins Gesicht.

Du tust jetzt genau, was ich dir sage.

Er legt ihr Handschellen an. Mit der Pistole auf dem Schoß fährt er durch Anchorage, biegt schließlich in eine Straße ein und fährt in die Einfahrt eines blaugrauen Hauses. Cindy Paulson bemerkt ein Karibugeweih über dem Garagentor.

Er drängt sie in das Haus und dann hinunter in einen dunk- len Raum. Als er das Licht anschaltet, starren sie kalte Augen

an. Von Fischen, Schneeschafen, Bergziegen und von einem Grizzlybären. Die ausgestopften Jagdtrophäen hängen an den Wänden. Und zwischen ihnen Elchgeweihe, Walrosszähne und Biberfelle. Ein Bärenfell vor dem Sofa, dahinter, auf Flie- sen, ein Billard- und ein Kickertisch.

Er fesselt sie an einen Pfeiler. Legt eine Kette um ihren Hals. Vergewaltigt sie mehrmals.

Reicht ihr ein Handtuch, als sie sagt, sie müsse pinkeln, er sagt, damit könne sie den Urin aufwischen, legt sich auf das Sofa und schläft, die Magnum auf seinem Bauch. Als er aufwacht, prahlt er mit seinen Jagderfolgen. Er halte Weltrekorde, habe das größte Alaska-Schneeschaf getötet, er zeigt ihr die Trophäenplakate. Dann drückt er sie auf das Bärenfell.

Als sie sich im Badezimmer seinen Samen mit einem Waschlappen vom Körper wischt, sieht er zu. Er habe schon sieben Frauen in sein Haus gebracht, normalerweise behal- te er sie für eine Woche. Sie sei aber so gut, er werde sie zu einer Jagdhütte fliegen für ein paar Tage.

Cindy Paulson lähmt die Todesangst.

Er bringt sie zum Auto, befiehlt ihr, sich auf den Boden vor die Rückbank zu legen, und breitet eine Decke über ihr aus.

Er fährt langsam, dann hält er auf einem Flugplatz an.

Ich mach das Flugzeug fertig. Bleib unten und beweg dich nicht – wenn du irgendwas anstellst, bringe ich dich um!

Als sie langsam die Decke vom Kopf zieht und vorsichtig aus dem Fenster blickt, sieht sie ihn etwas in ein blau-weißes Flugzeug laden.

Ihre Chance.

Sie robbt zur Fahrerseite, wirft die Tür auf und rennt bar- fuß über den Asphalt. Sie hört ihn schreien.

Stopp, du Schlampe! Stopp, oder ich bringe dich um!

Fotos: Alaska State Troopers; Excerpt from Pablo Twose

Sherry Morrow Eklutna Annie

(14)

D

r a u ss e n i n d e r W i l d n i s fühlt er seine ganze Macht. Deshalb hat er sich das Flugzeug angeschafft und verlässt fast jedes Wochenende die Stadt. Lässt mit den Menschen seine Ohnmacht hinter sich zu- rück. In der Wildnis musste er sich noch nie schä- men. Hier zählt es nicht, ob man ein guter Redner ist. Man muss ein guter Jäger sein.

Das Jagen war schon immer seine Rettung. Auf seine Au- gen und Finger ist im Gegensatz zu seiner Zunge Verlass. Als Junge stahl er sich manchmal aus der Backstube, weg von den wachsamen Blicken des Vaters. Im Hinterzimmer hatte er sich mit Pappkartons einen simplen Schießstand gebaut.

Sogar der Polizeichef lobte sein Geschick im Bogenschießen.

Ein seltenes Gefühl durchströmte ihn da. Stolz.

Wenn er schoss oder angelte, fühlte er sich wohl. Doch der Vater ließ ihn selten weg vom Backofen seiner kleinen Bäcke- rei in Iowa, jeden Morgen musste er für ihn schuften, oft schlief er nachmittags in der Schule ein. Sein Vater war ein strenger Mann, hart gegen sich selbst, härter gegen den Sohn. Vom Vater hat er das Stottern geerbt. In der Schule bekam er manchmal kein Wort heraus, dann rannte er aus dem Klas- senzimmer, schweißgebadet. Am schlimmsten traf ihn der Spott der Mädchen auf dem Pausenhof, ihre Missachtung mach- te ihn, den pickligen, stotternden Außenseiter, rasend vor Wut.

Noch heute packt ihn diese Wut, wenn er daran denkt.

In der Wildnis hindert ihn nichts, kein steiler Pfad, kein Regen, keine Dunkelheit. Kein Mensch ist da, um über ihn zu urteilen. Niemand macht ihn klein.

In der Wildnis ist er ein Großer. Er hat sich von seinem Vater gelöst, hat sich mit Bäckerjobs durchgeschlagen und seine Frau geheiratet, Darla. Eine gute Frau,

hochreligiös. Mit ihr zog er 1967 nach Alaska. Das Jagen dort oben, in den eisigen Weiten, bereitet ihm noch mehr Freude. Er schaffte es 1969 gleich zweimal in den „Pope and Young“, die Bibel der Jagdrekorde. Erlegte die viertgrößte Bergziege und ein Karibu, das ihm Platz 23 einbrachte. 1971 tötete er das größte Alaska-Schneeschaf, das je mit Pfeil und Bogen gejagt worden war. Als Nei- der behaupteten, er habe eine Feuerwaffe benutzt, sprang ihm zum Glück sein Jagdfreund John Sumrall als Zeuge bei. Auf John ist Verlass. Allen, die er in seinen Keller führt, zeigt er die Trophäe.

Sie ist seine letzte. Nach 1971 finden sich keine Einträge mehr von ihm im „Pope and Young“.

Er schießt nicht mehr mit Pfeil und Bogen. Er benutzt Ge- wehre und Pistolen. Er sammelt andere Trophäen.

Keinen Blick zurück wirft Cindy Paulson, als sie von ihrem Entführer wegrennt. Sie läuft vom Flugplatz, winkt auf der Straße einem vorbeifahrenden Auto und stürzt hinein, nach- dem es angehalten hat.

Sie schreit, sie stammelt. Sie kann es nicht fassen. Sie lebt.

Wenig später führt sie die Polizisten zum südwestlichen Ende des Flughafens und zeigt auf die blau-weiße Piper Super Cub, Registriernummer N3089Z, in die sie ihr Vergewaltiger hineinzwingen wollte.

Ein Anruf bei der Luftfahrtbehörde führt zum Eigentümer.

Robert C. Hansen, 7323 Old Harbor Avenue, Anchorage.

Und während Ärzte im Krankenhaus Cindy Paulson unter- suchen, Sperma entdecken und Einschnitte von den Hand- schellen an ihrem Unterarm dokumentieren, fahren zwei Poli- zisten zu Robert Hansens Adresse. Der Mann, der ihnen die Tür öffnet, passt zur Beschreibung, die ihnen Cindy Paulson gegeben hat. 43 Jahre alt, mittelschlank, 1,68 Meter groß, gut 70 Kilogramm schwer, kurzes braunes Haar, schiefe Schnei- dezähne, Aknenarben im Gesicht. Der Mann ist Familien vater und Inhaber der Hansen Bakery, einer Bäckerei mit gutem Ruf, viele Polizisten holen hier ihre Donuts.

Er stünde im Verdacht, am Vorabend eine Prostituierte vergewaltigt zu haben, erklärt ihm ein Beamter.

Man kann doch keine Prostituierte vergewaltigen, sagt Hansen und grinst.

In diesem Staat schon.

Ich habe keine Frau oder Prostituierte gehabt letzte Nacht.

Können Sie das beweisen?

Ja, das kann ich.

Von 17 bis 22.30 Uhr sei er bei John Sumrall gewesen, sie hätten einen Flugzeugsitz repariert. Von dort sei er zu John Henning gefahren und bei ihm bis fünf Uhr morgens geblie- ben. Sie hätten übers Angeln gesprochen.

Die Polizisten durchsuchen sein Haus. Sie betreten auch den Keller, den Cindy Paulson beschrieben hatte, sie sehen die Trophäen an den Wänden und das Bärenfell. Sie finden auch viele Pistolen, Gewehre und Flinten. Keine Waffe aber gleicht der Magnum, die Cindy Paulson beschrieben hat. Im Auto finden sie Gewehrpatronen und Einweghandschuhe und im Flugzeug nichts von Belang für die Ermittlungen.

Die kommen schnell zum Stillstand. Beide Zeugen bestätigen Hansens Alibi – und es sind gewichtige Zeugen. John Sumrall ist Manager eines der größten Versicherungsunternehmen der Stadt, lebt in einer Villa auf den Hügeln von Anchorage. Ein angesehenes Mitglied der Ge- meinde. Allein schon, dass Hansen mit ihm ver- kehrt, lässt den Bäcker als einen respektablen Mann erscheinen. Und John Henning ist stadt- bekannt als Bauunternehmer und Bootsbauer.

Robert Hansen scheint wirklich der aufrechte Bürger zu sein, für den er sich ausgibt. Er hat eine Frau und zwei Kinder, besitzt eine florierende Bäckerei, ein großes Haus, ein Flugzeug, mehrere Autos. Ein erster Check des Vorstrafen- registers verläuft negativ – wobei das System gerade umgestellt wird und nicht alle Daten abzurufen sind.

Wer würde dem Wort einer Prostituierten mehr glauben als dem eines seriösen Geschäftsmannes?

Die Polizisten haben Cindy Paulson ihre Aussage von An- fang an nicht abgenommen, sie waren schroff zu ihr. Das Ganze klang ihnen wie erfunden, darum haben sie auch auf einen Lügendetektortest bestanden, den Paulsen abgelehnt hat. Jetzt, in Hansens Haus, stellen sie keine potenziellen Beweisstücke sicher, machen keine Fotos.

Hansen, so teilt ihm sein Anwalt später mit, könne davon ausgehen, in der Sache nicht mehr belästigt zu werden. Fotos: Anchorage Daily News/DDP; Alaska State Troopers; Excerpt from Pablo Twose Cindy Paulson

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