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I Zeitschrift für Allgemeinmedizin
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70. Jahrgang • Heft 10 • 20. Mai 1994
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Gastkommentar:
Diphtherie - Ende der Epidemie nicht
absehbar
Schlafstörungen: sinn
volle Diagnostik und vernünftige Therapie
in der Praxis Besonderheiten von Schlafprohlemen hei
älteren Menschen Etwa 70% der Parkin
son-Patienten schlafen schlecht: was tun?
Merkblatt zur Weiter
gabe an Patienten mit Schlafstörungen:
Kopiervorlage auf der letzten Seite!
Forum Qualität:
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den), Aorten- und/oder Mitralstenose, orthostatischen Kreislaufregulationsstörungen, erhöhtem intrakraniellen Druck (Anstieg bisher nur bei hoher i.v. Dosis beobachtet).In der Schw/angerschaft und Stillzeit nur auf Anordnung des Arztes einzunehmen (tierexp. Unters, unauffällig). Nebenw.: Anfangs häufig Kopfschmerz und gelegentl. Hypotension mit Reflextachykardie, Benommenheit, Schwindel- und Schwächegefühl. Selten Übelkeit, Erbrechen, Flush, Hautallergien, Kollapszustände mit Bradykardie und Synkopen. In Einzelfällen exfoliative Dermatitis. Bei starkem Blutdruckabfall selten Verstärk, der Angina pectoris. Bei kontinuierl. Anw. von Nitroverbin
dungen innerh. v. 24 h Toleranz und Kreuztoleranz beobachtbar. Beeinträchtig, der aktiven Verkehrsteilnahme oder Maschinenbedien. möglich, insbes. im Zusammen
hang mit Alkohol. Wechselw.: Vasodilatatoren, Antihypertensiva, ß-Blocker, Ca-Antagonisten, Neuroleptika, trizyklische Antidepressiva und Alkohol können die Blut
drucksenkung verstärken. Bei Nitratvorbehandlungen g^. höhere Dosis für gewünschte Effekte. Verstärkung der Dihydroergotaminwirkung. Wirkungsabschwächung von Heparin. Dos./Anw.: 1 bis 3 Spraygaben ggf. unter RR-Kontrolle wiederholt sublingual. Vor erstem Gebrauch und nach längerer
Nichtbenutzung 1 x ansprühen. Weiteres siehe Fachinfo. Hinw.: Inhalt und Verfalldatum beachten. Spray rechtzeitig ersetzen. Nach
Gebrauch nicht gewaltsam öffnen oder verbrennen. Nicht gegen Flammen oder auf glühende Körper sprühen. Handelst.: 1 Flasche PoHL BOSKAMP DM 17,83; Klinikpackung. G. Pohl-Boskamp GmbH & Co., 25551 Hohenlockstedt. (11.93/Inpress 3048 / Bild; Stock Imagery/BAVARIA).
Glosse
Estragon: »Wenn ich doch schlafen könnte«
5. Beckett: Warten auf Godot
Hypnos, der Gott des Schlafes, ein Sohn der griechischen Göttin der Nacht, wanderte über Land und Meer, aller Kreatur Beruhigung, Schlaf und sanfte Träume spendend. Dargestellt wird er meist als Jüngling mit Flügeln an der Stirn. Sein Zwillingsbruder Thanatos war der Gott des Todes. Nicht die
»ewige Ruhe« ist das Thema dieses Heftes, sondern der erholsame Schlaf, wie Hypnos ihn verbreiten konnte.
Der Schlafgestörte, sonst aber Gesunde, sollte seine abendlichen Riten überdenken: Können Erfolgs- und Leistungszwang und die Enttäuschungen des Tages während des Feierabends relativiert werden? Sind für Müdigkeit und Schlaf Raum und Ruhe vorhanden? Vielfältig sind die positiven und negativen Wechselwirkungen der vergangenen und zukünftigen Tagesge
schehnisse auf den Schlaf. f
Eine durchwachte Nacht ist sicher kein Unglück, auch nicht das übernäch
tigte Aussehen eines unter sporadischem Termindruck Arbeitenden. Abge
klärt und behandelt werden muß aber die dauernde Schlaflosigkeit, sonst fehlen die notwendigen Kräfte, sich der Wirklichkeit des nächsten Tages wieder stellen zu können.' Der Schlaf ist die kräftespendende Fermate unserer Tage; erzwingen läßt er sich nicht.
Patienten mit dem Leitsymptom Schlafstörung bedürfen der gründlichen Exploration und der interdisziplinären Zusammenarbeit von Allgemeinme
dizinern, Internisten, Neurologen und Psychiatern. Die Autoren dieses Hef
tes zeigen Ursachen und Behandlungsmöglichkeiten des gestörten Schlafes auf.
Wir schlafen, um wacher zu sein. Im Grunde ist das Thema dieses Heftes das Aufwachen, hellwach müssen wir sein.
Ihre
Cc<^ U . 0 -
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Priv.-Doz. Dr. med.
Ursula M. Ziegler Innere Abteilung mit
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kungen; Häufig bei Behandlungsbegl Kopfschmerzen (“Nitratkopfschmer Gelegentlich wird bei der Erstanw dung, aber auch bei einer Dosis höhung, ein Abfall des Blutdrut und/oder eine orthostatische Hypotei on beobachtet, die mit einer reflekti sehen Erhöhung der Pulsfrequ«
(Reflextachykardie), Benommenh sowie einem Schwindel- und Schwär gefühl einhergehen können. Selten: Üt keit, Erbrechen, flüchtige Hautrötung (Flush), allergische Hautreaktionen, K lapszustände, gelegentlich mit bradyk den Herzrhythmusstörungen und Synl pen, ln seltenen Fällen kann mit eint starken Blutdruckabfall eine Verstärku der Angina pectoris-Symptomatik aufti ten (paradoxe Nitratwirkung). An d Applikationsstelle des Pflasters könni gelegentlich Hautrötungen mit od ohne Juckreiz sowie ein brennend Gefühl oder eine allergische Kontaktdi matitis auftreten. Eine leichte Hauti tung verschwindet in der Regel ohi Gegenmaßnahmen nach Entfernung d Pflasters. In Einzelfällen kann eine exl liative Dermatitis auftreten. Eine To' ranzentwicklung sowie das Auftreti einer Kreuztoleranz gegenüber ander Nitroverbindungen wurde beschrieb«
Dieses Arzneimittel kann auch b bestimmungsgemäßem Gebrauch d Reaktionsvermögen so weit verändei daß die Fähigkeit zur aktiven Teilnahr am Straßenverkehr oder zum Bedien von Maschinen beeinträchtigt wird. Di gilt in verstärktem Maße im Zusamm«
wirken mit Alkohol, Wechselwirkung«
Verstärkung der blutdrucksenkend Wirkung von MinitranS durch die glei«
zeitige Anwendung von: Vasodilatator«
Antihypertensiva, ß-Blockern, Kalzi mantagonisten, Neuroleptika, tricy Antidepressiva, Alkohol. GTN verstäi die Wirkung von DHE und schwächt«
Wirkung von Heparin ab. Art und Dau der Anwendung: Jedes MinitranS 5 bz 10 Pflaster ist in einem kleinen und zi Schutz versiegelten Behälter verpac Die Klebeschicht ist mit einer Schutzfo überzogen, welche kurz vor der Anw«
dung auf die Haut zu entfernen ist. D Pflaster soll wegen möglicher Tolerai entwicklungen täglich nur ca. 12 Stund auf die Haut geklebt werden, so daß « therapiefreies Intervall von 12 Stund erreicht wird. Das gebrauchte Pflaster so zu beseitigen, daß ein Mißbrau (z.B. durch Kinder) verhindert wird. Ei zusätzliche antianginöse Therapie r Arzneimitteln, die keine Nitroverbindi gen enthalten, sollte für das nitratfr«
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INHALT INHALT INHALT
Hippokrates Verlag GmbH Stuttgart 70. Jahrgang, Heft 10
Gastkommentar
Diphtherie - das Ende der Epidemie ist nicht
absehbar 373
W. Thilo
Schwerpunkt
Diagnostik und Behandlungen von
Schlafstörungen 376
B. Ziegler
Schlafstörungen im Alter 381
R. Steinberg, H.-G. Weeß und J. Meyer Schlafstörungen bei neurologischen
Erkrankungen 387
W. Emser, E. Ernst, M. Hahne und K. Wirtz
Service Box 394
Interview
Erhöhtes Fibrinogen - was bedeutet das für die
Praxis? 409
Ein Interview mit W. König
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Ultraschallphänomene (37):
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InhaltIn unseren Breiten ist die Diphtherie weitgehend aus dem Blickfeld der Ärzte verschwunden - leider! Denn in den letzten Jahren wird eine dramatische Wiederkehr der Krankheit in den Nachfolgestaaten der ehemaligen UdSSR
beobachtet.
Diphtherie - das Ende der Epidemie ist nicht absehbar Seite 373
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ungehemmte Erregung verminderte Erregung {fahemmte Erregung
Bei Insomnien, die medikamentös behandelt werden müssen, stellen Benzodiazepine derzeit die Mittel der ersten Wahl dar. Alle Benzodia
zepine verkürzen die Einschlaflatenz, verlän
gern die Schlafdauer und verbessern die Schlaf- effizienz. Allerdings sollte die Einnahme nicht zu langfristig erfolgen.
Diagnostik und Behandlung von Schlaf
störungen Seite 376
Viele ältere Menschen machen mehrmals täglich kleinere »Nickerchen«. Ein verkürzter Nachtschlaf
kann die Folge sein ...
Schlafstörungen im Alter Seite 381
Abbildungen:
Titelbild; U. Lärz
Seite -6- oben: aus Banerjee, D. K.: Mikrobiologie der Infektionskrank
heiten. Hippokrates Verlag Stuttgart 1986. Mitte: aus Lüllmann, H., Mohr, K. und Ziegler. A.: Taschenatlas der Pharmakologie, Thieme Verlag Stuttgart 1990. Unten: G. Richter.
online *** online *** online *** -7-
Hohe Asthmaprävalenz bei Skilangläufern
Asthma bronchiale, asthmaartige Sym
ptome und bronchiale Hyperreagibilität treten unter Skilanglauf-Hochleistungs
sportlern deutlich häufiger auf als in der Allgemeinbevölkerung.
Nachdem schwedische Ärzte bei Ski
langläufern einen erhöhten Verbrauch antiasthmatischer Medikamente bemerkt hatten, wurden in einer Studie Allgemein
status, Lungenfunktion und bronchiale Reagibilität auf Methacholin im Winter und im Sommer bei 42 Elite-Skilangläu- fern und bei 29 nicht skilaufenden Ver
gleichspersonen untersucht. Atopien wa
ren in beiden Gruppen gleich selten. 15 Skiläufer benutzten regelmäßig Antiasth- matika. 23 hatten Asthma, d.h. sie zeig
ten Asthmasymptome und gleichzeitig eine bronchiale Überempfmdlichkeit oder hatten ein ärztlich diagnostiziertes Asthma in der Anamnese oder beides. Ge
messen an der Asthmaprävalenz in Schweden wären unter den Sportlern 3 Fälle zu erwarten gewesen. Insgesamt 33 Sportler hatten asthmaartige Symptome oder eine bronchiale Hyperreagibilität oder beides. Die Hyperreagibilität war winters und sommers gleich. Keiner der Sportler hatte in der Kindheit Asthma ge
habt. Eine der Vergleichspersonen hatte Asthma (zu erwarten wären 2 gewesen), keine nahm Antiasthmatika ein. Die wahrscheinlichste Erklärung für die hohe Asthmaprävalenz unter den Skiläufern ist das Training bei starker Kälte: schwedi
sche Hochleistungs-Skilangläufer trainie
ren oft stundenlang bei Temperaturen un
ter -10 °C, oft sogar unter -15°C. (ChR) Larsson, K., et al: High prevalence of asthma in cross country-skiers. BMJ 1993: 307: 1326-1329.
Überdosierung von Moclobe
mid plus Clomipramin mit tödlichen Folgen
Das Antidepressivum Moclobemid ist ein reversibler und selektiver Monoaminoxi
dase (MAO)-lnhibitor, der den Abbau von endogenen Aminen wie Serotonin hemmt.
In Kombination mit Medikamenten, die die Serotonin-Wiederaufnahme im Ge
hirn hemmen, können tödlich verlau
fende zentrale Serotonin-Syndrome aus
gelöst werden. Das zeigen mehrere Fall
berichte: zwei Jugendliche nahmen, um
»high« zu werden, 1000 bis 1500 mg Moclobemid (Aurorix®) und 225 bis 500 mg Clomipramin (Anafranil®) ein.
2 bis 3 Stunden später wurden sie eupho
risch; während der nächsten 2 Stunden trat starker Tremor auf, gefolgt von Kon
vulsionen und Bewußtlosigkeit. 9 bis 10 Stunden nach der Medikamentenein
nahme starben sie im Status epilepticus bzw. infolge von Hyperthermie nach ge
neralisierten Krämpfen. Einen ähnlichen Verlauf hatte bei drei jungen Erwachse
nen die mißbräuchliche Einnahme von Moclobemid und Citalopram zur Folge.
Reine Moclobemid-Überdosierungen zei
gen, soweit bekannt, einen benignen Verlauf. In Kombination mit serotoniner- gen Medikamenten kann jedoch schon bei relativ leichten Überdosierungen ein gefährliches Serotonin-Syndrom entste
hen. Angesichts des raschen Verlaufs sollte eine Behandlung schnell und konse
quent erfolgen. Abgesehen von einer sym
ptomatischen Behandlung wird in schwe
ren Fällen Mythysergid, welches im Tier
versuch hyperserotoninerge Symptome antagonisiert hat, empfohlen. (ChR) Neuvonen, P., et al: Five fatal cases of serotonin syndrome after moclobemide- citalopram or moclobemide-clomipra- mine overdoses. Lancet 1993:342:1419.
Kopfschmerz - eine Volkskrankheit
Trotz ihrer Alltäglichkeit ist die Präva
lenz von Kopfschmerzen in Deutschland bislang kaum untersucht worden. Erst seit Einführung der Kopfschmerzklassifi- kation der International Headache So
ciety, 1988, gibt es ein konsensfähiges System.
5000 für die Gesamtbevölkerung der al
ten Bundesländer repräsentative Perso
nen wurden per Fragebogen zum Auftre
ten von Kopfschmerzen in der zurücklie
genden Lebenszeit befragt. Von 4061 Personen, die den Bogen zurücksandten, gaben 71,4% (2902) an, zumindest zeit
weise an Kopfschmerzen zu leiden.
27,5% (1116) erfüllten mindestens zwei Schmerzkriterien der Migräne: einseiti
ger Kopfschmerz; pulsierend; erhebliche Behinderung der Aktivität; Verstärkung bei körperlicher Aktivität; außerdem Ne
benkriterien. 38,3% (1557) hatten Kopf
schmerzen vom Spannungstyp (minde
stens zwei dieser Kriterien: drückend bis ziehend, nicht pulsierend; Aktivität nicht nachhaltig behindert; bilateral; körperli
che Aktivität wirkt nicht verstärkend;
keine Übelkeit, kein Erbrechen). 5,6%
(229) hatten »andere Kopfschmerzen«.
Jeweils zwei Drittel der Betroffenen (Mi
gräne 66%, Spannungstyp 67%) erleiden 1 bis 2mal pro Monat Schmerzen an durchschnittlich 2,8 bzw. 2,9 Tagen. 2%
der von Migräne Betroffenen haben an 15 bis 20 Tagen pro Monat Attacken und 3% der Befragten mit Spannungskopf
schmerzen leiden an 15 bis 30 Tagen an Schmerzen. Die Prävalenz der Migräne ist bei Frauen höher als bei Männern (32 bzw. 22%), während Spannungskopf
schmerzen bei beiden Geschlechtern fast
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BASF Pharma
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online *** online *** online *** online *** online
gleich häufig sind (36 bzw. 34%). Mit dem Alter nimmt die Migräneprävalenz signifikant ab. Die Prävalenz episodi
scher Spannungskopfschmerzen ist al
tersunabhängig, die der chronischen Form (> 15 Tage) nimmt dagegen mit dem Alter zu. Auf die Gesamtbevölke
rung hochgerechnet leiden ca. 21 Millio
nen Deutsche an etwa 34 Tagen pro Jahr an Migräne. Etwa 29 Millionen sind an ca. 35 Tagen von Spannungskopfschmer
zen betroffen: etwa 2,3 Millionen Men
schen müssen diese Kopfschmerzform an mehr als 180 Tagen erdulden. Weitere 4,3 Millionen Menschen leiden an ande
ren Kopfschmerzformen.
Geboten wäre eine verstärkte Informa
tion über spezifische Verhaltensmaßnah
men bei Kopfschmerzen, ähnlich wie bei anderen Volkskrankheiten. (ChR) Göbel, H.. et al.: Die Prävalenz von Kopf
schmerzen in Deutschland. Schmerz 1993; 7: 287-297.
Diphtherie in Rußland
Die Zahl von Diphtherie-Erkrankungen nimmt wieder zu, so daß bei uns zu Schutz- bzw. Auffrischimpfungen aufge
rufen wird.
Doch harmlos muten die Verhältnisse in Deutschland an, verglichen mit der epi
demischen Entwicklung, von der Ruß
land im letzten Jahr heimgesucht wurde.
Laut dem russischen Staatlichen Komitee für Öffentliche Gesundheit und Epidemi
ologie erkrankten im letzten Jahr über 12 500 Menschen an Diphtherie. 340 Menschen erlagen der Krankheit. Die Epidemie hat jetzt die Sachalin-Inseln am Ostrand Rußlands erreicht, wo 58 Er
krankte in Krankenhäuser aufgenommen wurden; 2 Patienten starben. Aufgrund des Mangels an Einmalspritzen hat sich in den letzten Jahren in Rußland eine starke Abneigung der Bevölkerung ge
genüber Schutzimpfungen entwickelt. In Moskau ist die Diphtherieschutzimpfung jetzt zur Pflicht geworden. (ChR) Rieh, V.: Diphtheria in Russia. Lancet 1994: 343: 169.
Postoperative Behandlung von Herzpatienten: geht es ohne Intensivstation?
Wachsende Wartelisten von Patienten, die eine Herzoperation wünschen, sind vielfach auf zu geringe Kapazitäten der Intensivstationen zurückzuführen.
Nach einem 1983 erfolgreich durchge
führten Pilotprojekt werden am Londo
ner St Thomas’ Hospital zahlreiche Pati
enten nach offener Herzoperation nicht mehr auf Intensivstationen überwacht.
sondern für 1 bis 2 Tage auf Wachstatio
nen und dann auf allgemein-chirurgi
schen Stationen. Als geeignet werden alle Patienten nach unkomplizierter offener Herzoperation angesehen, die postope
rativ hämodynamisch stabil, extubiert und neurologisch unauffällig sind. Die Körperkerntemperatur muß normal sein.
Zwischen 1983 und 1989 wurden nach offener Herzoperation - vor allem Bypass- und Herzklappenersatz-Opera
tion - 933 von 1542 Patienten auf allge
meinchirurgischen Stationen betreut. Bei 37 (4%) war, vor allem wegen Herzstill
stand (in 7 Fällen) oder Arrhythmien, eine Verlegung auf die Intensivstation notwendig; 9 dieser Patienten starben dort. Die übrigen Patienten wurden nach einer (871) oder zwei Nächten (25) auf einer Wachstation, mit intensivpflegeer
fahrenem Personal sowie sofort erreich
baren Anästhesisten und Chirurgen, auf eine Allgemeinstation verlegt. Sie konn
ten alle nach durchschnittlich'9,3 Tagen entlassen werden. Der Anteil dieser Pa
tienten an allen herzoperierten Patienten hat an der Klinik im Lauf der sechs Jahre von 21 auf 88% zugenommen. Ob das beschriebene Vorgehen kostengünstiger als das herkömmliche ist, wie die Auto
ren behaupten, oder ob nur Kosten ver
schoben werden, ist unklar. (ChR) Jindani, A., et al.: Postoperative cardiac surgical care: an alternative approach.
Br. Heart J. 1993; 69: 59-64.
»Wenn Sie bei Otitis media und Sinusitis sichergehen wollen...«
In Australien wirbt der Hersteller von Augmentin (Amoxycillin -i- Clavulan
säure): »Wenn Sie bei Otitis media und Sinusitis sichergehen wollen, brauchen Sie Augmentin.« Diese Behauptung wird von der australischen Medical Lobby for Appropriate Marketing angemahnt, denn in einer 1991 veröffentlichten kontrol
lierten Studie (Br. med. J. 303:
1450-1452) zeigte Augmentin in der Be
handlung von über 2 Jahre alten Kindern mit akuter Otitis media keinen signifi
kanten Vorteil gegenüber Plazebo. Zwi
schen 1987 und 1993 sind 4 Todesfälle und 145 Leberschädigungen im Zusam
menhang mit einer Augmentin-Behand- lung bekannt geworden. Gemäß den An- tibiotika-Richtlinien der australischen Ärzteschaft sind bei Otitis media oder Sinusitis die Mittel der Wahl bei Kindern 1. Amoxycillin, 2. Trimethoprim und 3. Cefaclor, bei Erwachsenen 1. Amoxy
cillin, 2. Trimethoprim, 3. Doxycyclin und 4. Cefaclor. Nur bei Verdacht auf Resi
stenz gegen Amoxycillin wird Amoxycil
lin -f- Clavulansäure als Mittel der 4. bzw.
5. Wahl genannt. (ChR)
Mansfield. P.: The promotion of Augmen
tin. Austral. Prescriber 1993; 16: 89.
Dynorm* 0,5/1,072,5/5,0. Wirkstoff; Cilazapril 1 HjO. Zusam
mensetzung: 1 Rimtablette Dynorm 0,5 enthält 0,522 mg, 1 Rlm- tablette Dynorm 1,0 enthält 1,044mg, 1 Filmtablette Dynorm 2,5 ent
hält 2,61 mg, 1 Filmtablette Dynorm 5,0 enthält 5,22 mg Cilazapril 1 H2O. Anwendungsgebiet: Essentielle Hypertonie. Gegenanzei
gen: Überempfindlichkeit gegen Cilazapril. Angloneumtlsches Odem (auch in der Anamnese). Nierenarterienstenose (beidseitig oder bei Einzelniere). Zustand nach Nierentransplantation. Hämody
namisch relevante Aorten- oder Mitralklappenstenose bzw. hyper
trophe Kardiomyopathie. Primärer Hyperaldosteronismus. Schwan
gerschaft, Stillzeit. Mangels Therapieerfahrungen: renale Hyperto
nie, schwere Nierenfunktionsstörungen (Kreatinin-Clearance <
40 ml/min), Dialyse, primäre Lebererkrankung oder Leberinsuffi
zienz, unbehandelte, dekompensierte Herzinsuffizienz, obstruktive Atemwegserkrankungen, Kinder. Kritische Nutzen-Risiko-Abwä- gung bei Proteinurie (< 1 g/Tag), klinisch relevanten Elektrolytstö
rungen, gestörter Immunreaktion oder Kollagenkrankheiten und bei gleichzeitiger imrtiunsuppressiver Therapie. Hinweis: Zu Therapie
beginn intensive Überwachung von Blutdruck und/oder repräsen
tativen Laborparametem bei Patienten mit Salz- und/oder Flüssig
keitsmangel, bei Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion (Do
sisreduktion!), bei Patienten mit schwerer Hypertonie, bei Patienten mit gleichzeitig vorhandener Herzinsuffizienz, bei älteren Patienten (> 65 Jahre). Während Therapie keine Dialyse oder Hämofiltration mit Polyacrylnithl-methallylsulfonat-high-flux-Membranen. Ne
benwirkungen: Herz, Kreislauf: Gelegentlich zu Therapiebeginn, sowie bei Salz- und/oder Flüssigkeitsmangel (z. B. Diuretika- Vorbe
handlung), Herzinsuffizienz, schwerer Hypertonie und bei Erhöhung der Diuretika- und/oder Cilazapril-Dosierung, zu starker Blutdruck
abfall (incl. orthostatische Hypotonie), mit Schwindel, Schwächege
fühl, Sehstörungen, selten mit Synkope. Einzelfälle: Tachykardie, Palpitationen, Herzrhythmusstörungen, Angina pectoris, Myokardin
farkt, TIA, cerebraler Insult. Niere: Gelegentlich Auftreten oder Ver
stärkung von Nierenfunktionsstörungen, in Einzelfällen akutes Nie
renversagen. Selten Proteinurie. Atemwege: Gelegentlich Husten, Bronchitis; selten Atemnot, Sinusitis, Rhinitis, vereinzelt Broncho
spasmus, Glossitis, Mundtrockenheit. FürACE-Hemmerin Einzelfäl
len beschrieben: angioneurotisches Ödem mit Beteiligung von Kehl
kopf, Rachen und/oder Zunge. Gastrointestinaltrakt: Gelegentlich gastrointestinale Störungen; selten Erbrechen, Durchfall, Verstop
fung, Appetitlosikeit, FürACE-Hemmerin Einzelfällen beschrieben:
cholestatischer Ikterus, Hepatitis, Pankreatitis, Ileus. Haut, Gefäße:
Gelegentlich allergische Hautreaktionen, selten Urtikaria, Pruritus oder angioneurotisches Ödem. In Einzelfällen schwere Hautreaktio
nen (z. B. Erythema multiforme). Hautveränderungen mit Fieber, My
algien, Arthralgien, Vaskulitiden, Eosinophilie, üsukopenie und/oder erhöhten ANA-Titern. Für ACE-Hemmer in Einzelfällen beschrieben:
psoriaiforme Hautveränderungen, Photosensibilität, Alopezie, Ony- cholyse, Vferstärkung einer Raynaud-Symptomatik. Nervensystem:
Gelegentlich Kopfschmerzen, Müdigkeit, selten Benommenheit, De
pressionen, Schlafstörungen, Impotenz, Parästhesien, Gleichge
wichtsstörungen, Verwirrtheit, Dhrensausen, Geschmacksverände- rungenZ-verlust. Labor: Gelegentlich Abfall von Hämoglobin, Häma
tokrit, Leukozyten- oder Thrombozytenzahl. Selten Anämie, Throm
bozytopenie, Neutropenie, Eosinophilie. Einzelfälle: Agranulozy- tose/Panzytopenie; Hämolyse/hämolytische Anämie (Zusammen
hang mit ACE-Hemmer nicht gesichert). Selten Anstieg von Harn
stoff, Kreatinin oder Kalium (Diabetiker!), Abfall von Natrium. In Ein
zelfällen Erhöhung von Bilirubin und Leberenzymen. Hinweise: Bei notfallmäßiger Dialyse/Hämodialyse mit Polyacrylnitril-methallyl- sulfonat-high-flux-Membranen während Therapie mit Cilazapril, Gefahr anaphylaktoider Reaktionen bis hin zum lebensbedrohlichen Schock. Durch individuell auftretende unterschiedliche Reaktionen kann die Fähigkeit zur aktiven Teilnahme am Straßenverkehr oder zum Bedienen von Maschinen beeinträchtigt werden. Dies gilt im verstärkten Maße bei Behandlungsbeginn und Präparatewechsel sowie im Zusammenwirken mit Alkohol. Wechselwirkungen: Anal
getika, Antiphlogistika (z. B. Acetylsalicylsäure, Indometacin), Koch
salz (Blutdrucksenkung vermindert). /Vntihypertensiva (insb. Diure
tika), Narkotika, Anästhetika (Blutdrucksenkung verstärkt). Kalium, kaliumsparende Diuretika (z. B. Spironolacton, Amilorid, Triamteren) sowie andere Arzneimittel (z.B. Heparin) (Kaliumspiegel erhöht). Al
kohol (Wirkungsverstärkung von Alkohol). Lithium (Lithiumausschei
dung verlängert. Regelmäßige Kontrolle der Lithium-Seromkonzen- tration). Allopurinol, ^ostatika, Immunsuppressiva, systemische Corticoide, Procainamid (Leukopenie, Blutbildveränderungen ver
stärkt). Handelsformen und Packungsgrößen: Dynorm 0,5: 30 Filmtabletten DM 37,51; 50 Filmtabletten DM 58,39; 100 Filmtablet
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1 1 1QQil\ M/\rHmarlr ArvriAimittAl I
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M/^rrlmorLGastkommentar 373
WaKraud Thilo
Diphtherie - das Ende der
Epidemie ist nicht absehbar
Nationales Referenzzentrum für Diphtherie und Tetanus, BerlinDie Diphtherie wurde als Folge der wirksamen Schutzimpfung und des zunehmend verbesser
ten Lebensstandards der Bevölkerung nach dem Zweiten Weltkrieg in Europa weitestge
hend zurückgedrängt, ln unseren Breiten ist sie aus dem Blickfeld der Ärzte verschwunden, auch die jüngere Elterngeneration kennt die Krankheit nicht mehr. In den letzten Jahren erleben wir jedoch eine dramatische Wieder
kehr der Diphtherie in den Nachfolgestaaten der ehemaligen UdSSR. Das belegen die folgen
den, der WHO-Region Europa gemeldeten Er
krankungszahlen.
Corynebacterium diphtheriae, der Erreger der Diphtherie, kursiert weltweit und kann jeder
zeit durch gesunde Keimträger eingeschleppt und verbreitet werden. Das Beispiel des im Januar 1993 der WHO gemeldeten Diphtherie
falls eines 15jährigen Jungen in Norwegen, der einige Tage zuvor Kontakt zu Mitgliedern eines russischen Sportlerteams hatte, aber auch das des Diphtherietodesfalls im Oktober 1993 eines nach Deutschland eingereisten 46jährigen Mannes aus Kirgisistan, bestätigt die potenti
elle Gefahr dieser Infektionskrankheit auch in unseren Breiten. Bei dem Erreger, der bei die
sem Patienten isoliert wurde, handelt es sich um einen toxinogenen Stamm von Coryne
bacterium diphtheriae Biovar mitis. Dieser Fall einer so schweren Verlaufsform der Diphtherie paßt in das Bild des stärkeren Toxinbildungs
vermögens der Erreger. So wurden 1992 in Moskau erstmalig hypertoxische Verläufe bei Nichtgeimpften beobachtet. Übereinstimmend damit erwiesen sich die im Nationalen Refe
renzzentrum für Diphtherie und Tetanus, Ber
lin, typisierten Epidemiestämme als starke To
xinbildner.
Das trifft auch für Corynebacterium diphthe
riae Biovar mitis zu. Dieser Diphtherie-Erreger wurde in der Vergangenheit im Vergleich zu Corynebacterium diphtheriae Biovar gravis als weniger gefährlich, eben nur als »mitis« beur
teilt.
Differentialdiagnose: Diphtherie
Die Differentialdiagnose Diphtherie sollte bei entsprechenden Krankheitsbildern bedacht werden, auch bei Erwachsenen, insbesondere wenn sie aus Gebieten mit Diphtherie-Risiko einreisen. Dazu gehören die o. a. Regionen, aber auch andere Gebiete wie Asien und Afrika;
so wurde z. B. aus Algerien über insgesamt 380 Erkrankungen und 31 Todesfälle in der zwei
ten Hälfte 1993 berichtet und aus Italien, daß im Dezember 1993 eine aus Lima über Öster
reich eingereiste 38jährige Peruanerin an Diphtherie starb, die bereits mit Symptomen der Krankheit den Flugplatz in Rom erreichte und von dort aus stationär eingewiesen wurde.
Das Material für die bakteriologische Untersu
chung (sowohl Rachen- als auch Nasopharyn- gealabstriche, weil dadurch die Isolierungsrate von Corynebacterium diphtheriae deutlich er
höht wird) ist vor der antimikrobiellen Behand
lung zu entnehmen; isolierte Stämme sollten zur weiteren Feintypisierung an das Refe
renzlaboratorium eingesandt werden. Nur so ist es möglich, daß die beim WHO-Meeting über die Diphtherie-Epidemie in Europa, St. Peters
burg, Juli 1993, gebildete internationale Ar
beitsgruppe dazu beiträgt, mit moderner mo
lekularbiologisch gestützter Epidemiologie (Ri- botypisierung) die Ausbreitungswege der Erre
ger zu verfolgen. Diphtherie-Antitoxin vom Pferd ist bereits bei klinischem Verdacht anzu
wenden (ein humanes Antitoxin steht derzeit nicht zur Verfügung); das Ergebnis der bakte
riologischen Untersuchung darf nicht abgewar
tet werden. Die antimikrobielle Behandlung ist zusätzlich zu der mit Antitoxin erforderlich.
Die wirksamste Prophylaxe ist die Schutzimpfung
Die epidemiologische Situation im östlichen Teil Europas veranlaßte die WHO, das Gesche
hen als ein globales Problem zu betrachten. Die
Wir erleben eine dramati
sche Wieder
kehr der Diph
therie in den Nachfolge
staaten der ehemaligen UdSSR
Ein Risiko be
steht nicht nur bei Reisenden aus Rußland oder der Ukraine
Mit primärtoxi
schen Verlaufs
formen der Diphtherie (Diphtheria gravissima) muß weiterhin gerechnet wer
den
Z. Allg. Med. 1994; 70: 373-374. © Hippokrates Verlag GmbH, Stuttgart 1994
374
GastkommentarFür 1994 wird mit über 40 000 Erkrankungen gerechnet
30 bis 70% der Erwachsenen haben keinen ausreichenden Schutz gegen das Diphtherie- Toxin
Die Zunahme der Diphtherie - ein paar Zahlen
Der niedrigste Stand nach dem Zweiten Welt
krieg war in diesen Ländern 1976 mit 198 ge
meldeten Erkrankungen erreicht. Ab 1990 kam es zunehmend zur Ausbreitung der Krankheit mit epidemischen Ausmaßen und folgenden an
steigenden Zahlen:
1990 = 1477, 1991 = 3040.
1992 = 5784 und
1993 = 19 046 Diphtherieerkrankungen.
Etwa 75% der Erkrankungen an Diphtherie werden aus Rußland und 15% aus der Ukraine gemeldet. Der Prozentsatz der tödlichen Ver
läufe erhöhte sich bei den über 40jährigen von 6% im Jahr 1983 auf 47% im Jahr 1992. Die Erkrankungsrate betrug bei geimpften Kindern 5,3 und bei ungeimpften 33/100000.
Niemals seit den bereits historisch gewordenen Diphtherie-Epidemien wurde eine derart drasti
sche Zunahme an Diphtheriefallzahlen in Eu
ropa beobachtet. Eine Eindämmung der Epide
mie ist nicht absehbar. Das Gegenteil ist der Fall: 1993 meldeten bereits 21 weitere Länder Europas kleinere Ausbrüche oder Einzelfälle.
Für 1994 wird damit gerechnet, daß sich die Erkrankungszahl auf mehr als 40000 erhöhen wird und daß 1500 bis 2000 der Erkrankungen tödlich verlaufen.
Zu den Ursachen der Epidemie gehören: Nicht in allen Regionen ausreichende Versorgung mit Impfstoff, Nachlassen der Akzeptanz der Imp
fung bei der Bevölkerung, aber auch bei den Ärzten, eine überaus große Anzahl nicht be
rechtigter Kontraindikationen und damit ein drastisch gesunkener Durchimpfungsgrad mit erheblichen Immunitätslücken. Die aus der Um
bruchsituation resultierenden Wanderungsbe
wegungen der Bevölkerung und wohl auch ein Erregerwandel zu Formen mit stärkerem To
xinbildungsvermögen tragen zur Verbreitung und Schwere der Diphtherie bei. 70 bis 80% der Erkrankten sind Erwachsene; bei ihnen beste
hen die größten Immunitätslücken. In Deutsch
land wurden in den zurückliegenden vier Jah
ren nur wenige Erkrankungsfälle an Diphtherie gemeldet: 1990 = 6,1991 =2,1992 = 1,1993 = 9, davon ein tödlicher Verlauf Im Januar 1994 erkrankte in Berlin ein gebürtiger Deutscher, der aus Sri Lanka zurückgekehrt war. Toxinbil
dende Diphtherie-Erreger wurden aus infizier
ten Hautulzera und dem Rachen isoliert; seine beiden gesunden Kinder wurden als Keimträger ermittelt.
Verhütung eines Diphtherie-Ausbruchs erfor
dert auch in Deutschland allseitiges Engage
ment. Die Möglichkeit eines derartigen Aus
bruchs größeren Ausmaßes ist derzeit zwar
hierzulande als gering einzuschätzen. Dazu tragen einerseits die günstigen sozioökonomi- schen Bedingungen, guter Gesundheitsschutz und umfassende medizinische Versorgung der Bevölkerung bei. Aber andererseits darf nicht außer acht gelassen werden, daß der wirksam
ste Schutz gegen die Diphtherie die vorbeugende Impfung ist.
Bei einer Bevölkerung mit einem hohen Durch- impfungsgrad (> 70%) besteht eine Immunbar
riere gegen einen epidemischen Diphtherie- Ausbruch, die Zirkulation der Erreger von Mensch zu Mensch, zwischen seinem einzigen Reservoir, wird unterbrochen. Toxinbildende Stämme von Corynebacterium diphtheriae ha
ben in einer Population, die zu einem hohen Grad als Folge der Impfung über körpereigenes Serumantitoxin verfügt, keine Überlebens
chance. Zwar sind Kinder dank der Vorsorge
praxis der Kinderärzte zu einem hohen Anteil geimpft, jedoch besitzen 30 bis 70% der Er
wachsenen keine bzw. nur minimal wirksame Schutzwerte gegen das Diphtherie-Toxin. Be
reits bei jüngeren Personen, etwa ab dem 25. Lebensjahr, nehmen die Immunitätslücken zu. Erwachsene haben eben bedeutend weni
ger Gelegenheit geimpft zu werden, weil sie nur selten regelmäßig einen Arzt aufsuchen.
Es wird empfohlen, die Grundimmunisierung gegen Diphtherie ebenso wie die gegen Teta
nus im frühen Kindesalter zu beginnen und die Immunität lebenslang, vorzugsweise mit Td- Impfstoff und möglichst in 10jährigen Interval
len, aufrechtzuerhalten. Für die kombinierte Impfung bieten sich viele Gelegenheiten, so die gegen Tetanus im Verletzungsfall, im Rahmen der Immunprophylaxe für Reisende, während der Zeit des Wehrdienstes und ganz allgemein beim Arztbesuch.
Für die Grundimmunisierung gegen Diphtherie und Tetanus gilt das gleiche Impfschema; sie besteht bei Erwachsenen aus drei einzelnen Impfungen: 2. Impfung frühestens vier Wochen nach 1. und 3. Impfung nach einem Intervall von wenigstens sechs Monaten nach 2. Impfung. Die Grundimmunisierung kann bei Erwachsenen mit einem Td-Impfstoff begonnen bzw. vervoll
ständigt werden. Bei vollständiger Grundimmu
nisierung oder aktuell aufgefrischtem Impf
schutz gegen Tetanus kann die Grundimmuni
sierung bzw. die Schließung von Impflücken ge
gen Diphtherie mit einem monovalenten Diphtherie-Impfstoff für Erwachsene erfolgen.
Gastkommentar
375
Impfempfehlungen
In Anbetracht der aktuellen Diphtherie-Situa
tion sollte verstärkt darüber aufgeklärt werden, daß Impfungen (möglichst mit Td-ImpfstofO vor allem für folgende Personengruppen in Frage kommen:
• Reisende in Gebiete mit Diphtherie-Risiko (mindestens 2 Impfungen vor der Ausreise)
• medizinisches Personal, das ersten Kontakt mit Erkrankten haben kann
• Beschäftigte mit umfangreichem Publikums
verkehr und Personal in Gemeinschaftsein
richtungen
• Bedienstete des Bundesgrenzschutzes und der Zollverwaltung
• Aussiedler, Flüchtlinge, Asylbewerber aus Gebieten mit Diphtherie-Risiko, (dazu werden von der STIKO detaillierte Impfempfehlungen gegeben: Bundesgesundheitsblatt 1994, Heft 2, S. 84).
Abschließend sei erwähnt: Das Reservoir für Corynebacterium diphtheriae ist der Mensch.
Die Bakterien werden mit der Atemluft von Mensch zu Mensch übertragen. Der Kontagions- index ist mit etwa 10 bis 20% relativ niedrig, die Inkubationszeit relativ kurz, etwa 2 bis 4 (6) Tage. Gefährdet sind vor allem enge Kontakt
personen zu einem Diphtheriepatienten, z.B.
das medizinische Personal, das der Expiration des Patienten ungeschützt direkt ausgesetzt ist.
Die WHO-Defmition für enge Kontaktpersonen lautet: »any person who has had face-to-face contact with the case during the infectious pe
riod (usually 2 to 5 days).«
Auch bei länger als 10 Jahre zurückliegender letzter Impfung der Grundimmunisierung bzw.
letzter Auffrischimpfung genügt eine Impfdosis zur schnellen Reaktivierung des einmal gepräg
ten Immungedächtnisses, und zwar auch bei Verwendung eines vom Paul-Ehrlich-Institut zugelassenen Impfstoffs mit einer Diphtherie- Toxoidmenge von nur 5 lE/Dosis, der für Imp
fungen ab dem 6. Lebensjahr empfohlen wird.
In den novellierten Impfempfehlungen der Ständigen Impfkommission des Bundesgesund
heitsamtes (STIKO) vom September 1993 (Bun
desgesundheitsblatt, Heft 2, 1994, S. 85-91) wird darauf hingewiesen, daß es in der Regel
keine Maximalabstände für Impfungen gibt und daß »jede Impfung zählt«. Bereits 1979 hat die WHO auf der Basis von 22 Studien mitgeteilt, daß es nicht notwendig ist, bei zeitlicher Un
terbrechung des allgemein empfohlenen Impf
schemas eine Grundimmunisierung erneut zu beginnen »regardeless of the length of time elapsed« (Wkly. Epid. Rec. No. 50, 1979, 388-389).
Indikation zur Kontrolle der Anti
toxinspiegel
Eine routinemäßige serologische Kontrolle des Impfschutzes, wie z. B. unter dem Aspekt »un
klarer Impfstatus«, wird nicht empfohlen (zu
dem sind die Antitoxinspiegel im Fall einer juristischen Bewertung nicht die Grundlage, sondern die ärztlich dokumentierten Impfun
gen). Serologische Untersuchungen können bei bestimmter Indikation erforderlich sein, z. B.
bei Verdacht auf eine Hyperimmunisierung im Falle einer - wenn auch sehr seltenen - überstarken Impfreaktion (Diphtherie- und Te- tanus-Toxoid-Impfstoffe sind in der Regel auch bei mehrfach wiederholter Verabreichung sehr gut verträglich).
Anschrift:
Prof. Dr. med. Waltraud Thilo, Robert-Koch-Institut, des Bundesgesundheitsamtes, Wollankstraße 15-17,13187 Berlin.
Ausbildung:
Medizinstudium in Berlin, Habilitation für Medizinische Mikrobiologie und Epidemiologie 1973, Lehrstuhl für Mikrobiologie an der Akademie für Ärztliche Fortbil
dung, Berlin (Ost), 1978.
Jetzige Tätigkeit:
Leitung des Nationalen Referenzzentrums für Diphthe
rie und Tetanus.
Arbeits- und Interessenschwerpunkte:
Infektionsmedizin, Surveillance des Impfschutzes, Stra
tegie der Immunprophylaxe, Fortbildung auf dem Ge
biet der Prävention von Infektionskrankheiten durch Schutzimpfungen, Aus- und Weiterbildung von Ärzten mit Impfpraxis.
376 :ZFA Fortbildung
Universitäts- Nervenklinik — Psychiatrie - Homburg/Saar
Bärbel Ziegler
Diagnostik und Behandiung von Schiafstörungen
Auch seelische Befindlich
keiten, die neu- rophysiologisch nicht erfaßbar sind, beeinflus
sen die Schlaf
qualität
Zum Inhalt
Störungen des Schlafs gehören zu den häufig
sten Klagen in der ärztlichen Praxis. Frauen sind öfter betroffen als Männer. Die Häufigkeit der Klagen steigt mit zunehmendem Lebensal
ter sowie mit der Anzahl gesundheitlicher Be
schwerden, und mit beiden Parametern steigt auch der Schlafmittelverbrauch. Zwar haben einige schlaflos verbrachte Nächte keine schä
digenden Auswirkungen, sie beeinträchtigen jedoch die Tagesbefindlichkeit und Leistungs
fähigkeit oft erheblich. Die im Schlaflabor po
lysomnographisch gewonnenen Daten objekti
vieren Abweichungen in der Schlafarchitektur.
Sie ermöglichen es, zahlreiche Störungen der Schlaf-Wach-Regulation quantitativ zu erfas
sen, besser zu verstehen und sinnvoller zu the
rapieren. Qualitative, inhaltlich-dynamische Vorgänge blieben durch den hohen Stellen
wert, der den Ergebnissen der Schlaf-EEG-Be- funde eine Zeitlang beigemessen wurde, oft ausgeklammert: Stellte sich im Schlaflabor ein regelrechter Schlafablauf dar, fanden subjek
tive Klagen über einen schlechten Schlaf oft wenig Beachtung. Die Schlafqualität hängt je
doch nicht nur von meßbaren Vorgängen ab, sondern auch von seelischen Befindlichkeiten, die neurophysiologisch nicht erfaßbar sind. Die individuellen Beschwerden beanspruchen den höchsten Stellenwert für die Diagnose, zumal auch die erhebliche interindividuelle Variabili-
Bei Schlafstörungen muß vor dem Beginn einer Behandlung mit Schlafmitteln eine umfangrei
che Diagnostik erfolgen, die mögliche neurolo
gische, internistische und psychiatrische Er
krankungen berücksichtigt sowie geriatrische Besonderheiten. Der Schlaf ist ein sensibles System, das schnell auf seelische Einflüsse reagiert, weswegen subjektive Angaben zu Schlafstörungen besonderer Beachtung bedür
fen. Schlaffördernde Medikamente sollten in einen Gesamtbehandlungsplan eingebunden sein, insbesondere sollte darauf geachtet wer
den, daß keine längere Einnahme erfolgt.
tät der Schlafdauer keine verbindlichen Krite
rien zur Abgrenzung von normalem und ge
störtem Schlaf zuläßt (3). Schlafstörung bein
haltet ein Defizit an Schlafqualität oder an Schlafquantität, selten liegt eine komplette Schlaflosigkeit vor, so daß die klarere Defini
tion für eine graduelle Schlafstörung Hyposom- nie und nicht Insomnie wäre. Der Begriff In
somnie wird jedoch überwiegend synonym für gestörtes Schlafverhalten eingesetzt, und er hat sich im alltäglichen ärztlichen Sprachgebrauch eingebürgert. Schlafdefizite entstehen durch Ein- und Durchschlafstörungen, letztere cha
rakterisiert mit längerem Wachliegen oder mit kurzfristigen, aber häufigen Wachzeiten, wei
terhin durch einen unruhigen und flachen Schlaf oder durch einen nicht erholsamen Schlaf sowie durch ein Früherwachen. Ent
sprechend den Kriterien des diagnostischen und statistischen Manuals psychischer Störun
gen (DSM-III-R) wird eine Insomnie als mani
feste Erkrankung angesehen, wenn sie über die Dauer von mindestens einem Monat wöchent
lich mindestens dreimal auftritt. Sie ist so schwerwiegend, daß entweder deutliche Er
schöpfung während des Tages beklagt wird oder andere Symptome beobachtet werden, die auf Schlafstörungen zurückzuführen sind (7).
Eine Insomnie ist primär ein Symptom einer zugrundeliegenden Erkrankung. Ihre Differen
tialdiagnostik erfordert gute Kenntnisse in der Allgemeinmedizin, ein Basiswissen in der Neu
rologie und bei internistisch-pneumonologi
schen Erkrankungen, wenn es z. B. um nächt
liche Atemregulationsstörungen geht. Außer
dem sind psychiatrische Grundkenntnisse er
forderlich, um die der Schlafstörung zugrundliegenden seelischen Erkrankungen erkennen zu können (16).
Organische, seelische, idiopathische Ursachen
Bei den internistischen Erkrankungen im Rah
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sche Krankheitsverlauf die Anwendung von Kortikoiden erforderlich macht, wie z.B. Bronchial
asthma und chronische Entzündung der Bron
chialschleimhaut mit Verengung der Atemwege (chronisch-obstruktive Bronchitis). Hinweis:
AeroBec ist nicht zur Behandlung von plötzlich auftretenden Atemnotanfällen (akuter Asthma
anfall oder Status asthmaticus) bestimmt.
Gegenanzeigen: Überempfindlichkeitgegenüber Beclomethasondipropionat ist eine Gegenan
zeige. AeroBec darf nicht angewendet werden bei Lungentuberkulose, falls eine gleichzeitige resistenzgerechte tuberkulostatische Behand
lung nicht möglich ist, es sei denn, daß der Arzt es ausdrücklich gestattet hat. Mykosen bzw.
Infektionen im Bereich der Atemwege müssen angemessen behandelt werden, stellen dann aber keine Gegenanzeige für eine Behandlung mit AeroBec dar. Da bisher nicht genügend Erfahrungen über die Behandlung von Kindern vorliegen, sollten diese insbesondere wegen der Möglichkeit des Einflusses von AeroBec auf den Knochenstoffwechsel von der Behandlung mit AeroBec ausgeschlossen werden. Anwen
dung In Schwangerschaft und Stillzeit: Beclo
methason sollte während der Schwangerschaft, vor allem in den ersten drei Monaten, nicht ein
gesetzt werden, da keine ausreichenden Erfah
rungen mit der Anwendung bei Schwangeren vorliegen und Tierversuche Hinweise auf Fehl
bildungen und andere embryotoxische Wirkun
gen ergeben haben. Bei Langzeittherapie sind intrauterine Wachstumsstörungen nicht auszu
schließen. Bei einer Behandlung zum Ende der Schwangerschaft besteht für den Feten die Ge
fahr einer Atrophie der Nebennierenrinde, die eine ausschleichende Substitutionstherapie beim Neugeborenen erforderiich machen kann.
Glucokortikoide gehen in die Muttermilch über.
Bei Anwendung höherer Dosen oder bei einer Langzeitbehandlung sollte abgestillt werden.
Nebenwirkungen: Bei einigen Patienten treten Candidosen in Mund und Rachen auf. Dieser Zustand kann behandeit werden, ohne die Beclomethasondipropionat-Therapie zu unter
brechen. Heiserkeit kann ebenfalls auftreten.
Bei Umstellung von Kortikoidtabletten oder -Injektionen auf die Inhaiationsbehandiung kön
nen Allergien in Erscheinung treten, die bis dahin unterdrückt waren, z.B. allergischer Schnupfen, allergische Hauterscheinungen. Die
se sollten zusätzlich mit Antihistaminika bzw.
Kortikoiden zur äußerlichen Anwendung behan
delt werden. Treten ungewöhnliche Störungen oder Beschwerden auf, soll unverzüglich der Arzt zu Rate gezogen werden. Wegen der Gefahr einer Nebennierensuppression auch unterhalb einer Höchstdosis von 1500 Mikro-gramm soll
ten Patienten, die mit AeroBec behandelt wer
den, regelmäfiigen Laborkontrollen unterzogen werden, da der Grad der Suppression nicht immer klinisch auffällig zu sein braucht. Das Risiko einer auftretenden Nebennierensuppres
sion sollte gegenüber den therapeutischen Vor
teilen abgewogen werden. Da es bisher nicht genügend Erfahrungen in der Behandlung mit AeroBec gibt, können unerwünschte glucokorti- koidübliche Wirkungen nicht ausgeschlossen werden. Dies sollte gegenüber den möglichen therapeutischen Vorteilen abgewogen werden.
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dung: AeroBec Autohaler sollte regelmäßig in den empfohlenen Abständen inhaliert werden.
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Fortbildung Schlafstörungen
Bei Schlafstö
rungen immer eine genaue Arzneimittel
anamnese er
heben!
Kreislaufregulation oder Einschränkungen der pulmonalen Ventilation ist die Schlafstörung bzw. das Wachwerden die notwendig vitale Gegenregulation, indem entweder der 02-Man- gel oder die zunehmende Verschiebung des pH-Wertes in den azidotischen Bereich zu ei
ner Weckreaktion führen. Eine Therapie darf dann nicht in der abendlichen Verordnung von Schlafmitteln bestehen, welche die zerebrale 02-Versorgung weiter verschlechterte, insbe
sondere bei einem arteriosklerotisch veränder
ten zerebralen Gefäßsystem. Mit der Verbesse
rung der zerebralen Stoffwechsellage kann eine Schlafstörung manchmal ohne zusätzliche se- dierende Medikamente behoben werden.
Tabelle 1: Medikamente, die Insomnien induzieren können
Psychopharmaka
• antriebssteigernde Antidepressiva, MAO-Hemmer Hormone
• Glukokortikoide
• Kontrazeptiva
• Thyroxin Antihypertensiva
• Betablocker
• Calciumantagonisten
• (Clonidin) Antibiotika
• Gyrasehemmer
Schlafstö
rungen sind das häufigste Symptom seeli
scher Krank- heitshilder
Die Diagnose
»idiopathische Insomnie«
sollte erst nach einer umfang
reichen Dia
gnostik gestellt werden
Bei den seelischen Krankheitsbildern sind Schlafstörungen das häufigste Symptom, dies trifft insbesondere für depressive Verstimmun
gen zu, unabhängig von ihrer ätiologischen Zu
ordnung. Eine sorgfältige psychiatrische Un
tersuchung ist sehr wichtig, da Insomnien oft ein Initialsymptom psychiatrischer Erkrankun
gen sein können. Schlaf-EEG-Befunde ergeben deutliche Veränderungen des Schlafmusters bei endogenen depressiven Patienten. Es fin
den sich ein reduzierter Schlafanteil, ein redu
zierter REM-Schlaf, eine verkürzte REM-Latenz (Zeit zwischen dem Einschlafen und dem er
sten Auftreten einer REM-Phase) und häufige Schlafunterbrechungen mit langen Wachpha
sen. Letztere Befunde entsprechen den häufi
gen Klagen depressiver Patienten, wobei die subjektiven Empfindungen oft über polysom
nographisch objektivierbare Störungen hinaus
gehen (1, 10, 15). Sind psychische und organi
sche Erkrankungen als Ursache der Schlafstö
rung ausgeschlossen und lassen sich situativ belastende Lebensereignisse nicht mehr explo- rieren, so kann von einer primären oder idio
pathischen Insomnie ausgegangen werden. Al
lerdings sollte diese Diagnose mit großer Zu
rückhaltung gestellt werden und erst nach ei
ner umfangreichen Diagnostik hinsichtlich eventuell zugrundeliegender anderer Erkran
kungen.
Pharmakogene Insomnien
Viele Medikamente beeinträchtigen den Schlaf Daher ist bei allen Patienten, die über Schlaf
störungen klagen, eine genaue Arzneimittel
anamnese zu erheben, um eine pharmakogen bedingte Insomnie auszuschließen. Neben den in Tabelle 1 aufgeführten Medikamenten sind
als weitere Mittel, die Insomnien auslösen kön
nen, Antiasthmatika zu nennen, z. B. Theophyl
lin und Clenbuterol. Theophyllin wird neben der Behandlung des Asthma bronchiale und der chronisch obstruktiven Lungenerkrankun
gen auch bei leichteren Formen des Schlaf
apnoe-Syndroms alternativ zur CPAP-Beat- mung (Continous Positive Airway Pressure) eingesetzt. Durch die zentral stimulierende Wirkung des Theophyllins wird der Schlafab
lauf dosisabhängig deutlich verändert: u. a. ist die Einschlaflatenz verlängert, und es treten häufige Zeiten des Wachseins auf Von Cloni
din, das eine Zeitlang bevorzugt zur Behand
lung von Entzugssyndromen eingesetzt wurde, gibt es unterschiedliche Angaben: Neben Schlafstörungen mit vermehrten Alpträumen wird auch eine sedierende Wirkung beobachtet (3). Oft treten Schlafstörungen im Rahmen von Drogen-, Alkohol- oder Medikamentenabhän- gigkeiten auf, diese sind dann besonders schwierig zu behandeln (11, 18).
Behandlung der Insomnie
Es stehen nicht-medikamentöse und medika
mentöse Therapiemöglichkeiten zur Verfü
gung. Letztere sollten erst dann eingesetzt wer
den, wenn Maßnahmen wie z. B. progressive Muskelentspannung, autogenes Training, Bio
feedback, Schlafrestriktion, Stimuluskontrolle oder gestufte Aktivhypnose keinen Behand
lungserfolg zeigen (3, 6, 14, 17).
Ein optimales Schlafmittel sollte den physiolo
gischen Schlaf herbeiführen und keinerlei Ne
benwirkungen haben. Ein solches optimales Schlafmittel gibt es nicht. Doch konnten durch neu entwickelte Medikamente unerwünschte