• Keine Ergebnisse gefunden

Nachruf für Dr. med. Waltraut Fritzsch

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Nachruf für Dr. med. Waltraut Fritzsch"

Copied!
1
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

Nachruf für Dr. med.

Waltraut Fritzsch

*17.6.1923 † 30.4.2016

Am 30. April 2016 starb Frau Chef- arzt i. R. Dr. med. Waltraut Fritzsch im 93. Lebensjahr in Dresden.

Schwestern, Mitarbeiter und Patien- ten, besonders aber wir damals jun- gen Ärzte in internistischer Weiter- bildung in den 1950er und 60er Jah- ren, trauern um eine hervorragende Ärztin und Lehrerin. Sie war Vorbild für eine hingebungs- und verantwor- tungsvolle Patientenbetreuung in Kli- nik und Ambulanz.

Dankbar und uneigennützig förderte sie Mitarbeiter, die mit Verstand und Herz bei der Patientenbetreuung mit- arbeiteten.

1923 in Dresden geboren, studierte sie von 1943 bis 1949 in Jena und Leipzig Medizin. Dann war sie über ein Jahr dort im Pathologischen Insti- tut tätig und legte eine solide Grund- lage für die Arbeit am Patienten. Ihr eigentliches Interesse aber gehörte den Lebenden.

1952 begann sie die internistische Weiterbildung im Stadtkrankenhaus Dresden-Neustadt in Trachau, das 1945 wegen der großen Seuchen-

lage als Infektionskrankenhaus ge - gründet worden war. Nach Rück- gang akuter Infektionen entwickelte es sich zum modernen Klinikum mit den wichtigsten Fachrichtungen und über 200 internistischen Betten.

Der Ärztliche Direktor und Chefarzt der Medizinischen Klinik, Dr. med.

Alfred Schmeiser, beauftragte Frau Dr. Fritzsch als jüngste Oberärztin mit der verbliebenen relativ großen Infektionsstation und damit auch mit der Betreuung der seit 1947 auf- genommenen Poliomyelitis-Patienten aus dem ganzen Großraum Dresden.

Ihre Lebensaufgabe und ihre Beru- fung begann mit der großen Polio- Epidemie 1957/58 mit schweren und schwersten Verläufen durch Atem- lähmungen. Partiell und komplett Atemgelähmte wurden auf einer eige-

nen Station mit Tankrespiratoren, so - genannten „Eisernen Lungen", be - treut.

Diese akute Polio-Endemie traf über- wiegend junge Menschen. Oft wur- den sie in letzter Minute aufgenom- men. Schwerste Schicksalsschläge waren dabei, für manchen jungen Gelähmten wurde damit die ge plan- te oder schon begonnene Lebens- und Berufslaufbahn beendet. Meh- rere Patienten mussten Tag und Nacht in der „Eisernen Lunge“ blei- ben, einige wurden bis ins späte Erwachsenenalter beatmet. Bei man- chen Schwerkranken konnte Frau Dr.

Fritzsch klei ne berufliche Perspekti- ven anbahnen. Für diese Patienten war sie Ärztin, Psychologin, Seelsor- gerin und Lehrerin in einer Person.

Später gelang es ihr mit fachkundi- gen Verhandlungen im Ministerium modernere und humanere Import- Beatmungsgeräte zu erhalten: Rumpf- respiratoren, Polio- und Spiromaten für Tracheotomierte.

Mit der aktiven Poliomyelitisimpfung ab 1958 gingen die Erkrankungszah- len und damit die Atemlähmungen sofort zurück.

Aus der Polio-Beatmungsstation ent- stand dann das „Bezirksbeatmungs- zentrum“ unter ihrer Leitung.

Schwerkranke auch aus anderen Kli- niken und der gesamten DDR wur- den aufgenommen.

Besonders am Herzen lagen Frau Dr.

Fritzsch jüngere Patienten mit Myas- thenia gravis pseudoparalytica und

bedrohlichen Verläufen. Sie betreute diese Menschen wie auch einstige Polioopfer über Jahre weiter ambu- lant.

Sie half Polio-Selbsthilfegruppen, be - mühte sich intensiv um Reha-Maß- nahmen und andere soziale Belange.

Vorträge und der Einsatz für Patien- ten mit dem noch unbekannten Post-Poliosyndrom waren ihr wichtig.

Sie legte auch den Grundstein für die Abteilung für Gastroenterologie und Endoskopie der Medizinischen Klinik zusammen mit Oberarzt Priv.- Doz. Dr. med. habil. Klaus Poegel durch Einführung der Leber- und Nierenbiopsien und Laparoskopien.

1969 entstand folgerichtig eine eigenständige Klinik für Anästhesio- logie und lntensivtherapie. Chefin wurde Frau Dr. Fritzsch nach mit 45 Jahren erfolgreich bestandener Prü- fung zum Zweitfacharzt für Anästhe- siologie und lntensivtherapie. Sie lei- tete diese große Klinik bis zum Ruhe- stand mit vielen Kollegen und Spezi- alschwestern. Als Rentnerin war sie mehrere Jahre einige Stunden in der Woche eine hochwillkommene inter- nistische Konsiliarärztin in der Chi- rurgischen Klinik. Wichtig waren für sie volkskundliche Aktivitäten in der Nachfolge ihres Vaters, einem ange- sehenen Wissenschaftler. Sie schrieb darüber auch in unserem Ärzteblatt.

Obwohl sie in der täglichen Arbeit streng und fordernd war, erinnern sich manche dankbar an ihre herzli- che Art bei feierlichen Anlässen. Wir, als spätere Leiter, sind alle durch ihre Schule gegangen. Mit den jetzigen Arbeitszeitvorschriften wäre sie stän- dig in Konflikt geraten. Ihre Sorge um ihre Patienten war nie zeitge- bunden. Eine feste Arbeitszeit mit

„pünktlichem Feierabend“ gab es für sie nicht.

In den letzten Jahren lebte Frau Dr.

Fritzsch im Heim. Sie starb ohne lange Leidenszeit.

Dr. med. Hermann Queißer, Dresden Priv.-Doz. Dr. med. habil. Klaus Poegel, Dresden

Dr. med. Uta Anderson, Dresden

Personalia

Ärzteblatt Sachsen 9 / 2016 387

Dr. med. Waltraut Fritzsch © Privat

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

1982 wurde unter seiner Regie eine Sta- tion für Brandverletzte mit fünf Bet- ten geschaffen.. Schwerbrandver- letzte aus den südlichen Bezirken der DDR wurden

Sein wacher Geist und seine Fröhlichkeit sind auch jetzt nach so langer Zeit noch sprichwörtlich, und er konnte sich dies bis kurz vor seinen Tod bewah- ren. Wir danken dem

Martin Schönauer gründete die Dia- betes-Akademie Leipzig und entwi- ckelte sie zu einem Zentrum diabeto- logischer Fortbildung für den haus- ärztlichen Bereich.. Er war

Immer setzte er sich gleichermaßen für den medizinisch-naturwissenschaft- lichen Fortschritt in der Behandlung von Rückenmarkverletzten wie auch für die Verbesserung der praktischen

Für uns, die wir zwanzig Jahre seit der Wende mit ihm zusammen sein durften, ist es nicht nur ein aufmerk- sames Gedenken, vielmehr auch eine dankbare Erinnerung an sein

Nach der Pflichtassisten- tenzeit in der Universitätsklinik Jena – hier auch Promotion – und in der Chirurgischen Poliklinik Dresden- Neustadt begann sie schließlich ab

Diese wurde erst nach der Wende durch seine erfolg- reiche Verhandlung und Zusammen- arbeit mit dem KfH-Kuratorium für Dialyse und Nierentransplantation e.V..

Gunther Völker – Chefarzt der Abteilung für Gynäko- logie und Geburtshilfe der Landkreis Mittweida Krankenhaus gGmbH.. 1945 in Gablenz/Oberlausitz geboren, besuchte er zunächst