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Lernförderung im Fachunterricht

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Academic year: 2022

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Inhaltsverzeichnis

Vorwort . . . 4

1. Warum Schüler mehr arbeiten müssen . . . 5

1.1 Impulse aus der Lernforschung . . . 5

1.2 Neue Standards und Prüfungen . . . 9

1.3 Herausforderung „Heterogenität“ . . . 11

1.4 Das Gebot der Lehrerentlastung . . . 13

2. Die Lernspirale als Aktivierungszirkel . . . 16

2.1 Zum Aufbau einer Lernspirale . . . 16

2.2 Wie man Lernspiralen plant . . . 20

2.3 Mehrgleisige Differenzierung . . . 23

2.4 Verlässliche Regeln und Rituale . . . 25

2.5 Die Schüler als Lernhelfer . . . 28

2.6 Integrale Kompetenzförderung . . . 30

2.7 Methodentraining als Grundlage . . . 33

2.8 Regelmäßige Reflexionsphasen . . . 35

2.9 Bestätigende Evaluationsbefunde . . . 37

3. Einige Tipps und Tricks für die Praxis . . . 41

3.1 Auf vorliegende „Inputs“ setzen . . . 41

3.2 Das Lernen transparent machen . . . 41

3.3 Das Zufallsprinzip als Stimulans . . . 42

3.4 Defensive Lehrerrolle stärken . . . 43

3.5 Bewährte Winkelsitzordnung . . . 44

3.6 Zentrale Arbeitsmittel sichern . . . 45

3.7 Die Schüler als „Steuerleute“ . . . 46

3.8 Vorrang für die Doppelstunde . . . 47

3.9 Workshops institutionalisieren . . . 48

3.10 Auch Checklisten sind hilfreich . . . 49

3.11 Publizierte Lernspiralen nutzen . . . 50

Literaturverzeichnis . . . 51

Glossar . . . 53

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1. Warum Schüler mehr arbeiten müssen

Die Idee des anvisierten Arbeitsunterrichts ist so alt wie die Reformpädago- gik. Schon Anfang des letzten Jahrhunderts entdeckten die Protagonisten der deutschen Reformpädagogik die Bedeutung der Lernarbeit der Schüler.

Lernen und Arbeiten – das waren und sind die Quellen erfolgreicher „Volksbil- dung“. Oder mit den Worten von Georg Kerschensteiner: „Was der Schüler sich nicht selbst erwirkt oder erarbeitet hat, das ist er nicht und das hat er nicht“

(zitiert nach Witzenbacher 1985, S. 17). Dieses Postulat Kerschensteiners mar- kiert bis heute eine wichtige Grunderkenntnis der etablierten Lernforschung.

Näheres dazu wird im ersten Abschnitt dieses Kapitels ausgeführt. In den nachfolgenden Abschnitten folgen weitere Argumente und Belege aus der Sicht der Curriculum- und der Schulentwicklung sowie der Lehrerbelastungs- forschung. Sie alle bestätigen: Schüleraktivierung tut Not!

1.1 Impulse aus der Lernforschung

Anthropologisch betrachtet gehören Kopf und Hand, Denken und Handeln, Geist und Körper aufs Engste zusammen. Diese Grunderkenntnis durchzieht das erziehungswissenschaftliche Denken seit vielen Jahrzehnten (vgl. Fauser u. a. 1983, S. 138 ff.). Handeln und Lernen sind danach hochgradig interdepen- dent. Die entsprechenden Lernhandlungen der Schüler begünstigen abstra- hierendes Denken, reflektierte Begriffsbildung, geistige Durchdringung sowie vielfältige sprachliche Operationen. Das bestätigen u. a. die Untersuchungen des französischen Lernforschers Jean Piaget. Sein Befund: Kinder bis zum 11. Lebensjahr sind ganz elementar auf praktisches Tun und konkrete Opera- tionen angewiesen, wenn sie wirksam lernen sollen (vgl. Piaget 1976). Aber auch ältere Lerner profitieren durchaus von handlungsbetonten Verfahren.

Daraus lässt sich die ausgeprägte Handlungsorientierung z. B. in der Erwach- senenbildung sowie in der betrieblichen Aus- und Weiterbildung erklären.

Nach den Erkenntnissen der neueren Informations- und Medienforschung behalten wir durchschnittlich etwa 20 Prozent von dem, was wir hören, 30 Pro- zent von dem, was wir sehen, aber 70 Prozent von dem, was wir in Vorträgen oder Gesprächen in selbstgefertigten Sätzen sagen und sogar 90 Prozent von dem, was wir unter Einsatz unterschiedlicher Sinne selbst tun (vgl. Gemmer u. a. 2004, S. 74; Witzenbacher 1985, S. 17). Zeitgemäßer Unterricht muss dem- nach „den visuellen, den haptischen, den gefühlsmäßigen und den auditiven Kanal in gleicher Weise nutzen und dadurch viel stärkere Assoziationsmög- lichkeiten bieten als bei einem realitätsfernen Eintrichtern“ (Vester 1978, S. 102). Die Lernspiralen folgen dieser Erkenntnis.

Hans Aebli sieht die entsprechenden Lerntätigkeiten als Quelle kognitiver Handlungsschemata, die er in zahlreichen Experimenten nachgewiesen hat (vgl. Aebli 1983, S. 184 ff.). Damit meint er strategische Handlungsmuster, die

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1.2 Neue Standards und Prüfungen 9

Behaltenseffekte der Schüler. Franz E. Weinert spricht diesbezüglich vom Aufbau „intelligenten Wissens und Könnens“ (vgl. Weinert 2000) – im Gegen- satz zum verbreiteten „trägen Wissen“, das mehr oder weniger gedankenlos eingepaukt werde und nur sehr eingeschränkt dazu führe, dass die Lerner fachliche Aufgaben und Probleme souverän zu bewältigen verstünden (vgl.

Weinert 1999, S. 16).

Was folgt aus alledem für die alltägliche Unterrichtsplanung und -gestal- tung? Wirksamer Unterricht muss die Schüler im besten Sinne des Wortes zum durchdachten Wissens- und Kompetenzaufbau bewegen. Er muss (a) vielseitiges Arbeiten und Üben gewährleisten, (b) klare Muster- und Struk- turbildung begünstigen, (c) feste Regeln und Rituale aufweisen, (d) ein po- sitives Lernklima fördern, (e) Erfolg und Bestätigung sichern, (f) Reflexion und Feedback ermöglichen sowie (g) Abwechslung und Lernfreude mit sich bringen. Diesen Erkenntnissen und Empfehlungen der Lernforschung tragen die Lernspiralen in den „Klippert-Heften“ Rechnung.

1.2 Neue Standards und Prüfungen

Eine zweite Herausforderung für die schulische Bildungsarbeit sind die neuen Bildungsstandards und Prüfungsverfahren, die ebenfalls nach veränderten Lehr- und Lernverfahren verlangen. Der Grund für diese Neuorientierung wa- ren die schwachen Ergebnisse bei TIMSS, PISA und anderen internationalen Leistungsvergleichsstudien, die unmissverständlich deutlich werden ließen, dass die fachspezifische Informationsverarbeitungsfähigkeit der deutschen Schüler eher dürftig war, ein fatales Manko im modernen Informationszeit- alter.

Wissen intelligent verarbeiten und anwenden können – das ist das Credo der neuen Bildungsstandards. Im Vordergrund soll nicht länger der durch- genommene Lernstoff stehen, sondern vorrangig das, was die Schüler am Ende bestimmter Bildungsabschnitte an gefestigten Kompetenzen nachzu- weisen vermögen. Deshalb die Abkehr vom traditionellen Inputdenken und die Hinwendung zur dezidierten Outputorientierung. Die dabei anvisierten Kompetenzen betreffen sowohl fachspezifische als auch fachübergreifende Fähigkeiten und Fertigkeiten (vgl. Abb. 2). Wichtig ist dabei, dass es um Kern- kompetenzen geht und nicht um detaillierte Lernziele und Lerninhalte, wie sie die früheren Lehrpläne vorsahen.

So gesehen stehen die besagten Bildungsstandards für ein verändertes Lehr- und Lernverständnis. Betont wird der Output und weniger der Input.

Betont wird aber auch die Notwendigkeit einer stärkeren Fokussierung der Lernarbeit nach dem Motto „Weniger ist unter Umständen mehr“. Daraus erklärt sich die Konzentration auf relativ wenige Kernkompetenzen. Der Stoffdruck wird zurückgenommen zugunsten einer möglichst selbstständigen und nachhaltigen Informationsbeschaffung, -verarbeitung und -anwendung

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1.4 Das Gebot der Lehrerentlastung 13

werden und z. B. als Regel-, Zeit,- oder Fahrplanwächter agieren können (vgl.

Abb. 3). So gesehen ist die Aktivierung und soziale Vernetzung der Schüler ein durchaus probates Mittel, um der wachsenden Heterogenität in den Klassen zu begegnen. Die Lernspiralen in den „Klippert-Heften“ tragen dieser Option Rechnung.

Anders als der landläufige lehrerzentrierte Betreuungs- und Differierungs- anspruch, zielt der hier propagierte Ansatz also ganz konkret auf das eigen- ständige und wechselseitige Lehren, Lernen und Erziehen der Schüler ab.

Diesbezüglich sind Vorkehrungen zu treffen und geeignete Lernarbeiten vorzusehen. Dabei gilt ganz grundsätzlich: Je breiter die Schüler aktiviert und zum disziplinierten Miteinander- und Voneinander-Lernen angeleitet und veranlasst werden, desto größer ist die Chance, dass sie relativ pflegeleicht mitmachen und ihre unterschiedlichen Talente zur Entfaltung bringen. Das schließt gezielte Lehrerinputs und konsequente Lehrerlenkung ausdrücklich mit ein.

Dieser Ansatz ist machbar und alltagstauglich im besten Sinne des Wor- tes. Das gilt für die Unterrichtsvorbereitung wie für die Schülerintegration.

Schülerarbeit und Mitverantwortung lassen sich bestens organisieren und zur Entlastung der Lehrkräfte nutzen. Das zeigen nicht zuletzt die zahllosen Lern- spiralen in den „Klippert-Heften“. Reduziert wird sowohl die individuelle Beob- achtungs-, Disziplinierungs- und Beratungsarbeit der Lehrkräfte während des Unterrichts als auch ihre differenzierte Material- und Aufgabenentwicklung in der Vorbereitungsphase. Muss nämlich eine Lehrperson für ein- und dieselbe Unterrichtsstunde mehrere unterschiedliche Aufgabenstellungen und/oder Materialien entwickeln, so droht Überforderung. Kooperatives Lernen wirkt dem entgegen.

Ein wichtiger Hebel dabei ist das Zufallsverfahren bei der Gruppenbil- dung. Dadurch wird für relativ stabile leistungs- und verhaltensheterogene Lerngruppen gesorgt, die über tragfähige Selbstlernkompetenzen verfügen.

Das begünstigt das eigenverantwortliche Arbeiten und Kooperieren in den Klassen. Voraussetzung dafür ist allerdings auch hier, dass die Schüler die nötigen Handlungskompetenzen und Handlungsspielräume besitzen, den zugewiesenen Verantwortlichkeiten gerecht werden zu können.

Das alles bestätigt die Bedeutung aktivierender Lehr- und Lernverfahren für das Gelingen erfolgreichen Lernens in heterogenen Lerngruppen. Die Lernspiralen in den „Klippert-Heften“ eröffnen entsprechende lern- und in- tegrationsfördernde Arbeitsprozesse.

1.4 Das Gebot der Lehrerentlastung

Die Belastung der bundesdeutschen Lehrerschaft hat mittlerweile alarmie- rende Ausmaße angenommen. Das geht aus den diversen Schaarschmidt- Studien zur Lehrergesundheit hervor. Belastend wirkt vieles (vgl. Abb. 4). Die Hauptbelastungsquelle ist jedoch der Unterricht selbst. Vielfältige Störungen

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2. Die Lernspirale als Aktivierungszirkel

Das eigentliche Kernstück der angedeuteten Förder- und Entlastungsarbeit sind die besagten Lernspiralen. Lernspiralen stehen für das sukzessive sich Hineinbohren der Schüler in den jeweiligen Lerngegenstand bzw. Lernanlass.

Sie sichern differenzierte inputzentrierte Arbeits- und Interaktionsprozesse mit wechselnden Lernpartnern, Lerntätigkeiten, Lernmethoden, Lernproduk- ten, Lernaufgaben und Lernhilfen. Doch nicht nur das. Lernspiralen bieten den Schülern auch und zugleich klare Strukturen, Regeln und Rituale, bere- chenbare Abläufe, verlässliche Hilfen und Kontrollen sowie wechselseitige Beratung und Ermutigung. Das alles begünstigt nachhaltige Lern-, Förder- und Integrationseffekte. Näheres zu diesen Eigenheiten und Chancen der Lernspiralen findet sich in den nachfolgenden Abschnitten.

2.1 Zum Aufbau einer Lernspirale

Lernspiralen sind lerntheoretisch begründete Lernablaufmuster. Ihr besonde- res Merkmal ist die vielschichtige Schülerarbeit und -interaktion. Im Zentrum der Lernspiralen stehen bestimmte Lerngegenstände bzw. „Inputs“ (Text, Film, Lehrervortrag, Projektauftrag etc.), die als lernrelevant gelten und von den Schülern mittels spezifischer Lerntätigkeiten, Arbeitsschritten und Me- thoden zu erschließen sind. Wie das geht, lässt sich überblickshaft aus Abb. 5 ersehen. Der dort skizzierte Lernablauf spiegelt vielseitigen Arbeitsunterricht mit differenzierten Lernhandlungen, Sozialformen und Methoden wider. Alle Schüler werden eingebunden; keiner bleibt allein. Jeder ist aufgrund des gängigen Los- bzw. Zufallsverfahrens gehalten, sich in der einen oder ande- ren Weise einzubringen und mit wechselnden Lernpartnern zu kooperieren.

Das bestätigen die in den „Klippert-Heften“ dokumentierten Lernspiralen zu unterschiedlichen fachspezifischen Kernthemen.

Der Begriff Lernspirale wurde in Anlehnung an den althergebrachten Spiralbohrer definiert und soll eindringliches Lernen symbolisieren. Lern- spiralen implizieren kleinschrittiges Fordern und Fördern und verbinden das selbsttätige Lernen der Schüler mit konsequenter Methoden-, Kommunika- tions- und Kooperationsschulung. Sie gewährleisten unterschiedliche Kon- troll- und Anwendungssituationen, binden die Schüler als Helfer, Kontrolleure und Miterzieher konsequent mit ein, sprechen unterschiedliche Sinne und Talente an und sichern dadurch ein relativ hohes Maß an Schüleraktivierung, Lernförderung, Lerndisziplin und Lernerfolg (vgl. dazu auch Klippert 2001, 2008 und 2012).

Indem die Schüler in wechselnder sozialer Zusammensetzung tätig wer- den und Probleme lösen, praktizieren sie das besagte eindringliche Lernen.

Sie lesen, planen, schreiben, zeichnen, ordnen, erzählen, markieren, bauen, basteln, experimentieren, recherchieren, exzerpieren, strukturieren, visuali-

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2.2 Wie man Lernspiralen plant 21

nenter Arbeitsschritt als vorbereitende oder nachbereitende Hausaufgabe auf zuhause verlagert und die betreffende Lernspirale zwei Tage später fortgeführt wird.

Zur Planung selbst: Da jede Lernspirale im Kontext eines größeren Lehr- planthemas steht, müssen zunächst entsprechende lernrelevante Medien, Materialien oder sonstige Lehrerinputs gesucht und gefunden werden, um die herum sich geeignete Arbeits- und Interaktionsschritte der Schüler auf- bauen lassen.

Das entsprechende Vorgehen sieht üblicherweise so aus, dass die betref- fenden Lehrkräfte all das, was an themenzentrierten Inputs greifbar ist, auf einen Tisch packen – einschließlich rechteckiger Karten mit der Aufschrift

„Lehrervortrag“, „Lehrererzählung“ oder „Lehrerexperiment“ zum Aspekt X.

Danach erfolgt eine didaktische Gewichtung der vorliegenden Lerngegen- stände dergestalt, dass die geeigneten Inputs z. B. nach links auf dem Tisch und die weniger geeigneten nach rechts sortiert werden. Auf diese Weise kristallisieren sich schon bald die als lernrelevant eingestuften Arbeitsge- genstände (Inputs) heraus, die für die Lernarbeit der Schüler Priorität haben sollten. Um diese links liegenden Inputs herum werden dann die besagten Lernspiralen entwickelt.

Tipp: Liegen zum einen oder anderen Input bereits bewährte Lernspiralen aus anderen thematischen Kontexten vor, so kann selbstverständlich analog dazu verfahren und auf eine separate Ausarbeitung verzichtet werden. Glei- ches gilt für den Fall, dass einschlägige Lernspiralen aus den „Klippert-Heften“

aufgegriffen werden. In beiden Fällen reduziert sich der Vorbereitungsauf- wand der Lehrkräfte ganz beträchtlich.

Die neu ausgearbeiteten Lernspiralen werden mittels des abgebildeten Ar- chivierungsrasters im Word-Format erfasst und mit den nötigen Materialan- hängen versehen (vgl. Abb. 7). So entsteht nach und nach ein recht griffiger Pool an Lernspiralen zum jeweiligen Lehrplanthema, die von interessierten

Ein bewährtes Archivierungsraster

Arbeits- schritt

1 2 3 4 5 6 7

Sozial- formen

Zeit- bedarf

Lernaktivitäten der Schüler (EVA)

Arbeits- material

Merkposten zur Vorbereitung

Geförderte Kompetenzen

Abb. 7

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2.4 Verlässliche Regeln und Rituale 27

Ähnliches gilt für die Einführung verhaltensstabilisierender Rituale. Auch diese gehören zur Lernspiralarbeit. Rituale unterscheiden sich von den an- gedeuteten Regelwerken vornehmlich dadurch, dass sie üblicherweise von Lehrerseite eingeführt werden, ohne dass es dazu großer Abstimmungen in der Klasse bedarf. Solche Rituale sind z. B. der anerkennende Applaus am Ende einer Plenarpräsentation, das Auslosen der Gruppensprecher, der Einsatz eines Glöckchens bzw. Klangstabes als Ruhesignal bzw. als Signal zur Ankündigung eines neuen Arbeitsschrittes oder aber das Anheften einer roten Karte nach Erteilen eines Arbeitsauftrags mit dem Ziel, die Schüler zur ernsthaften Selbstanstrengung zu bewegen. Wichtig ist nur, dass den Schü- lern die Hintergründe der betreffenden Rituale transparent gemacht und gelegentlich erklärt werden. Das sichert die nötige Überzeugung.

Das gilt nicht minder für Rituale in Sachen Hilfegewährung durch die Lehrperson. Auch dazu bedarf es gewisser Festlegungen, neigen doch viele Schüler dazu, ihre Lehrkräfte nach Erteilen eines Arbeitsauftrages vorschnell in Beschlag zu nehmen und ernsthafte eigene Anstrengungen erst gar nicht zu starten. Soll sich dieses mit der Lernspirale schwer zu vereinbarende Ver- haltensmuster ändern, so bieten sich u. a. die erwähnten Ampelkarten an (rot

= keine Sprechstunde; grün = die Lehrperson steht für Fragen bereit) oder aber Algorithmen dergestalt, dass bei etwaigen Unklarheiten zunächst der jeweilige Lernpartner zu konsultieren ist, dann die Tischgruppe drankommt, im nächsten Schritt etwaige Nachschlagewerke heranzuziehen sind, dann unter Umständen eine Nachbargruppe gefragt werden muss und erst ganz am Ende dieser Eigenbemühungen die jeweilige Lehrperson zwecks Rat und Hilfe angesprochen werden darf.

Solche Rituale haben den großen Vorteil, dass sie die Schüler zu einem Mehr an Selbsttätigkeit und Selbsterprobung nötigen. Und genau das gehört zu den erklärten Zielsetzungen der Lernspiralarbeit. Die Schüler sollen ihre Selbsthilfekompetenz entwickeln und nutzen, Kooperation und Kommuni- kation mit den Mitschülern eingeschlossen, denn nur so können sie ihre vorhandenen Potenziale entwickeln. Im Klartext: Nachhaltiges Wissen und

Ein möglicher Regelkatalog

In der Gruppe gut mitarbeiten Andere Meinungen tolerieren Bei Gesprächen gut zuhören

Die Zeitvorgaben beachten

Wechselseitig helfen Die Aufgaben zügig ansehen

Keine Beleidigungen sagen Probleme offen ansprechen Regeln guter Gruppenarbeit

Abb. 10

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32 2.6 Integrale Kompetenzförderung

ins Spiel, bevor im siebten bis elften Arbeitsschritt schließlich weiterführende Präsentations-, Visualisierung-, Kommunikations- und Feedbackkompetenzen gefragt sind. Das alles dient zuallererst dem Aufbau londonbezogener Fach- und Sprachkompetenz. Da jede Lernspirale so aufgebaut ist, dass sich die Schüler mit dem jeweiligen Lernstoff mehrstufig und niveaudifferenziert aus- einandersetzen müssen, ist ganz zwangsläufig aber auch ein gewisser fach- licher Tiefgang gewährleistet. Lehrerinstruktion, Informationsbeschaffung, Informationsverarbeitung, Präsentation, Diskussion und Reflexion wechseln sich ab und sichern den nötigen fachlichen wie methodischen Durchblick.

Diese prozessimmanente Tätigkeits- und Anspruchsdifferenzierung ist ein festes Markenzeichen der Lernspiralen. Dementsprechend verläuft die inhaltliche Lernarbeit Stunde für Stunde so, dass sich die Schüler mit den zu lernenden Kompetenzen relativ intensiv vertraut machen können.

Da alle Lerner zudem sozial vernetzt werden, behält grundsätzlich jeder Anschluss. Keiner wird auf einem niedrigen Niveau „festgenagelt“, indem er nur einfache Aufgaben und/oder Materialen zugeteilt bekommt. In jeder Stunde variieren die Anforderungen. Damit erhält jeder die Chance, sich mithilfe wechselnder Lernpartner ein wenig weiterzuentwickeln und die eigenen Talente zunehmend freizusetzen. Das betrifft keinesfalls nur das Fachliche im eigentlichen Sinn, sondern auch die erwähnten fachübergrei- fender Kompetenzen (vgl. dazu auch Abb. 12). Die Lernspiralen sichern diese Entwicklungsperspektive dadurch, dass sie den Schülern im Stundenverlauf ganz unterschiedliche Arbeits- und Interaktionsanforderungen zuweisen. Das begünstigt breite Kompetenzförderung.

So gesehen stehen die Lernspiralen sowohl für Kompetenzvermittlung als auch für Chancengerechtigkeit im Bildungsprozess. Diese Erfolgsperspektive wird durch das vielschichtige gemeinsame Lernen begünstigt. Einzelarbeit, Partnerarbeit, Gruppenarbeit und Plenararbeit wechseln sich ab und tragen

Kompetenzförderung konkret

Thema „London“

 Der Lehrer gibt eine Vorschau zur Lernspirale

 CD zu Londons Sehenswürdigkeiten anhören

 Einfachen ‚Hör-Verstehens-Test‘ bearbeiten

 Zu bestimmten Sehenswürdigkeiten recherchieren

 Gefundene Infos in Stammgruppen besprechen

 Gleiche Gruppen: Vortragskarten erstellen

 Kurzvorträge im Plenum halten (in Tandems)

 Rückmeldungen und Kritik zu den Vorträgen

 Flugblatt für London-Besucher gestalten

 Museumsrundgang: „Experten“ präsentieren

 Methodenreflexion und vertiefende Weiterarbeit etc.

Abb. 11

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36 2.8 Regelmäßige Reflexionsphasen

die einzelnen inhaltsbezogenen Kontroll-, Präsentations- und Besprechungs- phasen als auch für die gelegentlichen methoden- und verhaltenszentrierten Feedback- und Reflexionsphasen am Ende bestimmter Lernschritte. Viele Schüler brauchen dieses Innehalten, um zu einer planvolleren Lern- und In- teraktionsarbeit zu gelangen. Die Lernspiralarbeit sieht das vor.

Das alles dient dazu, die Methoden- und Prozesskompetenz der Schüler so entwickeln zu helfen, dass selbstgesteuertes Lernen in der Breite vor- ankommt. Das betrifft nicht nur die schwächeren, sondern auch die relativ cleveren und selbstständigen Schüler. Auch sie profitieren in der Regel davon, wenn klassen- oder gruppeninterne Feedback- und Reflexionsphasen ange- setzt werden. Wodurch? Dadurch, dass bestimmte methodische Verfahren bilanziert, Erfolge und Schwierigkeiten festgestellt, fragwürdige Verhaltens- weisen problematisiert sowie konstruktive Vorsätze für die Weiterarbeit formuliert werden. Das alles fördert die nötigen Lern- und Sozialkompeten- zen. Denn Fakt ist, dass keinesfalls alle cleveren Schüler diese Kompetenzen bereits besitzen.

Reflexionsphasen können ermutigen und inspirieren, Nachdenken auslö- sen und Gespräche induzieren, Blockaden auflösen und Missverständnisse beseitigen helfen. Von daher bilden sie ein wichtiges Element im Rahmen der hier in Rede stehenden Lernspiralen, ein Element, das Lernen begünstigt und Zutrauen schafft, Ausgrenzung verhindert und Integrationsmöglichkeiten eröffnet, Verständigung erleichtert und Selbstsicherheit stärkt. Egal, ob die Schüler nun aufgefordert sind, eine Gruppenarbeit oder eine Präsentation zu reflektieren, eine zurückliegende Zeit- und Arbeitsplanung kritisch unter die Lupe zu nehmen oder die Arbeit als Regelwächter, Zeitwächter oder Fahr- planüberwacher offen zu kommentieren, stets verbindet sich damit für sie die Chance, zu einer bewussteren und planvolleren Lern- und Interaktionsarbeit zu gelangen. Dadurch begünstigen die Schüler ihren Lernerfolg.

Das gilt nicht zuletzt im Hinblick auf Metakompetenzen wie Hilfsbereit- schaft und Empathie, Selbstkritikbereitschaft und Feedbackkompetenz, Ar- gumentationsfähigkeit und Methodenbeherrschung. Die Lernspiralen sichern und verlangen derartige methodenzentrierte Reflexionsphasen. Als Auslöser bzw. Grundlagen dieser Reflexionsarbeit kommen flipchartgestützte Punk- tabfragen, gezielte Übungen, einfache Zettelabfragen, Blitzlichter, Lerntage- bücher, Ampelkarten, differenziertere Fragebögen, gezielte Videoaufnahmen oder andere Reflexionsimpulse infrage. Wichtig ist nur, dass die anvisierte Re- flexionsarbeit konkret genug ansetzt und auf möglichst konstruktive Beiträge und Beratungen abstellt. Darauf muss die Lehrperson achten. Andernfalls können Reflexionsangebote auch fehlschlagen.

Lernspiralen setzen auf konstruktives Feedback und offene Gespräche.

Wiederkehrende Reflexionsphasen sorgen dafür, dass dem drohenden inhalt- lichen wie methodischen Dilettantismus der Schüler entgegengewirkt wird.

Viele Schüler arbeiten und lernen im Unterricht nämlich weder planvoll noch reflektiert, sondern irgendwie. Indem sie lernspiralimmanent genötigt wer-

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3. Einige Tipps und Tricks für die Praxis

Für die Umsetzung der skizzierten Lernspiralen sind nicht nur die skizzierten Grundsachverhalte wichtig. Hilfreich und wegweisend sind auch die folgen- den methodisch-didaktischen Prinzipien und Maßnahmen, die sich im alltäg- lichen Unterrichtsbetrieb bewährt haben. Die betreffenden Ansätze werden jeweils kurz umrissen und hinsichtlich ihrer Bedeutung für den praktischen Lernerfolg kommentiert – Lehrerentlastung eingeschlossen. Hinter diesen

„Tipps“ stehen ermutigende Erfahrungswerte, nicht mehr, aber auch nicht weniger. Sie zeigen, wie effektive Förderarbeit angelegt, vorbereitet und abgesichert werden kann.

3.1 Auf vorliegende „Inputs“ setzen

Der erste Tipp betrifft die Unterrichtsvorbereitung der Lehrkräfte. Indem die in Abschnitt 2.2 angedeutete Vorgehensweise praktiziert wird, lässt sich eine Menge Vorbereitungszeit sparen. Im Mittelpunkt dieser Vorgehenswei- se steht das Ausgehen von bereits vorliegenden Medien, Materialien und sonstigen Lehrerinputs, die zum jeweiligen Unterrichts- bzw. Stundenthema etwas hergeben. Ausgangspunkt der Planung sind also nicht irgendwelche idealtypisch begründeten Lernziele bzw. Kompetenzen, sondern vorrangig lernrelevante themenzentrierte Arbeitsgegenstände. Das können Schulbü- cher, Broschüren, Nachschlagewerke, einzelne Texte, Arbeitsblätter, Schaubil- der, Karikaturen, Filme, Fotos etc. sein. Das können aber auch Lehrervorträge, Lehrererzählungen, Lehrerexperimente oder sonstige tafelbild- bzw. white- boardgestützte Lehrerdarbietungen sein. Diese pragmatische Vorgehens- weise spart Zeit und minimiert den Vorbereitungsaufwand der Lehrkräfte.

Wichtig ist nur, dass diese „Inputs“ die nötige didaktische Qualität haben, d. h. ergiebiges Lernen der Schüler gewährleisten. Diese didaktische Prüfung ist unverzichtbar. Und wichtig ist ferner, dass die infrage kommenden Medien und Materialien innerhalb der jeweiligen Fachschaft möglichst offen aus- getauscht werden. Ist das der Fall, so kann der Vorbereitungsaufwand der Lehrkräfte kräftig reduziert werden, da auf diese fertigen Inputs zurückge- griffen werden kann. Zu planen sind dann nur noch die korrespondierenden Arbeits- und Interaktionsschritte – die Lernspirale also. Auch da lässt sich freilich Zeit einsparen, vorausgesetzt, es sind typische Lernspiral-Schemata verfügbar und können für die eigene Unterrichtsplanung genutzt werden (vgl.

dazu die Lernspiralsammlung: Klippert 2012).

3.2 Das Lernen transparent machen

Ein zweiter Tipp betrifft die Offenlegung des Unterrichtsskripts für die Schü- ler. Die Lernspiralen sehen dies vor. Damit wird auf den Umstand reagiert,

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3.8 Vorrang für die Doppelstunde 47

nur kurzen Gruppenbesprechungen ist dieser formale Organisationsaufwand einfach zu groß.

Zum Funktionsraster selbst: In der Kopfzeile stehen, alphabetisch geord- net, die Namen der Tischgruppenmitglieder. Die darunter befindlichen Zeilen gelten für die unterschiedlichen Gruppenarbeiten (vgl. ebenda, S. 54). Die vier Steuerungsaufgaben rotieren von Gruppenarbeit zu Gruppenarbeit, sodass jedes Gruppenmitglied mit der Zeit alle Steuerungsaufgaben wahrnehmen muss. Das sichert effektive Mitverantwortung.

3.8 Vorrang für die Doppelstunde

Ein achter Tipp betrifft den Zeitrahmen des Unterrichts. Die gängige Unter- richtssequenz in unseren Schulen dauert 45 Minuten. Dieser Zeitrahmen lässt sich mit den Lernspiralen nur sehr eingeschränkt vereinbaren. Die Lernspiralen sind in der Regel so angelegt, dass zeitintensivere Arbeits- und Interaktionsphasen absolviert werden müssen, und dazu braucht es nun einmal ausreichend Lernzeit. Egal, ob die Schüler in Nachschlagewerken bzw.

im Internet recherchieren, Plakate, Folien, Wandzeitungen oder Schaubilder erstellen, Experimente vorbereiten und durchführen und/oder irgendwelche Lernprodukte präsentieren und reflektieren müssen, meist reicht die gängi- ge Einzelstunde dafür nicht aus. Anspruchsvoller Arbeitsunterricht verlangt daher zwingend erweiterte Zeittakte, damit den Schülern ernsthafte Arbeits- und Interaktionsaufgaben übertragen werden können.

Andernfalls müssen die Lehrkräfte immer wieder drängeln, verfrüht ab- brechen, Arbeitsschritte auslassen oder lernrelevante Arbeiten selbst über- nehmen. Das alles steht dem bohrenden Arbeiten und Lernen der Schüler entgegen, wie es die Lernspiralen vorsehen. Natürlich heißt das nicht, dass eine Lernspirale nur dann Sinn macht, wenn Doppelstunden verfügbar sind.

Eine umfangreichere Lernspirale kann durchaus auch einmal auf 45 Minuten zugeschnitten werden, vorausgesetzt, ein geeigneter Arbeitsschritt wird als vorbereitende oder nachbereitende Hausaufgabe auf zuhause verlagert und zu Beginn der nächsten Stunde verbindlich aufgegriffen. Dieses Aufgreifen kann z. B. so aussehen, dass die Schüler Zufallspartnern zu berichten bzw. klei- ne Vorträge im Doppelkreis zu halten haben. Auch eine losbedingte Präsen- tation im Plenum kann zur Sicherung der nötigen Verbindlichkeit beitragen.

Wichtig ist nur, dass der betreffende Arbeitsschritt sinnfällig in die je- weilige Lernspirale eingebettet ist und mittels der erwähnten Vorschau so visualisiert wird, dass die Schüler den nötigen Überblick behalten. Das sichert Klarheit, Disziplin und Zielstrebigkeit. Trotzdem sollte die 45-Minuten-Einheit die Ausnahme bilden und nicht etwa die Regel. Der Regelunterricht sollte aus den erwähnten Gründen ganz vorrangig auf Doppelstunden abstellen und den Schülern möglichst ausführlich Gelegenheit geben, differenziertes Forschen, Konstruieren, Problemlösen und Interagieren ohne die üblichen lästigen Unterbrechungen zu praktizieren. Dieses Sicherstellen zusammen-

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