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Welthandel und Entwicklungsländer

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Academic year: 2022

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von Stormy Mildner

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er Handel von Waren und Dienstleistungen ist, wenn auch nicht ein hinreichender, so doch ein notwendiger Faktor für Wachstum und Entwicklung. Wie eine Vielzahl von Studien, darunter die Weltbankstudie „Trade, Growth and Poverty“ von David Dollar and Aart Kraay,1zeigt, gibt es eine eindeu- tige Korrelation zwischen der Offen- heit der Volkswirtschaft und der Inte- gration eines Landes in die Weltwirt- schaft einerseits und seinem Wirt- schaftswachstum andererseits: Die Länder, die ihre Märkte geöffnet haben, konnten im Durchschnitt eine Wachstumsrate von 3,5% in den acht- ziger Jahren und 5% in den neunziger Jahren verzeichnen, während die Wachstumsraten in den so genannten

„nichtglobalisierenden“ Ländern mit durchschnittlich 0,8% und 1,4% in den gleichen Zeiträumen relativ nied- rig lagen.

Die Studie von Dollar und Kraay stellt ebenfalls fest, dass in den meis- ten der „globalisierenden“ Länder die Armutsrate gesunken und die Lebens- erwartung im Durchschnitt gestiegen ist, wenn man hier auch nicht von der

gleichen deutlich positiven Korrelati- on wie zwischen Handel und Wachs- tum sprechen kann. Auch Horst Köh- ler, der Geschäftsführende Direktor des Internationalen Währungsfonds (IWF), argumentiert, dass diejenigen Länder am meisten profitierten, die die Möglichkeiten der Weltwirtschaft in den letzten zwei Jahrzehnten ge- nutzt hätten: „Diesen Ländern, unter ihnen Brasilien, Chile, China, Indien, Korea und Mexiko, war es möglich, ihren Anteil am Handel zu verdop- peln und ihr Pro-Kopf-Einkommen zu steigern. Ihre Erfahrung zeigt, dass Integration in die Weltwirtschaft er- hebliche Vorteile für Entwicklungs- länder bringen kann“.2

Folglich wurde die Vierte Minister- konferenz der Welthandelsorganisati- on (WTO), die im November 2001 in Doha (Katar) stattfand und den Be- ginn der auf drei Jahre vorgesehenen Doha-Entwicklungsrunde einläutete, auch aus Sicht vieler Entwicklungs- länder als Erfolg gewertet. Entwick- lungspolitische Themen ziehen sich wie ein roter Faden durch die gesamte Ministererklärung: Aufbau von Kapa- zitäten (Capacity Building) in den Entwicklungsländern, insbesondere in den am wenigsten entwickelten Ländern (LDCs), wird in der Minis- tererklärung 18 Mal genannt; tech- nische Hilfe wird 21 Mal und Ent- wicklung wird 39 Mal genannt.3

Welthandel und Entwicklungsländer

Chancen der Doha-Runde für die Dritte Welt?

Stormy Mildner, Wissenschaftliche Mitarbeiterin im Forschungsinstitut der DGAP, Berlin.

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Ob die Doha-Runde jedoch tat- sächlich ein Erfolg für Wachstum und Entwicklung in den Entwicklungslän- dern wird, hängt von einer Vielzahl von nationalen und internationalen Faktoren ab. Schließlich war die Mi- nisterkonferenz nur der Beginn eines schwierigen Verhandlungsprozesses, und Kompromisse wurden auch durch das abflauende Weltwirt- schaftswachstum, die Ereignisse des 11. September 2001 und die Notwen- digkeit weltweiter, vertrauenschaffen- der Maßnahmen begünstigt. Sollten die Forderungen und Interessen der Entwicklungsländer allerdings nicht genügend berücksichtigt werden, so ist wahrscheinlich, dass sie weitere Verhandlungen oder den Abschluss der Runde blockieren werden.

Liberalisierungsforderungen Schon während der Uruguay- Runde (1986 bis 1994) und insbeson- dere im Verlauf der Dritten Minister- konferenz der WTO 1999 in Seattle hat sich gezeigt, dass die Entwicklungslän- der nicht mehr die stille Mehrheit der WTO waren, sondern klare Forderun- gen vorbrachten. Die Zeit, in der sie sich hauptsächlich für Ausnahmen einsetzten und die zentralen Liberali- sierungsverhandlungen zwischen den großen Industrieländern stattfanden, ist vorbei. Die geringe Beteiligung der Entwicklungsländer vor der Uruguay- Runde war hauptsächlich durch die Wahl ihrer Entwicklungsstrategie, der

„Import-Substitution-Industrializati- on Policy“, bedingt, also der Abschot- tung von der Weltwirtschaft und dem Aufbau eigener Industrien. Das damit

einhergehende fehlende Interesse der Entwicklungsländer an den Hauptver- handlungen ermöglichte es den In- dustrieländern, die für sie sensiblen Bereiche wie Landwirtschaft und Tex- tilien de facto aus den Liberalisie- rungsverhandlungen auszuschließen.

Erst durch die Misserfolge ihrer Entwicklungsstrategie, die Schulden- krise der achtziger Jahre und die posi- tiven Erfahrungen einiger asiatischer Länder mit exportorientierten Wirt- schaftsstrategien (darunter Malaysia, Südkorea und Thailand) kam es wäh- rend der Uruguay-Runde zu einer stärkeren Beteiligung vieler Entwick- lungsländer. Trotz dieses stärkeren Engagements sahen sich die Entwick- lungsländer jedoch durch die Abkom- men der Uruguay-Runde übervor- teilt: Im Gegenzug zur Behandlung von Landwirtschaft und Textilien hat- ten sie der Aufnahme neuer Bereiche wie Dienstleistungen und Schutz geis- tigen Eigentums zugestimmt, ohne die mit der Umsetzung verbundenen Kosten abschätzen zu können. Gleich- zeitig wurden sie in den folgenden Jahren durch fehlende Liberalisie- rungsfortschritte im Bereich Land- wirtschaft und Textilien äußerst frus- triert. So haben viele Industrieländer Quoten für landwirtschaftliche Pro- dukte zwar wie vorgeschrieben in Zölle umgewandelt, doch sind diese oftmals so hoch, dass der Markt- zugang nicht erleichtert wurde. Auch nichttarifäre Handelshemmnisse er- schwerten weiterhin den Markt- zugang, und die Exportsubventionen blieben ebenfalls sehr hoch. Im Jahr 2000 beliefen sich die landwirtschaft- lichen Stützungszahlungen in den In-

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dustrieländern auf 360 Milliarden Dollar, womit sie fast sieben Mal so hoch waren wie die öffentliche Ent- wicklungshilfe (Official Development Assistance, ODA). Im Bereich Tex- tilien liberalisierten viele der Indus- trieländer zuerst Produktkategorien, die nicht aus Entwicklungsländern stammten, während sie die besonders sensiblen Reformen bis zum Ende der Übergangszeit 2005 aufschoben.

Deshalb wurde eine WTO-Runde mit den Schwerpunkten Wachstum und Entwicklung von vielen der Ent- wicklungsländer als dringend notwen- dig angesehen. Sie forderten unter an- derem: 1. Beseitigung der inhärenten Ungleichgewichte; 2. Umsetzung und stärkere Liberalisierung im Bereich Landwirtschaft und Textilien; 3. ver- längerte Übergangszeiten bei der Um- setzung der für sie schwierigen Ab- kommen, insbesondere GATS und TRIPS;44. technische und finanzielle Hilfe; 5. größere Transparenz in der WTO und 6. umfassendere Teilnahme an den Verhandlungen. Wären diese Forderungen in der Doha-Minister- erklärung nicht berücksichtigt worden, hätten die Entwicklungsländer dem Beginn einer neuen Verhandlungsrun- de wahrscheinlich nicht zugestimmt.

Schlüssel zum Erfolg?

U

m die Teilnahme der Entwick- lungsländer in der Welthandels- organisation und im Welthandel zu verbessern, ist technische Hilfe und Aufbau von Kapazitäten ein Kern- stück der Doha-Ministererklärung.

Dies kann sicherlich als Erfolg gewer-

tet werden. Institutionelle und per- sonelle Kapazitäten sollen in drei Be- reichen aufgebaut werden:

1. Aufbau von Verhandlungskapa- zitäten: Durch technische Hilfe und Ausbildungsprogramme, sowohl am Sitz der WTO in Genf als auch auf re- gionaler und nationaler Ebene, soll es den Entwicklungsländern, und dabei besonders den LDCs, die nur wenige Vertreter in der WTO haben, ermög- licht werden, an der Vielzahl von Ver- handlungen teilzunehmen. Auch soll ihnen das notwendige Wissen und die Expertise vermittelt werden, um ei- nerseits ihre Interessen und Prioritä- ten zu erkennen, andererseits diese in den Verhandlungen durchzusetzen.

2. Aufbau von Produktionskapazi- täten: Da eine Marktliberalisierung der Industrieländer in bestimmten Sektoren den Entwicklungsländern nur wenig nutzt, solange sie die Pro- dukte nicht selbst herstellen oder ver- markten können, sollen sie beim Auf- bau der notwendigen Produktions- kapazitäten unterstützt werden.

Durch die Bereitstellung von Exper- tise soll ihnen geholfen werden, ihre Produktionsstärken und -schwächen zu identifizieren und Marktanalysen durchzuführen, welche Produkte weltweit nachgefragt werden und welche Standards einzuhalten sind.

Auch bei der Vermarktung ihrer Pro- dukte sollen sie Unterstützung erhal- ten. Letztlich soll eine Diversifizie- rung ihrer Exporte gefördert werden, um die Abhängigkeit von Preis- schwankungen zu verringern.

3.Umsetzungskapazitäten: Hier soll finanzielle und technische Hilfe ge- währt werden, um die Entwicklungs-

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länder bei der Umsetzung bestehender WTO-Abkommen zu unterstützen.

Bei der Verwirklichung dieser ent- wicklungspolitischen Ziele muss be- dacht werden, dass die WTO keine Entwicklungshilfeorganisation ist und ihr oftmals die notwendige Ex- pertise und finanziellen Mittel fehlen.

Ihre eigentliche Aufgabe ist und bleibt die Handelsliberalisierung. Sie muss daher mit anderen relevanten inter- nationalen Organisationen, wie der Weltbank, UNCTAD, UNDP und den regionalen Entwicklungsbanken, ko- operieren und ein kohärentes Pro- gramm erarbeiten – gerade auch im Hinblick auf den Weltgipfel über nachhaltige Entwicklung (Rio+10) in Johannesburg im August/September 2002. In Bezug auf die Finanzierung der Programme ist die WTO auf ihre Mitglieder angewiesen. Der „Doha Development Agenda Trust Fund“, der Ende 2001 eingerichtet wurde, und die „Pledging Conference“ im März 2002, bei der sich die WTO-Mit- glieder bereit erklärten, 30 Millionen Schweizer Franken für den Trust Fund zur Verfügung zu stellen, sind sicher- lich Schritte in die richtige Richtung.

Die Programme können nur er- folgreich sein, wenn sie die nationa- len Gegebenheiten und Bedürfnisse ausreichend berücksichtigen und die Prioritäten und Ziele der Entwick- lungsländer enthalten. Wünschens- wert wäre die Schaffung regionaler Fortbildungs- und Beratungszentren vor Ort, die sich an Länder mit ähn- lichen Interessen und Problemen wenden. Die „Neue Partnerschaft für Afrikas Entwicklung“ (NEPAD), ein Zusammenschluss afrikanischer

Staaten zur Überwindung von Mar- ginalisierung und Armut, der u.a.

eine gemeinsame Handelsposition, Prioritäten und Ziele ausarbeiten will, könnte als Modell dienen.5Eine enge Zusammenarbeit mit den Ent- scheidungsträgern der Entwick- lungsländer ist also einerseits wichtig, um sicherzustellen, dass die Pro- gramme den Bedürfnissen der Emp- fänger entsprechen. Andererseits können nur so nationale Akzeptanz und Teilhabe gefördert werden, die grundlegende Voraussetzungen für den Erfolg der Programme sind. Um die nationale Akzeptanz weiterhin zu fördern, sollte ebenfalls die Teilhabe der Entwicklungsländer durch Refor- men der Entscheidungsfindungspro- zesse in der WTO verbessert werden.

Die exklusiven „Green-Room-Ver- handlungen“, von denen die meisten Entwicklungsländer ausgeschlossen sind, sollten überdacht werden. Mög- lich wäre die Schaffung eines beraten- den Ausschusses, in dem zuvor gebil- dete Ländergruppen mit ähnlichen Interessen jeweils einen Sitz haben.

Schwierige Themen

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ährend in manchen Bereichen, wie dem Aufbau von Kapazitä- ten oder dem TRIPS, bereits in Doha Erfolge erzielt werden konnten, wer- den sich die Verhandlungen in der Doha-Runde in anderen Bereichen weiterhin schwierig gestalten. Erfolge für die Entwicklungsländer sind bei weitem nicht sicher. Zu diesen Berei- chen gehören vor allem Textilien und Landwirtschaft, Dienstleistungen,

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Subventions-, Dumping- und Anti- dumpingregeln, Investitionen und Wettbewerb.

Im Bereich Wettbewerb und Han- del, in dem Verhandlungen auf Grundlage eines Konsenses nach der Fünften Ministerkonferenz stattfin- den sollen, ist besonders problema- tisch, dass viele der Entwicklungslän- der noch keine eigene Wettbewerbs- ordnung haben. Ob eine solche bei dem gegenwärtigen Entwicklungs- stand eingeführt werden sollte, ist umstritten.Viele Entwicklungsländer erfüllen nicht die notwendigen Vo- raussetzungen dafür, wie z.B. einen gegenüber mächtigen Unternehmen starken Rechtsstaat. Sollte es zu einem weit reichenden WTO-Abkommen über Wettbewerb kommen, muss die- ses den nationalen Bedürfnissen ent- sprechen und Raum für nationale entwicklungspolitische Investitions- und Aufbaustrategien lassen. Auch müssen die Entwicklungsländer bei der Umsetzung massiv unterstützt werden. Abkommen wie TRIPS, die hauptsächlich zu Lasten der Entwick- lungsländer gehen, müssen unbe- dingt vermieden werden.

Auch bei den Dienstleistungen müssen die besonderen Bedürfnisse der Entwicklungsländer bei einer weiteren Liberalisierung berücksich- tigt werden. Wesentlich ist hier, dass die Liberalisierung innerhalb des Modus IV des GATS, also der Erbrin- gung der Dienstleistungen durch die Präsenz natürlicher Personen, inten- siviert wird. Dies ist für die Entwick- lungsländer von besonderer Bedeu- tung, da sie in diesem Bereich einen komparativen Vorteil haben. Auf

Grund der Einwanderungsbestim- mungen der Industrieländer wird sich dieser Verhandlungspunkt aller- dings als schwierig erweisen.

Im Bereich Landwirtschaft wurde das Ziel einer grundlegenden Verbes- serung des Marktzugangs bekräftigt.

Zudem einigte man sich auf die Redu- zierung und letztlich das Auslaufen aller Arten von Exportsubventionen.

Trotz dieser positiven Zielsetzung wer- den sich die Verhandlungen nicht ein- fach gestalten auf Grund von Konzep- ten wie Multifunktionalität der Land- wirtschaft, Konsumentenschutz, Bio- technologie und Biodiversität. Auch hängen die Verhandlungen in ent- scheidendem Maße von der Reform der EU-Agrarpolitik ab. Zwar setzen sich mittlerweile unter anderem Deutschland, die Niederlande, Groß- britannien und Schweden für rasche Reformen ein, und auch die Osterwei- terung stellt einen zwingenden Grund für Reformen dar. Dennoch ist nicht sicher, wie tief greifend und schnell die Reformen durchgeführt werden.

Ebenso verhandlungserschwerend wird sich das am 13. Mai 2002 vom amerikanischen Präsidenten, George W. Bush, unterzeichnete Gesetz „Farm Security and Rural Investment Act“

erweisen, das im Zusammenhang mit den Kongresswahlen im November 2002 gesehen werden muss. Dieses sieht immerhin eine Steigerung der staatlichen Unterstützung für die Landwirtschaft um fast 70 Prozent vor.

Nach Studien der Weltbank könnte durch einen uneingeschränkten Zu- gang zu den Landwirtschaftsmärkten der Industrieländer und eine Ab- schaffung der Exportsubventionen

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das Einkommen der Entwicklungs- länder um 11,6 Milliarden Dollar jährlich steigen. Wenn sie darüber hi- naus uneingeschränkt Zugang zu den Textilmärkten der Industrieländer be- kämen, könnte ihr Einkommen um weitere 9 Milliarden Dollar pro Jahr steigen.6In dem Maße, in dem diese kritischen Bereiche liberalisiert wer- den, wird sich zeigen, ob die Doha- Runde tatsächlich zu einer Entwick- lungsrunde wird.

Good Governance

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rotz der herausragenden Bedeu- tung der Liberalisierung der Märkte der Industrieländer sollte nicht vergessen werden, dass Entwick- lungsländer auch von einer eigenen Liberalisierung profitieren. So hat die Weltbank ermittelt, dass die Entwick- lungsländer ihr Einkommen jährlich um 27,6 Milliarden Dollar durch die Öffnung ihres eigenen Marktes für In- dustriegüter und um 31,4 Milliarden Dollar durch die Öffnung ihrer Land- wirtschaftsmärkte steigern könnten.7 Dennoch sind Handel und Han- delsliberalisierung allein bei weitem nicht ausreichend, um Wachstum und Entwicklung in den Entwicklungslän- dern zu sichern. Politische und wirt- schaftliche Stabilität sind unabding- bare Voraussetzungen. Die wichtigste Quelle der Entwicklungsfinanzierung sind heute private Kapitalflüsse, vor allem ausländische Direktinvestitio- nen (Foreign Direct Investment, FDI).

Um Investitionen des eigenen Privat- sektors zu fördern und FDI anzuzie- hen, müssen bestimmte Rahmenbe-

dingungen geschaffen werden, darun- ter gute Regierungsführung (Good Governance), sowie Glaubwürdigkeit und Stabilität der Regierung. Da Krie- ge und Konflikte die Entwicklung eines Landes in hohem Maße beein- trächtigen können, können Wachs- tums- und Entwicklungsstrategien nicht losgelöst von sicherheitspoliti- schen Fragen betrachtet werden.

Ebenso wichtig ist die Bekämpfung der Korruption, Gewährleistung von Rechtssicherheit, Transparenz und Einführung sowohl von rechtsstaatli- chen Institutionen als auch eines ef- fektiven und transparenten Steuersys- tems. Letzteres ist insbesondere wich- tig, um Zölle als Haupteinnahmequel- le vieler Regierungen zu ersetzen.

Zusätzlich müssen Infrastruktur, per- sonelle Kapazitäten und technologi- sches Know-how aufgebaut werden.

Bildungsprogramme sind daher von wesentlicher Bedeutung.

Des Weiteren sind makroökonomi- sche Stabilität, fiskalische Disziplin, Schaffung eines stabilen, wett- bewerbsfähigen Wechselkurses, Priva- tisierung und Deregulierung wie auch Liberalisierung des Finanzmarkts wichtige Rahmenbedingungen. Dabei muss allerdings auf das so genannte

„Sequencing“ der Reformen geachtet werden. Das bedeutet, dass z.B. die Li- beralisierung des Finanzsektors erst nach einer Stabilisierung des Banken- und Finanzsektors stattfinden sollte.

Nur so können die Krisenanfälligkeit der Finanzmärkte der Entwicklungs- und Schwellenländer reduziert und Phänomene wie die Asien-Krise Ende der neunziger Jahre verhindert wer- den. Hier ist insbesondere die Unter-

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stützung des Internationaeln Wäh- rungsfonds gefragt.

Diese Voraussetzungen zu schaf- fen, ist weitaus Erfolg versprechender als die von vielen Entwicklungslän- dern heute geübte Praxis, Investitio- nen durch besondere Vergünstigun- gen, wie Steuererlässe oder gar Sub- ventionen, anzulocken. Das hat bisher lediglich zu einem die eigene Wirt- schaft schädigenden Wettlauf unter den Entwicklungsländern geführt.

Nicht vergessen werden darf aller- dings, dass diese Reformen politisch äußerst schwierig durchzusetzen sind und einen starken politischen Willen der Regierungen erfordern. Ebenso berücksichtigt werden muss, dass die Öffnung der Märkte und der damit verbundene Strukturwandel mit hohen Anpassungskosten einher- gehen und immer Gewinner und Ver- lierer schaffen. Es müssen daher Pro- gramme eingeführt werden, die die sozialen Auswirkungen abfedern;

diese sozialen Programme sind durchaus kostspielig und können mit der Bedingung fiskalischer Disziplin kollidieren.

Internationale Maßnahmen Um soziale Härten zu verhindern, tragen die internationalen Institutio- nen wie die Weltbank und die regio- nalen Entwicklungsbanken sowie die Geberländer die Verantwortung, zu- sammen mit den Entwicklungslän- dern kohärente Reformprogramme zu erarbeiten und bei deren Umset- zung zu helfen. Wichtig hierbei sind vor allem die Entwicklungsfinanzie- rung und die effektivere Gestaltung

der Entwicklungshilfe.Auf der Finan- zierungs- und Entwicklungskon- ferenz in Monterrey im März 2002 hat sich die EU verpflichtet, bis 2006 ihre ODA-Quote (der Anteil der Entwick- lungshilfegelder am BIP der Indus- trieländer) von durchschnittlich 0,33% auf 0,39% zu erhöhen. Alle Mitgliedstaaten, die den EU-Durch- schnitt von 0,33% noch nicht erreicht haben (wie Deutschland), wollen die- ses Ziel in jedem Fall erreichen. Die USA haben sich verpflichtet, ihre ODA um jährlich fünf Milliarden Dollar zu erhöhen. Wichtig in diesem Zusammenhang ist eine schnellere Entschuldung durch die HIPC-Ent- schuldungsinitiative, um neue finan- zielle Freiräume für die Staaten zu schaffen. Um zukünftig eine unpro- duktive und unvorsichtige Verschul- dung zu verhindern, sollte ein struk- turiertes und völkerrechtlich ver- ankertes Insolvenzverfahren – gegen das sich die USA zurzeit noch sträu- ben – eingeführt werden.

Insgesamt sollte Entwicklungshilfe durchaus an Konditionen gebunden werden, um die Umsetzung der Refor- men zu fördern, wobei sichergestellt werden muss, dass die Konditionen und Programme von den Empfänger- ländern unterstützt werden.Auch sol- len nur dann Kredite gewährt werden, wenn das finanzierte Vorhaben selbst Rückflüsse erwarten lässt oder sie durch politisches Engagement und Leistungsfähigkeit gewährleisten wer- den können. Möglich wäre, wie in der NEPAD, die Bildung von Regional- gruppen mit ähnlichen Interessen und Strukturproblemen. Diese Grup- pen könnten die einzuhaltenden Kon-

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ditionen selbst oder zusammen mit der Weltbank erarbeiten und sich ge- genseitig bei ihrer Einhaltung über- wachen. Auch sollte Entwicklungshil- fe einer positiven Anreizstruktur fol- gen, nach der diejenigen Länder, die besondere Fortschritte bei der Umset- zung der Reformen erzielen, belohnt werden. Letztlich sollte Entwick- lungshilfe nicht an den Kauf be- stimmter Produkte der Geberländer gebunden sein, da dies oftmals nicht kosteneffizient ist und daher den Ent- wicklungszielen zuwiderläuft.

Schließlich sollten als Teil der Ent- wicklungshilfestrategien die Präfe- renzprogramme wie die „Everything But Arms Initiative“ der Europäischen Union, das „AKP-EU-Partnerschafts- abkommen von Cotonou“ oder der

„African Growth and Opportunity Act“ der USA, die wichtige Schritte bei der Öffnung der Märkte der Industrie- länder für die LDCs sind, ausgeweitet werden. Hierbei ist wichtig, dass die Programme nicht zu Lasten anderer Entwicklungsländer gehen und tat- sächlich alle Sektoren und Produkte einschließen.

Ob die Doha-Runde letztlich ein Erfolg für Wachstum und Entwick- lung wird, hängt also grundlegend vom politischen Willen der Industrie- länder, insbesondere der USA und der EU ab, ihre Märkte weiter zu liberali- sieren und die notwendigen interna- tionalen Rahmenbedingungen zu schaffen. Den derzeitigen Stahlkon- flikt vor Augen, werden die Verhand- lungen in den sensiblen Bereichen wohl weiterhin schwierig bleiben.

Ausschlaggebend für den Erfolg ist auch, ob es den Entwicklungsländern gelingt, ihre Verhandlungsposition zu stärken und den notwendigen Re- form- und Liberalisierungsdruck auf die Industrieländer auszuüben. Nicht riskiert werden sollte allerdings ein Scheitern der WTO-Runde, da nur durch sie das multilaterale Regelwerk nachhaltig gestärkt und den sich wan- delnden Rahmenbedingungen ange- passt wird, die Liberalisierung be- schleunigt und das weltweite Wachs- tum gefördert werden können. Dessen sollten sich alle Beteiligten bewusst sein und die notwendige Kompro- missbereitschaft zeigen.

Anmerkungen

1 Vgl. David Dollar und Aart Kraay, Trade, Growth and Poverty, März 2001, vgl.

<http://www.worldbank.org/research/

growth/Trade5.htm>.

2 Vgl. Horst Köhler, Working for a Better Glo- balization, Washington, DC, 28.1.2002,

<http://www.imf.org/external/np/

speeches/2002/012802.htm>.

3 Auszugsweise abgedruckt S. 70 ff.

4 GATS = General Agreement on Trade in Services (Allgemeines Übereinkommen über den Handel mit Dienstleistungen);

TRIPS = Trade-related Intellectual Property Rights (Übereinkommen über handels- bezogene Aspekte der Rechte an geistigem Eigentum).

5 Vgl. den Text des Abkommens in: Interna- tionale Politik, 11/2001, S. 109 ff.

6 Vgl. World Bank, Globalization, Growth and Poverty: Building an Inclusive World Economy, Washington, DC, 2002, <http://

econ.worldbank.org/prr/structured_doc.ph p?sp=2477&st=&sd=2857>, S. 58.

7 Ebenda, S. 59.

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