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Vaterlose Gesellen

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Academic year: 2022

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A R S M E D I C I 92 0 0 4 409

E D I T O R I A L É D I T O R I A L

twa acht Jahre sind vergangen, seit ein Schaf namens «Dolly» das Licht der Welt erblickte.

Von den Titelseiten aller Zeitungen schaute das aus einer ausgewachsenen Euterzelle geklonte Wesen blöd aus der Wolle. Wie sollte es auch anders. Zu Weltruhm gelangte es, weil es als ein Symbol wahr- genommen wurde für das Aufkommen einer monströsen, unheilvollen technofaktischen Kunst- welt, in der natürliche Zeugung der manipulierten Herstellung weicht. Die kollektive Entrüstung und die nachfolgend ausgesponnenen Horrorvisionen bevorstehenden reproduktiven Klonens von Men- schen entbrannte spontan, hitzige und lang dau-

ernde Diskussionen um biotechnische Machbar- keit und Wünschbarkeit, um Identität und Menschenwürde fanden nicht nur in moralphilo- sophischen Seminaren, sondern in der breiten Öffentlichkeit statt. Doch das Feuer der Sorge brennt nicht ewig, es versiegt in der Gewöhnung an den Gegenstand, an dem es sich einst entzün- dete. Dolly ist im Bewusstsein bald so fern wie Louise Brown, das erste Retortenbaby.

Wenn jetzt «Nature» (2004; 428: 860–864) die erste Jungfernzeugung bei einem Säugetier ver- meldet, dürfte die öffentliche Reaktion kaum mehr hohe Wellen schlagen. Einem japanisch-koreani- schen Forscherteam ist es gelungen, eine Maus zu erzeugen, die keinen Vater hat. Durch gezielte ge- netische Eingriffe gelang es ihnen – nach zahlrei- chen Fehlversuchen –, aus Eizellen von zwei weib- lichen Mäusen einen Embryo «herzustellen».

Durch äusserst aufwändige und komplizierte mo- lekularbiologische Manöver hatten die Forscher eine Eizelle quasi in eine männliche Keimzelle um- gewandelt. Die Maus erhielt selbstverständlich, dem grossen Schafsvorbild gleich, einen Namen –

Kaguya heisst sie und ist inzwischen selbst Mutter gesunder Nachkommen geworden.

Den Forschern ging es angeblich nicht darum, Lebewesen zu vervielfältigen oder Reproduk- tionsprobleme zu lösen. Vielmehr sei es ihr Ziel gewesen, das Phänomen der genetischen Prägung,

das so genannte Imprinting, zu erhellen – eine Art molekularer Stempel, der den Genen während der Entwicklung der Geschlechtszellen aufgedrückt wird. Durch das Imprinting erkennt die befruch- tete Zelle später – vereinfacht gesagt –, ob sie die männliche oder weibliche Ausführung eines Gens nutzen soll. Die genetische Prägung ist Vorausset- zung für die Entwicklung eines Embryos. Sie kommt wahrscheinlich nur bei Säugetieren vor und dürfte erklären, warum, anders als etwa bei Insekten oder Reptilien, Jungfernzeugung bei Säu- gern in der Natur unbekannt ist.

Die «Nature»-Redaktion hat die Forschertat mit grellen Worten annonciert, als ginge es darum, die alten Schockerlebnisse neu hervorzurufen: «Män- ner aufgepasst. Werdet ihr nicht mehr gebraucht?»

Die Antwort der Wissenschaftler kommt wie erwartet: Zur Sorge bestehe kein Grund. Bis die entwicklungsbiologischen Mechanismen der ge- schlechtsspezifischen Gene verstanden seien, werde es noch dauern. Nutzen wir also diese Frist ...

Uwe Beise

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