Ludwig Fritze.
Ein Nachruf von Reinhard Wagner.
Mit Ludwig Pritze (geboren 9. Dezember 1833, gestorben
11. September 1922) ist ein Sanskritist dahingegangen, der zu¬
mal bei Berücksichtigung der Bedingungen, unter denen sein
indologisches Lebenswerk stand, zu den bedeutendsten gezählt
werden muß. Obwohl durch den Besitz des Reifezeugnisses
zum Universitätsbesuch berechtigt, war er Volksschullehrer
geworden, hat sich dann aber ohne Universitätsstudium der
Staatsprüfung für den höheren Schuldienst mit Erfolg unter¬
zogen und außerdem ohne akademische Unterweisung Sanskrit
gelernt. 1883 wurde er in Kiel zum Dr. h. c. promoviert, 1891
erhielt er als Seminaroberlehrer den Professortitel. Die erste
öffentliche Anerkennung des fähigen Autodidakten hat Böht¬
lingk in den Indischen Sprüchen gezollt. In Briefen dankt
dann Böhtlingk noch bis zum Jahre 1876 für glückliche Bemer¬
kungen, Verbesserungen und Nachträge, die Pritze zu den
Sprüchen geschickt hat. 1874 erscheint als erste zusammen¬
hängende Arbeit Fritzes die Übertragung des ersten Buches des
Hitopadesa. Im Säkuntalastreit wird Fritze Pischels Mitkämpfer
und erhält in der Revue Critique 1877 durch A. Barth die öffent¬
liche Bestätigung des Wertes der Pischel geleisteten Hilfe.
Nach der Säkuntala erscheinen: Ratnävali (1878), Magha-
duta (79), Mrcchakatikä (79), Indische Sprüche (80), Urvasi
(80), Malavika und Agnimitra (81), Candakausika (83), Malati
und Madhava (83), Pancatantra (84), Mudräräksasa (86), der
ganze Hitopadesa (88), Nala und Damayanti, Savitri (1910).
Außer diesen gedruckten Übersetzungen enthält der Nachlaß,
z. T. fast druckfertig: Übertragungen von Kumärasambhava
(1—7), Dasakuinaracarita, Bhajaprabandha, Jatakamala (nur
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Reinhard Wagner, Ludwig Fritze.
wenig), Manus Gesetzbuch, Sprüchen, Kathäsaritsägara (nur
wenig), Suttanipäta (nur wenig), Dhammapada. Fritze gehört
außerdem zu den Beiträgern zum Kleineu Petersburger Wörter¬
buch. Auf Bühlers Wunsch hat er 1884 in Kuhns Zeitschrift
Glasers Pärvatiparinayanätaka beurteilt, in der Zeitschrift für
vergleichende Literaturgeschichte N. F. VIII findet sich seine
kurze Anzeige von Jos. Jacobs': Indian Fairy Tales. An Cap¬
pellers Yavanasataka ist er kritisch beteiligt.
Nachtrag.
Versehentlich ist oben S. 38, Anm. 3 der Hinweis auf die den Titel Tezkiret rd-'adjäib ve-terdjümet ul-gharätb tragende Qazwiniöbersetzupg des Ejjüb ben Chalil (verf. 977 H. /1570 D.) aus dem Text weggeblie¬
ben, die in der Wiener Handschrift A. F. 105 (431; Flügel II, No. 1440, S. 508) vorliegt. Ich benutze die Gelegenheit, um noch auf eine weitere
Qazwiniübersetzung hinzuweisen, die unter dem Titel Mirät adjäib ul-
machlüqät ve-keshf gharüib ul-mecdjüdät ein Chodja Hüsein ben Meh¬
med ben Mnstafa in der leilet ul-qadr 1109 H./19. April 1698 D. voll¬
endete und dem Hadji Isma'il Pascha widmete (Hanifzade No. 14608 in
HQLb. VI, Text hier etwas verderbt; vgl. Flügel a. a. 0.). Diese Über¬
setzung liegt in der noch unkatalogisierten Berliner Handschrift Ms.
Orient. Fol. 2562 (488 Bl.) vor, worauf mich J. H. Mordtmann aufmerksam
gemacht hat. Während die oben S. 38 genannten Werke nur mehr oder
minder dürftige Auszüge aus Qazwinis Kosmographie darstellen, in deneu beide Teile ineinandergearbeitet sind, handelt es sich bei den beiden hier genannten um vollständige Übersetzungen des ersten Teiles ; die Ber¬
liner Handschrift enthält auch sämtliche zu dem Qazwinitext gehören¬
den Bilder.
Zu S. 74. Das Werk, das Petros Baronian in seinem Ferm-
numai djam-i-Bjem ins Türkische übersetzte, ist, wie Herr Prof. Weil er¬
mittelt hat, die Göographie des Jacques Robbe, geographe du roi
(1653—1721), die betitelt ist Methode pour apprendre facilement la Geo¬
graphie, Paris 1678. Baronian wird die 4. Ausgabe, die La Haye 1691
datiert ist, vorgelegen haben. Er hat von diesem Bache nur die ersten Kapitel, die die allgemeine Geographie enthalten, übersetzt. Die Über¬
einstimmung zwischen Original und Übersetzung geht bis in die Einzel¬
heiten.
Franz Taeschner.
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Die Vokalisation des Ägyptischen.
Von Kurt Sethe.
I. Die Vokallosigkeit der ägyptischen Schrift.
1. Die Vokalbezeichnung in den griechischen und
römischen Eigennamen.
Die Entzifferung der ägyptischen Hieroglyphen durch Fr.
Champollion (1822) ist bekanntlich von den in der drei¬
sprachigen Inschrift von Rosette und auf einem Obelisken von
der Insel Philai (mit griechischer Begleitinschrift) vorkommen¬
den Herrschernamen Ptolemaios und Kleopatra ausgegangen
und hat sich zunächst an den in hieroglyphischer Schrift auf
den Wänden der ägyptischen Tempel auftretenden Namen der
römischen Kaiser bestätigt und fortgebildet, ehe sie dazu über¬
ging, auch ägyptische Wörter mit Hilfe des „Koptischen", d. h.
der mit griechischen Buchstaben unter Hinzunahme einzelner
demotischer Zeichen geschriebenen Sprache der christlichen
Ägypter, zu enträtseln.
Schon bei der Lesung der griechischen und römischen
Namen zeigte sich dem Entzifferer eine merkwürdige Behand¬
lung der Vokale. Während in Kleopatra mitimter für jeden
der 4 Vokale ein hieroglyphisches Zeichen gefunden wurde,
fehlte anderwärts das e und das erste a, und in Ptolemaios
fand sich überhaupt nur das o und auch dieses keineswegs
Anmerkung: Die im folgenden angewandte Umschreibung der
äg. Laute weicht von der jetzt allgemein üblichen nur darin ab, daß das sonst mit s umschriebene Zeichen des „Türriegels" seinem wahren ur¬
sprünglichen Werte (Zain) entsprechend mit z, das sonst mit s umschrie¬
bene Zeichen des „Leinenstückes" (Samech) mit s umschrieben wird. Von
den kopt. Lauten wird das Dschandscha durch das Tschima durch C,
das Hori, ob es nun auf altes h, h, }} oder h zurückgeht, stets nur h um¬
schrieben. Von häu6ger vorkommenden Abkürzungen bemerke man: A.Z.
= Zeitschr. f. äg. Sprache. Verbum = Sethe, Das äg. Verbum.
ZeitBchrift d. Dentsch. Morgenl. Ges. Bd, 77 (1*33). 10