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Kleinkräuter Beamter", erwähnt, dessen Ob¬ liegenheit es war, die in den Vorstadtgassen und Dörfern umlaufenden Gerüchte, Anekdoten, Erzählungen, Mythen, Legenden, Brauchtümer usw

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Aktie "Kleinkräuter Beamter", erwähnt, dessen Ob¬ liegenheit es war, die in den Vorstadtgassen und Dörfern umlaufenden Gerüchte, Anekdoten, Erzählungen, Mythen, Legenden, Brauchtümer usw"

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(1)

Wang Chia's Shih-i chi

Von Webner Eichhobn, London

Es ist meine Absiclit, in einer Reihe von Monographien solche Werke der

Hsiao-shuo (/Jn |g) Literatur vorzuführen, die in E. D. Edwards' Chinese

Prose Literature (A. Probsthain's Oriental Series Vol. XXIII u. Vol.

XXIV, 1937/38), nicht erwähnt werden, d. h. Werke dieser Gattung, die

4^^'"- ' vor und nach der T'ang-Zeit abgefaßt wurden.

^ Wert und Begriff der Hsiao-shuo Literatur ist von Edwards und an¬

deren genügend erörtert worden, und ich begnüge mich deshalb damit,

nur ein kurzes Streiflicht darauf zu werfen. Im Han-shu i-wen chih wird

ein Pai-kuan (|^ *§■), ein ,, Kleinkräuter Beamter", erwähnt, dessen Ob¬

liegenheit es war, die in den Vorstadtgassen und Dörfern umlaufenden

Gerüchte, Anekdoten, Erzählungen, Mythen, Legenden, Brauchtümer

usw. zu sammeln und aufzuzeichnen. Diese Tätigkeit soll den Anstoß

zum Aufkommen der Hsiao-shuo Literatur gegeben haben^. Sei es nun,

daß diese Reportagen der Erforschung der Volksstimmung, der Unter¬

haltung des Herrschers oder auch der Erweiterung und Farbgebung des

offiziellen, historischen Archivmaterials dienten, fest steht, daß diese

drei Tendenzen in den vorhandenen Werken der Hsiao-shuo Literatur

zum Ausdruck kommen. Wir haben Werke, die nichts anderes sind als

umfassende Sammlungen tatsächlicher Begebenheiten, d. h. ,, tatsäch¬

lich" im Rahmen der volkstümlichen konfuzianischen, taoistischen oder

buddhistischen Weltanschauung, und ein anschauliches, farbenfrohes

Bild vom ,, Geiste der Zeit" in den verschiedensten Schichten des Volkes

vermitteln. Wir haben andere aus individueller Phantasie geschaffene

Werke, die allmählich in die Form der Kurzgeschichte, der Novelle und

des Romanes übergehen. Und wir begegnen schließlich einer dritten

Gruppe, die gebildet wird von Beiträgen zu einer neben der offiziellen

Darstellung herlaufenden, sozialer Phantasie entstammenden Para-

historie und Wundergeographie, wie sie zum Beispiel im Shan-hai ching

auftritt, und die wahrscheinlich den ältesten Typ der chinesischen Ge¬

schichtsformulierung repräsentiert. In bestimmten Schichten der chine¬

sischen Gesellschaft hat sich die Tradition dieser aus Mythen, Legenden

! Das erste Werk dieser Art soll das im Han-shu i-wen chih genannte Chou

shuo (jf) 1^, Erzählungen aus dem Chou-Reiche von Yü Ch'u (^ ^) gewesen

sein. Es umfaßte 943 Kapitel und ist verschwunden.

(2)

Wang Chia's Shih-i chil 131

und Tatsachen kompilierten Mirakelhistoriei immer erhalten und ent¬

sprechend dem Ablauf der Zeiten vermehrt.

In diese letzte Gruppe nun gehört das Shih-i chi (t&^lü), dessen Titel etwa bedeutet Aufzeichnung gesammelter Materialien, die in der offiziellen Geschichte vernachlässigt wurden.

Nach den Angaben im Szu-k'u ch'üan-shu t'i-yao hatte das Werk ur¬

sprünglich einen Umfang von 19 Kapiteln (chüan). In den. Wirren der

Zeit ging ein großer Teil davon verloren. Während der Liang-Dynastie

(502—556) sammelte Hsiao Ch'i (H^), ein sonst unbekannter Mann, die

Fragmente, ergänzte und kompUierte sie in ein Werk von 10 Kapiteln.

Er fügte seine eigenen Bemerkungen zu gewissen Themen unter der Be¬

zeichnung Lu (M) hinzu. Dies ist die Form, in der das Shih-i chi heute

vorliegt^.

Uber die Urheberschaft des Shih-i chi besteht kaum eine Meinungs¬

verschiedenheit*. Es ist das Werk einer interessanten und sonderbaren

Persönlichkeit, des Schwarzkünstlers und Wahrsagers Wang Chia

1 Eines der interessantesten und reizvollsten Werke dieser Sphäre ist das

Wu-yüeh ch'un-ch'iu l^"^^^, Annalen der Reiche Wu und Yüeh), von

dem ich eine im Manuskript fertige Übersetzung vorliegen habe. Leider be¬

findet sich diese in der russischen Zone und ist mir unter den heutigen Ver¬

hältnissen nicht erreichbar.

2 In der Ming-Zeit wurde der Text von Ch'eng Jung (^^) durchgesehen

und in seine bekannte Sammlimg Han Wei ts'ung-shu aufgenommen. Dies

ist eine der Fassungen, die mir vorlagen. In der Hauptsache benutzte ich

den Text in der Sammlung Pai hai (l^fg), die ebenfalls in der Ming-Zeit ent¬

stand. Er weicht vielfach von dem des Han Wei ts'ung-shu ab und enthält

weder das Vorwort noch die Bemerkungen von Hsiao Ch'i. Der im Tseng-

ting Han Wei ts'ung-shu gegebene Text hat ein Nachwort des Herausgebers

Wang Mo (I^). in dem es heißt : „Die Bibliographien im Sui und T'ang shu

erwähnen ein Shih-i chi in 2 Kapiteln, sowie ein Hsiao Ch'i lu (^) shih-i chi

in 10 Kapiteln. Das Wen-hsien t'ung-k'ao erwähnt außer einem Shih-i chi

in 10 Kapiteln noch ein Ming-shan chi (ig lijffi, d. i. das letzte Kapitel der

mir bekannten Ausgaben des Shih-i chi) in einem Kapitel. Es handelt sich

hier aber in aUen Fällen um ein und dasselbe Werk, nur die Kapiteleinteilung ist verschieden". Hsiao Ch'i's Neuredaktion des Werkes bestand wohl zum Teil darin, den neugesammelten Text in Kapitel zu teilen und diese mit Über¬

schriften zu versehen, die übrigens ebenfalls in der Pai-hai Ausgabe fehlen,

was möglicherweise bedeuten körmte, daß dieser Text auf eine andere Grund¬

form, nämlich die von zwei Kapiteln, zurückzuführen und gar nicht durch

Hsiao Ch'i's Redaktion gegangen ist.

Außer den erwähnten benutzte ich die Textausgaben im Pi-shu erh-shih-i

chung, sowie die Auszüge im Shuo fu. Das Shih-i chi findet sich noch in an¬

deren Sammlungen, die mir nicht vorlagen, so z. B. im Li-tai hsiao shih, im

Tzu-shu po-chia, im Wu-i-shih chai ts'ung-ch'ao etc.

' Es geht m. A. n. nicht an, das Werk in Bausch und Bogen als eine Fäl¬

schung Hsiao Ch'i's auszugeben, wie dies Hu Ying-lin im Szu-pu cheng-o tut.

(3)

132 Wernee Eichhorn

i^M^'f'^)- Sein Leben fällt etwa in die Mitte der sogenannten öst¬

lichen Chin (^) Dynastie^, und er hat eine ausführliche Biographie im

Chin shu I-shu chuan die ich in freier Übertragung hier mit¬

teilen möchte, da sie mir typisch scheint für eine bestimmte Gruppe

jener Kreise, die damals Träger des geistigen Lebens waren:

,, Wang Chia, T. Tzu-nien, stammte aus An-yang p!§ ) im Bezirke Lung-

hsi (Püffi, in Kansu). Er legte keinen Wert auf repräsentables Auftreten

und war sehr häßlich. Nach außen machte er einen beschränkten Ein¬

druck, war aber intelligent und innerlich klar. Dazu besaß er Humor und

liebte scherzhafte Unterhaltungen. Er verschmähte die Nahrungsmittel

aus Getreide und prächtige Kleider, praktizierte taoistische Meditation

und Atemübungen. Es sonderte sich von den Zeitgenossen ab und bezog

eine Einsiedelei im Ost-Sonnental (ijil^^J ). Dort grub er eine Höhle in die

Bergwand und wohnte darin-. Um ihn sammelten sich zahlreiche Schüler,

die alle in Höhlen wohnten. Als es mit Shih Chih-lung* zu Ende ging

(ca. 363 n. Chr.), verließ Chia seine Jünger, begab sich in die Gegend von

Ch'ang-an und bezog eine verborgene Einsiedelei im End-Süd-Gebirge

(1^ iß lil)- Er baute sich eine kleine Hütte undichte darin. Seine Jünger

hörten dies und folgten ihm dorthin nach. Deshalb verlegte er seinen Auf¬

enthalt in das Gefallene-Tier-Gebirge (-IITlDcUl). Fu Chien (der neueMacht- haber, dritter Herrscher der ,, Früheren" Dynastie Ch'in (^)*, fragte häufig

nach ihm. Er aber meldete sich nicht. Angehörige des hohen und nie¬

deren Adels kamen alle persönlich zu ihm und suchten seinen Rat. Ge¬

lehrte von Rang und Ruf nahmen ihn als Vorbild. Alle Fragen über die

Zeitläufte beantwortete er zutreffend. Er liebte es, sich in Gleichnissen

auszudrücken, und diesen gab er die Form ,, symbolischer Schauhand¬

lungen" (SitP) ?)• Wenn er über Dinge sprach, die in der Zukunft lagen,

dann waren seine Worte wie Prophezeiungen. Sie wurden in der damaligen

Zeit nur von wenigen verstanden, aber sie trafen sämtlich zu. Fu Chien

hatte die Absicht, einen Feldzug nach Süden (gegen Chin) zu unter-

1 Der Verfasser des T'i-yao stellt fest, daß Wang Chia nicht der Chin-

Dynastie zugerechnet werden könne, sondern dem von der FamiUe Fu {:^)

im Norden des Chin-Reiches gegründetem Staate Ch'in (^), denn die Gegend, in der er lebte, Kuan-chung, „das Land innerhalb der Pässe", d.h. Shensi,

„war damals schon längst von der Familie Szu-ma abgetrennt" = J^J^^pg

^g^^; = is] = „in Ordmmg halten, warten"; ^ = „der Mittag"

steht nach chinesischer Ansicht im Zeichen des Pferdes (^) ; JÖ.^- ist somit

eine Umschreibung für „Marshalk"= Szu-ma C^^). Dies als Beispiel für

Schwierigkeiten in der Textinterpretation.

^ In Wang Mo's Nachwort heißt es : „Chia meißelte sich dann eine Höhle

vmd verfaßte Bücher".

ä Über ihn vgl. Giles, Biograph. Diction, Nr. 1705.

^ Vgl. Giles, Biograph. Diction, Nr. 579.

(4)

Wang Chia's Shih-i chi] 133

nehmen. Deshalb sandte er einen Boten zu Wang Chia, um ihn über den

Ausfall des Unternehmens zu befragen. Dieser antwortete: „Metall ist

hart, aber Feuer ist stärker"i. Er bestieg das Pferd des Abgesandten,

drapierte sich mit Amtstracht und Mütze und ritt zögernd einige hundert

Schritte in östlicher Richtung. Dann aber peitschte er das Pferd, ritt im

Galopp zurück^, legte die Amtstracht ab, tat Mütze und Schuhe von sich,

stieg vom Pferde und hockte sich auf sein Bett. Bei alledem sprach er

nicht ein Wort. Der Abgesandte kehrte zurück und berichtete all dieses,

aber Chien konnte es nicht verstehen. Er schickte deshalb nochmals einen

Boten und ließ direkt fragen: „Ist mir wohl der Thron beschieden?"

Chia antwortete :,, Wei yang' '. ( ^ ilt, das könnte etwa bedeuten : Im Zeichen

Wei wird es sich vollenden.) Alle hielten dies für eine günstige Voraus¬

sage. Aber im folgenden Jahre (d. h. im Jahre 383, das die zyklischen

Zeichen Kuei-wei (^>jc) hatte), erlitt Chien die furchtbare Niederlage im

südlichen Huai*. Die Prophezeiung sollte nämlich bedeuten >|;^ = im

Jahre mit dem Zeichen Wei gibt es ein Unglück. Denjerdgen in seiner

Umgebung, die ihn von ganzem Herzen anflehten, enthüllte sich Chia,

denen gegenüber, die dies nicht taten, verschloß er sich. Seine Kleider

verwahrte er auf einem Gestell, das von einer Stange, an der die Schuhe

hingen, überragt wurde. Manchmal langte jemand nach seinen Kleidern,

aber niemand konnte sie fassen. Er selber stellte sich auf die Zehen und

nahm sie herab. Das Kleidergestell war übermäßig hoch, der Raum je¬

doch verhältnismäßig klein. Die Schuhstange und alle anderen Möbel

waren ebenso. Als Yao Ch'ang, der Gründer der ,, Späteren" Ch'in

Dynastie*, im Jahre 386 Ch'ang-an einnahm, behandelte er Chia gemäß

dem Zeremoniell, wie es einem alten Gefolgsmaim von Fu Chien zukam,

und reihte ihn zwangsweise in sein Gefolge ein. Über alle Angelegen¬

heiten beriet er sich mit ihm. Yao Ch'ang war damals bereits in Gegner¬

schaft zu Fu Tengä. Er befragte deswegen Chia und sagte: ,,Wird es nür

gelingen, Fu Teng zu töten und den Frieden im Reiche zu sichern?"

Chia antwortete: ,,Armähernd wird es dir gelingen". Ch'ang geriet in

Zorn und sagte: „Wenn es gelingen soll, dann sage so. Aber , annähernd'

gibt es rücht." Darauf hin ließ er Chia enthaupten. Vor diesem Ereignis 1 D. h., da Ch'in im Westen lag, gründete es sich auf das Element Metall.

Die Hauptstadt von Chin dagegen lag im Süden, und somit war es dem Feuer

zugeordnet. Feuer aber bringt Metall zum Schmelzen. Vgl. dazu die Bio¬

graphie Wang Chia's im Li-shih chen-hsien t'i-tao t'ung-chien, -jti: IflC.

muimm-

^ Das sollte bedeuten : Nach langsamem Aiunarsch werdet ihr in wilder

Flucht zurückkehren. ^ Gegend zwischen Honan und Anhui.

* S. Giles, Biogr. Diction, Nr. 2428.

= 344—395, 5ter Herrscher des „Früheren" Ch'in Reiches, s. Giles Biogr Diction, Nr. 602.

(5)

134 Werner Eichhorn

hatte der Buddhist Tao-an^ ein Gespräch mit Chia und sagte: „Die

Lage in der Welt ist verworren, man sollte davongehen." Chia ent¬

gegnete: ,,Sie, mein Herr, mögen zuerst gehen. Ich habe noch eine alte

Schuld abzutragen und bin noch nicht fertig für die Reise." Kurz darauf

verschwand Tao-an. Später erst kam es dann zum gewaltsamen Tode

Chia's. Dieser war, was er mit , Schuldabtragen' meinte. Als Fu Teng

von Chia's Tode hörte, errichtete er ihm einen Altar, beweinte ihn und

gab ihm den Titel Groß-Lehrer (-J^ dazu den posthumen Ehrennamen

Wen(^). Nach Ch'ang's Tode erst gelang es seinem Sohne YaoHsing^,

den Fu Teng zu töten. Das bedeutete die Aussage: ,, Annähernd wird es

dir gelingen." Am Tage seines Todes wurde Chia von manchen Leuten in

seiner Heimatsgegend Lung gesehen. An Werken verfaßte er das Ch'ien

san ko ch'an H IJfC WO- Alles, was er darin voraussagte, traf zu. Es

blieb jedoch nur einige Generationen lang erhalten. Er schrieb auch das

Shih-i lu (H)* in 10 Kapiteln, das heute noch im Umlauf ist."

Es ist verständlich, daß ein Werk aus dem Pinsel eines solchen Sonder¬

lings in keiner Weise den orthodoxen Anforderungen entsprach und in

den Kreisen des offiziellen Gelehrtentums auf ablehnende Kritik stoßen

mußte. Das T'i-yao nimmt ihm besonders die Erzählung vom Fest¬

gelage der Huang-o* und die Aufnahme des Chao Kao unter die Hei¬

ligen übel.

Huang-o gg) ist die Mutter des legendären Kaisers Shao Hao^. Es

ist möghch, daß ihr Name und die an sie geknüpfte Legende sich erst¬

malig im Shih-i chi aufgezeichnet finden. Der folgenden Übersetzung liegt

der in der Sammlung Pai hai wiedergegebene Text zugrunde.

,,Shao Hao herrschte aus der Tugend des Elementes Metall. Seine

Mutter hieß Huang-o. Sie wohnte (vordem) im Yade Palast und webte bei

Nacht. Manchmal ließ sie sich auf einem Flosse dahintreiben, und dabei

kam sie eines Tages an das Ufer des weiten Ch'iung-sang Gebietes (|f

, Einsamer Maulbeerbaum'). Damals lebte dort ein Götterjüngling von

unvergleichlicher Schönheit, von dem es hieß, daß er der Sohn des weißen

Kaisers und die Essenz des Venusgestirnes sei. Er stieg herunter ans Ge-

1 S. Giles, Biogr. Diction, Nr. 1886.

" 366—416, nahm 394 den Titel eines Kaisers der „Späteren" Ch'in- Dynastie an. S. Giles, Biogr. Diction, Nr. 2433.

' Dies könnte bedeuten, daß zur T'ang-Zeit, als Fang Ch'iao das Chin shu

redigierte, im allgemeinen nur noch das von Hsiao Ch'i rekompilierte und mit

seinen Anmerkungen (lu) versehene Shih-i chi bekannt war.

* In Wang Mo's Nachwort heißt es: „Den Gipfel des Befremdlichen er¬

reicht er, wenn er die frivolen Maulbeerbaumlieder aus dem Staate Wei von

Huang-o herstammen läßt und ihr lockeren Wandel unterschiebt. Es ist kein

Unglück, daß Yao Ch'ang ihn hinrichten ließ."

* Vgl. z. B. Ed. Chavannes, M4moires Historiques (1895), Vol. I S. 35,

Anm. 3, u. a. O.

(6)

Wang Chia's Shih-i chü 135

Stade und veranstaltete ein Festgelage für Huang-o mit Musik und Tanz¬

vorführungen. Dann ließen sie sieh beide auf den Wellen treiben und ver¬

gaßen der Heimkehr. Ch'iung-sang ist ein Gestade des West-Meeres. Es

gibtdort den .EinsamenMaulbeerbaum', der 1000 Hsün (^) hoch wächst.

Seine Blätter smd rot und seine Früchte purpurn. In 10000 Jahren werden

sie einmal reif. Nach ihrem Genuß wird man göttlich (?) und dabei sehr

alt. Der Kaisersohn und Huang-o trieben auf dem Meere dahin. Einen

Kassiabaumast nahmen sie als Flaggenmast und behängten ihn mit duf¬

tigen Pflanzen an Stelle von Flaggen. Oben darauf setzten sie eine aus

Yade geschnittene Taube. Man sagt, daß sich die Taube auf die Beob¬

achtung der vier Zeiten verstehe. Deshalb heißt es im Ch'un-ch'iu chuan:

Kontrollierend die Sonnenwenden, das ist diese. Die heutigen Wetter¬

fahnen gehen in ihrer Form auf diese zurück. Der Kaisersohn und

Huang-o saßen beisammen und spielten ein Saiteninstrument, das aus

dem Holze eines T'ung-feng Katalpa-Baumes (?) verfertigt war. Huang-o

sang zu seiner Begleitung folgendes schlichte Lied:

Klar war der Himmel und die Erde weit, so weit.

Rings kreiste ew'ger Wechsel der Natur,

Und Wasser einte sich dem Himmel in der Ferne.

Auf kleinen Wellen trieb mein Floß der sinkenden Sonne zu.

Ich folgte keinem Ziel und kam zum , Einsamen Maulbeerbaum'.

Nun kennt mein Herz die Ruh' und alle Freuden schließt es auf.

Gewöhnlich bezeichnet ,unter dem Maulbeerbaum' einen Ort, wo man

flüchtige Liebesfreuden gerüeßt. In den Shih-ching Liedern aus dem

Staate Wei heißt es: Erwarte mich unter dem Maulbeerbaum Der Sinn

dieses Liedes ist ähnlich. Der Kaisersohn antwortete mit folgendem

Liede:

Der Erde Winkel, die Räume alle durchspähte ich ohne Ende.

Ich spornte das Licht, ich trieb den Schatten bis zum Gestade des

[Wassers.

Du webtest auf dem Söller im Yade-Palast bei stiller Nacht.

Den 1000 Hsün hohen, bunten Katalpa-Baum vom T'ung-Gebirge

Fällte ich und machte ein Saiteninstrument daraus.

Schlichte Lieder, schweifende Wonne, kaum eine Grenze kennt die

Von fernen Gestaden kam ich, um hier zu rasten. [Lust!

In der Folge gebar Huang-o den Kaiser Shao Hao," usw.^

Die von dem berüchtigten Eunuchen Chao Kao* berichtete Legende

findet sich ebenfalls außer im Shih-i chi in keinem anderen Werke. Sie

1 Vgl. Bebnhabd Kablgben: The Book ofOdes, Stockholm 1950, S. 30/32.

^ Ich hoffe, daß es mir im allgemeinen gehmgen ist, den Sinn der Verse zu

treffen, bitte aber, meine Übersetzung mit Vorsicht aufzimehmen.

' Über ihn s. Giles, Biogr. Diction, Nr. 165.

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136 Werneb Eichhobn

lautet etwa folgendermaßen: „Der Ch'in-Herrscher Tzu-yingi war alles

in allem 100 Tage^ auf dem Throne. Der Führer der nächtlichen Palast-

( wache*, Chao Kao, plante, ihn zu töten. Tzu-ying schlief in dem Palaste

Wang-i (= Blick auf die Ostbarbaren). In der Nacht träumte er von

einem 10 chang (3t;) großem Manne, dessen Bart und Schläfenhaare tief¬

schwarz waren und der yadegeschmückte Schuhe trug. Er kam in einem

von roten Pferden gezogenen, roten Wagen vor das Palasttor gefahren

und sagte: ,Ich möchte den Ch'in-Herrscher Tzu-ying besuchen.' Die

Türhüter ließen ihn ein. Tzu-ying hatte nun mit ihm ein Gespräch, in

dem jener ihm folgendes mitteilte: ,Ich bin ein Abgesandter des Himmels

und komme von Sha-ch'iu*. Im Reiche wird es Umuhen geben und es

whrd dahin kommen, daß sich Leute aus gleichem Geschlecht gegenseitig

ausrotten. Morgen wird es losgehen.' Tzu-ying faßte daraufhin Mi߬

trauen gegen Chao Kao und ließ üm im Gefängnis von Hsien-yang fest¬

setzen. Man hing ihn dort an einem Seile sieben Tage lang in einen

Brunnen. Er starb aber nicht. Man kochte ihn sieben Tage lang in einem

Kessel. Er überlebte auch das. Darauf wurde er hingerichtet. Tzu-ying

fragte den Gefängnisaufseher: ,War denn der Kao ein übernatürliches

Wesen?' Der Wärter antwortete: ,Als Kao ins Gefängnis eingeliefert

wurde, sah ich, wie er eine schwarze Pille von der Größe eines Vogeleies

auf seiner Brust verbarg.' Ein Magier der damaligen Zeit gab dazu fol¬

gende Erklärung: Die Vorfahren des Chao Kao erlangten die magische

Kunst des Han Chung ,^)^. In den Wintermonaten saßen sie auf

hartem Eise, an Sommertagen lagen sie beim Ofen. So wurden sie un¬

empfindlich gegen Kälte und Hitze.

Nach Kao's Tode ließ Tzu-ying den Leichnam an einem Orte aus¬

setzen, wo 9 Straßen zusammenliefen. Dahin kamen Tausende, um den

Toten zu beweinen. Sie alle* sahen aus Kao's totem Körper einen schwar¬

zen Vogel aufsteigen und in die Wolken hinauffliegen. Die Probe ,der

1 Ebd. Nr. 2113.

Da dies den Tatsachen nicht entspricht, ist der Ausdruck "g" vielleicht anders — etwa als allgemeine Zusammenfassung = ,,alle Tage" zu verstehen.

Doch nimmt es anderseits Wang Chia mit der historischen Richtigkeit nicht

genau.

^ Dies wohl war der Posten eines Lang-chung im Ch'in-Reiche. Tatsächlich war Chao Kao Minister.

^ In Chili. Es ist der Ort, an dem Ch'in Shih-huang ti i. J. 210 v. Chr.

starb.

^ Ein sonst wohl unbekannter taoistischer Magier, der noch an anderer

Stelle im Texte erwähnt wird. Vielleicht identisch mit Über diesen

vgl. Li-shih chen-hsien t'i-tao t'ung-chien im Tao ts'ang. Doch sind Chung"-

und Chung* im Tone zu verschieden, um verwechselt zu werden.

' Andere Lesart : Manche ...

(8)

Wang Chia's Shih-i chi] 137

.neunfachen Umdrehung^ wird damit glaubhaft. Was Tzu-ying in sei¬

nem Traume sah, war die Seele des Ch'in Shih-huang ti und die yade-

geschmückten Schuhe, die die Erscheinung trug, waren dem Kaiser von

seinem Freunde, dem Taoisten An-ch'i sheng^ hinterlassen worden*."

Um den Inhalt des Shih-i chi noch weiter zu erläutern, greife ich mehr

oder weniger willkürlich noch einige andere Stellen heraus, so die von

der Trauer des Han Kaisers Wu um seine Geliebte Li fu-jen*.

,,Han Wu-ti trug die Sehnsucht um die verstorbene Frau Li im Herzen.

Als sie nun unwiderbringlich dahin war, ließ er zunächst den Teich ,der

Seelen' W ausheben und befuhr ihn im Boote der ,sich aufschwingen¬

den Vögel' (pjf Dazu verfaßte er selber eine Ballade, die er von seinen

Sängerinnen vortragen ließ. Es war um die Zeit, als die Sonne sich be¬

reits zum Westen neigte und ein kühler Wind über das Wasser strich.

Weithin erklangen die Stimmen der Sängerinnen. Die Verse entstanden

in Anlehnung an die Ballade von .fallenden Blättern und trauernden

Zikaden' und lauteten:

Die weichen Seidenärmel regen sich nicht mehr

Und Staub liegt auf der Pracht der Korridore.

Kalt ist der leere Raum und still.

Die welken Blätter häufen sich am Außentor.

Ach immer sehn' ich mich nach jener Schönen, oh!

Wie fänd' ich Frieden für mein ruheloses Herz ?

Der Kaiser lauschte dem Gesang mit bewegtem Herzen. Er konnte seine

Traurigkeit nicht bemeistern. Er gab Befehl, das Boot mit Drachenöl¬

lampen zu illuminieren. Aber die Schwermut wich nicht von ihm. Einer

der Leibdiener, der das betrübte Aussehen des Kaisers bemerkte, ging in

den Palast, holte Hung-liang ^) Wein und kredenzte ihn in einem

Becher, der wie ein Schneckenhaus geformt war. Dieser Becher war ein

Erzeugnis des Landes Po-chih, der Wein aber kam aus dem Kreise Hung-

liang, der zur Präfektur Yu(Yün)-fu-feng (in Shensi) gehörte. Als später

der Kaiser Ai diesen Ort zerstörte, wurde das Gärverfahren von Südleuten

übernommen. Jetzt heißt der Wein ,hervorragende Schönheit von

Yün-yang' (# (fei), da man die Laute Hung^-liang^ und Yün^-yang^ mit¬

einander verwechselte. Der Kaiser trank drei Becher voll, und sein Aus-

' Eine kurze Erklärung dieses Begriffes siehe bei Mayers, Chinese Readers-

Manual, II. 266. Der Begriff geht jedoch über das alchemistische Gebiet

hinaus. Es würde hier zu weit führen, die Bedeutvmg der Zahl Neun in der

taoistischen Mystik zu erörtern.

^ ^M^-' sßine Biogr. findet sich im Li-shih chen-hsien t'i-tao t'ung-

chien u. a. O.

" Den letzten Satz der Stelle lasse ich unübersetzt, da er ohne die vorher¬

gehenden Ausführungen über Kuei-ku tzu imverständlich bleibt.

* Über sie vgl. Giles, Biograph. Diction., Nr. 1125.

(9)

138 Werner Eichhorn

sehen wurde heiter und sein Herz fröhlich. Er gebot den Sängerinnen,

sich zu entfernen, und begab sich im Palastgebäude Yen-liang (, ver¬

zögerte Kälte') zur Ruhe. Im Traume erschien ihm Frau Li und gab ihm

das Parfüm Heng-wu (f|f ^)i. Der Kaiser fuhr aus dem Schlafe auf, und

siehe, der Duft des Parfüms strömte in zunehmender Stärke aus den

Kleidern und Kissen. Er hielt mehrere Monate an. Der Kaiser suchte mit

aller Kraft seiner sehnenden Gedanken nach Frau Li, aber er sah sie nie¬

mals wieder. Deshalb weinte er, daß seine Tränen die Matten feuchteten.

In der Folge änderte er den Namen des Yen-liang Gebäudes in ,Haus

des hinterlassenen Duft Traumes' .

Überall in dem Werke begegnen wir der mystischen Lehre, die sich an

die Beziehung der fünf Elemente untereinander knüpft. Sie tritt auch in

der folgenden Erzählung zu Tage:

, ,Die Favoritin des Wei-Kaisers Wen hieß mit Familiennamen Hsieh und

persönlichem Namen Ling-yün ® S)- stammte aus Ch'ang-shan

(Ift" ill)- Ihr Vater hieß Yehund war Vorstand des T'ing(;^= lOkleine Ort¬

schaften) Ts'o-hsiang (^(5^ß) . Ihre Mutter war eine geborene Ch'en . Sie be¬

zog eine Hütte neben dem T'ing-Hause und hauste dort in Armut und

Dürftigkeit. Jede Nacht versammelten sich die Nachbarsfrauen zum

Spinnen. Dabei dienten ihnen brennende Hanfstengel als Beleuchtung.

Als Ling-yün 15 Jahre alt war, übertraf sie an Schönheit alle Frauen der

Zeit. Ein junger Bursche kam heimlich bei Nacht, um sie zu beobachten.

Es gelang ihm aber nicht. Im ersten Jahre der Regierungsperiode

Hsien-hsi^ wurde Ku Hsi (?) Präfekt von Ch'ang-shan. Er hörte, daß der

T'ing-Älteste eine schöne Tochter hätte, aber sehr arm wäre. Damals

sammelte der Kaiser Wen Söhne und Töchter aus guten Familien, um

seine 6 Paläste mit Personal auszustatten. Hsi kaufte Ling-yün für

1000 Goldeinheiten und sandte sie als Geschenk an den Hof des Kaisers

Wen. Als Ling-yün hörte, daß sie ihre Eltern verlassen sollte, schluchzte

sie mehrere Tage lang und benetzte ihre Kleider mit Tränen. Als sie den

Wagen bestieg und sich auf die Reise begab, fing sie die Tränen in einer

Speikanne aus Yade auf. Die Kanne nahm eine rötliche Farbe an. Als sie

die Gegend von Ch'ang-shan verließen und sich dem Gebiet der Haupt¬

stadt näherten, gerannen die Tränen in der Kanne wie Blut. Der Kaiser

holte sie mit einem Geleit von 10 Prunkwagen ein. Diese hatten gravierte

Felgen mit Goldeinlagen und bemalte Radnaben. Am vorderen Teile des

Joches waren Schmuckgegenstände in Form von Drachen und Phönixen,

1 Vgl. Tz'u-hai.

' So in allen mir bekannten Ausgaben. Dies wäre das Jahr 264 n. Chr. Da

Wei Wen-ti aber nur bis zum Jahre 226 regierte und lebte, ist diese Angabe

natürlich unsinnig. Eine andere Auslegung der Stelle ist m. A. n. nicht

möglich.

(10)

Wang Chia's Shih-i chi 139

an den Trensen befanden sich zahlreiche kleine Glöckchen, die klan¬

gen wie Vogelgezwitscher und erzeugten einen Widerhall in Wald und

Feld. Die Wagen waren mit schwarzen Rindern bespannt, die am Tage

300 Li zurücklegten. Sie waren eine Tributgabe aus dem Lande Shih-t'u

Ihre Füße waren wie Pferdehufe. Neben der Straße verbrannte

man , Steinblätter'- Räucherwerk. Dies ist ein Gestein, das in Schichten

lagert und wie Glimmerschiefer geformt ist. Seine Ausstrahlungen ver¬

scheuchen bösartige Krankheiten. Es wird aus dem Lande Fu-t'i (IHg)

eingeführt. Als Ling-yün noch mehrere zehn Li von der Hauptstadt ent- :

fernt war, entzündete man an der Straße entlang Öllampen in ununter- \

brochener Folge. Vorläufer erfüllten den Weg, und aufsteigender Staub

verdunkelte die Gestirne, so daß die Leute damals von einem Staubnebel

sprachen. Außerdem erbaute man aus Erde eine Terrasse in Höhe von

30 Chang (jt)- An deren Fuß wurde eine Reihe von Lichtern angeordnet.

Daher nannte man sie Lichterterrasse. Von weitem sah es aus, als ob

Sterne auf die Erde gefallen wären. Dazu wurden neben der Straße von

Li zu Li kupferne Meilenmale errichtet. Sie waren 5 Chang hoch und

zeigten die Zahl der zurückgelegten Li an. Die Reisenden sangen deshalb

folgendes Lied:

Grüne Huai-Bäume säumen den Weg mit all seinem Staub.

Drachen- und Phönix-Türme blicken nach fernen Felsgipfeln.

Klarer Wind, feiner Regen und verschiedene Düfte kommen

[herbeigeweht.

Über Erde erhebt sich Metall, und Feuer beleuchtet die Terrasse.

Diese letzten Worte des Liedes haben magischen Sinn. Daß man da¬

mals auf kupfernen Malen neben der Straße die Anzahl der Li anzeigte,

bedeutete, daß sich Metall über Erde erhob. Daß Lichter am Fuße der

Terrasse brannten, bedeutete, daß Feuer unter Erde plaziert war. Die

Han-Dynastie bestand durch die Tugend des Feuers, Wei dagegen dmch die

Tugend des Elementes Erde. Feuer wurde erniedrigt, und Erde erhob sich.

Nun aber wurde Erde überragt von Metall. Das bedeutete, daß Wei un¬

tergehen und Chin emporkommen würde.

Der Kaiser fuhr in einem Wagen von ausgemeißeltem Yade. Als er in

der Ferne die Menge der Vorläufer sah, seufzte er und sagte: ,Früher hieß

es, am Morgen ziehen die Wolken, am Abend zieht der Regen. Jetzt aber

sind es weder Wolken noch Regen, und es ist weder Morgen noch Abend'.

Er änderte den Namen der Ling-yün und nannte sie Yeh-lai (Nacht¬

gekommene). Sie erhielt eine Wohnung im hinteren Teile des Palastes

und wurde Favoritin des Kaisers. Aus dem Ausland kam eine Tribut¬

spende von weiblichem Kopfschmuck mit Feuerperleni und Drachen-

1 S. Tz'u-hai.

(11)

140 Werner Eichhorn

und Phönixfiguren. Der Kaiser sagte: .Schimmernde Perlen und Königs¬

fischerschmuck sind ihrer nicht wert, wie wären es diese gewichtigen

Drachen- und Phönix-Schmuckstücke! Die Tributgaben wurden ange¬

halten und nicht in den Palast aufgenommen. Yeh-lai hatte eine wunder¬

bare Begabung für Nadel werk. Obgleich sie im Inneren des Palastes

hinter Vorhängen weilte, brauchte sie keine Beleuchtung. Die von ihr zu¬

geschnittenen Kleider waren Muster der Vollkommenheit, und der Kaiser

trug keine anderen mehr. Im Palast nannte man sie deshalb die Nadel¬

heilige."

Wälirend die ersten 9 Kapitel des Shih-i chi mit ihren häufigen Auf¬

zählungen von Wundertributen aus fremden Ländern das Werk in die

Linie der Literatur bringen, die das Yü-kung (die Tribute des Yü) als

Ahnherrn hat, steht das letzte Kapitel ganz eindeutig unter dem Ein¬

fluß des Shan-hai ching, und es scheint in gewissem Sinne berechtigt,

wenn es im Wen-hsien t'ung-k'ao als besonderer Titel (ig ji] |ß ) aufgezählt wird. Ich gebe hier eine freie Übertragung des letzten Abschnittes:

, ,Der Tung-t'ing Berg i|n] ß Ul )' schwimmt auf der Oberfläche desWassers.

Unter ihm befindet sich eine Halle aus Metall mit mehreren hundert

Räumen. Sie wird von den Yadejungfrauen bewohnt. Zu allen Jahres¬

zeiten ist dort der Klang von Musikinstrumenten zu hören, der bis zum

Gipfel des Berges hinaufdringt. Huai^ der Herrscher von Ch'u, weilte

seinerzeit mit einer Schar poetischer Talente singend und dichtend am

Ufer des Gewässers. Deshalb spricht man von der Musik(-scliule) des

Hsiao, Hsiang^ und Tung-t'ing. Ihr Klang läßt die Hörer jung bleiben.

Selbst die Musik von Yao und Shun* reicht nicht an diese heran. Im

mittleren Monat jeder Jahreszeit zog der Herrscher durch die Bergland¬

schaft und hielt Feste im Freien ab. Dabei kam jedesmal gemäß der

Jahreszeit eine Stimmung auf. Und so machte man z. B. nach dem Ab¬

schnitt , Mittfrühling' im Leitfaden für Musik und der entsprechenden

Moll-Tonart Chia-chung* Lieder auf , leichte Lüfte' und , schweifende

Wasser', oder wenn das Fest am südlichen Berghang abgehalten wurde,

nach der Dur-Tonart Jui-pin* auf ,weißen Reif' und , Herbstfrost'.

Späterhin beliebte es Huai, fähige Männer schlechten Charakters in

seinen Dienst zu nehmen, und die ehrenhaften flohen deshalb nach Yüeh.

Ch'ü Yüan wurde um seiner Treue willen aus dem Amte verstoßen. Er

ging in die Einsamkeit des Gebietes zwischen den Flüssen Yüan und

Hsiang. Er machte sich ein Lager aus Blättern, aß Kräuter und lebte mit

" Vgl. dazu das Shan-hai ching. Übers, von Rosny (Paris 1891) S. 293

bis 295. 2 2wei Flüsse in Hunan.

Zu ]^^^ u. vgl. die Ausführungen im Tz'u-hai.

* Dies dürfte wohl in etwa den Sinn der Stelle treffen. Zu und

vgl. Tz'u-hai.

(12)

Wang Chia's Shih-i chi 141

den Vögeln und Tieren fern von den Geschäften der Zeit. Er sammelte

Zederfrüchte und mischte sie mit Kassiabaumöl, damit ernährte er Herz

und Geist. Der Herrscher verfolgte ihn auch weiterhin, und so floh er in

den Abgrund Ch'ing-leng {f^}^)^. Aber die Bevölkerung von Ch'u behielt

ihn im Gedächtnis. Man sagte, daß er ein Wasserheiliger sei und sein

Geist im Himmelsstrom treibe. Seine Seele kam von Zeit zu Zeit herab

zu dem Ufer des Hsiang. Die Leute bauten ihm deshalb dort einen Tem¬

pel, der noch am Ende der Han-Dynastie einsam auf der Uferhöhe stand.

Es gibt am Berge auch eine Zauberhöhle, die tief ins Iimere hinein¬

führt, und es ist, als ob voraus immer ein Licht wäre. In ihr gibt es selt¬

same Wohlgerüche und hellbelichtete Szenerien. Ein Mann, der Medizin¬

kräuter und Mineralien sammelte, drang in die Höhle ein und legte

darin eine Entfernung zurück, die ihm wie 10 Li vorkam. Nach vielen

Windungen kam er in eine Landschaft mit rosigen Nebeln und Glanz¬

lichtern, Blumenduft und Verstecken unter hängenden Weiden. Auch gab

es dort rötliche Gebäude, Häuser, Paläste und Tempel von seltsamen,

schönen Material und Formen. Dazu bemerkte er eine Schar von Mäd¬

chen in bunten Kleidern mit eisfarbenen Gesichtern und schöner Ge¬

stalt, die von irdischen Menschen durchaus verschieden waren. Sie

kamen herbei und luden den Kräutersammler zu sich ein. Sie bewirteten

ihn mit Getränken aus Edelsteinen und Gold und gaben ihm im Yade-

palast ein Fest mit einem Konzert von Flöten und Saiteninstrumenten.

Dann statteten sie ihn mit Reisegeschenken aus und ließen ihn nach

Hause zurückkehren. Sie lehrten ihn auch ein Verfahren zur Herstellung

eines roten, süßen Mostes. Obgleich der Mann Liebe und Verlangen nach

den Mädchen im Busen hegte, dachte er doch an seine Nachkommen und

kehrte durch die Höhle zurück. (Auch) auf dem Heimweg war es, als ob

sich ein Licht vor ihm herbewege, dazu fühlte er weder Hunger noch

Durst, bis er sein altes Dorf erreichte. Wohl fand er dort die Stelle, wo

sein Haus gestanden hatte, Bewohner und Gebäude waren aber nicht

mehr vorhanden. In der Nachbarschaft traf er nur Nachkommen seiner

Familie in der 9 ten Generation. Auf seine Fragen erzählten sie, daß einer

ihrer Urahnen in die Berghöhle ging, um Medizinkräuter zu sammeln,

und nicht zurückgekehrt sei. Seitdem wären nun bereits 300 Jahre ver¬

gangen. Der Mann hatte noch einige Gespräche mit Nachbarn und verlor

sich dann irgendwo."

Obgleich Lao tzu im Vergleich mit Konfucius und seiner von allerlei

Wundern umgebenen Geburt im Shih-i chi recht kurz wegkommt, wird

Wang Chia zu den Taoisten, den Anhängern von Lao tzu's Lehre, ge¬

zählt und hat eine Biographie im Li-shih chen-hsien t'i-tao t'ung-chien

(, .Umfassende Darstellung der .Wahren' und , Heiligen', die im Laufe

1 Dazu vgh Rosny, Chan-hai-Ung (1891), S. 272/3.

(13)

142 Webneb Eichhobn, Wang Chia's Shi-i chi

der Geschichte das Tao verkörperten"), das im Tao ts'ang erscheint.

Sie weicht in einigen Punkten von der offiziellen Darstellung im Chin

shu ab. So heißt es z. B. im Anschluß an die Erwähnung seiner zahl¬

reichen, ebenfalls in Höhlen wohnenden Schüler: ,, Einer von diesen sagte

aus, daß Chia die sechs atmosphärischen Odem als Gefährt benutze und

die Leere und das Nichts wahret. Im Winter und Sommer trüge er die¬

selben Kleider, und sein Aussehen würde immer jugendlicher." Dem Be¬

richt von Chia's Himichtung wird folgende Episode zugefügt: ,, Einige

Zeit vorher sandte Yao Ch'ang einen Boten nach Lung-yu (der Heimat

Wang Chia's). Dieser traf dort Chia mit seinen beiden Schülern, (die mit

ihm zusammen hingerichtet worden waren). Sie waren bereits über 1000 li

von der Hauptstadt entfernt, und es war genau am Tage ihrer Hin¬

richtung. Durch den Boten sandte Chia ein Schreiben an Ch'ang. Dieser

ließ darauf die Särge Chia's und seiner Schüler öffnen. Es fanden sich

keine Leichen darin, aber jeder enthielt einen Bambusstab. Kurz darauf

ging Ch'ang zugrunde.

Bezeichnenderweise ist in dieser Fassung der Biographie der Hinweis

auf die freundlichen Beziehungen, die Wang Chia zu dem bekannten

Buddhisten Tao-an unterhielt, ausgelassen worden.

Damit schließe ich diese kurzen und flüchtigen Ausführungen über das

Shih-i chi in der Hoffnung, daß sie andere anregen mögen, das Werk

gründlicher zu untersuchen.

" Zu den taoistischen Begriffen ^ und ^ — vgl. Tz'u-hai, Mayebs,

Chin. Bead. Man. u. a. O.

(14)

Bücherbesprechungen

Hanns Stock: Die erste Zwischenzeit Ägyptens. (Analecta Orientalia 31,

Studia Aegyptiaca II, Pontificium Institutum Biblicum Rom 1949)

110 S., 14 Taf. imd 5 Karten.

Der Münchner Ägyptologe Hanns Stock hat es vor dem Kriege im We¬

sentlichen an Hand von Kleinfunden unternommen, historische Probleme

der zweiten Zwischenzeit der altägyptischen Geschichte zu klären und in

seinen Studien zur Geschichte und Archäologie der 13. bis 17. Dynastie unter

besonderer Berücksichtigung der Skarabäen dieser Zwischenzeit (1937) eine

Überlagerung der in sie fallenden Dynastien nachgewiesen. Seither befaßte

er sich mit der Zeit zwischen dem Alten und dem Mittleren Reich, wobei die

gewonnene Methode gegenüber den reicheren Nachrichten und Denkmälern

verfeinert und erweitert werden mußte. Die Ergebnisse seiner Unter¬

suchungen liegen in einer reich ausgestatteten, übersichtlich gegliederten

Abhandlung Die erste Zwisclienzeit Ägyptens, Untergang der Pyramidenzeit

Zwischenreiche in Abydos und Herakleopolis, Aufstieg Thebens vor, die im

Biblischen Institut des Vatikans erschienen ist. Sich auf Untersuchungen

H. Kees über das Aufkommen von Feudalherren in Oberägypten stürzend

(S. 2 f.), verfolgt Stock die Auflösung überragender Königsmacht bis zu

ersten Anzeichen von Nebenregierungen, die in der Einrichtung einer

eigenen zentralen Verwaltungsstelle für das langgestreckte Oberägypten

greifbar werden und eine Auseinandersetzung mit dem oberägyptischen

Feudaladel aufzeigen oder einleiten. ,,Die interessante Entwicklung" des

Amtes eines Vorstehers Oberägyptens und seines „Titels verläuft völlig

parallel zu jener der Feudalherren, nur eben in umgekehrter Richtung, in¬

sofern als eines am Wachsen des anderen verging" (S. 3). Daß diese Ent¬

wicklung in der 5. Dynastie beginnt und sich mit dem Aufbau eines neuen

Königskultes in Heliopolis abzeichnet, bestätigen auffällig die Königs¬

annalen, nach denen die Könige diesen Kult in Unterägypten verankern und

dort unmittelbarer herrschen als in Oberägypten. Sie ist schon in der Zu¬

sammenfassung der Residenzen und Königsgräber in Memphis durch König

Djoser, den ersten Pyramidenerbauer, vorgezeichnet, die zwar nach einer

Rebellion Unterägyptens zur Sicherung der Einheit der beiden Länder er¬

folgte, aber doch zugleich das Gleichgewicht dieser Länder störte, insofern der König nun dicht am Deltarand residierte und im langen oberägyptischen

Tal früher oder später Statthalter benötigte. Wenn das Königtum, das durch

Geschwisterheirat ,, göttlichen Samen" wahrte und mit der Fiktion der Ab¬

stammung vom Sonnengott den „Menschen", Beamten und Untertanen,

Schranken setzte, sich mächtige Gaufürsten durch Heirat zu verpflichten

sucht, ist es vermutlich schon zu spät.

Die Urkunden, die das Alte Reich hinterlassen hat, beschränken sich in

ihrer Mehrzahl auf Beamtentitel, Verwandtschaftsangaben und Namen, die

an Opfergebete oder Bitton um Opfergebete anschließen. Nachrichten,

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